Taddeus Punkt, Struppi & ich
11.02.2016
Vorn
an
der
Ecke
der
Breitscheidstraße
zur
Berliner
Straße
gab
es
einen
Laden,
wo
man
Lebensmittel
kaufen
konnte.
Über
der
Tür
stand
„Menten“
geschrieben
und
zu
Opa
Menten
ist
jeder
Dreikäsehoch
gegangen,
wenn
er
Bobons,
Zuckstangen
oder
Waffeln
kaufen
wollte.
Die
Bonbons
holte
Opa
Menten
mit
einer
kleinen
Schaufel
aus
einem
großen
runden
Glas
und
füllte
sie
dann
in
eine
Tüte
aus
Papier.
Wenn
ich
vor
zu
Mentens
ging,
um
mir
Gewürzgurken
einzukaufen,
wurden
sie
stets
in
Zeitungspapier
eingepackt.
Dass
man
später
zum
Ein-
und
Verpacken
Beutel
aus
Plaste
nutzen
würde,
hatte
sich
noch
nicht
herumgesprochen
und
gefallen
will
mir
das
bis
heute
nicht.
Wer
noch
nie
aus
einer
Papiertüte
Pfefferminz-
oder
Malzbonbons
gegessen
hat,
weiß
auch
nichts
von
dem
Genuss,
der
sich
ganz
unten
in
der
Spitze
einer
Papiertüte
verkleben
kann.
So
große
Bonbonklumpen
gibt
es
heute
nirgends
mehr
zu
kaufen
und
Papier
schwimmt
auch
nicht
über
Jahrhunderte
im
Ozean
herum.
Aber
erzähle
das
mal
einem
der
heutigen
Wachstumsfetischisten
und
Verpackungsneurotikern!
Wahrscheinlich
glauben
die
bis
heute,
dass
Bonbons
mit
Bonus-Zahlungen
gleichzusetzen
sind
und
da
reicht
natürlich,
nach
deren Erfahrungen, eine Papiertüte nicht aus.
Also
Opa
Menten,
der
mit
Vornamen
übrigens
Peter
hieß,
war
eine
Institution
als
privater
Händler
und
außerdem
eine
Seele
von Mensch. Manchmal war auch Frau Menten da, eine kleine freundliche Dame, doch Opa Menten war einfach lustiger und
hat
gerne
auch
mal
einen
Spaß
gemacht.
Die
Wohnung
der
beiden
konnte
man
durch
eine
Tür
im
Laden
betreten.
Dort
ging
er
manchmal
hinein,
wenn
ein
Kunde
etwas
Besonderes
kaufen
wollte.
Bei
Mentens
gab
es
keine
Bückwaren,
er
ging
einfach
nebenan
in
die
Wohnung.
Das
war
dann
Ware
von
nebenan,
könnte
man
vielleicht
sagen.
Außerdem
konnte
man
dort
selbst
dann
einkaufen,
wenn
das
Geschäft
schon
längst
geschlossen
hatte.
Man
klopfte
einfach
an
die
Tür
und
dann
wurde
sie
von
Opa
Menten
noch
einmal
aufgeschlossen.
Ich
kann
mich
nicht
erinnern,
dass
er
jemals
mit
uns
Kindern
geschimpft hätte, wenn wir geklopft haben.
Oma
und
Opa
Menten
hatten
einen
Sohn.
Der
hieß
auch
Peter
und
wohnte
direkt
über
dem
Geschäft.
Zu
ihm
sagten
wir
immer
Herr
Menten,
weil
er
noch
kein
Opa
war.
Um
alle
völlig
zu
verwirren,
hatte
Herr
Menten
seinen
einzigen
Sohn
auch
Peter
genannt.
In
dem
großen
Haus
von
Mentens
wohnten
noch
mehr
Kinder
und
wir
haben
meist
alle
gemeinsam
auf
der
Straße
oder
in
den
Höfen
gespielt.
Im
Winter
war
das
auch
so,
aber
zur
Weihnachtszeit
saßen
wir
oft
bei
Mentens
in
der
ersten
Etage
und
dort
im
Wohnzimmer
vor
einer
großen
Eisenbahnanlage
mit
einer
Piko-Eisenbahn.
Peter,
der
Jüngste,
hatte
die
größte
und
schönste
Eisenbahnplatte,
die
ich
als
Kind
jemals
gesehen
habe.
Daran
war
auch
der
ehemalige
Schulfreund
von
Herrn
Menten,
namens
Heinz,
schuld,
denn
Heinz
konnte
prima
malen.
Deshalb
hat
Heinz
Fülfe,
der
aus
Berlin
kam,
um
seinen
Schulfreund
in
Elsterwerda
zu
besuchen,
stets
in
der
Vorweihnachtszeit
zusammen
mit
Peters
Vater,
den
Hintergrund
der
Eisenbahnplatte
mit
einer
wunderschönen
Landschaft
bemalt.
Wir
Kinder
saßen
davor
und
haben
manchmal
vor
lauter
Staunen
die
Züge
falsch
gefahren.
Auf
diese
Weise
habe
ich
Heinz
Fülfe
kennengelernt,
den
damals
alle Kinder als TADDEUS PUNKT aus dem Fernsehen kannten.
Heinz
Fülfe
war
in
Elsterwerda
zur
Oberschule
gegangen
und
hatte
bei
Hans
Nadler,
der
als
Lehrer
an
der
Oberschule
wirkte
und
heute
als
Schradenmaler
in
den
Geschichtsbüchern
verewigt
ist,
das
Malen
gelernt,
ehe
er
mit
seiner
Frau
Ingeborg
an
die
Elbe,
genauer
auf
die
Festung
Königstein,
gezogen
ist.
Von
dort
aus
hat
er
viele
Kindersendungen
mit
dem
Puppenpaar
Flax
und
Krümel
sowie
deren
Hund
Struppi
gemacht.
Das
begann
im
Jahre
1955
und
viele
Kinder
von
damals
haben
jeden
Sonntag
diese
Sendungen
im
Fernsehen,
übrigens
in
schwarz
und
weiß,
nicht
verpasst.
Damals
war
ich
sechs
Jahre
jung
und
meine
Favoriten
waren
Flax
&
Krümel,
Struppi,
Meister
Nadelöhr
mit
dem
Meister
Briefmarke
sowie
Professor
Flimmerich.
Die
beiden
Puppenkinder
Flax
und
Krümel
haben
wir
alle
gern
gesehen
und
den
Hund
Struppi
haben
wir
alle
geliebt,
weil
er
auch
singen
konnte:
„Stimmt
es
Struppi?“.
So
ist
Heinz
Fülfe
berühmt
geworden
und
zwar
nicht
nur
in der DDR, sondern auch im Nachbarland Polen, in der CSSR, in Finnland und noch in anderen Ländern.
Erst
als
Schüler
in
der
Unterstufe
habe
ich
bemerkt,
dass
Taddeus
Punkt,
also
der
Mann
„der
mit
dem
Struppi
malte“
und
einen
Zauberbleistift
benutzte,
regelmäßig
nach
Elsterwerda
zu
Mentens
kam,
um
seinen
Schulfreund
Peter,
die
Schule
und
auch
die
Familie
Nadler
in
Gröden
zu
besuchen.
Bei
so
einer
Gelegenheit
habe
ich
von
ihm,
mit
Hilfe
meines
Vaters,
ein
signiertes
Foto
bekommen.
Heute
würde
man
Autogrammkarte
dazu
sagen.
Jedenfalls
war
es
das
erste
Mal,
dass
ich
ein
Bild
mit
Unterschrift
erhalten
habe.
Vielleicht,
so
denke
ich
heute,
war
dieser
Moment
auch
die
Initialzündung
für
meine
spätere(n) Sammelleidenschaft(en).
Mehr
als
zwanzig
Jahre
danach
führte
mich
meine
berufliche
Laufbahn
in
das
Rathaus
von
Elsterwerda
und
dort
in
die
Einmannabteilung
Kultur.
Hier
durfte
ich
viele
meiner
Ideen
umsetzen,
so
auch
einen
Kindheitstraum.
Im
Pionierhaus
hatte
ich
die
Gelegenheit,
das
Ehepaar
Fülfe
für
eine
Veranstaltung
zu
gewinnen.
Der
Saal
war
mit
begeisterten
Kindern
proppevoll,
während
auf
der
Bühne
Flax
und
Krümel
mit
Struppi
ihre
Abenteuer
erlebten
und
Taddeus
Punkt
auf
ein
übergroßes
Stück
Papier
ein
Bild
von
Struppi
Bild
malte.
Dieses
Bildnis
hat
noch
viele
Jahre
im
Kinderzimmer
meiner
beiden
Kinder
an
der
Wand
gehangen.
Leider
hat
es
einen
der
Umzüge
in
eine
neue
Wohnung
nicht
überstanden.
Aber
die
Fotos
von
jenem
Ereignis
im
Pionierhaus
existieren
noch.
Ein
Selfi
mit
Struppi
und
Taddeus
Punkt
kam
leider
nicht
zustande,
da
muss einer wie ich schon seine eigene Erinnerung und Fantasie bemühen.
Doch
die
Geschichte
ist
noch
nicht
am
Ende.
In
Elsterwerda
stand
viele
Jahre
ein
altes
und
verfallenes
Fachwerkhaus
hinter
brüchigen
Mauern
und
schlief
in
einem
denkmalgeschütztes
Wachkoma
vor
sich
hin.
Irgendwann
zu
Beginn
der
1970er
Jahre
wurde
es,
obwohl
anders
geplant,
doch
nicht
abgerissen.
Engagierte
Bürger
der
Stadt,
unter
ihnen
auch
der
Sohn
des
Malers
Hans
Nadler,
kümmerten
sich.
Sie
machten
Druck
und
entwickelten
eine
Idee,
das
unter
Denkmalschutz
stehende
Haus
zu
restaurieren
und
einer
neuen
Nutzung
als
kleine
Galerie
zuzuführen.
Letztlich
gelang
es,
mit
Unterstützung
vieler
kommunaler
Betriebe,
diese
Idee
Realität
werden
zu
lassen.
Nach
Abschluss
aller
Arbeiten
wurde
das
Schmuckstück
im
April
1980
der
Ortsgruppe
des
Kulturbundes
übergeben
Die
kleine
Galerie
erhielt
am
22.
Mai
1982
den
Ehrennamen
„Hans
Nadler“.
Als
Gast
waren
der
Sohn
des
Heimatmalers,
Prof.
Hans
Nadler
aus
Dresden,
und
Heinz
Fülfe,
der
bei
dessen
Vater
gelernt
hatte,
anwesend.
In
diesem
kleinen
Fachwerkhaus
befand
sich
außerdem
über
den
Galerieräumen
das
Büro
des
Kulturbundes,
in
dem
ich
meine
letzten
Berufsjahre
in
der
DDR
verbringen
musste
–
ohne
richtige
Heizung,
ohne
Toilette
und
mit
einer
alten
Dame
gegenüber
als
Mitarbeiterin.
So
einzigartig
schön
die
Galerie
im
Erdgeschoß
auch
war,
mein
Büro
darüber
war
ein
toter
Ort
der
Verbannung
und
das
im
wortwörtlichen
Sinne.
Doch
das
ist
schon
ein
völlig
anderes
Kapitel
meines
Lebens,
an
das
ich
mich
nicht
so
gern
erinnere,
obwohl
es
auch
Teil
des
realen
Lebens war.
Der
Sohn
des
Heimatmalers
Hans
Nadler,
bei
dem
Heinz
Fülfe
gelernt
hatte,
war
Honorarprofessor
für
Denkmalpflege
an
der
TU
Dresden
und
hat
sich
in
diesem
Amt
für
den
Erhalt
des
Trümmerberges
der
Frauenkirche
und
für
deren
späteren
Wiederaufbau
sowie
den
der
Semperoper
engagiert.
Wenn
ich
von
meiner
neuen
Heimat
Halberstadt
aus
auf
mein
Leben
in
Elsterwerda
zurück
schaue,
dann
ist
die
Begegnung
mit
dem
Mann,
der
Flax,
Krümel,
Struppi,
Herr
Fuchs
und
Taddeus
Punkt
in
einer
Person
war,
eine
von
jenen
wichtigen
Episoden
am
Rande,
die
mich
geprägt
haben.
Heute
wäre
Struppi
auch
schon
über
sechzig
Jahre
alt.
Doch
so
etwas
bemerkt
man
wirklich
erst
Jahre
später
mit
dem
Blick
auf
die
Tage,
die
am
schnellsten vergehen und unwiederholbar sind. Deshalb sind sie auch so wertvoll.
Heute
habe
ich
Enkelkinder
und
ich
möchte
gern,
dass
sie
sich
später
nicht
nur
an
ihren
Opa
und
die
Oma
erinnern,
sondern
auch
an
solche
Episoden
im
Leben,
die
unmerklich
und
nachhaltig
dem
Fühlen
und
Denken
eine
gedankliche
Form
geben
und
so
die
eigene
Fantasie
beflügeln.
Wer
schon
früh
und
spielerisch
lernt,
mit
anderen
oder
fremden
Menschen
umzugehen,
sie
zu
achten
und
auf
sie
neugierig
zu
sein,
der
wird
von
diesen
Erkenntnissen
auch
als
Erwachsener
nicht
mehr
abrücken.
Er
wird
dem
vertrauen,
was
er
einst
spielerisch
von
Freunden
und
kleinen
Puppen
gelernt
hat.
Völlig
egal
ob
durch
TADDEUS
PUNKT,
Struppi,
Pittiplatsch
oder
den
Traumzauberbaum.
Wichtig
ist
eigentlich
nur,
dass
sie
die
Fantasie
und Urteilsvermögen unserer Kinder positiv beflügeln. Davon wünschte ich mir heute viel mehr.