Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Jürgen Kerth rockt die Feuerwache 11.03.2023 Der Thüringer Blues-König kommt nach Magdeburg in die Feuerwache. Im Oktober des Jahres 2018 sang er dort seinen Blues „Komm’ zurück“ und versprach, bald wieder hier zu sein ( HIER ) . Doch statt König Kerth aus Thüringen, kam König Corvid aus China. Drei lange Jahre aus die Maus! Doch heute fahre ich endlich wieder hin, denn sein „Komm’ zurück“ klingt mir noch immer im Ohr. Es ist schön, sich zu treffen und die rot-schwarz gestreifte Jacke zu sehen. Handschlag und alle Erinnerungen sind wieder Gesprächsthema. Das ist eben so, wenn man sich 45 Jahre kennt. „Nichts ist vergessen“, sagt Jürgen, „alles hier drin“ und legt seine Hand aufs Herz. Das ist einer der Gründe, weswegen ich noch immer gern vielerorts vor der Rampe stehe. Pünktlich wie ein König und sein Protokoll steht er, mit Sohn Stefan am Bass und Alexander Wicher hinter der Schießbude, auf der Bühne und beginnt tatsächlich mit „Komm’ zurück“. Der Kreis schließt sich, ich bin bei Kerth und weil es so schön ist, lässt Jürgen noch „Komm herein“ folgen. Passt doch! Da habe ich diesen Blues-König nun schon so oft live erleben dürfen, doch jedes Mal hüllen mich die virtuosen und sehr individuellen Läufe sowie Improvisationen in besonderer Weise ein. So auch diesmal, als er zu einer ausufernden Reise zwischen den Bünden ansetzt und doch stets zum instrumentalen Thema zurück findet. Einen Schritt neben dem Mikro-Ständer stehend, die Augen geschlossen und im Gesicht ganz dem Blues hingegeben, gleiten seine Finger über die Saiten, lassen „Die Eine“ wimmern, schreien, heulen und dann doch wieder zärtlichen singen. Von richtig laut, bis ganz leise. Blues eben, aber ganz nach Thüringer Art angerichtet und unverwechselbar. Jetzt singt Jürgen „Oma hilf“ und Stefan am Bass von seinem Mädchen, ehe das Trio dem „Blues vom Blues“ frönt. Lang, ausgedehnt und rau sowie mit einem glänzenden Bass-Solo garniert, rockt dieses Trio die Rampe. Blues-Mann Kerth lotet ziemlich alle Möglichkeiten seiner „Einen“ aus, während die Generation 50plus fasziniert ihrem Idol lauscht, die Körper und Köpfe wippen und nicken lässt. Ganz so wie damals, nur ins Heute transformiert. „Helmut“ gleich noch hinterher und wieder wird einem alten Bekannten zugejubelt, so als würde „Helmut“ gerade höchstpersönlich über die Bühnenbretter wandeln. So etwas wie Show, „Performance“ oder gar durchgestylte Choreografie gibt es bei KERTH nicht. Nur etwas Licht, um nicht im Dustern agieren zu müssen, und die beiden kleinen Marshall-Boxen weit im Hintergrund. Die jedoch lassen hören, was sie können und dem Jürgen genügen sie voll und ganz für seine Musik aus dem Herzen. Die vor der Rampe stehen, wissen das. Sie lauschen andächtig Klängen, die zur „Frühlingsmelancholie“ werden, in der man zwischendurch ab und an ein „Weißes Boot“ segeln hört. Jürgen singt „Ich aber finde keine Ruh“ und meint das wohl wörtlich, als er an den Rand geht, um auch optisch viel Raum für ausgiebige Soli von Stefan’s Bass und Alexander hinter den Fellen und Becken zu schaffen. Als „Die Eine“ wieder singt, kann man auch den „Samba Pa Ti“ heraushören. So schön und gekonnt! Hinterher noch „Red House“ von Gitarrenlegende Jim Hendrix und ein Schrei geht durch die Menge. Jetzt lässt es Jürgen richtig krachen und gibt „Der Einen“ die Sporen, dass es knallt. Doch eigentlich wollen Kerth-Fans vor allem eins: Kerth hören. Was folgt, ist ein Klassiker-Reigen für die Fans. „Oh, wie würd’ ich euch beneiden“ habe ich schon Ewigkeiten nicht mehr live gehört. Heute rockt und rollt das Teil als wachechter Boogie Woogie in den Saal. Die Jeans-Generation Silberrücken lässt ihren Gefühlen und Intentionen freien Lauf, als wären sie noch die Tramper von einst. Aber das Gefühl ist noch da und nur das zählt in diesen Minuten. Auch während DER Kerth-Hymne „Ich liebe die Eine“ offenbart sich dieses Gefühl vom Miteinander-Verbundensein. Man spürt es nur, wenn man mittendrin und dabei ist. Die Jubelei im Netz ist letztlich nur ’ne Krücke, die ich auch nutze. Hier aber, an der Rampe, das ist live und Leben und die Berichte für das Netz schreibt man hier – im Osten! Von jetzt an ist der Abend ein Wunschkonzert. Auf Zuruf spielt Jürgen ein ganzes Stück der „Gloria“. Seine Fans wollen es so. In diesem Meisterwerk lässt sich der Musiker von seiner eigenen Inspiration tragen. Wir im Saal gehen mit ihm, genießen den Sound dieser Gitarre in der Hand eines Ausnahme-Musikers und der spielt nächster Zuruf „Hey, junge Mutti“, eine Alltagsgeschichte, vor über vierzig Jahren geschrieben und leider immer noch gültig. „Hat noch jemand einen Wunsch?“, fragt der Jürgen ein weiteres Mal und von ganz hinten schallt es „Martha“ nach vorn. Alle lachen, doch „Die Eine“ von Jürgen erfüllt den Wunsch und macht aus der „Martha“ eine frische rockige Dame, die „Race With The Devil“ (Gun) und „Black Night“ (Deep Purple) im Gepäck hat. All das genieße ich gemeinsam mit einer Horde Gleichgesinnter, so als würden wir uns schon ewig kennen. Zumindest aber kennen wir sowohl „Martha“, als auch „Helmut“, die „Junge Mutti“ und „Die Eine“ sowieso und zwar persönlich, weil wir mit exakt diesen Leuten, die Jürgen Kerth so intensiv besingt, aufgewachsen sind. Genau darauf bin ich stolz und deshalb bin ich heute wieder einmal bei KERTH. Der fegt uns nach zweieinhalb Stunden mit „What’s Going On“ von Rory Gallagher’s Taste aus dem Saal und grinst den Hinausgehenden glücklich hinterher und jene zurück. Nach einem abschließenden Handschlag und einem weiteren Poster versprechen wir uns, gesund zu bleiben und wieder einen gemeinsamen Abend zu verbringen. Irgendwo, irgendwann und ein wenig älter. Bis denne, Jürgen, und „Komm’ zurück“ - bald!