Infiziert mit dem Set-List-Virus
06.11.2019
Keine
Ahnung,
ob
die
Kapellen
in
meinen
Jugendjahren,
als
sie
zum
Jugendtanz
aufspielten,
so
etwas
wie
einen
Merkzettel
benutzten.
Drei
Titel,
dann
wieder
Pause.
Vielleicht
hat
man
sich
bei
einem
Bier
abgesprochen,
welche
Lieder
in
der
nächsten
Tanzrunde
dran
sein
sollten.
Als
in
den
1970er
Jahren
immer
mehr
Bands
zu
Konzerten
auf
die
Bühne
stiegen,
war
die
Situation
eine
andere.
Aber
bei
allen
Muggen,
die
auf
„meiner“
Konzertbühne
stattfanden,
habe
ich
nie
so
einen
Merkzettel
finden
können.
Wahrscheinlich,
so
meine
heutige
Vermutung,
haben
sich
die
Musiker
damals
einfach
nur gemerkt, in welcher Reihenfolge sie ihre Lieder spielen wollten (oder auch nicht). Keine Ahnung!
Heute
weiß
ich
nicht
mehr,
bei
welchem
der
Konzerte
mir
so
ein
Spickzettel,
auf
dem
Boden
liegend,
zum
ersten
Mal
aufgefallen
ist.
Als
ich
mir
meine
erste
Set-List
gemopst
hatte,
war
das
Konzert
zum
60.
Geburtstag
von
Thomas
Natschinski
in
der
Berliner
WABE
gerade
zu
Ende.
Die
„Dokumente“
lagen
direkt
vor
meiner
Nase
auf
der
Bühnenkante.
Einige
Besucher
griffen
danach
und
irgendeinem
Impuls
folgend,
tat
ich
es
ebenso.
Es
war
der
25.
Oktober
2007,
als
ich
zum
ersten
Mal
nach
so
einem
Papier
griff
und
mit
nach
Hause
nahm.
Warum
ich
das
noch
weiß?
Seit
jenem
Konzert
hat
mich
dieser
Impuls
immer
öfter,
ja
fast
regelmäßig,
heimgesucht.
Seitdem
bin
ich
mir
sicher,
es
steckt
ein
Virus
dahinter.
Danach
bekam
ich
diesen
Impuls
nämlich
immer
öfter
zu
spüren,
konnte
ich
den
Griff
nach
dem
Zettel
nicht
mehr
verhindern.
Warum
auch?
Schließlich
begann
ich
schon
Jahrzehnte
vorher
Konzertplakate
zu
mopsen
und
andere
Souvenirs
einzusammeln.
Es
ist
der
Virus,
der
einen
jungen
Beat-Fan
einfach
so
überfällt,
ihn
ansteckt
und
bis
zum
Rock-Rentner
nicht
mehr
aus
den
Klauen
lässt.
Als
Nebeneffekt
sammelten
sich
bei
mir
hunderte
Autogrammkarten,
Poster
und
anderer
unnützer
Schnickschnack
an.
Dass
es
auch
einmal
eine
stattliche
Anzahl
„Spickzettel“
werden
könnte,
war
nicht
vorgesehen,
aber
es
ist
genau
so
gekommen.
Kein
Wunder,
ist
doch
so
ein
Merkzettel,
professionell
Set-List
genannt,
eine
gute
Erinnerungsstütze,
wenn
man
sich
hinsetzt,
um
einen
Konzertbericht
zu
schreiben.
Seitdem
ich
also
Konzertrückblicke
aufschreibe,
habe
ich
auch
diesen
kleinen
Spickzettel
im
Hinterkopf.
Wenn
man
dann
noch
weiß,
dass
ich
knapp
über
500
solche
Rückblicke
seit
2006
aufgeschrieben
habe,
bekommt
man
eine
ungefähre
Vorstellung,
wie
viele
Spickzettel
sich
angesammelt
haben
könnten.
Die
Konzerte
der
großen
Stars
wie
Ringo
Starr,
Black
Sabbath
oder
Clapton
&
Winwood
mal
außen
vor
gelassen.
Es
hat
sich
inzwischen,
völlig
unbemerkt,
ein
ganzer
Ordner
damit gefüllt.
Eine
Set-List
ist
allerdings
nicht
nur
eine
Gedankenstütze
beim
Schreiben.
Sie
ist
auch
auf
besondere
Weise
ein
Erinnerungsstück
an
ein
besonderes
Erlebnis
und
an
die
Besonderheiten
des
Künstlers
oder
der
Band.
So
unterschiedlich
wie
deren
Charaktere,
so
markant
die
Zettel.
Oft
sind
sie
gar
ein
Spiegel
desjenigen,
der
nach
der
Vorlage
musizierte.
Das
kleine
Stück
Papier
verrät
mit
seiner
Gestaltung,
mit
seiner
Form
und
sogar
mit
seinem
Material
eine
Menge
über
seinen
Benutzer
und
über
den
jeweiligen
Moment.
Das
ist
mir
aber
erst
im
Laufe
der
Jahre
und
rückblickend
aufgefallen.
Irgendwie
„erzählen“
mir
die
Papiersouvenirs
noch
viele
Jahre
später,
wie
jenes
Konzert
oder
Begegnung
mit
dem
Künstler
verlaufen
sind.
Sogar
manch
ein
Detail
ist
plötzlich
auf
dem
Schirm
und
löst
die
gleichen
Emotionen
aus,
wie
schon Jahre zuvor.
Unter
den
knapp
200
Zettelchen
befinden
sich
einige,
in
jeder
Hinsicht,
sehr
exquisite
Exemplare.
Da
ist
zum
einen
der
detailliert
ausgefeilte
zeitliche
Ablaufplan,
ausgedruckt
und
mit
farblich
markierten
Hinweisen
versehen.
Dem
gegenüber
steht
der
einfache,
von
Hand
beschriebene
Zettel,
in
manchen
Fällen
gern
eine
Speisekarte
auf
der
„Rückseite“,
vom
Restaurant
nebenan.
Es
gibt
auch
das
schwarze
Papier,
mit
silbernen
Edding
bekritzelt
oder
auch
die
beschriebene
Rückseite
einer
bei
Google-Maps
ausgedruckten
Anfahrt-Skizze
zum
Spielort.
Es
gibt
den
Computerausdruck,
der
schon
seit
einem
Jahr
unverändert
gültig
ist
und
die
hastig
auf
einen
Zettel
geschriebene
Notiz,
auf
der
die
Namen
der
Titel
nur
angedeutet
sind.
Einer
der
Künstler,
den
ich
um
eine
Erinnerungshilfe
bat,
schrieb
die
Reihenfolge
seiner
Songs
für
mich
auf
einen
speziellen
Pappteller,
auf
dem
normalerweise
Bockwurst
und
Brötchen
serviert
werden.
Sehr
einzigartig,
ausgefallen,
aber
eben
auch
ein
Spiegelbild
der
damaligen
Situation.
Die
Band
spielte
frei,
der
eigenen
Intuition
folgend.
Einen
Merkzettel
gab
es
nicht.
Der
Bandleader
hat
diesen
besonderen
„Zettel“
in
der
Pause
extra
für
mich
gefertigt.
Ich
liebe das Teil!
Einige
dieser
Musikanten-Merkzettel
haben
für
mich
über
die
Jahre
eine
besondere
Bedeutung
erlangt.
Es
waren
Konzerte
mit
einmaligem
Flair,
mit
besonderen
Begegnungen
und,
im
Nachhinein,
auch
solche
mit
sehr
persönlichen
Erinnerungen
verbunden.
Aus
einer
Augenblickslaune
heraus
bekam
ein
solches
Stück
Papier,
mit
der
Liederfolge
darauf,
nach
dem
Konzert
die
Unterschriften
der
beteiligten
Musiker.
Wenn
später
einer
der
Musiker,
vielleicht
sogar
ein
Freund,
plötzlich
nicht
mehr
auf
diesem
Planeten
wohnt,
ist
das
ein
bitterer
Moment.
Auf
dem
Papier
lese
ich
den
handgeschriebenen
Namenszug
und
weiß,
dass
ich
nie
wieder
mit
ihm
sprechen
werde.
Dann
wirkt
das
kleine
Stück
Papier
wie
ein
warmes
Signal,
das
in
meinem
Herzen
landet.
Es
fühlt
sich
dann
für
mich
an,
als
wären
David
oder
Till
immer noch hier.
Wahrscheinlich
werde
ich
in
den
nächsten
Monaten
bei
einem
der
Konzerte
die
200.
Set-List
aufheben
und
mit
nach
Hause
nehmen.
Dass
ich
noch
einen
600.
Konzertbericht
schreiben
werde,
kann
ich
mir
nicht
vorstellen.
Ich
müsste
mit
73
oder
74
immer
noch
vor
den
Bühnen
rumhopsen,
sprich
stolpern,
und
würde
irgendwann
zum
„Clown“
mutieren.
Das
will
ich
mir
und
anderen
ersparen.
Meine
kleine
Souvenir-Sammlung
plus
ein
paar
Vinyl-Platten
sowie
CDs
-
die
Anzahl
wird
wahrscheinlich
bald
nicht
mehr
wachsen.
Wozu
auch?
Alles,
was
ich
wollte,
ist
in
meinem
Besitz
und
eigentlich
sogar
mehr,
als
ich
mir
jemals
als
Jugendlicher
in
der
DDR
hätte
vorstellen
können.
Ich
wäre
doch
nie
und
nimmer
auf
die
Idee
gekommen,
eine
Set-List
vom
Konzert
einer
Emmylou
Harris,
eines
Steve
Winwood,
von
Bob
Geldof
oder
Procol
Harum
in
meinen
Händen
zu
halten!
Das
war
dem
16-jährigen
Beat-Fan
im
Jahre
1966
nicht
in
sein
Stammbuch
geschrieben.
Doch
ich
habe
viele
meiner
Stars
gesehen,
viele
gehört,
von
einigen
Autogramme
erhalten
oder
habe
ihnen
einen
Spickzettel
weggefunden.
Von
all
dem
und
von
einigen
Episoden
mehr,
könnte
ich
erzählen.
Stattdessen
habe
ich
vieles
davon
aufgeschrieben.
Zuerst
ist
es
ein
Buch
geworden
und
dann
dessen
Fortsetzung
im
weltweiten
Netz.
Meine
persönlichen
Erinnerungen,
meine
blanke
Freude
an
der
Musik
und
manchmal
auch
meine
intimen
Gedanken. Wozu doch ein unscheinbarer kleiner Spickzettel, im Volksmund Set-List genannt, manchmal gut sein kann.