Tricando - Gundermann & Reiser – ein Konzert
22.01.2020
Manchmal
habe
ich
tatsächlich
das
Gefühl,
irgendjemand
hätte
im
Laufe
der
letzten
Jahre
eine
Lawine
losgetreten.
Ganz
langsam
und
leise
scheint
etwas
Fahrt
aufzunehmen
und
je
mehr
dabei
sein
wollen,
desto
breiter
wird
das
Ding.
Als
ich
2008
in
erster
Reihe
beim
Tribut
für
den
singenden
Baggerfahrer
dabei
war,
hatte
ich
mich
gefreut
wie
ein
kleines
Kind.
Da
oben
stand
wieder
die
Seilschaft
und
Haase
sang
auch
seine
Lieder.
Inzwischen
singen
viele
diese
Lieder
zu
ganz
unterschiedlichen
Anlässen.
Wir
feiern
Geburtstage,
wir
würdigen
und
einen
Spielfilm,
in
dem
ich
Teile
meines
eigenen
Lebens
fühlen
durfte,
habe
ich
auch
gesehen.
Es
gibt
den
Verein,
es
gibt
die
Brigade,
eine
filmische
Dokumentation
und
wir
pilgern
zur
Randgruppencombo.
Kondschak,
der
den
Gundi
zu
leben
scheint,
hat
zusätzlich
die
Minimalvariante
auf
die
Konzertbühnen
gebracht
und
wie
viele
auch
noch
„Gundisingen“
praktizieren,
weiß
wahrscheinlich
keiner
genau.
Könnte
es
sein,
dass
eine
Welle
rollt,
die
ganz
langsam
beginnt,
die
ursprüngliche
Faszination
Gundermann
aufzufressen, sie banal werden zu lassen?
Nicht
alle,
die
Gundermann’s
Noten
„entdecken“
und
sie
interpretieren,
haben
mich
bewegen
können.
Manchmal
hätte
ich
mir
den
Weg
zum
Konzert
sparen
sollen.
Die
Fahrt
nach
Quedlinburg
allerdings
ist
kurz
und
der
Wipertihof
ein
angenehmer
Ort.
Also
lasse
ich
mich
locken.
Gundermann
und
Rio
Reiser
prangen
als
Schriftzug
vom
Plakat
und
TRICANDO
kenne
ich
(noch)
nicht.
Außerdem
ist
mittwochs
für
Rockrentner
eine
gute
Wahl.
TRICANDO
sind
wohl
erst
vor
kurzer
Zeit,
innerhalb
der
rollenden
Welle,
inspiriert
worden,
sich
dem
Lausitzer
Liederbaggerfahrer
und
dem
Scherben-Frontmann
zuzuwenden.
Wenn
auch
unterschiedlich
sozialisiert
worden,
hatten
beide
einige
bemerkenswerte
Gemeinsamkeiten
und
das
sind
Gründe,
mir
den
Wochentagsabend
im
Wipertihof
zu
gönnen,
zumal
die
Erinnerungen
an die Lausitz sofort auch wieder da sind.
Kurz
vor
Beginn
ist
der
Raum
knackevoll,
kein
Stuhl
mehr
leer.
Das
hätte
ich
so
nicht
gedacht.
Die
drei
Musiker
betreten
die
Bühne,
aber
statt
tosender
Applaus,
empfängt
sie
eigenartige
Stille
und
uns
der
kühle
„Frühlingssturm“
von
Rio:
„Ich
bin
der
Nachtwind,
hörst
du
mich?“.
Mich
fröstelt.
-
„Der
Winter
soll
wieder
richtig
kalt
sein
und
auf’m
Dach
soll
Schnee
sein,
aber
weiß.“
Welch
unterkühlter
Beginn
und
draußen
ist
es
nasskalt,
so
wie
im
Tagebau,
denke
ich
mir.
Beide
Melodien,
geprägt
von
Gitarre,
Bouzouki,
Cajon
und
Gesang,
klingen
anders
als
gewohnt.
Vielleicht
muss
ich
mich
erst
in
den
Klang
und
das
andere
Timbre
der
hellen
Stimmen
reinhören?
Es
wird
eine
Weile
dauern,
bis
es
mir
auffällt.
Jedes
Lied
an
diesem
Abend
hat
ein
erneuertes,
auf
die
drei
Herren
abgestimmtes,
Gewand
über
die
ursprünglichen
Noten
übergestreift
bekommen.
Diesen
Reiz
muss
sich
jeder
selbst
erschließen
und
es
klappt
nicht
auf
Anhieb,
wenn
man das jeweilige Original, die Seilschaft, die Randgruppencombo und die Wunderbundten in den Ohren hat.
In
diesem
Jahr
wäre
Rio
Reiser
70
und
Gundi
Gundermann
65
geworden.
Beide
verließen
uns
jedoch,
ohne
ihren
50.
Geburtstag
gefeiert
zu
haben.
Beide
waren
auf
besondere
Weise
störrische,
aber
auch
sehr
sensible
Zeitgenossen,
die
uns
prägnante
Lebensspuren,
in
Form
von
Melodien
und
Texten,
mit
auf
den
Weg
gaben.
Nach
den
ersten
beiden
Liedern
erzählt
uns
ANDREAS
ZÖLLNER,
der
Gründer
des
Trios,
dass
er
Gundermann
erst
vor
fünf
Jahren
eher
zufällig
für
sich
entdeckt
hatte,
was
letztlich
zur
Gründung
von
TRICANDO,
vor
zwei
Jahren,
geführte
hat.
Nun
steht
das
Trio,
mit
ENRICO
SCHNEIDER
und
Sohnemann
PAUL
ZÖLLNER,
vor
uns
auf
der
Bühne
im
Wipertihof.
Der
exzellente
Gitarrist
„Enno“
singt
einfühlsam
vom
„Fliegenden
Fisch“
und
alle
drei
„Der
Traum
ist
aus“.
Inzwischen
bewundere
ich
die
Vielseitigkeit
der
Musiker,
die
locker
zwischen
Gitarren,
Bouzouki,
Cajon
und
Tasten
untereinander
wechseln
und
sich
diesen
Liedern
ganz
und
gar
hingeben.
Beim
„Irrlicht“
und
„Alles
Lüge“
von
Rio
und
den
verspielten
Electronics
haben
sie
mich
dann
doch
eingefangen.
Ich
sitze
in
Sprungweite
vor
ihnen
und
genieße
den
Ausflug
auf
die
„Brühlsche
Terrasse“. Endlich ist wieder „Land in Sicht“ und ich kann den weiteren Abend, locker zurückgelehnt, genießen.
Es
hört
sich
spannend
an,
wie
ANDREAS
ZÖLLNER
als
Erzähler
die
Vita
des
einen
mit
den
Ansprüchen
des
anderen
miteinander
zu
verweben
vermag.
Das
Bild
von
der
Käseglocke
über
dem
kleinen
Land,
das
plötzlich
frischen
Wind
zu
spüren
bekommt,
weil
Gott
das
Experiment
als
gescheitert
erkennt
und
die
Glocke
nun
zur
Seite
stellt,
lässt
mich
bitter
lächeln:
„Es
kommt
der
Tag,
da
brechen
in
die
müden
Städte
wilde
Wasser
ein.“,
das
die
Wendetage
von
1989,
gut
nachvollziehbar
für
mich,
so
authentisch
beschreibt
und
mit
einem
wilden
Gitarrensolo
garniert
ist.
Augenblicke
später
spüre
ich
bei
„Halt
dich
an
meiner
Liebe
fest“,
und
dem
nächsten
Gitarrensolo,
schon
wieder
so
ein
dankbares
Gefühl
in
mir.
Was
wäre
diese
verrückte
Welt
ohne
die
Liebe,
die
uns,
im
Idealfall
ohne
zu
Hinterfragen,
stützt
und
Krisen
gemeinsam
bewältigen
lässt.
Und
dann
singt
dieser
ENRICO
SCHNEIDER,
auf
dem
Cajon
direkt
vor
mir
sitzend,
auch
noch
vom
„Vater“.
Er
trifft
mich
quasi
mitten
ins
Herz
und
ich
könnte
losheulen,
weil
mich
Erinnerungen
überrennen.
So
habe ich diese Melodie und die Worte noch nie empfunden. Uff, das ist für mich ein traumhaft intimer Moment!
Inzwischen
sprudeln
die
Überraschungsmomente
vom
Podest.
Das
„Gras“
wächst
bei
TRICANDO
fast
schon
zerbrechlich,
dass
ich
staunen
muss
und
sowohl
„Für
immer
und
dich“,
als
auch
Gundis
„Linda“,
werden
in
den
zarten
Klang
des
Cello
eingehüllt.
Man
meint
die
Anspannung
im
Raum
mit
den
Händen
greifen
zu
können,
ehe
sie
sich
im
tosenden
Applaus
auflöst.
TRICANDO
lassen
Rio
vom
abgebrannten
„Zauberland“
und
Gundi
von
der
„Zukunft“,
die
ein
„unentdecktes
Land“
ist,
singen
und
wollen
beide
Lieder
als
Ausklang
des
Konzertabends
verstanden
wissen.
Rückblick
und
Vision
zum
mit
nach
Hause
nehmen,
doch,
so
die
einhellige
Reaktion,
da
muss
noch
was
hinterher
kommen!
Da
ist
es
schon
bitter
und
sarkastisch
„Kein
Land
in
Sicht“
und
Gundis
Ausblick
zu
vernehmen:
„Immer
wenn
der
Sturm
sich
gelegt
hat,
ist
nur
stinkendes
Meer
ringsumher
wie
vorher.“
Welch
prophetische
Prophezeiung,
denn
überall
dort,
wo
Staat
und
Justiz
sich
zurückziehen,
machen
sich
Hass,
Gewalt
und
ja,
auch
Gestank
breit,
dem
Courage
allein
nicht
zu
widerstehen
vermag,
glaube
ich
zu
wissen.
Ganz
am
Ende
wagen
die
Musiker
von
TRICANDO
das
Unmögliche
und
lassen
den
„König
von
Deutschland“
von
„Wenn
ich
ein
Räuber
wär“
laut
träumen.
Mit
diesem
gekonnten
Mix
kommt
noch
mal
richtig
fröhliche
Stimmung
in
die
Hütte
und
drei
glücklich
strahlende
Musiker
dürfen
sich
über
einen
gelungenen
Konzertabend
freuen.
Damit
sind
auch
meine
anfänglichen
Zweifel
etwas
nach
hinten
gerückt,
aber
dennoch:
Mir
ist
ein
wenig
Bange
bei
dem
Gedanken,
dass
zu
viele
in
dieser
Gundermann-Welle
mitschwimmen,
vielleicht
sogar
Trittbrettfahrer
auf
ihr
surfen
und
die
vielen
Lebensspuren,
die
in
den
Liedern
stecken,
ausgewaschen
werden
könnten.
Es
geht
nicht
darum,
diese
Lieder
einfach
zu
singen,
sondern
all
die
Emotionen,
die
vielen
verrückten
Gedanken,
die
Utopien
und
letztlich
auch
die
Enttäuschungen,
die
sie
umhüllen,
lebendig
zu
halten.
Für
mich
sind
Lieder,
und
die
von
Gundi
in
besonderer
Weise,
klingende
Muscheln,
die
jede
eine
prächtig
schillernde
Perle
(einer
untergegangenen
Zeit)
enthalten.
Manchmal
scheint
mir
auch,
um
Gerhard
Gundermann
zu
ehren,
vergessen
wir,
die
letzten
noch
(über)lebenden Geschichtensänger jener Tage zu fragen, zu pflegen und zu fordern. Das wäre dann wirklich fatal.
Draußen
stecke
ich
die
sechs
Reiszwecken,
die
das
große
Poster
am
Holztor
hielten,
wieder
zurück
in
das
Holz.
Souvenirs
sind
das
Sahnehäubchen
eines
Konzertgängers,
denn
Rocker
werden
nie
im
Leben
erwachsen.
Sie
haben
Visionen und sind Träumer – wie Rio, Gundi, John (und ich).