Die Randgruppencombo 2016 - live im Werk 2, Leipzig
27.12.2016
…. und „immer wieder wächst das Gras“
Ein
verrücktes
Jahr
geht
zu
Ende.
Ein
Jahr,
voll
mit
schlimmen,
gar
schockierenden
Nachrichten.
Ein
Jahr,
in
dem
der
Imperialismus
seine
hässliche
Fratze
offen
zeigte
und
die
Herrschenden
sich
wie
im
Tollhaus
gebärdeten
und
die
Demokratie,
von
der
sie
sprechen,
ad
absurdum
führten.
Aber
auch
ein
Jahr
mit
vielen
tollen
Erlebnissen,
beeindruckenden
Momenten
und
neuen
Freundschaften.
Ein
Jahr,
das
mich
in
der
neuen
Heimat
noch
einmal
zum
Großvater
machte
und
so
der
Hoffnung
den
Vorrang
gibt.
Hoffnung
möchte
ich
mir
auch
bei
Musik
von
Gerhard
Gundermann
holen.
Deshalb
fahre
ich
nach
Leipzig,
wo
die
Randgruppencombo,
diese
exzellente
Truppe
aus
Tübingen,
zum
Jahresausklang
seine
Lieder
spielen
und
singen
wird.
Raus
aus
dem
Grau
der
letzten
Tage
und
einen
erlebnisreichen
Abend
an
das
Ende
dieses
verrückten
Jahres setzen.
Wo
ein
Jahrhundert
lang
in
Connewitz
Gasmessgeräte
gefertigt
wurden
und
später
zu
DDR-Zeiten
der
VEB
Werkstoffprüfmaschinen
produzierte,
haben
heute
hier
vielfältige
kulturelle
Angebote
eine
Heimat
und
eine
Bühne
gefunden.
Die
alten
Mauern
könnten
sicher
eine
Menge
erzählen
und
der
alte
Kran
im
Werk
zwei
hat
aus
seiner
Perspektive
sicher
auch
vieles
gesehen.
Doch
nun
ruht
er
bewegungslos
auf
seinen
Schienen
unter
dem
Dach.
Aus
seiner
Kabine
hätte
man
sicher
den
besten
Blick
auf
die
Bühne
und
das
Geschehen
darauf.
Ich
stehe
in
der
ersten
Reihe
und
freue
mich
auf
die
kommenden Stunden bis Mitternacht. Endlich wieder und noch einmal ein Konzert der RANDGRUPPENCOMBO.
Was
immer
zum
Jahresende
in
Leipzig
und
Berlin
abgeht
und
die
Gundi-Fans
mobilisiert,
ist
im
Osten
inzwischen
Kult.
Selbst
in
seinen
kühnsten
Träumen
hätte
HEINER
KONDSCHAK
nicht
daran
gedacht,
mit
zehn
Musikanten
plus
fast
vierzig
Instrumenten
die
Lieder
von
Gundi
zum
Klingen
zu
bringen,
Jahr
für
Jahr,
so
wie
das
Gras
immer
wieder
wächst.
Wer
das
schon
einmal
erlebt
hat,
der
weiß,
dass
die
Truppe
sich
und
ihr
Publikum
in
einen
wahren
Rausch
spielen
und
singen
kann.
So
viel
Enthusiasmus
auf
der
Bühne,
gepaart
mit
den
folkig
rockenden
Liedern
voller
stiller
Melancholie
und
einem
Schuss
frecher
Selbstironie,
in
der
man
sich
selbst
emotional
austoben
kann,
das
erlebt
man
wirklich
nur
sehr
selten.
Ein
Mal
dabei
sein,
das
reicht
einem
nicht.
Ich
bin
jetzt
zum
dritten
Mal
hier,
den
Abend
in
der
Columbiahalle
nicht
mitgezählt.
Jedes
Mal
ist
ein
besonderes
Gefühl
und
jedes
Mal
entdecke
ich
etwas
neu
oder
anders
und
sei
es
der
Spielzeugbagger
en
miniature
am Bühnenrand. Ein Fingerzeig auf den Baggerfahrer-Singer.
Kurz
nach
20.00
Uhr
erklingt
die
Melodieschleife
von
„Gras“.
Aus
dem
Stand
ist
die
Halle
ein
einziger
Schrei
und
von
Jubeln
und
Pfiffen
begleitet,
betreten
die
zehn
Musiker
ihre
Bühne
im
Leipziger
Süden.
Da
sind
sie
wieder,
leicht
verändert
zwar,
aber
die
meisten
der
Gesichter,
die
schon
2007
bei
meinem
Debut
dabei
waren,
erkenne
ich
wieder.
Es
ist,
als
würde
man
nach
langer
Pause
wieder
gute
Freunde
treffen,
um
Zeit
mit
ihnen
zu
verbringen.
Eins,
zwei
drei
–
und
schon
startet
der
„Zweibeste
Sommer“
das
Konzert.
Weitere
dreißig
werden
folgen
und
nur
ganz
selten
hört
die
Menge
andächtig
schweigend
zu.
Die
meisten
der
Melodien
werden,
je
nach
Stimmungslage,
leise
oder
lauthals
mitgesungen.
Es
ist,
als
wäre
der
Katalog
des
Gundermann
für
ganze
Jahrgänge
Pflichtlektüre
in
der
Schule
gewesen,
dem
„Heideröslein“
oder
dem
„Brunnen
vor
dem
Tore“
vergleichbar
tief
im
Bewusstsein
verankert.
Da
stehe
ich
mit
meinen
sechs
Jahrzehnten
plus
X
unter
Freunden,
habe
Gänsehaut
und
Kloß
im
Hals,
als
wäre
dies
hier
mein
erstes
Rendezvous.
Dabei
bin
ich
„nur“
innerlich
total
aufgelöst
und
ergriffen,
weil
diese
Lieder
auch
Teil
meines
eigenen
Lebens
im
Sand
der
Lausitz,
mit
den
Schornsteinen
am
Horizont
und dem Ruß auf dem Fensterbrett (bei Ostwind) sind.
Auf
der
Bühne
rockt
eine
Big
Band,
die
ihren
Sound,
ganz
dem
Charakter
der
Songs
folgend,
wechselt.
Von
filigran
leise
und
solistisch,
wie
etwa
bei
„Europa“,
bis
hin
zu
der
Wucht
eines
fetten
Bläsersatzes,
wie
man
ihn
seit
Blood,
Sweat
&
Tears
nur
noch
selten
zu
hören
bekommt.
Wie
Gundi
auch,
agiert
die
Combo
wie
ein
musikalisches
Chamäleon.
HEINER
KONDSCHAK,
der
Mann
hinter
dem
Projekt
und
der
am
Mikrofon,
wuchert
mit
seinen
Ideen
wie
Gundermann,
um
vielen
seiner
Lieder
ein
zweites
Gewand
überzustreifen.
Bei
„Wenigstens
bis
morgen“
taucht
ein
Banjo
auf
und
beim
„Hochzeitslied“
donnern
gleichzeitig
fünf
Bläser
fette
Riffs
ins
Publikum.
Das
zarte
„Herzblatt“
tanzt
fröhlich
mit
einer
Mandoline
und
„Brunhilde“
schließlich
weitet
sich
zu
einem
grandiosen
Chorgesang
in
der
ganzen
Halle
aus.
Was
für
schöne
emotionale
Momente,
die
immer
wieder
Erinnerungen
in
mir
wecken.
Eine
solche
ist
„Und
musst
du
weinen“,
denn
damals
wohnte
ein
Ehepaar
im
Haus,
die
beide
zur
Schicht
in
die
Kokerei
von
Lauchhammer
fuhren.
Die
hatten
beide
harte
Hände,
beide
ein
hartes
Herz
und
sie
starb
viel
zu
früh.
Gundermann
erlebte
das
hautnah
auch,
ebenso
wie
die
Details
am
Rande
der
„Straße
nach
Norden“.
Das
und
noch
viel
mehr
zieht
in
diesen
Minuten
an
mir
vorüber,
aber
zum
Glück
gibt
es
ja
das
„Gras“,
das
immer
wieder darüber wächst. Da bin ich eine Stimme im großen Chor der Gundermänner und Gundifrauen.
Es
gibt
an
diesem
Abend
viele
der
Hymnen
zum
Mitsingen
und
eine
feine
Auswahl
der
leisen
Lieder
zum
andächtig
Lauschen.
Das
seltsame
„Vögelchen
(aus
teuren
schwarzen
Apparaten)“
ist
so
eines,
das
wir
flattern
lassen
und
an
diesem
Abend
zum
ersten
Mal
im
Programm,
schippert
die
„Schwarze
Galeere“
über
die
Bühnenwellen.
Sie
tanzt
auf
einem
fetten
knackigen
Bläsersound.
Was
für
ein
ruppig
schöner
Song!
Und
dann
gibt
es
ja
noch
„Ich
mache
meinen
Frieden“.
Die
Randgruppencombo
dehnt
ihn
und
der
Mann
mit
den
fetten
Saiten
knallt
ein
Solo
in
die
Halle,
das
der
alte
Kran
an
der
Decke
ins
Schwingen
gerät.
Tosender
Beifall
und
wenig
später
zeigt
eine
17-Jährige,
dass
Becken
und
Felle
bei
Gundermann
schon immer eine Sache der Frau war. Die Kleene ist echt der Hammer und bleibt cool dabei!
Für
mich
fühlt
sich
das
alles
wie
gesungene
Lebensweisheiten
an,
die
ich
quasi
selbst
gelebt
habe:
„Hier
bin
ich
geboren“,
„Alle
oder
keiner“,
„Keine
Zeit
mehr“,
„Einmal“
und
dann
dieses
umwerfende
Anawa-Cover
der
„Männern
und
Frauen“,
das
Marek
Grechuta
unsterblich
machte.
Auch
in
der
DDR
meiner
Generation:
„Wichtig
sind
Tage,
die
unbekannt
sind,
die
sind
wichtig“,
sang
er
damals
holprig
in
deutscher
Sprache.
Die
Gefühle
kann
wahrscheinlich
nur
nachvollziehen,
wer
den
einen,
Grechuta,
wie
den
anderen,
Gundermann,
kennt.
Da
war
die
Wahrnehmung
derer
im
Westen
wohl
viel
stärker
beschränkt,
als
wir
es
ungekehrt
für
uns
wahrgenommen
haben.
So
gesehen
ist
die
Combo
aus
dem
Schwäbischen
noch
immer
eine
der
seltenen Ausnahmen und nicht nur in Sachen Lebensweise und Kultur!
So
ein
Abend
mit
der
RANDGRUPPENCOMBO
ist
zu
Ende,
wenn
man
meint,
er
könne
jetzt
beginnen,
wenn
der
eigene
Körper
nach
drei
Stunden
nicht
Weigerung
signalisieren
würde.
Es
gibt
so
viele
der
Lieder,
die
heute
noch
nicht
gesungen
wurden.
Doch
die
Zugaben
sind,
nachdem
sich
zehn
Musiker
verbeugt
und
bedankt
haben,
schon
ausgesucht.
„Wenn
ich
wär’“,
„Leine
los“
und
„Fliegender
Fisch“,
das
Gundi
selbst
auch
am
Schluss
sang,
sind
ebenso
schön,
wie
„Nach
Hause“,
das
ich
gerne
noch
gehört
und
gesungen
hätte.
Ganz
zum
Schluss
erklingt
„Weisstunoch“
und
für
mich
denke
ich:
Ja,
ich
weiß
es
noch
und
ich
vergesse
nichts
davon.
Niemals!
Für
mich
ist
das
alles
mehr
als
„nur“
Lieder
und
Lieder
singen.
Es
ist
ein
Stück
von
mir,
ein
Stückchen
ICH.
Es
sind
Lieder
von
meinen
Sehnsüchten
und
Hoffnungen,
von
der
Liebe
und
dem
Schmerz,
von
unserer
Jugend
und
von
dem,
was
uns,
älter
geworden,
erwarten
könnte.
Für
mein
Gefühl
sind
diese
Lieder
kleine
Hilfestellungen
für
das
Leben,
für
jeden
neuen
Tag.
Das
macht
sie
unersetzlich,
einzigartig
und
unverwechselbar
sowieso,
weil
wir
sie
singen
und
weil
sie,
so
wie
es
aussieht,
auch
in
der
Zukunft
gesungen
werden,
so
wie
das
Gras
eben
auch
immer
wieder
und
immer
wieder
wächst.
Dagegen
ist
kein
Kraut
gewachsen
und
mit
dieser
Gewissheit
gleite
ich
glücklich
über
die
nächtlichen
Straßen
von
Leipzig
direkt
auf
die
Piste
zu,
wo
der
alte
Mann
vom
Straßendienst,
obwohl
nur
schlecht
bezahlt,
einen
weißen
Strich
über
das
Land
gemalt
hat.
Bis
zum
Harz,
wo
ich,
der
in
Leipzig
geborene
und
in
der
Lausitz Heimat gefunden, nun zu Hause bin.