Silly in Halle – Wutfänger’s finaler Akkord
08.12.2018
Es
ist
kein
Paukenschlag,
höchstens
ein
leises
weihnachtliche
Klingeling
unter
dem
großen
Riesenrad
nebenan
auf
dem
Markt
in
Halle:
SILLY
wird
mit
Anna
Loos
heute
ihr
letztes
Konzert
geben.
Danach
geht
man
auf
getrennten
Wegen,
in
welche
Richtung
auch
immer,
sagt
man.
Während
ich
bei
meinem
letzten
Konzert
von
Electra
in
Magdeburg
Stolz
und
auch
Wehmut
empfand,
ist
es
heute
ein
dumpfes
Gefühl
von
Erleichterung
und
Hoffnung.
Auch
Neugier,
wie
ein
Abschied
als
gemeinsames
Bandprojekt
über
die
Bühne
gehen
würde.
Diesen
Konzertbesuch
hatte
ich
nicht
geplant,
er
hat sich ergeben. Mal sehen und hören, wie es werden würde, hatte ich mir gedacht. Erwartungen? Keine.
Gleich
hinter
dem
Finanzamt
findet
der
ungeübte
Besucher
die
Händelhalle.
Ein
Schelm,
wer
dabei
ins
Grübeln
kommt.
Wie
eine
Landmarke
steht
ein
bunt
leuchtendes
Riesenrad
gegenüber
einer
Passage,
die
entlang
an
der
glatt
polierten
Fassade
vom
Amt
zum
Kulturtempel
führt.
Nur
wenige
Meter
weiter
kann
ich
das
dichte
Treiben
im
Foyer
der
Konzerthalle
hinter
den
Glastüren
beobachten.
Endlich
oben
im
Saal
angekommen,
warte
ich
stehend
auf
den
Konzertbeginn.
Alles
geschieht
ganz
unspektakulär.
Kein
Souvenir-Stand
mit
Fanartikeln
zu
entdecken
und
letztlich
sogar
noch
genügend
Platz
für
weitere
zweihundert
Besucher,
wenn
sie
denn
kämen.
Dunkelblau
kalt
leuchtet
das
Silly-Logo
von der Bühne und dann grummelt es aus den Boxen.
Das
Kreischen
der
Fans
in
den
vorderen
Reihen
geht
im
Sound
unter,
als
die
Musiker
erscheinen
und
kurz
danach
die
strohblonde
ANNA
LOOS,
die
in
die
tickenden
Pianotupfer
von
„Kampflos“,
einsteigt.
Daraus
wächst
ein
stampfender
Rhythmus
und
ich
sehe
die
Reihen
da
vorn
wippen.
Einstieg
geglückt
und
als
aus
dem
Text
die
Zeile
„die
Welt
ist
so
bunt“
herauszuahnen
ist,
steigt
ein
bunter
Schwall
von
Luftballons
aus
der
Menge
über
die
Köpfe.
Dass
„Liebe
überall
im
freien
Fall
sein
soll“,
wie
die
Blonde
ANNA
singt,
mag
ich
dennoch,
so
platt
mit
den
Worten
gespielt,
nicht
akzeptieren.
Mit
„Zwischen
den
Zeilen“
und
„Die
Anderen“
folgen
zwei
weitere
Lieder
im
gleichen
Strickmuster
vom
aktuellen
Album
„Wutfänger“.
Die
Band
rockt,
der
Rhythmus
hüpft
in
die
Beine
und
ANNA
rennt
und
springt
über
die
Bühnenbretter.
Alles
grundsolide
im
kompakten
Sound
der
Band,
von
Profis
am
Pult
gemixt.
Nur
die
Stimme
der
Blonden
ist
nicht
deutlich
genug zu verstehen, aus welchem Grund auch immer.
Doch
dann
stellen
sich
meine
Ohren
auf
und
vorn
wird
laut
gejubelt.
Aus
dem
Sound
schält
sich
klar
und
deutlich
eine
wohlbekannte
Weise,
die
so
intensiv
anders
zu
mir
dringt.
Es
sind
die
„Verlorenen
Kinder
(von
Berlin)“
die
mich
berühren
und
beinahe
weihnachtliches
Flair
in
den
Saal
zaubern.
Man
liegt
sich
verträumt
in
den
Armen
und
lauscht
den
Worten,
mit
denen
man
Erinnerungen
verbindet
und
Geschichten,
wie
der
vom
„Battailon
d’Amour“,
die
noch
immer
tief
unter
die
Haut
geht
und
der
Fretless-Bass
von
JÄCKI
singt
seine
warme
traurige
Melodie
dazu.
Irgendetwas
ist
anders
in
diesen
wenigen
Minuten,
in
denen
die
Körper
im
Saal
den
wohlbekannten
Grooves
folgen
und
erst
im
Spot
des
Kegels,
in
dem
RITCHIE
ein
Piano-Solo
zaubert,
langsam
ausklingen
und
sich
in
der
„Furcht
der
Fische“
langsam
verlieren.
Das
waren echte Gänsehautmomente!
Die
Band
spult
ihre
aktuellen
Hits,
zwischen
„Regenbogenmond“
und
„Deine
Stärken“,
professionell
und
wie
nicht
anders
erwartet,
auf
der
Bühne
ab.
ANNA
gibt
die
lockere
Pop-Queen,
sie
plaudert,
sie
tanzt
auf
den
Bühnenbrettern
und
sie
ist
begeistert
vom
„geilen“
Publikum
und
diesem
wunderbaren
Abend
hier
in
der
Halle
von
Halle.
Die
in
den
ersten
Reihen,
die
den
Fanclub
bilden,
tanzen
mit
und
selbst
hier
hinten,
wo
die
Zwischenräume
größer
sind,
tanzen
einige
selbstvergessen
vor
sich
hin.
Also
ist
alles
wie
immer?
Ich
war
nicht
„immer“
dabei,
aber
als
ich
diese
Band
vor
zwei
Jahren
zum
letzten
Mal
sah,
da
wirkte
das
Konzert
wie
einer
Choreografie
folgend.
Heute
scheint
ANNA
LOOS
wie
von
der
Leine
(loos)gelassen.
Sie
fragt:
„Geht
es
Euch
gut?“,
sie
quasselt
überdreht
und
für
meine
Begriffe
viel
zu
viel.
Manchmal auch einfach nur Unsinn.
Mir
scheint
auch,
dass
da
vorn
mit
UWE
HASSBECKER,
JÄCKI
REZNICEK
und
RICHTIE
BARTON
noch
immer
das
wahrscheinlich
beste
Rock-Trio
hierzulande
unterwegs
ist,
das
auf
Hochtouren,
präzise
wie
ein
Motor,
rockt
und
die
Dame
da
vorn
mitnimmt
(und
nicht
anders
herum).
Es
ist
die
Band
SILLY,
die
den
Taktstock
schwingt
und
die
jüngsten
Silly-Songs,
einen
nach
dem
anderen,
abspult
und
auch
mit
instrumentalen
Finessen
für
die
Feinschmecker
garniert,
damit
ja
die
Spannung
zwischen
diesem
oder
jenem
nicht
abfallen
möge.
Richtig
spannend
wird
es
für
meine
Begriffe
immer
dann,
wenn
der
Lauf
von
einem
Klassiker
unterbrochen
wird.
Dann
bejubelt
man
in
der
Halle
den
„Mont
Klamott“
und
singt
den
„Schlohweißen
Tag“
textsicher,
quer
durch
die
Altersklassen,
mit.
Das
Vorher“hör“bare
ist
dann
unterbrochen
und
man
genießt
die
vertrauten
komplexen
Klänge.
Solche
Augenblicke
empfinde
ich
als
die
eigentlichen
Höhepunkte.
Diese
Themen,
die
Melodien
und
deren
Lyrik
berühren
mich
einfach
auf
andere,
sensiblere
Weise
und
finden
so
den
Weg
bis
zu
meinem
Herzen.
Es
mag
der
Eindruck
trügen,
aber
hier
hinten
versteht
man
immer
dann
die
gesungenen
Worte
am
besten,
hört
man
jede
Nuance
aus
der
Lyrik
heraus,
wenn
die
Klassiker
erklingen.
Vielleicht
auch, weil sie sich in all den Jahren nicht so schnell verflüchtigt haben.
Zum
Ende
hin
aber
wird
noch
einmal
gnadenlos
gerockt.
Die
Gitarren
brettern
die
Riffs,
SILLY
peitscht
den
Rhythmus
und
die
blonde
ANNA
animiert
zum
Tanzen
bei
„Willkommen
in
der
Gemeinschaft“.
Mit
„Wo
fang
ich
an“
schließlich
versucht
die
Band
sich
zu
verabschieden
und
ANNA
nimmt
ihre
Fans
noch
einmal
mit
in
den
großen
Chor
(„Oh
Oho“),
der
zum
Abgesang
für
heute
(oder
länger?)
wird.
Es
gibt
die
Verbeugung
für
ein
Gruppenfoto
und
dann
minutenlangen
Applaus zur Bühne, die in dunkles Blau, wie zu Beginn, getaucht ist.
Wenig
später
sitzt
dort,
im
Blaulicht
kaum
sichtbar,
UWE
HASSBECKER
und
zupft
orientalische
Klänge
aus
den
Saiten
einer
kretischen
Laute.
Die
sind
messerscharf,
die
schneiden
die
Luft
fast
zu
Häppchen
und
da
hinein,
zum
harten
Rhythmus
der
Trommeln,
marschieren
die
anderen
Bandmusiker
auf:
„Vaterland“.
Das
ist
der
berühmte
Augenblick,
der
an
der
Seele
kratzt
und
ich
mir
wünsche,
von
dem
Kaliber
hätte
es
in
den
Jahren
mehr
gegeben:
Dieser
Song
ist
originell,
er
ist
bissig,
leidenschaftlich
und
er
versucht
auch,
zärtlich
zu
sein,
aufzurütteln,
ohne
zu
belehren.
Da
haben
sie
mich
dann
doch
wieder,
so
wie
in
Goslar
vor
zwei
Jahren
auch,
und
tief
drinnen
weiß
ich,
dass
es
etwas
mit
den
Worten
zu
tun
hat,
die
klingen.
Dass
danach
noch,
als
zweite
Zugabe,
„Alles
Rot“
gespielt
wird,
bekomme
ich
nur
noch
unten
auf
den
Stufen
sitzend,
durch
die
Beine
der
vor
mir
Stehenden,
mit.
Die
Anspannung
ist
raus
und
die
Neugier
(für
mich),
der
ich
die
FAMILIE
SILLY
einst
selbst
auf
der
Bühne
hatte,
nun
beantwortet.
Die
Band
fackelt
derweil
da
vorn
ein instrumentales Superfeuerwerk bis zum wuchtigen Schlussakkord ab.
Im
Grunde
ist
es
(mir)
egal,
was
da
hinter
den
Kulissen
gelaufen
ist
oder
läuft.
Die
Band
und
Sängerin
haben
ein
Top-
Konzert
gespielt,
schließlich
sind
sie
Profis.
Von
einer
kleinen
Panne
abgesehen,
haben
wir
ein
perfektes
SILLY-Konzert
mit
einer
äußerst
aufgeweckten
ANNA
erlebt.
Alles
wirkte
aus
einem
Guss
und
nur
dann,
wenn
die
Klassiker
eingeschoben
wurden,
erlebte
das
Publikum
echte
Höhepunkte
im
Set
und
da
ragte
mit
„Vaterland“,
hell
erleuchtet,
ein
besonderes
Licht
heraus,
das
hoffen
lässt.
Am
Ende
des
Abends
wünsche
ich
mir,
dies
möge
das
letzte
Konzert
in
dieser
Konstellation
gewesen
sein,
aber
nicht
das
letzte
von
SILLY.
Die
Band
wird
eine
neue
Zukunft
haben,
da
bin
ich
mir
sicher.
Kann
gut
sein,
dass
es
eine
Zukunft
ohne
ANNA
LOOS
wird,
die
für
eigene
Ambitionen
auf
eigenen
Pfaden
plant.
Dazu
musste
man
vor
und
bei
diesem
Konzert
nicht
unbedingt
im
Kaffeesatz
lesen
können.
Das
Knistern
war
auch
so
zu
spüren.
Bewerten
möchte
ich
das
nicht,
eine
eigene
Meinung
habe
ich
wohl
und
die
muss
nicht
jedem
gefallen:
„Doch
die Gedanken haben schon immer freie Wahl“ („Frei“).
EPILOG:
Tamara
Danz
habe
ich
in
Erinnerung
als
eine,
die
auf
der
Bühne
sie
selbst
war.
Alles
musste
raus
aus
ihr,
auch
wenn
es
manchem
nicht
in
den
Kram
passen
würde.
Dieser
„Paradiesvogel“
besaß
Krallen,
mit
denen
sie
sich
in
die
dünne
Haut
der
Gesellschaft
ritzte,
dass
es
„zwischen
ausgefahrnen
Gleisen“
richtig
schmerzte.
Ihr
nahm
man
jedes
Wort,
jeden
Ton
und
jede
noch
so
kleine
Geste
ab.
Stets
blieb
sie
authentisch
und
mit
ihren
Liedern
direkt
am
Zeitgeist.
Sie
war
jene
Messlatte,
an
der
sich
andere
messen
(lassen)
mussten.
Anna
Loos,
die
sich
den
Vergleich
zu
ihrer
Vorgängerin
zutraute,
zumindest
in
den
Augen
der
alten
Fans,
muss
ihn
sich
nun
gefallen
lassen.
Auf
der
Bühne
war
sie
wohl
eher
die
TV-Mime,
denn
der
Shouter.
Ehrlich
geht
anders
und
das
war
zu
spüren.
Spätestens
dann,
als
sie
gar
versuchte,
sich
mit
eigenen
Texten
in
eine
Reihe
neben
einen
Karma
oder
Gundermann
zu
platzieren,
weil
sie
dann
„glaubhafter
singen“
könne.
Von
da
an
blitzte
die
Arroganz
durch,
die
sie
als
singender
Mime
noch
gut
verdecken
konnte.
Als
ich
diese
Band
plus
Frontfrau
beim
Miner’s
Rock
2016
in
Goslar
zum
letzten
Mal
erlebte,
konnte
sie
das
nicht
mehr
verbergen.
Das
Publikum
(im
Westen)
nahm
es
mit
einem
Raunen
zur
Kenntnis.
Da
ahnte
ich,
diese
Kapelle
ist
künstlerisch
am
Ende,
egal, wie lange es noch so weitergehen würde. Zwei Jahre später, nach dem Konzert in Halle, ist die Frage beantwortet.
Jedenfalls für mich: Lasst die Anna los!