Ringelbeats mit Kuno
07.03.2017
Es
gibt
mehrere
gute
Gründe,
heute
Abend
nach
Magdeburg
zu
fahren.
Der
eine
ist,
dass
ich
meinen
hustenden
Rotzgast
(fast)
los
bin
und
der
andere
das
Gefühl,
wieder
unter
die
Menschen
zu
müssen.
Doch
eigentlich
heißt
der
Grund
schlicht
KUNO
und
den
kenne
ich
seit
nunmehr
45
Jahren.
Nein,
nicht
persönlich,
aber
doch
so
gut,
dass
ich
meine,
heute
einem
Weggefährten
wieder
einmal
begegnen
zu
wollen.
Keine
Frage,
der
nachhaltigste
Eindruck
prägte
sich
mir
bei
der
damaligen
Klaus
Renft
Combo
ein,
aber
auch
Pannach
&
Kunert
gingen
an
mir
nicht
spurlos
vorüber.
Eher
schon
dieses
halbherzige
Renft-Gebilde
in
den
ersten
Nachwendejahren,
das
wollte,
aber
nicht
konnte.
Als
es
ab
2006
gar
nicht
mehr
mit
dem
Gehör
von
KUNO
ging,
glaubten
ihn
viele
abgeschrieben,
weg
vom
Fenster.
Doch
beim
halbfertigen
„Gitarrenhunger“
sah
und
hörte
ich
ihn
wieder
und
in
Dresden
sprach
er
im
Stadtmuseum
zu
musealen
Erlebnissen
der
Zeitgeschichte
für
die
Adenauer-Stiftung.
Da
war
er
wieder
ganz
der
Alte,
der
seinen
trockenen
Humor
unter
die
steifen
Offiziellen
warf.
KUNO
war
immer
da,
wenn
auch
völlig
anders,
als
sich
viele
es
gewünscht
hätten
und
als
es
gesundheitlich
ging.
Und
nun
hat
dieser
Typ
und
Harzbewohner
still
und
leise
einen
Roman
„aus
lauter
Buchstaben“
(O-Ton
Kuno)
geschrieben.
Schon
der
Titel
„Ringelbeats“
hat
etwas,
weckt
viele
Assoziationen,
und
deshalb
fahre ich nach Magdeburg.
An der neunten Abfahrt bin ich runter von der Stadtautobahn.
Die Namen der Straßen hier sagen dem Neuling nichts. Ich
muss aufpassen und abzählen, damit ich die Ausfahrt nicht
verpasse und dann ist man plötzlich in einem Häusermeer,
das gar keinen eigenen Charakter zu haben scheint. Mittendrin
eine kleine Insel, Moritzplatz genannt, mit dem Moritzhof in
einer der Seitenstraßen. Wäre es hell und die Abendsonne
schiene, wäre es sicher ein schöner Anblick. Im gemütlichen
kleinen Cafè vergeht die Zeit, bis sich die Tür zum Veranstal-
tungsraum öffnet. Hier fühlt es sich heimisch an und vorn auf
dem Podest, an dem Tisch mit einer antiken Stehlampe, sitzt
so ein Allerweltstyp, CHRISTIAN KUNERT, den alle nur KUNO nennen.
Wir
begrüßen
uns
per
Handschlag,
tauschen
so
gut
es
geht,
einige
Worte.
Als
das
Dutzend,
plus
zwei
Damen
am
Einlass
sowie
ein
Tontechniker,
im
Raum
voll
ist,
begrüßt
KUNO
in
seiner
unnachahmlichen
Art
das
zahlreich
erschienen
Magdeburger
Publikum.
Er
greift
zunächst
zur
Gitarre,
der
man
die
Zeiten
ebenso
ansieht,
wie
dem
Gitarristen,
und
singt
uns
zum
Einstieg
erst
einmal
eine
„Ballade
vom
Mann
mit
dem
Feindbild“.
Wir
erleben,
dass
alle
ein
Feindbild
haben:
Priester,
General,
der
Schuh
und
auch
eine
Klobrille.
Wer
keins
hat,
so
die
ironische
Pointe,
schafft
sich
eben
eins
zum
Glücklichsein. Gitarre wieder in den Ständer, KUNO an den Tisch, Brille auf die Nase und dann geht’s um „Ringelbeats“.
KUNO
hat
einen
Roman
verfasst,
hat
die
Buchstaben
sortiert,
gepresst
und
geordnet,
damit
sie
in
ein
Buch
passen,
das
reichliche
330
Seiten
zum
Umblättern
hat.
Wenn
er
jetzt
die
besten
Stellen
vorlesen
würde,
so
seine
Vermutung,
dann
–
und
lässt
offen,
worüber
wir
zwischen
den
Stühlen
wahrscheinlich
gerade
lachen.
Nach
der
ersten
unvermeidlichen
Ankündigung,
dass
er
uns
doch
nur
Buchstaben,
statt
Rheumadecken,
verkaufen
möchte,
folgt
noch
die
Erklärung
aller
fünf
Kriterien,
die
ein
Buch
erfüllen
müsse,
um
ein
solches
genannt
zu
werden.
Als
Erkenntnis
nehme
ich
später
mit
nach
Hause,
dass
ein
Produkt
mit
Buchstaben
drinnen,
nicht
dicker
als
35
Millimeter
sein
darf.
Die
hierfür
notwendige
und
auch
logische
Erläuterung
geht
zwar
im
Gelächter
unter,
zu
verstehen
ist
sie
trotzdem
und
verstanden
habe
ich
sie
auch. Noch so eine typische KUNO-Logik.
Das
„junge
Talent
mit
Alterserscheinungen“,
wieder
O-Ton
Kuno,
versucht
nun
45
Minuten
mit
Lesen
von
Auszügen
aus
seinem
Roman
„Ringelbeats“
auszufüllen.
Er
habe
gehört,
dass
nach
dieser
Zeit
die
Aufmerksamkeit
der
Zuhörer
nachlassen
würde.
Wir
hören
aus
der
Vita
des
Helden
Jacobus
Kubisch
und
davon,
dass
sich
jemand
seine
Biografie
angeeignet
hätte.
Wir
lauschen
gespannt
den
Ereignissen
in
der
„Schlippe“
und
der
Diskussion
darüber.
Wie
KUNO
das
macht,
wie
er
die
Sätze
formt
und
seinen
Worten
eine
Gestalt
gibt,
dies
allein
macht
diese
Abendstunde
für
mich
reizvoll.
Auch
was
es
bedeutet,
wenn
uns
jemand
„einen
Moment
bitte“
zuruft
und
welche
Gedanken
sich
daran
anschließen
können,
erläutert
er
mit
hintersinnigem
Humor.
In
meinem
Kopfkino
formen
sich
die
Bilder
und
Filmsequenzen
dazu
und
viele
davon
scheinen
mir
voll
eigener
Realität,
weil
KUNO
immer
wieder
die
Brücke
zu
seiner
eigenen
Wahrnehmung
spannt.
Manchmal
lächelnd,
manchmal
leicht
bissig,
aber
stets
auch
so,
als
hätte
es
diesen
Typen namens Kubisch tatsächlich gegeben und man selbst meint, ihn zu kennen.
Dann
greift
KUNO
wieder
zu
seiner
alten
Gitarre.
Auf
Seite
4
seines
Buches
steht:
Falls
sie
ein
anderes
Motto
wünschen
und
dann
folgen
einige
Leerzeilen.
Durch
die
„Strawberry
Fields“
der
Beatles
wird
uns
verständlich,
was
das
eine,
also
das
Buch,
mit
den
anderen,
als
den
Beatles,
zu
tun
hat:
„
…
that
is,
you
can't,
you
know,
tune
in
but
it's
all
right
that
is,
I
think
it's
not
too
bad.“
Dies
zu
entschlüsseln
und
auch
zu
verstehen,
hilft
nur,
so
eine
Lesung
zu
besuchen
und
eines
der Buchexemplare zu erwerben.
Zwischendurch
rutscht
der
einstige
Rocker
immer
wieder
mal
verbal
in
jene
alten
Zeiten
ab,
als
er
mit
der
Renft
Combo
unterwegs
war.
Wenn
es
die
Parallelen
im
Buch
zulassen,
blitzen
auch
seine
eigenen
Erlebnisse
durch.
Dann
kommt
wieder
das
mit
dem
Komasaufen
und
der
Klaus
Renft
Combo,
die
ins
Landesinnere
auf
die
Dorfbühnen
emigrierte.
In
so
einem
Moment
nimmt
er
sich
die
Gitarre
zur
Hand
und
dann
kommt
aus
den
legendären
Pannach
&
Kunert
-
Zeiten:
„In
Nahkampfdielen,
man
war
das
laut,
hab’m
wir
uns
sächsischen
Rock’n’Roll
gebraut“.
Ich
sitze
da,
spüre
die
Gänsehaut
und
bin
bereit,
die
Zeiten,
die
auch
meine
Jugendjahre
waren,
ein
wenig
zu
verklären,
weil
sie
einfach
glücklich
und
schön
waren.
Ich
habe
sie
gelebt
und
das
mit
der
geklauten
Biografie
kann
ich
auch
nachvollziehen.
Deshalb
singt
KUNO
ja auch „Dann verfluch’ nicht den Wind“ und dann sind die 45 Minuten um, sagt KUNO.
Niemand
mag
nach
der
„Schulstunde“
bzw.
der
Dauer
einer
solchen
schon
gehen
oder
hätte
Lust
auf
eine
Hofpause.
Also
fragt
KUNO,
der
einst
ein
Rocker
war,
ob
er
noch
aus
einem
weiteren
Kapitel
lese
dürfe.
Er
darf,
er
soll
und
er
bereitet
uns
das
Vergnügen,
das
mit
dem
Klassenaufsatz
vorzutragen.
So
erfahren
wir,
was
es
damit
auf
sich
hat
und
wieso
sich
ein
Kreuz
auf
der
Kirschturmspitze
viel
besser
macht,
als
vielleicht
eine
Matratze.
Auch
die
Erklärung
von
der
Rolle
der
Bedeutung
der
beiden
Hände
auf
einem
Parteiabzeichen
lässt
kein
Auge
trocken.
Ich
glaube
in
diesen
Minuten
ganz
fest,
dass
diese
Art
zu
schreiben,
nur
ein
KUNO
hinbekommt.
Vom
Vortragen
der
Rückschau
des
Jacobus
Kubisch
auf sein eigenes Leben, und das auch noch wider Willen, mal ganz zu schweigen.
Was
der
Roman
„Ringelbeats“
sonst
noch
Vergnügliches
aus
einer
anderen
Zeit,
von
der
man
nicht
so
genau
weiß,
ob
und
wie
es
sie
gegeben
hat,
zu
bieten
hat,
will
ich
natürlich
auch
wissen.
Also
höre
ich
KUNO
noch
genüsslich
beim
„Lodar“
zu,
um
mir
danach
eine
Ausgabe
vom
„Ringelbeats“
zu
kaufen.
Schließlich
möchte
ich
ja
wissen,
was
in
den
guten Stellen zu erfahren ist und wie die Suche des alten Kubisch enden wird.
Ringelbeats, Roman von Christian KUNO Kunert, Eulenspiegel Verlag, 19,99 EU, ISBN 978-3-359-01736-3