Begegnung mit Wolfgang Scheffler
Fast schien es, als hätte der Komponist und Keyboarder Wolfgang Scheffler in der Dresdner Gruppe LIFT seine musikalische Heimat und auch
Erfüllung gefunden. Insgesamt drei herausragende Alben tragen immerhin auch seine Handschrift als Komponist und Arrangeur. Die Band um Gerhard
Zachar hatte Mitte der 1970er Jahre ihren eigenen Stil, der sie unverwechselbar machte, der Eingängiges mit herausragender Qualität verband,
gefunden.
Bekanntlich wurde der Traum einer erfolgreichen Bandkarriere im November 1978 irgendwo neben einer Landstraße in Polen begraben, als bei einem
tragischen Unfall der Bandleader Gerhard Zachar sowie der Sänger und Texter Henry Pacholski ihr Leben lassen mussten. Seither geht ein brutaler
Riss durch die Gruppe, gewachsene Einzelinteressen ließen sich kaum noch miteinander verschmelzen. Es kam folgerichtig im Jahre 1984 zum Aus. Z
u
B
egegnung mit Wolfgang Scheffler
August 2008 / 13.08.2016
Fast
schien
es,
als
hätte
der
Komponist
und
Keyboarder
Wolfgang
Scheffler
in
der
Dresdner
Gruppe
LIFT
seine
musikalische
Heimat
und
auch
Erfüllung
gefunden.
Insgesamt
drei
herausragende
Alben
tragen
immerhin
auch
seine
Handschrift
als
Komponist
und
Arrangeur.
Die
Band
um
Gerhard
Zachar
hatte
Mitte
der
1970er
Jahre
ihren
eigenen
Stil,
der
sie
unverwechselbar machte, der Eingängiges mit herausragender Qualität verband, gefunden.
Bekanntlich
wurde
der
Traum
einer
erfolgreichen
Bandkarriere
im
November
1978
irgendwo
neben
einer
Landstraße
in
Polen
begraben,
als
bei
einem
tragischen
Unfall
der
Bandleader
Gerhard
Zachar
sowie
der
Sänger
und
Texter
Henry
Pacholski
ihr
Leben
lassen
mussten.
Seither
geht
ein
brutaler
Riss
durch
die
Gruppe,
gewachsene
Einzelinteressen
ließen
sich
kaum
noch
miteinander
verschmelzen.
Es
kam
folgerichtig
im
Jahre
1984
zum
Aus.
Zuvor
lieferte
die
Band
noch
die
viel
beachtete
Single
„Sage
mir
alles
/
Immerfort“
ab.
Doch
der
Geist
von
einst
ließ
sich
nicht
mehr
neu
aktivieren.
Als
1987
noch
das
Album
„Nach
Hause“
erschien,
war
von
der
einstigen
Besetzung
nur
noch
Werther
Lohse
an
Bord.
Doch
die
Platte
war
wohl
eher
ein
halbherziges
Zugeständnis
an
den
Zeitgeist,
denn
ein
wagemutiger
Schritt
in
eine
neue
Zukunft.
Diese,
damals unterbewertete Platte, wurde zum Abgesang auf eine der innovativsten Rockgruppen des kleinen Landes.
Wolfgang
Scheffler
ist
seither
solistisch
tätig,
widmet
sich
dem
Komponieren
und
damals
noch
einigen
gelegentlichen
Konzerten
als
Solist
in
kleinem
Rahmen.
Ich
habe
ihn
noch
einmal
im
Februar
1988
mit
seinem
Solo-Programm
„Klavier
pur“
in
unserer
Elsterwerdaer
„STUBE“,
die
quasi
mein
drittes
„Kind“
und
meine
zweite
Heimat
war,
erleben
dürfen.
Mit
der
politischen,
und
damit
auch
kulturellen
Wende
1989,
verliert
sich
seine
Spur
irgendwo
im
Überangebot
des
über
uns
hereinbrechenden
Mittelmaßes
aus
den
„verbrauchten
Bundesländern“.
Exzellente
Exzentriker
und
ständige
Sucher
sind
plötzlich
nicht
mehr
gefragt.
Einzig
die
Verkaufszahlen,
und
die
damit
verbundene
Manipulierung
des
Geschmacks,
bestimmen
das
Maß
und
Musiker,
die
Grenzen
sprengen
und
die
Horizonte
zu
erweitern
suchen,
wie
der
Komponist
Wolfgang
Scheffler,
ziehen
sich
fast
vollständig
in
ihre
Komponierstübchen
zurück,
weil
sie
sich
einem
neuen
Diktat
und
der
Zensur des Marktes nicht unterwerfen wollen.
Wenn
man
sich
aber
über
viele
Jahre
an
eine
bestimmte
Qualität
und
Auffassung
von
Musik
gewöhnt
hat,
mit
den
neuen
klingenden
Schnellverbrauchsartikeln
nichts
anfangen
kann,
dann
verliert
man
die
Protagonisten
seiner
Musik
natürlich
auch
nicht
aus
den
Augen.
Seit
1999
bin
ich
bei
eBay
angemeldet
und
durchwühlte
dort
in
den
ersten
Jahren
die
Angebote
nach
Perlen,
die
ich
bis
zu
diesem
Zeitpunkt
noch
nicht
in
mein
Plattenregal
einsortiert
hatte.
Bei
der
Suche
nach
solchen
Schätzchen
und
nach
Musik,
die
zu
DDR-Zeiten
das
Licht
der
Hörerwelt
nicht
erblicken
durfte
oder
konnte,
fand
ich
eher
zufällig die erste Solo-Scheibe von Wolfgang Scheffler mit dem Titel „Blue Ballads“.
Der
Silberling
von
1994
knüpft
stilistisch
dort
an,
wo
das
Album
„Spiegelbild“
(1981)
aufhören
musste.
Nahezu
jede
Note
der
LP
„Spiegelbild“
entstammt
dem
musikalischen
Fundus
von
Wolfgang
Scheffler,
der
auch
alle
Arrangements
für
dieses
Album
schrieb.
So
gesehen,
und
dies
ist
meine
ganz
individuell
gefühlte
Einschätzung,
ist
diese
LIFT-Scheibe
so
etwas
wie
das
„Spiegelbild“
musikalischen
Könnens
und
Wollens
des
Musikers
und
Komponisten
Scheffler.
Unüberhörbar
ist
der
Drang
dieser Scheibe, aus dem bisherigen Rahmen auszubrechen, die Grenzen in Richtung Jazz und Fusion erweitern zu wollen.
Die
„Blue
Ballads“
greifen
dreizehn
Jahre
später
den
Faden
wieder
auf
und
spinnen
ihn
geschickt
und
neu
weiter.
Die
prägende
Handschrift
des
Komponisten
Scheffler
ist
in
jedem
der
neuen
Stücke,
sowie
einer
instrumentalen
Neufassung
von
„Scherbenglas“,
förmlich
fühlbar.
Selbst
der
alte
und
vertraute
Beatles-Klassiker
„In
My
Life“
passt
sich
nahtlos
in
dieses
Konzept
ein.
Nimmt
man
sich
die
nötige
Zeit
und
Ruhe,
kann
man
eine
dezent
und
dennoch
kraftvoll
produzierte
Scheibe
mit
vielen
interessanten
Nuancen
genießen.
Mir
selbst
drängen
sich
beim
Hören
die
Vergleiche
zu
Steely
Dan,
zu
Focus
oder
auch
Brian
Auger
auf.
Auf
„Blue
Ballads“
ist
anspruchsvoller
und
filigraner
Pop
zu
hören,
vielschichtig
miteinander
verwobene
Melodiebögen
und
vertrackte
Rhythmen,
ohne
dabei
die
Übersicht
zu
verlieren
oder
Ideen
ausufern
zu
lassen.
Möglicherweise,
so
meine
leise
Hoffnung
und
Ahnungen,
hätte
dieses
Klangbild
auch
das
von
einer
zukünftigen
Band
LIFT
sein können. Darüber zu spekulieren ist müßig, der Gedanke allerdings ungemein reizvoll.
Wolfgang
Scheffler,
so
meine
Erinnerung
an
ein
ausgedehntes
und
angenehmen
Gespräch
an
einem
Nachmittag
an
der
Elbe
gegenüber
Schloß
Pillnitz,
sieht
sich
heute
sicher
als
musikalischer
Freigeist,
dem
die
Ideen
noch
lange
nicht
ausgehen.
Davon
zeugen
unterschiedliche
Konzerte
und
Projekte
wie
die
„Piano
Nights“
oder
die
„(Un)wahre
Art
das
Clavier
zu
spielen“.
Der
Perfektionist
Scheffler
trug
als
Komponist
auch
wesentlich
zu
einer
spektakulären
und
erfolgreichen
Inszenierung
des
„Jedermann“,
gemeinsam
mit
dem
Regisseur
Uwe
S.
Niesig,
in
Köln
vor
dem
Dom,
bei.
Seine
Handschrift
hat dieses Kunsterlebnis wesentlich mit geprägt und den Künstler für weitere Auftragswerke empfohlen.
Mein
Eindruck
war
eines
Mannes,
der
mit
seiner
LIFT
-
Vergangenheit
im
Reinen
und
darauf
stolz
ist,
diese
ausdrucksstarke
Band
mitgeprägt
zu
haben.
Scheffler
sieht
nach
vorn
und
weiß,
dass
LIFT
in
der
Multi-Keyboard-Variante
nicht
mehr
in
heutige
Zeiten
zu
transformieren
geht
und
auch
nicht
sollte.
In
seiner
Stimme
schwingt
stolz,
wenn
er
davon
spricht,
und
auch
ein
wenig
Ärger
darüber,
dass
die
Zeit
die
Formen
der
Darbietung
verändert
hat.
Dennoch
sind
ihm
Äußerungen
zum
heutigen
Bild
der
Band,
zum
musikalischen
Gewicht
in
der
Musiklandschaft
und
zu
den
alten
Zeiten,
nur
schwer
zu
entlocken.
Ich
spüre
im
Gespräch
einerseits
die
Freude,
dass
seine
Musik
die
stürmischen
Zeiten
überdauert
hat,
aber
auch
Unruhe
bei
dem
Gedanken
daran,
wie
sie
von
LIFT
in
der
kammermusikalischen
Variante
im
neuen
Jahrtausend,
mit
Violine,
Mandoline
und
Gitarre,
präsentiert
wurde.
In
solchen
Momenten
fühle
ich
mit
ihm,
kann
aus
meinem
eigenen
Erleben
und
Fühlen
nachvollziehen
und
mich
dennoch
nicht
dafür
begeistern,
Unstimmigkeiten
eines
Akkordes
wegen
durch
eine
Klage
juristisch
lösen
zu
wollen.
Ich
hätte
mir
eher
Versöhnliches
gewünscht
und
einen
Keyboarder,
der
gelegentlich
wieder auf der Konzertbühne erschienen wäre.
Ich
selbst
bin
LIFT-„Fan“
mit
allen
Fasern
meines
Herzens,
aber
vor
allem
einer
der
1970er
Jahre,
die
mit
der
LP
„Spiegelbild“
1981
ihren
Höhepunkt
hatte.
Stücke
wie
„Scherbenglas“
und
„Sommernacht“
verbinde
ich
noch
heute
mit
der
unverwechselbaren
Stimme
eines
Henry
Pacholski
und
„Am
Abend
mancher
Tage“
scheint
mir
eine
der
letzten
großen
Hymnen
jener
Zeit
zu
sein.
Die
Texte
dieser
Jahre
sind
von
einer
ausgewogenen
Qualität,
von
einer
lyrischen
Schönheit
und
emotionalen
Tiefe,
die
ich
im
heutigen
Rock-
und
Popmüll
schmerzlich
vermisse,
sieht
man
mal
von
seltenen
und
wohltuenden
Ausnahmen,
vor
allem
im
Bereich
„OstRock“,
ab.
Die
Bandgeschichte
fühlt
sich
für
mich
seitdem
wie
abgeschlossen
an,
weil
mir
wirklich
neues
und
innovatives
Songmaterial
fehlt,
das
an
die
besten
Jahre
anzuknüpfen
vermag.
Wenn
Künstler
beginnen,
sich
selbst
und
ihr
Werk
zu
reproduzieren,
bleibt
das
Schöpfertum
irgendwo
in
der
Zeit
kleben. So gesehen hatte ich eine tolle Zeit, auch mit der Musik von LIFT.
Nachtrag:
Diese
Zeilen
schrieb
ich
im
August
2008
nach
einer
Begegnung
mit
Wolfgang
Scheffler.
Ich
wollte
damals
ein
wenig
dazu
beitragen,
diesen
begnadeten
Musikanten
und
Komponisten
aus
seiner
Komponistenstube
wieder
mehr
in
den
Focus
der
medialen
Wahrnehmung
zu
rücken.
Ich
musste
bald
erkennen,
dass
dies,
so
wie
es
mir
vorschwebte,
nicht
gewünscht
war
und
kleinliche
Missverständnisse
die
Mauer
des
Schweigens
eher
verfestigen,
statt
sie
durchlässiger
zu
machen. Das tat im Augenblick weh, ist inzwischen aber nicht mehr zu ändern.
Auch
das
Erscheinungs-
und
Klangbild
von
LIFT
hat
sich
wieder
verändert
und
weitere
Befindlichkeiten
sind
hinzu
gekommen.
Im
Dezember
2015
durfte
ich
noch
einmal
in
einem
ausverkauften
Schlachthof
von
Dresden
die
„Meeresfahrt“
und
alle
auf
der
Platte
enthaltenen
Songs
live,
und
mit
den
Gästen
Till
Patzer
und
Michael
Heubach,
genießen.
Noch
einmal
eintauchen
in
jene
schöpferische
Phase,
die
viele
so
sehr
lieben
und
vermissen.
Weshalb
von
diesem
einmaligen
Abend
in
Dresden
weder
der
Texter
Joachim
Krause,
noch
Zachar’s
einstige
Frau
Dina
Straat,
etwas
wussten,
möchte
ich
nicht
bewerten.
Es
steht
mir
nicht
zu,
obgleich
ich
eine
Meinung
habe.
Vergangenheit
lässt
sich
eben
doch
nicht
in
die
Gegenwart
transformieren.
Die
Dinge
müssen
sich
entwickeln
und
wir
Menschen
mit
ihnen.
Die
Zeiten
von
einst
sind
längst
Geschichte, aber ich habe sie miterlebt. Allein das zählt letztendlich für mich.