Weiße Boote, weiße Anzüge und Rote Gitarren
03.05.2009
Nie
und
nimmer
wäre
ich
auf
die
Idee
gekommen,
mir
drei
Stunden
lauen
Schlagerblabla
einzuhelfen.
Doch
ich
hatte
gehört,
dass
die
Czerwone
Gitary,
also
die
Polnischen
Beatles,
wieder
aktiv
wären
und
dass
diese
Roten
Gitarren
bei
„Musik
für
Sie“
in
Bautzen
auf
der
Bühne
stehen
würden.
Termine
für
richtige
Konzerte
konnte
ich
nicht
finden.
Also
habe
ich
Kundi
überredet,
mir
von
Castrop-Rauxel
aus
Zugang
organisieren
lassen
und
bin
dann
von
Elsterwerda
Richtung Osten, nach Bautzen, gefahren, um den „Ostrock“ Polnischer Prägung zu treffen.
Es
ist
schon
verdammt
lang
her,
aber
die
CZERWONE
GITARY
gibt
es
noch,
wenn
auch
mit
nur
zwei
Gründungsmitgliedern.
Jerzy
Skrzypczyk
sitzt
noch
immer
hinter
dem
Schlagzeug
und
Jurzy
Kossela,
einer
der
drei
Gitarristen
aus
frühen
Tagen,
ist
auch
wieder
dabei.
Zusätzlich
noch
Henryk
Zomerski
an
den
Tasten,
der
für
die
Debut-
LP der Czerwone Gitary einen Song beigesteuert hatte, aber in der Band nie persönlich vertreten war.
Als
ich
diese
erste
LP
„To
Wlasnie
My“
(Hier
sind
wir!)
in
Berlin
kaufte,
schrieb
man
das
Jahr
1967
und
ich
war
–
nein,
lassen
wird
das!
Was
mich
irgendwie
lächeln
lässt,
ist
das
Silberhaar
der
drei
älteren
Herrschaften.
Man
ahnt
die
Jahre,
die
auch
ich
zu
fühlen
beginne,
aber
man
spürt
die
gefühlt
jungen
Rockerherzen
und
die
Ausstrahlung
wie
bei
gereiften
guten
Wein.
Dies
ist
jedenfalls
mein
allererster
Eindruck,
als
Kundi
und
mir
Jurzy
Kossela
vor
der
Konzerthalle
am
Tourbus
der
Czerwone
Gitary
vor
die
Füße
läuft.
Er
wirkt
bescheiden,
ja
beinahe
schüchtern
und
hat
(noch)
keine
Lust,
Autogramme zu geben.
Nun
ist
„Musik
für
Sie“
alles
andere
als
mein
begehrtes
Unterhaltungsmedium
und
das
sonntäglich
fein
gestylte
Publikum
nicht
wirklich
mein
Umgang.
Doch
dann
denke
ich,
die
müssen
ja
auch
zwei
Typen
wie
Kundi,
der
sogar
im
Jacket
(!)
erscheint,
und
mich
aushalten.
Uns
beiden
hat
es
aber
Vergnügen
bereitet,
deren
neugierigen
Blicke
zu
spüren.
Wir
werden
in
die
Halle
zu
unseren
Plätzen
geführt
und
nehmen
inmitten
wundersam
gestylter
Schlagerliebhaber
Platz.
Es
gibt
schlimmeres
und
dann
kommt
es
genau
so:
die
Paldauer,
Gerd
Christian,
Uta
Brezan,
Kathrin
&
Peter,
Pussycat
sowie
Bernd
Clüver.
Wobei
erstaunlicher
Weise
ausgerechnet
letzterer
meinen
Emotionen
an
diesem
Nachmittag
noch
am
nächsten
kommt.
Der
Rest
erinnerte
mich
an
des
selige
Schlagerstudio:
Schunkeln,
Klatschen
im
4/4
Takt,
Blümchen
und
Küsschen.
Andere
mögen
eben
eine
andere
Art
der
Unterhaltung,
ohne
jegliche
Wertung, und das ist völlig in Ordnung. Sicher wundern die sich über mich ebenso.
Ich
bin
der
Czerwone
Gitary
wegen
nach
Bautzen
gekommen.
Dank
persönlicher
Beziehungen
habe
ich
die
Chance,
mit
dem
Management
der
Band
sowie
mit
Jerzy
Skrzypczyk
persönlich
zu
sprechen
sowie
meine
Fragen
und
Wünsche
an
den
jeweils
richtigen
Mann
zu
bringen.
Auch
ein
paar
lockere
Worte
mit
dem
Gitarristen
und
dem
Keyboarder
kann
ich
in
der
Pause
Backstage
wechseln.
So
nah
kommt
man
den
Polnischen
Rockern
wohl
nur
äußerst
selten,
zumal
als
Durchschnittsfan.
Danach
bin
ich
einige
schöne
Erfahrungen
und
seltene
Autogramme
auf
Plattencover
reicher.
Mein
persönliches
Empfinden
ist,
dass
ich
drei
völlig
relaxte
und
gestandene
Musiker
traf,
die
noch
immer
neugierig
auf
ihr
Publikum
sind
und
die
ein
offenes
Ohr
für
einen
eher
ausgefallenen
Typen
haben,
der
sie
neugierig
nach
ihrer
Rock’n’Roll-Vergangenheit
befragt
und
zu
gern
wissen
möchte,
ob
sie
nicht
Lust
auf
richtige
Live-Konzerte
in
Deutschland
hätten.
Da
sehe
ich
in
Jerzy’s
Augen
doch
wirklich
ein
Funkeln
und
ein
kleiner
Ruck
zuckte
durch
den
Alt-
Rocker. Ich jedenfalls bin in diesen Momenten glücklich sowie stolz und denke mir, Kundi empfand das auch so.
Ich
bin
ein
Fan
der
Czerwone
Gitary
und
liebe
die
alten
Originalsongs,
mindestens
bis
„Port
Piratow“
von
1977.
Wie
richtige
Fans
suche
ich
die
Nähe
zu
den
Musikern
und
will
die
„Polnischen
Beatles“
mit
den
Songs
von
damals
hören,
also
auch
in
ihrer
Landessprache.
Lieder
wie
„Takie
Ladne
Oczy“
oder
„W
Droge“
bis
hin
zur
schönen
„Anna
Maria“
und
„Uwierz
Mi,
Lili“.
Das
„Weiße
Boot“
kann
von
mir
aus
im
Hafen
bleiben.
Von
Jerzy
hatte
ich
den
ehrlichen
Eindruck,
dass
der
so
lange
hinter
der
Schießbude
sitzen
wird,
solange
da
unten
noch
Leute
mit
feuchtem
Glanz
in
den
Augen
stehen
werden.
Über
mehr
denkt
er
nicht
nach,
ein
echter
Rocker
eben.
Sollten
Konzertveranstalter
Lust
darauf
bekommen,
dann
werden
wir
die
richtigen
Czerwone
Gitary
auch
hierzulande
live
erleben.
Die
Playback-Show
„Musik
für
Sie“
kann
diese Atmosphäre nicht bieten.
Nur
ein
einziges
Mal
erlebe
ich
so
etwas
wie
einen
magischen
Moment.
Da
vorn
plaudert
Bernd
Clüver
gerade
aus
seinen
Jugendjahren
und
wie
gern
er
bei
all
den
großartigen
Bands
in
Woodstock
dabei
gewesen
wäre.
Plötzlich
wird
er
leise,
zeigt
in
meine
Richtung
und
meint:
„Ich
glaube,
Du
kannst
mich
gut
verstehen.“
Da
habe
ich
einen
Kloß
im
Hals,
denn
es
ist
offensichtlich,
dass
er
mich
meint.
Es
hat
also
auch
für
ihn
nicht
nach
Woodstock
gereicht,
denke
ich,
stattdessen startete der junge Mann eine Karriere als Sänger von deutschen Schlagern.
Als
die
ROTEN
GITARREN
mit
ihren
weißen
Anzügen
endlich
auf
der
Bühne
stehen,
schlägt
ihnen
in
Bautzen
ehrliche
Begeisterung
entgegen.
Auch
Kundi
und
ich
strahlen
um
die
Wette.
Die
Polnischen
Rock-Veteranen
bedanken
sich
mit
einem
Lied
ihrer
aktuellen
CD
„Herz
Verschenkt“.
Allen,
die
den
deutschen
Sound
der
Band
zwischen
„Weißes
Boot“
und
„Auf
dem
Dach
dieser
Welt“
mögen,
kann
ich
diese
Scheibe
bedenkenlos
ans
Herz
legen.
Wer
jedoch
die
Beat-
und
Rock-Band
erwartet,
sollte
lieber
Abstand
nehmen.
Für
viele
sind
sie
weit
mehr,
als
nur
„Brennende
Wälder“
sowie
ein
„Weißes
Boot“.
Für
die
rockige
Variante
der
Polenrocker
könnte
ich
liebend
gern
da
vorn
stehen,
mir
den
Live-Sound
um
die
Ohren
wehen
lassen
und
dabei
gern
schmerzende
Füße,
statt
brennender
Wälder,
spüren.
Die
Roten
Gitarren
sind
wieder da, die legendären Czerwone Gitary aber sind Geschichte.
Nach
der
Veranstaltung
leert
sich
der
große
Saal
ziemlich
schnell.
Nur
einige
Unentwegte
warten,
bis
am
Rand
Tische
aufgestellt
werden
und
einige
ihrer
Stars
erscheinen.
Jetzt
beginnt
das
Drängeln
um
die
vorderen
Plätze
bei
Gerd
Christian,
Kathrin
&
Peter
sowie
Bernd
Clüver.
Kundi
kommt
schnell
mit
Peter
vom
Schlager-Duo
ins
Gespräch
und
der
verrät
ihm
seine
Liebe
für
AC/DC.
Mein
Kundi
staunt
nicht
schlecht,
während
ich
mich
dem
Tisch
von
Bernd
Clüver
zuwende.
Auf
meine
Frage,
ob
er
denn
für
einen
alten
Rocker
und
gemeinsames
Foto
bereit
sei,
schiebt
er
die
wartenden
Damen
freundlich
zur
Seite
und
sagt:
„Du
bist
doch
der,
den
ich
seine
Sehnsucht
nach
Woodstock
angesehen
habe.“
Da
sind
wir
beide
für
einen
winzigen
Augenblick
und
ein
Foto
vereint
-
der
Schlagersänger
West
und
der Rock-Liebhaber Ost. Schon bald löst sich das restliche Treiben auf und wir verlassen diese Halle.
Im
Foyer
spreche
ich
einen
Typen
an,
von
dem
ich
sofort
weiß,
der
war
einst
Rockmusiker
und
auf
die
Bemerkung
„Hey,
dich
kenne
ich!“,
sagt
der
„Ja,
Gruppe
DIALOG“.
Thilo
Ferstl,
früher
Drummer
bei
DIALOG,
war
an
diesem
Abend
der
Produktionschef
und
sichtlich
froh,
jemanden
getroffen
zu
haben,
der
sein
Rocker-Dasein
in
Erinnerung
hatte
und
Thilo
weiß
noch
ganz
genau,
wohin
er
mich
stecken
muss.
Respekt
-
ein
Mal
Rocker,
immer
Rocker!
Mit
guten
Erinnerungen
und
seltenen
Begegnungen
im
Gepäck
verabschiede
ich
mich
von
Kundi,
der
in
der
Nähe
wohnt,
und
begebe
mich
wieder auf die Piste.