Gedenkkonzert für Klaus Renft im Anker
09.10.2006
Der
9.
Oktober
2006
schien
so
ein
Tag
zu
werden,
wie
jeder
andere
auch.
Ich
bin
aufgestanden,
habe
gefrühstückt
und
mich
dann
an
den
Schreibtisch
gesetzt,
um
meinen
Nachmittag
vorzubereiten.
Mein
Telefon
klingelte,
auch
wie
an
jedem
Tag,
und
ich
nahm
den
Hörer
in
die
Hand.
Am
anderen
Ende
die
Stimme
sagte
nicht
etwa
„Guten
Morgen“,
sie
fragt
mich:
„Hast
du
schon
gehört?
Klaus
Renft
ist
tot!“
Stille.
Ich
habe
diesen
Anruf,
diesen
Tag
und
diesen
Morgen
bis
heute
nicht
vergessen
können.
Dieser
Tag
markiert
bei
mir
ein
Umdenken.
In
diesen
Minuten
begann
ich
zu
erfassen,
dass
eine
besondere
Generation
von
Musikern
begann,
sich
langsam
zu
verabschieden.
Ich
war
gerade
erst
57
geworden
und
glaubte eigentlich ein solches Datum noch in weiter Ferne. Plötzlich war es heute und greifbar.
„Tanzt
auf
meinem
Grab“,
so
hieß
es,
hätte
er
sich
gewünscht.
Bis
es
im
November
soweit
war,
habe
ich
erst
einmal
ein
paar
Tage
gebraucht,
um
diese
Nachricht
zu
verdauen.
Mir
war
nicht
nur
so,
nein
ich
habe
geheult.
So
eine
Scheiße!
Erst
geht
Tamara,
dann
plötzlich
Gundermann
und
nun
auch
noch
dieser
Typ.
Mit
dessen
Klaus
Renft
Combo
verbinde
ich
frühe
Erinnerungen
an
wilde
Tanzabende
im
verräucherten
Saal
vom
Gesellschaftshaus
Hoppenz.
Die
alte
Hütte
in
Elsterwerda,
stets
voll
bis
unter
die
Galerie
und
von
unten
kroch
der
beißende
Geruch
der
Toilette
nach
oben.
Wir
haben
getrunken,
geraucht
und
manch
vorsichtige
Körperberührungen
im
Gewühl
ausprobiert,
während
vorn
die
„Magic
Carped
Ride“
aus
den
Boxen
donnerte.
Meist
saß
ich
oberhalb
der
Toilette
auf
der
Galerie.
Von
dort
aus
konnte
man
das
Geschehen
auf
der
Bühne
am
besten
beobachten
und
der
dichte
Zigarettenrauch
hat
den
beißenden
Geruch
verdrängt.
So
etwas
vergisst
man
nicht
mehr,
auch
nicht
im
Herbst
seines
Lebens,
denn
solche
Momente
haben
mich
geprägt.
Allen
voran
die
KLAUS
RENFT
COMBO.
Als
klar
war,
dass
im
Leipziger
Anker
ein
Gedenkkonzert
für
den
Bandleader
und
Bassisten
stattfinden
würde,
habe
ich
einen
Freund,
mit
dem
mich
viele
Konzerterlebnisse
jener
Jahre
verbinden,
gebeten,
mich
dorthin
zu
begleiten.
Wir
sind
gemeinsam
hingefahren,
haben
uns
für
Karten
angestellt
und
uns
sogar
in
den
ersten
Reihen
einordnen
können.
Es
war
mein
erstes
Konzert
in
der
Neuzeit,
bei
dem
ich
ganz
bewusst
wahrgenommen
habe,
dass
die
Künstler
auf
der
Bühne,
so
wie
ich
auch,
ihre
Wurzeln
in
der
DDR
haben.
Irgendwann
habe
ich
auch
realisiert,
dass
dafür
der
Begriff
„Ostrock“
gebraucht
wird.
Anfreunden
kann
ich
mich
mit
der
sperrig
halbherzigen
Wortkreatur
bis
heute
nicht.
Warum
verdammt
traut
sich
eigentlich
keiner,
einfach
DDR-Rock
zu
sagen,
so
wie
man
auch
ganz
selbstverständlich
von
Rockmusik
aus
Ungarn
oder
Polen
spricht.
Dieses
Land
hat
es
doch
gegeben,
die
Musiker
doch
auch!
Gleichwohl,
der
Osten
begann
wohl
damals
auch,
sich
seiner
musikalischen
Einmaligkeiten
bewusst
zu
werden
und
daraus
trotzigen
Stolz
zu
entwickeln.
Klaus
Renft war und ist Teil dieses Bewusstseins.
Der
Saal
im
Anker
ist
schließlich
knüppeldicke
voll.
Bewegung
ist
möglich,
doch
wenn
du
gehst,
ist
der
Platz
verloren.
Deshalb
stehe
ich
auf
meinen
Platz
wie
festgenagelt
zwischen
fremden
Körpern,
deren
Gesichtern
und
Gerüchen.
Die
meisten
von
ihnen
aber
sind
in
meinem
Alter,
mit
mir
ergraut
und
auch
etwas
fülliger
geworden.
Ich
fühle
mich
dennoch
fremd
hier.
Seit
der
Wende
hatte
ich
nur
noch
sehr
selten
Konzerte
ehemaliger
DDR-Bands
besucht,
weil
ich
stets
das
Gefühl
hatte,
es
würde
nicht
mehr
viel
an
Kreativität
und
Frechheit
passieren.
Anpassung,
die
ich
überall
sah,
ist
mir
zuwider.
An
diesem
Abend
aber
ist
mir
das
egal.
Ich
will
einfach,
wenn
ich
schon
nicht
bei
Gundi
und
Tamara
war,
mich
wenigstens
von
einem
Idol
meiner
frühen
Jahre
verabschieden.
Ich
hatte
mir
vorher
keine
Gedanken
gemacht,
was
mich
erwarten
würde.
Ich
wollte
nur
hierher,
einfach
nur
noch
einmal
eine
Verbeugung
vor
diesem
einzigartigen
Kauz,
der
wie
nur
ganz
wenige
DDR-Rockmusik
geprägt
und
DDR-Rockmusik
gelebt
hatte.
RENFT
war
RENFT
und
als
Band
in
den
Erinnerungen
vieler
fest
verankert,
für
viele
eine
Lebenseinstellung,
für
manchen
auch
eine
Blaupause
für
das
eigene
Lebensgefühl geworden. Für mich auch.
Von
einer
Leinwand
im
Bühnenhintergrund
sieht
ein
älter
gewordenes
Gesicht
von
KLAUS
RENFT
auf
mich
herab
und
vorn
an
der
Rampe
brennen
zwei
Kerzen
für
ihn,
als
Thomas
„Monster“
Schoppe
die
Bühne
betritt
und
eine
junge
Dame
im
Schlepptau
hat.
Ihren
Namen
weiß
ich
nicht
mehr,
sie
ist
aber
mit
Klaus
Renft
verwand.
Tochter
oder
Nichte,
keine
Ahnung!
Ich
weiß
nicht,
wie
spät
es
inzwischen
geworden
ist,
ich
weiß
in
diesem
Moment
nur,
dass
ich
dabei
bin,
mittendrin,
als
mir
ihre
Worte
unter
die
(Gänse)Haut
dringen.
Aus
ganz
frühen
Zeiten
dringt
danach
ein
Instrumental
an
mein
Ohr,
eines
aus
der
Mottenliste
–
„Quartermaster
Store“
(1969)
von
den
Shadows.
Die
Show,
die
keine
sein
wird,
beginnt und ganz vorsichtig nimmt mein Körper die unsichtbaren Schwingungen der Musik auf.
Ich
genieße
es,
in
dritter
oder
vierter
Reihe
stehend,
die
geballte
Ladung
ehemaliger
DDR-Größen
der
Sparte
Rockmusik
vor
mir
auf
der
Bühne
zu
erleben.
Die
Herren
der
Renft
Combo
und
die
der
Spieler
von
Cäsar
lassen
es
gleich
zu
Beginn
krachen.
Dass
daraus
satte
drei
Stunden
werden,
ahne
ich
noch
nicht.
Als
Gäste
hat
man
sich
Christiane
Ufholz
und
Hans-
Jürgen
Beyer,
in
Streifenanzug
und
gefönter
Haarpracht,
auf
die
Bühne
geholt.
Letzterer
glänzt
mit
dem
Kracher
„Keep
On
Running“
der
Spencer
Davis
Group,
während
die
Ufholz
wie
in
alten
Zeiten
„Me
And
Bobby
McGee“
von
Janis
Joplin
ins
Mikro
röhrt.
Monster
erinnert
sich
singend
an
den
„White
Room“
von
Cream
und
Cäsar
intoniert
den
Clapton
mit
einem
Solo
dazu.
Natürlich
müht
sich
Monster
mit
„Child
In
Time“
und
muss
immer
noch
die
paar
Worte
vom
Blatt
absingen.
Egal, es ist das Gefühl, was in diesen Minuten zählt und nichts sonst.
Doch
die
eigentlichen
Melodien
sind
die
aus
den
besten
Zeiten
der
Klaus
Renft
Combo.
Endlich
einmal
wieder
höre
ich
„Nach
der
Schlacht“
und
„Zwischen
Liebe
und
Zorn“
live
und
von
den
Originalstimmen
gesungen.
Endlich
wieder
das
„Lied
auf
den
Weg“
und
das
unkaputtbare
„Gänselieschen“.
Endlich
darf
ich
wieder
erleben,
wie
Cäsar
die
„Lady
Jane“
besingt,
diesmal
allerdings
mit
Unterstützung
von
Heinz
Prüfer.
Jede
neue
Melodie
von
einst
scheint
die
vorherige
übertrumpfen
zu
wollen
und
dennoch
hören
wir
alles
wie
aus
einem
Guss.
Als
Hansi
Beyer
irgendwann
sogar
„Set
Me
Free“
aus
„Privilege“
intoniert
und
dabei
auf
die
Knie
sinkt,
bin
ich
den
Tränen
nah.
In
mir
wirbeln
die
Emotionen
irgendwo
zwischen
Trauer,
Euphorie
und
nach
Fassung
ringen.
Zum
ersten
Mal
erlebe
ich
„Wer
die
Rose
ehrt“
nicht
mit
einer
Orgel,
sondern
von
zwei
Violinen,
Jana
Mende
und
Till
Uhlmann,
gespielt
und
bin
wirklich
ehrlich
hingerissen.
Als
ganz
zum
Schluss
die
„Besinnung“
erklingt,
liegen
meine
Nerven
blank
und
mir
kullern
Tränen
über
die
Wangen.
Ich
bin
mit
meinen
57
Lenzen
emotional
nackt
wie
ein
Kleinkind
und
fühle
mich
in
dieser
Menschenmasse
emotional
schutzlos.
Zum
Glück
scheint
es
anderen
ebenso zu gehen.
Was
für
ein
großartiges
und
emotionales
Fest,
was
für
ein
wundervolles
Konzert
und
was
für
ein
ganz
und
gar
beschissener
Anlass,
dieser
„Tanz
auf
dem
Grab“,
der
mich
nach
Leipzig
in
den
Anker
gelockt
hat.
Ich
lasse
mich
mit
den
Massen
langsam
hinaus
in
diese
trübe
Novembernacht
treiben,
allerdings
nicht
ohne
noch
einmal
vorher
am
Stand
mit
den
Souvenirs
vorbeizuschauen.
Es
reicht
nur
zum
Sehen
und
nicht
zum
Kaufen.
Ich
komme
mit
den
beiden
am
Tisch
ins
Gespräch
und
nehme
die
Einladung
zu
einem
Weihnachtskonzert
mit
Cäsar
&
den
Spielern
im
Dezember
mit
nach
Hause.
Dass
dies
für
mich
ein
Beginn
und
kein
Abschied
sein
wird,
ahne
ich
nicht.
Auch
nicht,
dass
ich
durch
Tamara
und
Achim,
die
beiden
am
Stand,
im
Cäsarfanclub
„Weggefährten“
landen
und
Cäsar
noch
ein
Stück
seines
Weges
begleiten
werde,
ist
eine
dieser
glücklichen
Fügungen.
Zehn
Jahre
später
und
im
Rückblick
kann
ich
nur
noch
staunen
und
mich
wundern,
was
sich
aus
diesem
einen
Abend
alles
ergeben
hat.
Auf
dieses
„Tanz
auf
meinem
Grab“,
auf
„Semper
Fidelis“
oder
auf
„Danke
Franz“
und
ähnliche
Veranstaltungen
in
den
vergangenen
zehn
Jahren
hätte
ich
dennoch,
so
früh
in
deren
und
meinem
Leben, liebend gern verzichtet. Das Erinnern daran ist mir genau deshalb so wichtig.