Sternberg zelebriert Dylan (Freitag), 13.05.2016
Am
24.
Mai
dieses
Jahres
wird
„His
Bobness“
seinen
75.
Geburtstag
begehen.
Wie
er
mit
diesem
Tag
und
Ereignis
umgehen
wird,
wissen
sicherlich
nur
Eingeweihte.
Allerdings
kann
ich
mir
gut
vorstellen,
dass
eine
Fangemeinde
des
Ausnahmekünstlers
weltweit
ihre
eigenen
Wege
finden
wird,
das
Ereignis
und
den
Künstler
zu
würdigen.
Am
besten,
so
denke
ich
mir,
macht
man
das,
indem
man
sich
Zeit
für
einige
seiner
Lieder
nimmt
und
sie
hört.
Zu
Hause
vor
eigenen
Boxen
oder
live
vor
irgendeiner
Bühne.
Genau
das
habe
ich
mir
auch
vorgenommen
und
deshalb
bringt
mich
mein
Gefährt
hoch
zu
dem
alten
Benediktinerkloster
Huysburg,
das
über
dem
nördlichen
Harzvorland
die
Weite
des
Landes
überragt.
Ein
schöner
Platz,
um
sich
der
Poesie
und
Kraft
von
Songs
hinzugeben,
deren
Magie
in
jeden
noch
so
entlegenen
Winkel
dieses
Planeten strahlt und selbst vor Klostermauern nicht halt macht.
Das
Leben
und
Werk
von
BOB
DYLAN
zu
würdigen,
traue
ich
mir
nicht
zu.
Ich
bin
kein
„Bobnologe“,
sondern
nur
einer,
der
der
Faszination
seiner
Musik
seit
frühester
Jugend
erlegen
ist.
Von
„Blowin’
In
The
Wind“
und
„Mr.
Tambourine
Man“
bis
hin
zu
„No
Dark
Yet“
und
darüber
hinaus.
Den
schrulligen
Meister
habe
ich
erstmals
am
17.
September
1987
beim
legendären
Konzert
mit
Tom
Petty
und
Roger
McGuinn
im
Treptower
Park
live
erleben
dürfen
und
bin,
entgegen
vielen
anderen,
überaus
begeistert
und
glücklich
wieder
nach
Hause
gefahren.
Ein
paar
Jahre
später
sah
ich
ihn
noch
einmal
und
danach
war
mir
klar,
ich
würde
nur
noch
Wiederholungen
zu
sehen
und
hören
bekommen.
Die
großen
Events
der
Geschichte
hatte
ich
aufgrund
meiner
Herkunft
längst
verpasst,
besitze
sie
auf
Schallplatten
oder
habe
nur
von
ihnen
gehört.
Darüber
hinaus
glaube
ich,
dass
seine
Lieder
am
besten
in
einem
intimen
Rahmen
beeindrucken
können.
Ein
Grund
mehr,
das
angekündigte
Konzert
zu
seinem
Geburtstag
in
den
Klostermauern
der
Huysburg
zu
besuchen.
Hier
betrete
ich
den
Kaisersaal, dessen schmuckvolles Interieur heute Musik von BOB DYLAN zu hören bekommen wird. Besser heute, als nie.
Vor
einer
verzierten
Kaminattrappe
sind
auf
einem
Teppich
die
Instrumente
aufgebaut.
Zwei
Gitarren,
eine
Geige,
Bass
und
ein
Cajon.
Vorn
in
der
Mitte
steht
ein
Mikrofonständer.
Der
Rest
des
Raumes
ist
mit
Stühlen
aufgefüllt.
Die
sind
fast
alle
besetzt,
als
einer
der
Mönche
zur
Begrüßung
zu
den
Gästen
spricht.
Einige
wenige
Worte
und
dann
tritt
ein
Mann
mit
Jeans,
dunklem
Hemd
und
ebensolchem
Hut
vor
das
Mikro
-
BERND
STERNBERG.
Der
zupft
kaum
hörbar
die
Saiten
und
beginnt zu singen:
„(Get
You
A)
Copper
Kettle“
–
„nimm
dir
einen
Kupferkessel
und
fülle
ihn
mit
Maisbrei“.
Durch
meinen
Körper
geht
ein
leiser
Ruck.
Der
Typ
steht
da
vorn,
ein
wenig
verbogen,
wie
man
es
von
alten
Fotos
des
Meisters
kennt,
die
Gitarre
waagerecht
vor
dem
Körper
und
zupft
ihre
Saiten
nur
äußerst
sparsam
an,
gerade
einmal
so,
dass
sie
den
Gesang
effektiv
unterstützen,
so
wie
es
Dylan
in
frühen
Jahren
tat.
Die
Illusion
ist
beinahe
perfekt,
nur
der
Gesang
ist
ein
wenig
deutlicher,
näselt
nicht
so
amerikanisch,
wie
beim
Original.
Das
wiederum
hat
den
Vorteil,
dass
man
jedes
Wort
verstehen
kann.
Und
der
eher
unbekannte
„Kupferkessel
aus
„Self
Potrait“
(1970)
eignet
sich
wundervoll
zum
Einstieg
„in
the
pale
moonlight“.
Dass
er
den
„Mr.
Tambourine
Man“
in
seiner
abgespeckten
Originalversion
gleich
darauf
hinterher
schiebt,
lässt
mich
innerlich
frösteln und erschaudern. Kloß im Hals!
Für
„Oh
Sister“
bittet
BERND
STERNBERG
die
Musiker
von
„The
Band“
zu
sich.
Von
nun
an
gibt
es
den
Meister
so,
wie
ich
es
mir
schon
immer
einmal
gewünscht
habe
–
leise,
intensiv,
spartanisch
und
mit
unheimlich
viel
Einfühlungsvermögen.
Die
folgenden
Songs
werfen
alle
ihren
unnötigen
Ballast
ab,
den
sie
für
eine
Schallplatte
drübergestülpt
bekamen
und
erfreuen
die
Ohren
nun
ohne
all
das
Beiwerk.
Ich
fühle
mich
ein
wenig
wie
bei
den
frühen
MTV-unplugged
Aufnahmen,
als
„Forgetful
Heart“
und
das
wunderschöne
„I
Shall
Be
Released“
erklingen.
Der
Bass
wird
äußerst
dezent
und
effektiv
von
MARTIN
ZEMPKE
gezupft
und
REGINA
MUDRICH
verziert
die
alten
Lieder
mit
ihrem
hinreißenden
Geigenspiel,
das
tief
unter
die
Haut
geht.
So
wirkt
„I
Shall
Be
Released“
fast
schon
beklemmend
und
bei
„Don’t
Think
Twice
It’s
Alright“
wippen
die
Füße
im
Takt.
Ich
bin
innerlich
ergriffen,
während
mein
Blick
immer
wieder
die
Figur
des
Mannes
sucht,
der
uns
den
Dylan
vorgaukelt,
dass
es
fast
schon
unheimlich
wirkt.
Zur
Sicherheit
vermeide
ich
es,
meine
Augen
zu
schließen,
um
dieser
Illusion nicht vollständig zu erliegen. Mein lieber Herr Zimmermann!
BOB
DYLAN
ist
ein
Meister.
Wie
er
mit
Bedacht
seine
Worte
setzt,
so
dass
man
sich
selbst
darin
finden
und
wohl
fühlen
kann,
ist
äußerst
selten.
Als
Beleg
bekommen
wir
von
REGINA
MUDRICH
eines
der
Lieder
in
seiner
deutschen
Übertragung
vorgelesen:
Wozu
bin
ich
gut?
Wie
STERNBERG
dann
dieses
„What
Good
Am
I“
sich
aus
der
Seele
zu
reißen
scheint,
ist
beeindruckend
und
irgendwie
bedrückend
gleichermaßen,
zumal
an
diesem
Ort.
Dieses
Gefühl
begleitet
mich
noch
bis
„If
You
See
Her
Say
Hello“
gesungen
ist
und
dann
brauche
auch
ich
die
kleine
Pause,
um
meinen
angestauten
Emotionen
Raum zu verschaffen. Ich muss die Unruhe vertreiben, die mich tief im Innern bewegt.
Es
will
mir
nicht
gelingen.
Auch
die
dezenten
Akkordfolgen,
die
TJARD
CASSENS
dem
Flügel
in
der
Ecke
entlockt,
helfen
nicht,
denn
dort
hinein
steigt
BEND
STERNBERG
solo
mit
„When
He
Returns“
ein
und
wühlt
weiter
in
mir.
Auch
all
die
Fragen,
die
irgendjemand
dem
„Senor“
stellt,
lassen
natürlich
die
Antworten
vermissen.
Die
hatte
DYLAN
ohnehin
nie
parat,
die
„kannte
nur
der
Wind“.
Erst
als
ich
still
und
leise
den
Text
von
„The
Times
They
Are
A-Changing“,
eines
meiner
Lieblings-Dylan-Lieder,
für
mich
mitsingen
kann,
schwinge
ich
im
Gleichmaß
des
Geschehens,
kann
ich
wirklich
genießen.
Kaum
eine
noch
so
exakte
deutsche
Übersetzung
vermag
zu
vermitteln,
was
dieser
Song
den
Menschen
gibt,
außer,
wenn
ich an die Version von Boddi’s Engerlingen denke: Es kommen andere Zeiten. Definitiv!
Dann verbreiten solche Songs Mut und Zuversicht, dann geben sie dir Kraft.
Dies
ist
nicht
unbedingt
der
Abend
der
großen
Hits.
Es
gibt
so
viele
andere
tolle
Songs,
die
es
wert
sind,
aus
den
LP-Rillen
hervorgekramt
zu
werden.
Einige
davon
dominieren
mit
ihrer
dezenten
Form
diesen
Abend
auf
der
Huysburg,
so
wie
„As
I
Went
Out
This
Morning“
(1967),
das
DYLAN
selbst
wohl
nur
mit
THE
BAND
live
gesungen
hat.
Und
von
dieser
Art
Lieder
gibt
es
viele,
sehr
viele
und
hinter
jedem
von
ihnen
versteckt
sich
eine
Geschichte,
wahr
oder
fiktiv.
So
wie
STERNBERG
uns
wissen
lässt,
dass
sein
„Girl
From
The
North
Country“
eine
Liebe
aus
Dänemark
war,
könnte
fast
jeder
seine
eigene
„Geschichte dahinter“ erzählen. Fast jeder hält irgendwo sein „Mädchen aus dem Nordland“ versteckt.
Und
dann
gibt
es
mit
einer
urbanen
Version
von
„All
Along
The
Watchtower“
ja
doch
noch
einen
der
ganz
großen
Hits.
STERNBERG
&
BAND
zelebrieren
dieses
Kleinod,
das
in
der
ursprünglichen
Fassung
von
DYLAN
sicher
unbekannter
ist,
als
in
der
von
Jimi
Hendrix.
Die
Musiker
nutzen
die
Vorlage,
um
ihr
einen
ganz
eigenen
Stempel,
mit
viel
instrumental-
solistischer
Finesse,
aufzudrücken.
Das
Publikum
im
Saal
kommt
aus
dem
Staunen
und
Jubeln
nicht
mehr
heraus.
Besonders das Geigenspiel von REGINA MUDRICH begeistert und verlockt zu spontanem Zwischenapplaus.
Gesprochen
und
gesungen
–
ein
Wunsch
steht
am
Ende
des
Konzerts:
„Forever
Young“
(1974)
-
für
immer
jung
bleiben.
DYLAN
meinte
das
im
übertragenen
Sinne,
aber
eben
sehr
nachdrücklich.
Diese
Hymne
fasziniert,
ob
ihrer
Gedankendichte
und
Schönheit,
auch
noch
Heute,
vierzig
Jahre
nach
ihrer
Veröffentlichung.
Das
ist
das
eigentliche
„Mysterium“
dieses
Robert
Zimmermann,
denn
man
bekommt
oft
das
Gefühl
vermittelt,
da
hätte
jemand
in
die
Zukunft
schauen
können,
als
er
Lieder und Gedichte schrieb.
Dass
es
oft
banale
Alltagsgeschichten
und
Beobachtungen
waren,
erfahren
wir
als
Zugabe
durch
„One
More
Cup
Of
Coffee“
(1976),
so
etwas
wie
ein
Moment
des
Abschieds,
in
Musik
verpackt.
Auch
dieses
selten
gehörte
Kleinod
zelebriert
Meister
STERNBERG
auf
unnachahmliche
Weise,
fast
erschreckend
nah
an
der
Vorstellung,
wie
sie
der
Großmeister
vielleicht
in
kleinem
Rahmen
gespielt
haben
könnte.
Dass
zum
Abschluss
mit
„Knockin’
On
Heaven’s
Door“
noch
ein
Wunsch
aus
den
Stuhlreihen
erfüllt
wird,
macht
die
agierenden
Musiker
am
Ende
noch
sympathischer.
Leise
singt
der
Seniorenchor
hier
im
Saal
den
Refrain
mit,
ehe
sich
die
andächtige
Stille
in
einen
brausenden
Orkan
der
Begeisterung
entlädt.
Ende
der
Vorstellung und Ende der Illusion, ein Mal BOB DYLAN ganz nah gewesen zu sein.
Minuten
später
taste
ich
mich
durch
die
Dunkelheit
des
Burghofes
hinaus
unter
die
hohen
Bäume,
wo
meine
Schüttel
wartet.
War
das
nun
einfach
nur
ein
Liederabend,
eine
schöne
Illusion
für
den
Moment
oder
war
es,
mit
diesem
fast
schon
unheimlich
wirkenden
Perfektionismus,
doch
nur
Kitsch?
Dieser
Mann,
der
aus
der
Ferne
wie
das
Original
wirkt,
beim
Singen
fast
so
phrasiert,
das
Instrument
gleich
ihm
hält
und
posiert,
ist
über
die
Jahre
vielleicht
schon
selbst
der
eigenen
Illusion
erlegen
und
er
gibt
es
still
lächelnd
zu.
Geht
man
heute
zu
einem
Dylan-Konzert,
wird
man
die
Nähe
zu
dessen
eigenen
Liedern
eventuell
schmerzhaft
vermissen.
Das
ist
schon
tausendfach
kommuniziert
worden.
Ich
hatte
heute
Abend
das
Gefühl,
die
Lieder
im
Original
erleben
zu
dürfen,
so
wie
ich
sie
kenne
und
liebe
und
„nur
der
Wind
allein
weiß“,
wie
wunderschön
sich
so
etwas
anfühlt.
Ich
würde
es
wieder
tun,
denn
es
gibt
Illusionen,
die
das
Leben
bereichern
und
den
Lebenden
helfen
können.
Erst
recht,
wenn
sie
wie
BOB
DYLAN
daher
kommen
und
auch
so
musizieren.
Dann
ist
man,
wenigstens
für
einige
Momente,
wieder
jung
oder
fühlt
sich
„so
much
younger
then,
I’m
younger
than
that
now“
(„My
Back
Pages“).