„Zum Beispiel Du, Susann“ (City)
06.11.2010
Sie
ist
eine
aus
dem
Westen,
also
Wessi,
46
Jahre
jung
und
ich
kenne
sie
persönlich
seit
ungefähr
Mitte
der
1980er
Jahre,
brieflich
schon
eher.
Damals
gab
es
bekanntlich
noch
die
DDR
und
Susanne
saß,
als
Besuch
aus
dem
Westen
und
ganz
und
gar
nicht
zur
Familie
gehörend,
auf
unserer
Couch.
Wir
haben
uns
über
meinen
Vater
kennen
gelernt,
der
mit
ihrem
Vater
Briefe,
Briefmarken
und
Gedanken
austauschte.
Ein
Schuldirektor
einer
Sonderschule
in
der
DDR
und
ein
Steuerberater
von
der
Schwäbischen
Alb.
Der
Steuerberater
hatte
den
Schuldirektor
eingeladen
und
der
war
gefahren,
einfach
so.
Seinem
Sohn
hatte
der
Pädagoge
mit
Hilfe
von
Susanne
eine
Schallplatte
mitgebracht,
die
der
gern
haben
wollte
und
seitdem
befindet sich die „III“ von Led Zeppelin in meiner Sammlung.
Ich
weiß
noch,
dass
wir
zu
dritt
bis
spät
in
die
Nacht
saßen
und
diskutierten,
über
die
DDR,
den
„goldenen“
Westen,
das
Wirtschaftswunder
und
wie
man
Sozialismus
auch
verstehen
könnte,
wenn
man
denn
wollte,
hüben
wie
drüben.
Wir
haben
Musik
gehört
von
meinen
Platten.
Sie
wollte
immer
wieder
Silly,
City
(„Zum
Beispiel
Susann“)
und
Gundermann
haben
und
noch
heute
gehört
der
singende
Baggerführer
zu
den
Leuten,
dessen
Lieder
sie
am
liebsten
hört.
Nach
dieser
ersten
Diskutiernacht wussten wir, dass wir aus gleichem Holz geschnitzt sind.
Ich hatte nie einen Verwandten „auf der anderen Seite“, aber wenn ich dachte, ich müsste diese oder jene Platte unbedingt
haben,
dann
hab’
ich
Briefe
nach
Göppingen,
Tasmanien,
Japan
oder
Schottland
geschrieben
und
es
hat
immer
schnell
und
problemlos
geklappt.
Trotz
Zoll
und
auch
oder
gerade
weil
ich
keine
Familienbande
dorthin
hatte,
wie
einer
meiner
Freunde
damals bemerkte.
Als
die
Wende
und
danach
die
Währungsunion
kamen,
war
uns
längst
bewusst
geworden,
dass
Susanne
mehr
war
als
eine,
die
Schallplatten
schicken
konnte.
Wir
hatten
von
ihrem
Vater
eine
Einladung
bekommen,
sofort
nach
dem
Umtausch
von
Mark
in
D-Mark
für
drei
Wochen
nach
Göppingen
zu
kommen,
um
von
all
dem
Trubel
auch
räumlichen
Abstand
zu
gewinnen.
Kostenlos
natürlich
bzw.
auf
seine
Kosten!
Diese
Geste
hat
mich
und
meine
Familie
damals
nicht
nur
ein
Mal
tief
emotional
bewegt
–
DANKE
Walther,
auch
wenn
Sie
es
nicht
mehr
lesen
können!
Sie
wussten
es
dennoch
schon
damals
auch
ohne
wortreiche
Beteuerungen,
denn
sie
waren
stets
jemand,
der
in
den
Augen
und
in
der
Seele
lesen
konnte.
Dieses
Verstehen wollen und das leise Unterstützen, das haben sie auch an Susanne weiter gegeben.
Im
Juni
1990
verbrachten
wir
drei
schöne
Wochen
in
Dußlingen
und
Tübingen,
in
Göppingen
und
Stuttgart
und
keines
dieser
Erlebnisse
werde
ich
je
vergessen.
Nicht
die
verheulten
Wutausbrüche
an
einem
Feldrain
sitzend,
als
auch
ich
so
langsam
fassen
konnte,
wie
sehr
wir
belogen
wurden.
Nicht
die
fröhlichen
Stunden
in
einer
Studentenscheune
und
auch
nicht
die
Verwunderung
darüber,
wie
Jugendliche
Fahnen
schwenkend
in
offenen
Autos
durch
Dußlingen
fuhren,
um
Deutschland als Fußballweltmeister zu feiern. Wirklich nur deshalb werde ich dieses Sportereignis nicht vergessen.
Damals
stand
ich
zum
ersten
Mal
im
Leben
in
einem
Plattenladen
mit
abertausenden
dieser
schwarzen
runden
Dinger,
die
ich
so
sehr
begehrte
und
es
hat
mich
erschlagen.
Ich
stand
zwischen
den
Kästen
und
Regalen,
sah
die
Scheiben
und
war
nicht
in
der
Lage,
zu
suchen,
geschweige
denn
zu
wählen.
Nach
einer
Stunde
war
es
dann
eine
Solo-LP
von
Roger
McGuinn und Susanne hat den Krampf mit keinem Wort kommentiert, sondern wortlos verstanden.
Mein
Sohn,
der
immer
für
Feuerwehr
jeder
Art
schwärmte,
stand
vor
einem
Schaufenster,
in
dem
so
ein
riesengroßes
rotes
Ungeheuer
stand.
Er
hatte
große
Augen,
die
Begehrlichkeit
ausstrahlten
und
seine
Eltern
waren
nicht
in
der
Lage,
diesen
Wunsch
wahr
werden
zu
lassen.
Wir
hatten
damals
noch
keine
Vorstellung
davon,
wie
unsere
nahe
Zukunft
aussehen
würde
und
ob
sie
für
uns
bezahlbar
wäre.
Es
war
sicher
auch
Angst
dabei.
Am
Abend
des
gleichen
Tages
war
sie
es,
die
gegen
den
Stumpfsinn
und
Ignoranz
ihrer
Schwäbischen
Landsleute
versuchte,
unserem
Kind
eine
Fackel
in
die
Hand
zu
geben.
Wir
hatten
keine,
aber
die
Erzieher
der
Kindergruppe
nebenan,
die
das
bemerkten
und
nicht
reagierten,
wollte
keine abgeben. Sie hat sich darüber einfach hinweg gesetzt, der leuchtenden Kinderaugen wegen.
Susanne
hat
uns
in
diesen
drei
Wochen
unmerklich
und
unaufdringlich
begleitet.
Sie,
die
die
DDR
aus
eigenem
Erleben
gesehen
und
gefühlt
hatte,
bekam
eine
leise
Ahnung
davon,
was
in
unserem
Innern
stattfand.
Ich
habe
damals
und
in
all
den
Jahren
danach
nicht
ein
einziges
Mal
ein
belehrendes
Wort,
eine
drängende
Geste
oder
eine
abfällige
Bemerkung
von
ihr
erlebt.
Das
haben
andere
später
zur
Genüge
nachgeholt
und
mein
Bild
von
den
Menschen
aus
dem
„Westen“
zweigeteilt.
Auch
das
sah
Susanne
und
sie
hat
nie
versucht,
mich
von
diesem
Erkenntnisweg
abzubringen,
ganz
im
Gegenteil.
Susanne
war
mit
Judy
befreundet.
Beide
hatten
in
Tübingen
gemeinsam
studiert
und
so
war
es
nicht
zu
vermeiden,
dass
ich
auch
Judy
schon
zu
DDR-Zeiten
kannte.
Sie
schrieb
damals
eine
Magisterarbeit
über
Christa
Wolf,
wohl
bemerkt,
eine
Australierin,
und
ich
versuchte,
sie
nach
Kräften
zu
unterstützen.
Auch
Judy
besuchte
uns
noch
in
der
DDR
und
zum
ersten
Mal
im
Leben
konnte
ich
meine
englischen
Sprachkenntnisse
im
wirklichen
Leben
überprüfen.
Später
in
Göppingen
hatte
ich,
Dank
Susanne’s
Unterstützung,
das
erste
Mal
die
Gelegenheit,
mit
meinem
Freund
David
in
Schottland
zu
telefonieren.
Solcher Art Momente und Erlebnisse könnte ich noch dutzendweise ergänzen.
Susanne
begleitet
mich
und
meine
Familie
jetzt
schon
fast
30
Jahre
im
Leben.
Wir
haben
viele
wunderschöne
Stunden
gemeinsam
verbracht,
stundenlang
Musik
gehört
und
Nächte
hindurch
diskutiert.
Wir
erlebten
eine
rauschende
Feier
zu
einem runden Geburtstag und zu später Stunde hab’ ich dort in Kassel auch mit Claudia Roth Worte gewechselt.
Wir
telefonieren
regelmäßig
und
immer,
wenn
die
Zeit
knapp
und
das
Leben
voller
Hektik
ist,
versprechen
wir
uns
wechselseitig,
uns
endlich
wieder
mehr
Zeit
füreinander
zu
nehmen
und
sie
dann
auch
gemeinsam
zu
verbringen.
Auch
nach
30
Jahren
ist
die
Neugier
auf
den
anderen
ungebrochen
und
das
Erinnern
weckt
den
Wunsch
nach
neuen
gemeinsamen Erleben.
Wir
haben
oft
gemeinsam
gelacht
und
in
der
jüngeren
Vergangenheit
auch
den
Schmerz
geteilt,
als
erst
meine
Mutter,
dann
die
Ihre
und
schließlich
auch
Walther,
ihr
Vater,
von
uns
gingen.
Es
gibt
nur
wenige
Menschen
in
meinem
Leben,
die
mich
wirklich
kennen
und
denen
ich
meinerseits
blind
vertrauen
und
die
Hand
reichen
würde.
Das
Wort
Freundin
umschreibt
diese
Verbindung
nur
unzureichend
und
wenn
es
in
Deutschland
dereinst
wirklich
gelebte
Einheit
geben
sollte,
dann
haben
Menschen
wie
Walther
und
seine
Tochter
Susanne
dafür
ehrlichen
Herzens
und
völlig
selbstlos
die
Grundlagen
gelegt. Ganz ohne Politik, einfach nur aus sich heraus und über territoriale und geistige Grenzen hinweg.
Susanne
lebt
jetzt
in
Mainz
und
eigentlich
wäre
es
schon
lange
wieder
an
der
Zeit,
den
Alltag
und
die
Hetzerei
links
liegen
zu
lassen
und
die
Gemeinsamkeit
zu
leben.
Ein
Besuch,
gleich
an
welchem
Ort,
wäre
wunderbar
und
ein
langer
Abend
mit
viel Freude, Musik und gespürter Nähe wäre mein (unser) Wunsch.
Susanne
hat
Krebs
und
sie
weiß
es
seit
einigen
Wochen.
Tapfer
und
optimistisch,
so
wie
sie
nun
mal
ist,
hat
sie
den
Kampf
aufgenommen
und
ihren
Lebenswillen
und
Lebensfreude
gegen
diese
Scheiß
–
Krankheit
gesetzt,
während
ich
hier
sitze
und
hoffe,
an
eine
denke,
die
mir
mehr
bedeutet,
als
so
mancher,
der
sich
„Ossi“
nennt,
vom
„Wessi“
redet
und
eigentlich
nur Mensch sein sollte.
Du schaffst das, Susanne, und all unsere Gedanken,
unsere Wünsche und unser Hoffen sind bei Dir!