Mein Freund der Geigenhans
30.05.2013
Vielleicht
liegt
es
daran,
dass
ich
in
den
Kinderjahren
auf
Wunsch
meines
Vaters
sieben
lange
Jahre
Geigenunterricht
erhielt.
Ich
fühlte
und
fühle
dieses
Instrument
bis
heute
als
etwas
ganz
besonderes,
aber
mein
Vater
hätte
sich
wahrscheinlich
mehr
erhofft,
als
allein
die
Feststellung
eines
Gefühls.
Noch
heute
sehe
ich
mich
ab
und
an
täglich
eine
Stunde
„üben“,
allein
im
Zimmer,
allein
mit
der
Geige
und
immer
öfter
auch
allein
und
lustlos.
Ich
sehe
mich
damals
als
10-
Jähriger
mit
meiner
Violine
am
Kinn
und
einem
Chor
an
der
Seite
beim
alljährlichen
Schülerkonzert
in
der
Aula
des
heutigen
Gymnasiums.
Erst
viele
Jahre
später
habe
ich
bereut,
die
eigentliche
Chance
nicht
begriffen
zu
haben.
Sicher
war
ich
mit
sieben
Jahren
auch
noch
zu
jung
dafür
und
so
bekam
meine
Leidenschaft
ein
anderes
Instrument
und
andere
Musik
zu
spüren, als sich das mein mein Vater gewünscht hatte.
Mein
instrumentales
„Outing“
erfolgte
zu
einer
Zeit,
da
hatte
ich
die
Geige
schon
längst
vergessen.
Ich
hatte
die
Saiten
der
Gitarre
für
mich
entdeckt,
das
Kabel
in
eine
Radiobuchse
gesteckt
und
fortan
die
Songs
der
Beat-Gruppen
versucht
nachzuspielen.
Die
waren
anders,
kamen
mir
viel
näher
und
bohrten
sich
in
mein
Herz.
Rockmusik
und
Geigenklänge
–
dafür
hatte
ich
in
den
1970ern,
als
die
Geige
in
der
Rockmusik
Einzug
hielt,
eine
besondere
Vorliebe:
Flock,
East
Of
Eden,
Curved Air, Steelreye Span und natürlich Fairport Convention. Das war alles lange vor „Am Fenster“.
Irgendwann
klang
während
einer
DT64-Sendung
ein
Instrumental
aus
dem
Radio,
eine
kleine
Melodie
irgendwo
zwischen
Folk,
Menuett
und
Blues,
eine
faszinierende
und
melodische
Mixtur,
die
mich
nicht
mehr
loslassen
wollte.
Ich
war
wie
wild
auf
diese
Pflanze
„Rhododendron“
und
habe
sie
den
Bändern
meines
Qualiton
anvertraut.
Von
diesem
Moment
an
wusste
ich
mehr
über
KLEEBLATT
und
über
den
Mann
an
der
Violine,
den
inzwischen
jeder
als
HANS
„DIE
GEIGE“
WINTOCH
kennt.
Fortan
verfolgte
ich
das
Tun
dieses
Musikers
mit
einem
besonderen
Blick,
war
gierig
auf
Songs,
die
vom
Spiel
seiner
Geige
veredelt wurden und freute mich darüber, wie seine Haare immer länger und länger wurden.
An
30.
April
im
Jahre
1980
lief
mir
die
„GEIGE“
erstmals
persönlich
über
den
Weg,
denn
der
Musiker
war
inzwischen
bei
der
Gruppe
MAGDEBURG
zu
erleben.
Die
stand
damals
bei
ROCK
MIX
auf
meiner
Bühne
in
Plessa.
Nach
dem
Konzert
hab’
ich
ihm
von
meiner
Idee
erzählt,
mal
einen
intimen
Abend
zum
Thema
„Geige
&
Rockmusik“
zu
machen,
ein
gemütliches
Beisammensein
mit
Musik,
Gesprächen
und
Dokumenten
rund
um
dieses
Thema.
Er
hat
nicht
sofort
zugesagt.
Noch
einige
Telefonate waren notwendig, ehe ich die „GEIGE“ endlich für diese Idee begeistert und ihn allein unter Vertrag hatte.
Es
war
ein
Donnerstag,
dieser
8.
Mai
1986.
Wir
sind
im
Klub
„DIE
STUBE“
Elsterwerda.
Neben
mir
sitzt
der
Rockgeiger
und
der
Raum
ist
voll
mit
unseren
Stammgästen.
Alle
Wände
sind
bunt
dekoriert
mit
Platten-Covern
und
Plakaten,
dazwischen
(wie
völlig
normal)
die
LP-Hüllen
von
„Point
of
Know
Return“
und
„Dinosaur
Swamps“.
Die
erste
eigene
Scheibe
von
Hans
erschien erst 1988 bei Amiga.
Mit
einem
Zigarillo
zwischen
Fingern
erzählt
die
„GEIGE“
aus
seinem
Leben
und
von
seiner
Liebe
zum
Instrument,
seiner
Begeisterung
für
Rockmusik
und
auch
vom
turbulenten
Leben
eines
Rock-Musikers.
Er
erzählte,
wie
er
schon
frühzeitig
in
Sangerhausen
und
Halle
Violinenunterricht
bekam
und
warum
ein
Musiker
Klassik
und
Rock’n’Roll
gleichermaßen
lieben
kann.
Er
sprach
von
seiner
Entwicklung,
von
Sieghart
Schubert,
Report,
Kleeblatt,
Diestelmann
und
Magdeburg
und
von
Gruppen,
ganz
weit
weg,
wie
KANSAS
oder
FLOCK.
Zwischendurch
griff
er
immer
wieder
zu
seiner
Violine.
Schon
damals
war
„Klassik
I“
zu
hören
und
„Face
To
Face“
auch,
zwei
Stücke,
die
dann
zwei
Jahre
später
auf
die
Platte
kamen.
Wie
auch
heute
noch,
spielte
und
sang
er
„Dust
In
The
Wind“,
seine
Lieblingsnummer
von
KANSAS.
Und
extra
für
mich
dann
auch
„Rhododendron“.
Lange
zwanzig
Jahre
später:
Was
haben
wir
gelacht,
als
ich
dann
die
Fotos
von
damals
rausholte,
wir
beide,
er
mit
Zigarillo
und
ich
mit
einem
Glas
in
der
Hand
oder
Hans
singend
und
schon
mit
Zopf
vor
dem
Mikrofon
stehend.
Was
haben
wir
gegrinst,
über
einen
Rockgeiger
mit
Schürze
und
Zigarillo
im
Mund
frühmorgens
in
unserer
Küche.
Was
musste
meine
Frau
schon
alles
„erdulden“,
aber
man
hat
ja
auch
nicht
jede
Nacht
einen
kochenden
Rock-Geiger
in
der
eigenen
Küche!
Wir
sahen
uns
an,
lachten
und
wussten
sofort,
wir
beide
sind
noch
immer
so
wie
damals,
nur
die
Haare
sind
nicht
mehr
ganz
so
dicht und ein paar mehr Jahresringe haben sich, gut sichtbar, entwickelt.
Einer
meiner
ganz
großen
Momente
war
das
gemeinsame
Musizieren
von
GEIGE
und
CÄSAR
während
der
5.
Rocknacht
in
Mittweida
am
20.
Mai
2007.
Gemeinsam
gaben
sie
uns
damals
Clapton’s
„Tears
In
Heaven“
für
den
tödlich
verunglückten
Heinz
Prüfer
von
RENFT,
nicht
ahnend,
dass
wir
gerade
ihren
ersten
und
einzigen
gemeinsamen
Auftritt
erlebten.
Dieser
Augenblick
ist
inzwischen
unwiederholbar
und
Geschichte
und
ich
habe
noch
immer
einen
Kloß
im
Hals,
wenn
ich
darüber
sprechen soll.
Hans
„DIE
GEIGE“
ist
einer,
der,
ähnlich
wie
CÄSAR,
in
meinem
Leben
immer
irgendwie
präsent
war,
anders
zwar,
aber
immer
im
Hinterkopf
und
im
richtigen
Augenblick
auch
ganz
persönlich
anwesend.
HANS
vergisst
Menschen
nicht,
das
haben
auch
andere
erfahren
dürfen,
und
auch
nicht
bleibende
Momente
mit
ihnen
und
ich
denke,
er
ist
einer
von
denen,
die
immer
sie
selbst
blieben,
in
Tiefen
wie
in
Höhen.
Einer,
der
sich
selbst
nicht
zu
wichtig
nimmt
und
stets
Zeit
für
andere
hat.
Einer,
der
in
40
Jahren
so
viel
Leben
stecken
hat,
wie
manch
andere
mit
70
immer
noch
nicht.
Einer,
der
meinte,
man
müsse
sich
unter
Musikerkollegen
auch
schon
mal
„zwischendurch“
treffen
und
nicht
erst
warten,
bis
man
sich
wieder
auf
irgendeinem
Friedhof
im
Lande
einfinden
muss.
Recht
hat
er,
dachte
ich,
als
ich
dann
bei
„Danke
Franz“
im
Berliner
Kosmos
saß.
Wenn
es
mir
möglich
war
und
ist,
lausche
ich
seinem
Geigenspiel
live.
Dann
sitze
ich
mit
Freunden
in
Dresden
an
der
Elbe
oder
im
„Alten
Teichhaus“
von
Ottendorf-Okrilla.
Manchmal
in
der
Weihnachtszeit
und
manchmal
mitten
im
Sommer,
wenn
es
draußen
warm
ist,
dann
unter
einem
riesigen
Blätterdach.
Jeder
dieser
Momente
hat
seine
besonderen
Reize
und
jedes
Mal,
wenn
ich
in
das
lachende
Gesicht
vom
Rockgeiger
sehe,
blicken
mich
gemeinsam
verbrachte
Augenblicke
an.
Dann
lachen wir, wie zwei Spitzbuben, und verstehen uns wortlos.
Ich
denke,
HANS
ist
ein
wenig
so,
wie
auch
ich
mich
fühle:
Er
lebt
voll
und
ganz
für
seine
Musik
und
ist
dabei
manchmal
ein
wenig
zu
offen
und
dabei
ehrlich
und
davon
manchmal
auch
zu
viel!
Wir
trafen
uns
bei
Solo-Konzerten
und
wir
sahen
uns
mit
MAGDEBURG
oder
mit
der
SCHUBERT-BAND,
wir
sahen
uns
beim
Abend
mit
CÄSAR
&
den
Spielern,
zum
Weihnachtsfest
mit
CITY,
wo
er
gemeinsam
mit
Joro
Gogow
den
„Little
Drummer
Boy“
in
den
Saal
von
Weinböhla
fiedelte
oder
zu
Reini’s
60.
Geburtstag
in
Berlin,
wo
er
mir
mit
Holger
Biege
und
Coca
Cola
zuprostete.
Keine
dieser
Stunden
möchte
ich
missen,
keine
werde
ich
vergessen,
sondern
höchstens,
ab
und
an,
eine
neuen
hinzufügen.
Nur
bis
zu
ihm
nach
hause,
zu
einem
der Fiedelbogen-Geiger-Treffen habe ich es noch nicht geschafft, aber es wird langsam Zeit.
Der
Mann
ist
jetzt
wie
ein
besessener
Unruhegeist
mit
Geige
und
Bogen
mehr
40
Jahre
„on
stage“
und
zum
Glück
hat
„GEIGE“
noch
lange
nicht
genug
vom
Fiedeln.
Manchmal
telefonieren
wir,
lachen
über
unsere
Zipperlein
und
freuen
uns
jedes
Mal
neu,
wenn
wir
uns
irgendwo
begegnen.
Geigenhans
ist
so
ein
besonderer
Typ,
ein
Freund
der
etwas
anderen
Art,
eine Seele von Mensch und ein wenig auch mein Freund.
Nachtrag September 2020:
Inzwischen
sind
wir,
Lily
mit
Frauchen
und
Herrchen,
im
Harz
(in
Halberstadt)
zu
Hause.
Die
Wege
zu
meinen
ehemaligen
Konzertstätten
sind
länger
geworden.
Dennoch
habe
ich
im
Mai
2015
die
Anreise
zu
einem
Konzert
im
„Teichhaus“
von
Ottendorf-Okrilla
nicht
gescheut.
Es
musste
einfach
sein!
Dann
kam
jener
Abend
im
Dezember
2019.
Was
wir
nicht
ahnten:
Ein
Virus
hatte
sich
inzwischen
auf
den
Weg
um
die
ganze
Welt
gemacht.
Damals
kam
Hans
mit
seiner
Dani
hierher
nach
Blankenburg,
in
das
alte
E-Werk,
um
ein
Weihnachtskonzert
zu
spielen
(
HIER
).
Ich
habe
ihn
überrascht,
wir
zwei
haben
uns
gefreut,
ich
durfte
ihn
ankündigen
und
er
hat
seinen
Bogen
über
die
vier
Saiten
gejagt,
dass
die
Wälder
ringsum
in
Schwingungen
gerieten.
Am
Tag
darauf
saßen
wir
vier,
plus
Hundedame
Lily,
in
unserer
Wohnung
beim
Mittagskaffee
zusammen.
Wir
haben
geplaudert,
gelacht
und
uns
erinnert.
Als
Dani
und
Hans
in
ihren
Tourbus
stiegen,
ahnten
wir
nicht,
dass uns Corvid19 bald ausbremsen und Kontakte für lange Zeit unmöglich machen würde.
Ein
knappes
Jahr
danach
treffe
ich
beide
in
Blankenburg
wieder,
wo
Hans
ein
Corona-Konzert
spielen
kann.
Beinahe
ist
es
wie
immer:
getroffen,
gelacht,
gequasselt,
gegeigt
und
zugehört.
Die
auf
Abstand
gehaltenen
Zuschauer
mit
Maske
sind
begeistert.
Hans
rockt
das
E-Werk
und
führt
souveräner
durch
den
Abend.
Beim
„Ave
Maria“
oder
beim
„Kanon“
kann
ich
mich
entspannt
zurücklehnen
und
die
Musik
fließen
lassen.
Ich
erlebe
zwei
Stunden
zum
Genießen.
Bald,
so
haben
wir
uns
versprochen,
wird
es
in
seiner
Nähe
ein
Wiedersehen
geben
und
danach
ein
nächstes
irgendwo
anders
im
Land.
Solange
Hans den Bogen schwingt und ich noch kriechen kann, wird die Geschichte fortgeschrieben.