REFORM – die drei Alben auf Doppel-CD
09.03.2021
CD 1:
Drachentöter/Ich suche Dich/Feuerball/Wie im Film/He, Schwester küss mich/
Dicke Bohnen/Der Tod und das Mädchen/Das hab ich so nicht gern/
Der Löwenzahn/Über uns/Wenn die Blätter fallen/Stadtgesicht/Schöner Traum/Wie ein Baum
CD 2:
Wie ein Baum/Uhren ohne Zeiger/Hoppe Reiter/Was ich liebe/
Schlaf mein Sohn/Das Tier in mir/Strandgut/Tänzer/ Stehaufmännchen/Atemlos/
Soldat vom Don;
Bonus:
Mein Freund/Hau ab/Tätowierte Herzen/ Der Fluss /
Planetenblues (live, Bearbeitung „Joybringer“, Manfred Mann)
Von Magdeburg aus drang 1975 ein Ruf in die begrenzte DDR:
Wir setzen eine neue Norm – Reform!
Diesen
Anspruch
hatte
sich
Jörg
„Matze“
Blankenburg
auf
seine
Gitarre
geschrieben.
Nach
der
1975er
Tour
des
Projektes
FUSION
–
Klosterbrüder
&
Stern
Combo
Meissen
gemeinsam
auf
einer
Bühne
–
stieg
der
Gitarrist
bei
den
Klosterbrüdern
aus.
Ebenso
ging
es
Werner
Kunze,
der
nach
der
Ausrichtung
der
Stern
Combo
Meissen
auf
die
Tasten
quasi
„übrig
blieb“.
Die
Zwillings-Gitarren
der
DDR
waren
geboren.
Mit
Peter
Piele
an
den
Drums
plus
„Bass-Bomber“
Mike
Demnitz
als
Rhythmus-Gruppe
und
Sänger
Frank
Schönfeld
war
Reform,
deren
Namensgebung
ein
Kompliment
an
den
neuen
Magdeburger
Stadtteil
Reform
war,
komplett.
Die
Band
besetzte
eine
kleine
Nische
irgendwo
zwischen
wuchtigem
Art-Rock
und
filigraner
Rock-Lyrik.
Sie
wirkten
kunstvoll,
hitzig,
verspielt
und
sehr
leidenschaftlich
und
schafften
es,
die
verschiedenen
Spielweisen
miteinander
zu
einer
kompakten
Soundmelange
zu
verschmelzen.
Das
gelang
vor
allem,
als
der
charismatische
Sänger
und
Komponist
Stephan
Trepte,
von
Lift
und
Electra
kommend,
1977
dazu
stieß
und
zunehmend
das
Klangbild
mit
seiner
stimmlichen
Präsenz
und
der
fein
gesponnenen
Lyrik,
die
ihm
meist
Ingeborg Branoner schrieb, prägte. Davon zeugen die drei bei Amiga veröffentlichten Langspielplatten.
Mit
Trepte
hatte
REFORM
einen
der
expressivsten
Rock-Shouter
des
Landes
am
Mikrofon,
der
noch
dazu
jenen
Drang
mitbrachte,
seine
Grenzen
ständig
neu
auszuloten.
Stephan
Trepte
wurde
das
optische
Aushängeschild
und
die
von
den
Fans
ersehnte
Verkörperung
des
Rock’n’Roll
als
Identifikationsfigur.
Entsprechend
stürmisch,
brachial
und
überzeugend
konnte
die
Band
live
wirken
und
genau
so
erlebte
ich
Reform
im
Mai
1978
auf
meiner
Konzertbühne
und
bewahre
die
Erinnerung
daran
bis
heute
in
mir
auf.
In
diesem
Stadium
strömten
immer
mehr
Fans
zu
Reform-Konzerten.
Das
blieb
natürlich
auch
den
Medien
nicht
verborgen.
Als
logische
Folge
erschien
1978
bei
Amiga
eine
erste
Single
mit
„Ich
suche
dich
/
Mein
Freund“,
quasi
als
Vorbote
der
ersten
Langspielplatte
„Reform“
(1979).
Auf
dieser
„Lieder-Sammlung“
waren
neben
der
o.g.
Single-A-Seite
„Ich
suche
Dich“
auch
das
zehnminütige
Kunze-Meisterwerk
„Feuerball“,
sowie
die
beiden
populärsten Hits dieser ersten LP „He Schwester küss mich“ und „Dicke Bohnen“.
Bei
Konzerten
erlebte
man
den
stets
beeindruckenden
Stephan
Trepte,
der
mit
seinen
Balladen
jeden
mit
auf
eine
Reise
der
Emotionen
nahm
und
mit
„He
Schwester
küss
mich“
das
pure
Verlangen
aus
sich
heraus
stieß,
wenn
er
„gut,
gut,
gut“
intonierte
und
mit
dem
Mikrofonständer
so
agierte,
dass
deutlich
zu
sehen
war,
wie
seine
Interpretation
gemeint
ist.
Die
beiden
Gitarristen
nahmen
dieses
Spiel
auf
und
führten
es
solistisch
weiter,
um
letztlich
in
furiosen
parallelen
Saitenläufen
einen
exzellenten
Höhepunkt
zu
setzen.
Niemals
wieder
habe
ich
zwei
deutsche
Gitarren
so
harmonisch
und
aus
einem
Guss
schwierige
Passagen,
miteinander
oder
gegenläufig
spielend,
live
erlebt.
Dieses
Duo
war
seinem
internationalen
Vorbild
Wishbone
Ash
ebenbürtig
und
Mike
Demnitz
am
Bass
konnte
sein
Instrument
regelrecht
traktieren,
ehe
er
sich
in
eines
seiner
legendären
Soli
hinein
steigerte,
bei
denen
zumeist
ein
Bierglas
„geopfert“
wurde.
Die Band war ein Live-Erlebnis besonderer Art.
Reform
tourte
ständig
kreuz
und
quer
durch
die
Republik
und
im
(sozialistischen)
Ausland.
Die
Musiker
arbeiteten
weiter
an
neuen
Liedern,
die
meist
aus
der
Feder
von
Stephan
Trepte
kamen.
Die
Lyrikerin
Ingeburg
Branoner
schuf
adäquate
Texte
für
diese
Ideen,
in
denen
sie
kleine
Alltagsgeschichten
oder
soziale
Reibungen
spiegelte.
Diese
effektive
Zusammenarbeit
hielt
über
alle
Jahre
des
Bestehens
der
Band.
Im
Jahre
1981
erschien
die
Single
„Der
Löwenzahn
/
Schöner
Traum“
als
Vorgeschmack
auf
das
zweite
Album
„Der
Löwenzahn“,
das
Reform
1982
vorlegte.
Inzwischen
hatten
Werner
Kunze
und
auch
Peter
Piele
Reform
in
Richtung
Ute
Freudenberg
verlassen
und
Günter
„Grete“
Fischer
(git)
und
Peter
„Beppo“
Förster
(dr)
sowie
Hans
„Die
Geige“
Wintoch
ergänzten
die
Band
mit
neuen
Klangfarben.
Der
Sound
war
noch
immer
dicht
gewebt,
die
Kompositionen
anspruchvoll
und
die
Texte
von
„Der
Löwenzahn“
über
„Wenn
die
Blätter
fallen
…“
und
„Schöner
Traum“
„formulierten“
die
Sehnsüchte
und
Erwartungen
der
Fans.
Die
strömten
weiter
in
die
Konzerte,
wo
sie
Reform
in
allerbeste
Spiellaune
mit
dem
immer
wieder
überragendem
Frontmann
Trepte
erlebten,
der
mit
„Hans
die
Geige“
einen
nicht
minder
expressiven
Rocker
mit
seiner
Violine
an
der
Seite
hatte.
Reform
war
dort
angekommen,
wo
sie
alle
in
der
DDR
sein
wollten
–
an
der
Spitze,
in
den
Medien
und
vor
allem
bei
der
immer
größer werdenden Fanschar.
Nach
der
zweiten
Langspielplatte
veränderte
sich
die
Besetzung
der
Band
erneut
gravierend.
Wintoch
startete
eine
Solo-Karriere,
Marcus
Schloussen
übernahm
den
Bass,
Thomas
Kolbe
die
Tasten
und
Christian
Jähnig
das
Schlagzeug.
So
aufgestellt,
rockte
die
Band
weiter
über
die
Bühnen
des
kleinen
Landes
und
spielte
1985
ihr
drittes
Album
„Uhren
ohne
Zeiger“
mit
einigen
Gästen
ein.
Darauf
sind
sehr
persönliche
Momentaufnahmen
des
Sängers
Trepte
eingefangen,
die
in
der
kongenialen
Partnerschaft
zwischen
Trepte
und
seiner
Texterin
Ingeburg
Branoner
ihre
Basis
haben.
Der
Sound
der
Lieder
ist,
dem
poppigen
Zeitgeist
der
1980er
Jahre
entsprechend,
mehr
rhythmisch
akzentuiert
und
tanzbarer
gestaltet,
wie
man
bei
„Hoppe
Reiter“
oder
beim
„Tänzer“
gut
nachvollziehen
kann.
Auf
der
LP
findet
sich
auch
eine
Live-Aufnahme
von
„Mein
Herz
soll
ein
Wasser
sein“
–
der
Song,
den
Stephan
als
eines
seiner
Lieblingslieder
von
Lift
mitbrachte.
Nach
wie
vor
leben
all
die
Aufnahmen
von
der
vokalen
Gestaltungskraft
eines
Stephan
Trepte.
Mit
dieser
dritten
Platte
schien
allerdings
das
Potential
weitgehend
ausgereizt.
Matze
Blankenburg
verließ
die
von
ihm
gegründete
Band
wegen
zunehmender
Hörprobleme.
Mit
Michael
Lehrmann
an
der
Gitarre
sowie
Reinhard
Repke
am
Bass versuchte man 1986 das Projekt am Leben zu erhalten, löste es aber kurze Zeit später doch auf.
Nach
drei
Langspielplatten
mit
einem
Dutzend
brillanter
Songs,
die
zu
zeitlosen
Klassikern
avancierten,
und
ungezählten
Konzerten
in
rund
zehn
Jahren,
verabschiedete
sich
Reform
in
die
Geschichtsbücher
des
Rock
„Made
In
GDR“.
Alle
drei
Scheiben
präsentieren
unterschiedliche
Kompositionen,
sind
dennoch
vom
typischen
Soundbild
der
Band
und
der
prägnant
einzigartigen
Gestaltungskraft
des
Frontmannes
Stephan
Trepte,
im
Verbund
mit
dem
grandiosem
Saitenspiel
der
Zwillingsgitarren
von
Matze
Blankenburg,
Werner
Kunze
und
Günter
Fischer
geprägt.
In
der
Besetzung
Blankenburg,
Kunze,
Trepte,
Piele
und
Demnitz
repräsentierte
Reform
für
einige
Zeit
das
Maximum
des
Möglichen.
Stephan
selbst
verstand
Reform
immer
als
seine
Heimat
und
genau
so
brachte
er
sich
ein.
Auf
den
Bühnen
blühte
er
auf,
er
wirkte
ungemein
explosiv,
wild,
lasziv
und
für
die
weiblichen
Fans
sicher
auch
sexy.
Wie
so
manche
andere
Ikone
jener
Tage
lebte
er
all
das
auch
aus.
Er
war
einer
der
wenigen,
die
es
verstanden,
eigene
Emotionen
und
Befindlichkeiten
in
die
Sprache
aller
zu
übersetzen
und
sowohl
sicht-
als
auch
hörbar
Reform-Songs
lebendig
werden
zu
lassen.
Von
all
dem
kann man sich hier noch einmal überzeugen.
Ergänzt
werden
die
3
LPs
durch
teils
unveröffentlichte
Bonustracks
sowie
ein
Instrumentalstück
mit
dem
wunderbaren
Solo
von
„Hans
die
Geige“
und
einer
Aufnahme
des
nur
live
aufgeführten
Originals
von
„Vision
der
Fluss“
mit
dem
ursprünglichen,
aber
damals
verbotenen
Text.
Der
Hörer
sollte
sich
die
Zeit
nehmen
und,
je
nach
Lebensalter
und
Erfahrung,
dem
Klang
und
den
Botschaften
jener
Jahre
nachlauschen
oder
sie
neu
entdecken
und
entspannt
mit
heutigen
Klangbildern
abgleichen.
Man
wird
so
oder
so
überrascht
sein
oder
sich
erinnern,
wenn
man,
so
wie
ich,
mittendrin
und
dabei
gewesen
ist
-
als
ehemaliger
Veranstalter
von
Rockkonzerten
und
heute
immer
noch
als
begeisterter „Rockrentner“.
DANKE
Matze
Blankenburg
für
Dein
Vertrauen
und
vielen
Dank
Jörg
Stempel
für
die
Chance,
meine
Gedanken
in
das
Booklet schreiben zu dürfen.