The Who – das Live-Ereignis “Quadrophenia”
29.04.1997
„Höchstwahrscheinlich
sind
die
WHO
die
letzte
große
Gruppe
des
Super-Pop.“
Diese
Worte
schrieb
der
englische
Musikkritiker
Nick
Cohn
1969
in
seinem
Buch
„Pop
From
The
Beginning“
(Seite
142).
Das
unscheinbare
kleine
Paperback
bekam
ich
1971
nach
einem
Besuch
beim
Musikwissenschaftler
Gottfried
Schmiedel
in
die
Hände
gedrückt.
Ihm
habe
ich
nicht
nur
dieses
Büchlein
zu
verdanken,
sondern
die
Erkenntnis,
jede
Form
von
Kunst
auch
kritisch
zu
hinterfragen,
ehe ich sie in den Himmel zu jubeln beginne. Bis in heutige Tage ist das meine Maxime geblieben.
Als
mir
während
meiner
Penne-Zeit
die
zwei
Akkorde
von
„My
Generation“
aus
dem
Dampfradio
um
die
Ohren
gehauen
wurden,
habe
ich
alles
andere,
was
mir
als
Pop
und
Beat
bis
dato
lieb
und
teuer
war,
beiseite
geschoben.
Dieser
Song
ist
für
mich
bis
heute
noch
immer
die
Quintessenz
all
dessen,
was
Rockmusik
sein
darf:
Anders,
aggressiv,
ehrlich,
aufmüpfig
und
gefühlvoll.
In
3:23
Minuten
ist
die
pure
alternative
Leidenschaft
eingestanzt
und
alles
ausgedrückt,
was
Rockmusik
für
mich
eben
einzigartig
und
anders
macht.
Auch
wenn
THE
WHO
weitere
Glanznummern
quasi
wie
am
Fließband
nachlegten,
so
einen
Rohdiamanten
haben
sie
nie
wieder
hinbekommen.
Nur
noch
ein
einziges
Mal
konnten
sie
mit
„Won’t
Get
Fooled
Again“
fast
das
gleiche
Gefühl
authentisch
in
einen
weiteren
Song
pressen.
Gleichwohl
waren
Schöpfungen
wie
„Happy
Jack“,
„Magic
Bus“,
„I’m
A
Boy“,
Substitute“
oder
„Call
Me
Lightning“
stets
herausragend
und
spiegelten den Zeitgeist authentisch wider.
THE
WHO
waren
spätestens
seit
1965
meine
Idole.
Andere
auch,
sicher,
aber
bei
den
WHO
wäre
ich
bereit
gewesen,
auch
mal
blind
einfach
nur
JA
zu
sagen.
Dieser
Pete
Townshend
konnte
im
wahren
Leben
das
ausleben,
was
ich
still
in
mir
drinnen
kaum
zu
denken
wagte
und
die
Band
war
etwas,
was
so
organisch
miteinander
harmonierte
und
gleichzeitig
so
viel
Gegensätzlichkeit
ausstrahlte,
dass
mir
manchmal
Angst
und
Bange
wurde,
dem
nacheifern
zu
wollen.
Nur
die
legendären
Small
Faces
mit
ihrem
Sänger,
Gitarristen
und
Songschreiber
Steve
Marriott
erreichten
für
mein
Empfinden
für kurze Zeit eine vergleichbare Explosivität. Die Musik der WHO jedoch strahlt eine besondere Energie aus.
Meine
erste
Platte
von
ihnen
war
„
Who’s
Next“
mit
dem
Teufelsgeiger
Dave
Arbus
von
East
Of
Eden
bei
„Baba
O’Riley“.
Die
bekam
ich
per
Post
von
den
Orkney
Inseln
in
die
DDR
und
habe
sie
nächtelang
unter
Kopfhörern
gehört.
Als
David
und
Tommy,
zwei
schottische
Brüder,
mitbekamen,
dass
ich
diese
Musik
sehr
mag,
hat
Tommy
eigens
für
mich,
mit
der
Schreibmaschine
und
mit
Fotos
aus
dem
Melody
Maker,
ein
„Buch“
über
die
Geschichte
der
WHO
geschrieben
und
mir
das
einzige
Exemplar
geschenkt.
Darin
blättere
ich
nach
Jahrzehnten
immer
noch
sehr
gern,
weil
es
authentisch
und
persönlich
ist.
Den
inzwischen
legendären
Auftritt
der
WHO
beim
WDR-Rockpalast
Ende
März
1981
habe
gemeinsam
mit
meinem
Vater
angesehen.
Ich
war
weg
und
alle
und
mein
alter
Herr
bekam
eine
leise
Ahnung
davon,
warum
sein
Sohn
diese Band und deren Musik so sehr mochte (und noch immer mag).
Meinen
Wunsch,
diese
wilden
Mods
wenigstens
ein
einziges
Mal
live
zu
erleben,
hatte
ich
mit
dem
Tod
des
virtuosen
Drummers
Keith
Moon
im
September
1978
begraben,
um
ihn
nach
1990
doch
wieder
auszubuddeln.
Es
sollte
aber
noch
bis
29.
April
1997
dauern,
bis
sich
dieser
Wunsch,
wenn
auch
ohne
Keith
Moon,
erfüllen
sollte.
THE
WHO
spielten
die
komplette
„Quadrophenia“
sowie
einige
ihrer
frühen
großen
Hits
live
in
der
(West)Berliner
Deutschlandhalle,
kurz
bevor
selbige
geschlossen
werden
sollte.
Für
Georg,
meinen
langjährigen
und
ebenfalls
musikbegeisterten
Freund,
und
mich
stand
sofort
fest,
dort
müssen
wir
hin.
Wer
weiß,
ob
wir
diese
Gelegenheit
je
wieder
haben
würden.
Fünf
Jahre
später
verabschiedete
sich
der
Bassist
John
Entwistle
in
den
Rockhimmel.
In
der
Deutschlandhalle
durften
wir
noch
eines
der
legendären
Bass-Soli
von
„Thunderfinger“
live
erleben.
Meine
damals
17jährige
Tochter
hatte
ich
überredet,
diese
Chance,
von
der
sie
keine
Vorstellung
hatte,
zu
nutzen.
Mein
Sohn
hingegen
hatte
aus
pupertären
Gründen
„abgesagt“
und
meine
„Argumente“,
ihn
zum
Mitkommen
zu
bewegen,
waren
wohl
auch
keine.
Später
hat
er
sich
selbst
nicht
verstanden.
Wir
erlebten
damals
die
furiose
Live-Aufführung
des
Rock-Spektakels
mit
Pete
Townshend,
den
einzig
wahren
Windmühlengitarristen,
mit
Roger
Daltrey
am
Lassomikrofon
und
Donnerfinger
John
Entwistle
am
Bass.
Als
Gast
saß
kein
geringerer
als
Ringo’s
Sohn
Zak
Starkey
am
Schlagzeug,
der
eine
perfekte
Kopie
von
Keith
Monn
ablieferte.
Als
Gastsänger
hatte
die
Band
wahlweise
P.J.
Proby,
der
uns
einen
ungewollten
Bühnensturz
erleben
ließ,
und
Billy
Idol
verpflichtet.
Wer
sich
in
der
Rock-Historie
auskennt,
weiß
um
die
Bedeutung
von
„Tommy“
und
„Quadrophenia“
und
den
Stellenwert
der
WHO.
Ich
saß
dort
auf
den
oberen
Rängen
und
habe
jeden
Ton,
jede
Geste
und
jeden
der
Songs
wie
ein
trockener
Schwamm
in
mich
aufgesogen.
Den
jungen
Starkey
habe
ich
bewundert,
wie
präzise
und
mit
welcher
Wucht
er
den
viel
zu
großen
Spuren
eines
Keith
Moon
folgte
und
gemeinsam
mit
John
Entwistle
am
Bass,
den
typischen
WHO-Puls
durch
die
riesige
Halle
jagte.
Mein
ganz
persönlicher
Höhepunkt
waren
jene
knapp
60
Sekunden,
in
denen
John
„Thunderfinger“
Entwistle
den
Vier-Saiten-Zupfern
weltweit
zeigte,
wie
ein
Bass-Solo
klingen
sollte.
Die
Halle
war
ein
einziger
Resonanzraum,
als
seine
Finger,
zuckenden
Gewitterblitzen
gleich,
über
die
Saiten
tobten
und
ein
einziges
Inferno krachender Basstöne versprühte. Gott, ich habe John Entwistle spielen sehen!!
Im
Zugabenteil
kommt
dann
das,
worauf
natürlich
die
Fans
gehofft
hatten.
Die
Band
geht
weit
zurück
in
ihre
eigene
Geschichte
und
zelebriert
einige
ihrer
Klassiker:
„I’m
The
Face“,
„Substitute“,
„Can’t
Explain“,
„Won’t
Get
Fooled
Again“
und
natürlich
„My
Generation“.
Als
wolle
Pete
Townshend
diese
alten
Zeiten
noch
ein
einziges
Mal
heraufbeschwören,
deutet
er
bei
„Who
Are
You“
ganz
kurz
an,
was
in
den
1960ern
Bestandteil
der
Show
war.
Für
einen
winzigen
Augenblick
habe
ich
wirklich
geglaubt,
jetzt
würde
er
seine
Gitarre
auf
dem
Boden
zerschmettern!
Meine
Tochter
spricht
noch
Tage
danach
vom
Erlebten,
kann
sich
inzwischen
aber
nicht
mehr
an
das
Konzert
erinnern,
aber
sie
könnte
sagen,
dort
dabei
gewesen
zu
sein.
Als
John
Entwistle
am
27.
Juni
2002
unerwartet
in
Las
Vegas
stirbt,
bin
ich
bis
ins
Mark
erschüttert.
Das
Kapitel
THE
WHO
ist
für
mich
so
gut
wie
abgeschlossen.
Ohne
den
Derwisch
Keith
Moon
war
es
schon
schwierig,
ohne einen John Entwistle am Bass – für mich einfach unvorstellbar!
Im
Jahre
2006
veröffentlichen
PETE
TOWNSHEND
und
ROGER
DALTREY
als
THE
WHO
im
Duo
die
wie
ein
Rock-Puzzle
anmutende
Doppel-LP
„Endless
Wire“.
Die
Scheibe
ist
weder
revolutionär
noch
sonst
irgendwie
ein
Überflieder,
sondern
schlicht
eine
neue
Veröffentlichung.
Die
beiden
WHO’s
sind
über
60
und
haben
ein
Werk
abgeliefert,
von
dem
vergleichbare
Bands
nur
träumen
können:
Harmonisch
und
ausgereift
sowie
bis
in
jede
Nuance
durchdacht.
THE
WHO
sind sich treu geblieben, haben sich selbst in das neue Jahrtausend „gerettet“. Respekt!
Im
gleichen
Jahr
geschieht
dann
doch
das
Unvorstellbare.
Die
Band
geht
wieder
auf
Tour
und
gibt
in
Deutschland,
auch
mit
dem
neuen
Material,
Konzerte.
Eines
davon
in
Berlin
auf
der
Freilichtbühne
in
der
Wuhlheide.
Doch
der
schleppende
Vorverkauf
hat
ein
Verlegen
in
die
ARENA
direkt
an
der
Spree
zur
Folge.
Mitten
im
Sommer!
Georg
und
ich
sind
wieder
dort
und
diesmal
ist
noch
Roland
dabei.
Zu
dritt
betreten
wir
den
überhitzten
„Kesselraum“
der
ARENA
und
lassen
uns
von
den
Klängen
der
WHO
die
letzten
Schweißreserven
ausschwitzen.
Wir
erleben
diese
Band
in
blendender
Verfassung
sowie
mit
einem
exzellenten
Pino
Palladino
am
Bass,
der
dennoch
kein
John
Entwistle
ersetzt,
sowie
Zak
Starkey
(dr),
Simon
Townshend
(guit),
Pete’s
jüngerer
Bruder,
und
John
„Rabbit“
Bundrick
an
den
Tasten.
Mir
fehlen
an
diesem
Abend
der
typische
knochentrockene
Bass
sowie
natürlich
Keith
Moon
und
dennoch
stehen
da
vorn
die
einstigen
Ikonen
einer
ganzen
Generation.
Da
vorn
agieren
die
echten
Rock-Stars,
die
Rebellen,
an
Jahren
und
Erfahrungen
gereift,
die
einst
den
braven
Bürger
auf
dem
Sofa
schockten
und
den
Punks
als
Idole
dienten.
Mittendrin
drei
Freunde,
leicht
ergraute
Fans,
die
mit
Townshend
&
Daltey
in
die
Jahre
gekommen
sind.
Das
wird
hoffentlich
auch
noch
lange
so
bleiben,
denn
wenn
THE
WHO
fehlen
sollten,
fehlt
mir
auch
diese
„Quintessenz
der
Rockmusik“,
einer
der
Quell-Codes
dessen,
was
der
Volksmund
als
Rockmusik
bezeichnet.
Müsste
ich
Rockmusik
auf
ein
Kürzel
einschmelzen,
so
wären
das
THE
WHO:
“Pick
up
your
guitar
and
play,
just
like
yesterday
and
I’ll
get
on
my
knees
and
pray:
We
won’t
get
fooled
again! “