Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Prinzip - Power-Rock & Bummi-Pop April 1977 Als Jürgen Matkowitz 1973 die Uve Schikora Combo verließ, um seine Band PRINZIP zu gründen, da schwebte dem leidenschaftlichen Gitarristen möglicherweise ein Sound zwischen Grand Funk Railroad und Manfred Mann’s Earthband vor. Knackige Gitarrenriffs, große dichte Soundgewebe über kraftvoll verspielten Rhythmen. Dazu eine Stimme, die charismatisch die Botschaften transportieren und den kompakten Sound überragen würde. Die neue Band, in deren Gründungsurkunde unter anderem auch die Namen des Sängers Emil Bogdanow und des Drummers Hermann Naehring standen, hielt nur kurz und ohne jemals ein größeres Publikum erreicht zu haben. Gemeinsam mit dem ehemaligen Schlagzeuger von Schikora, Rainer Miehatsch sowie dem Bassisten der kürzlich aufgelösten Bürkholz Formation, Frank Czerny, klappte der zweite Neustart aber aus dem Stand. In der ersten Zeit wurde die Band in den Wertungssendungen des DDR-Rundfunks sogar als Prinizp II anmoderiert. Daraus wurde dann relativ schnell PRINZIP. In jenen Zeiten vieler kunstvoller Studioproduktionen sowie immer aufwendiger werdender Live-Konzerte setzte PRINZIP aus Prinzip auf die schlichte Ur-Kraft des Rock’n’Roll in seiner härteren Gangart und traf damit den Nerv dankbarer Fans. Genau in jenen Tagen gelangte das Trio mit seinen beiden Rundfunkaufnahmen „Sieben Meter Seidenband“ und „Der große Star“ zu großer Anerkennung über die Grenzen von Berlin hinaus. Die Rundfunkaufnahme ihres Klassikers „Sieben Meter Seidenband“ bescherte der DDR-Rockwelt eine der ersten richtigen Heavy-Metal-Nummern. Der Song knallte und krachte, kam aber leider nur in einer weich gespülten Version auf die erste Langspielplatte „Feuerrock“ (1978). Das Original verschwand irgendwann in den Archiven. Ich hatte das Glück, die Ur-Version auf eine CD archiviert zu bekommen. Für die drei Musiker begann eine erfolgreiche Zeit und eine ziemlich lange und wechselvolle Band- Odyssee, in deren Lauf Musiker kamen und wieder gingen. Miehatsch verließ 1976 die Band und wurde durch Klaus Scharfschwerdt von VULCAN aus Berlin ersetzt. In der knackigen Trio-Besetzung Markowitz, Czerny & Scharfschwerdt hatte ich PRINZIP im April 1977 zu einem meiner ROCK-MIX - Konzerte in Elsterwerda auf „meiner“ Bühne im Gesellschaftshaus Elsterwerda. An jenem Abend im April gab es die volle Ladung Rock’n’Roll, straight und kraftvoll, von Gitarre, Bass und Drums auf die Ohren. Die klassische Rock-Trio-Besetzung eben. Matko’s Gitarre ließ die Luft im Gesellschaftshaus erzittern. Kraftvoll ruppige Riffs und knackige Soli waren die Markenzeichen des erfahrenen Musikers. Dem stand Frank „Earny“ Czerny am Bass sowie als Sänger in keiner Weise nach. Seine Stimme prägte die frühen Prinzip-Songs und sein Spiel mit den vier dicken Saiten konnte auch schon mal ekstatische Züge annehmen. Dann schnappte sich „Earny“ den Mikrofonständer und presste die Saiten vom Bass gegen das Metall, der wie die Zähne einer Feile darüber hinweg kratzte. Nie wieder danach, mit Ausnahme beim Solo von John „Thunderfinger“ Entwistle, hörte ich von einem Bass live derartige aggressive Töne und Geräusche, die einem krachendes Inferno gleich kamen. Der versierte Rocker verstand etwas von Posen und Show- Einlagen. Der kleine Mann im Hintergrund namens Klaus, trommelte scheinbar unaufgeregt, wie ein Uhrwerk aus Stahl, präzise und furztrocken. Das passte ins Konzept wie die Faust aufs Auge. Auf dem Höhepunkt seiner solistischen Einlage er hatte seine Sticks in eine Lotion getaucht wirbelten die Stöcke brennend und lodernd durch die Luft und dann auf die Felle, was in jenen Tagen wohl einmalig hierzulande war. Im Konzert waren die aktuellen Songs der Band zu hören: „Müh’ dich fort“, „Der große Star“ und der Knaller „Sieben Meter Seidenband“. Prinzip präsentierte eigene Versionen von „Born To Be Wild“ und „Magic Carped Ride“ von Steppenwolf, die Jürgen Matkowitz schon zu Renft-Zeiten aus den Saiten der Gitarre zupfte. Hinzu kamen Songs der Manfred Mann’s Earth Band sowie von Grand Funk Railroad. Es war der urbane Rock, der knapp zwei Stunden von der Bühne krachte. Laut, mitreißend und voller Energie. Dass hatte sich wohl auch bis zu den Puhdys herumgesprochen, denn schon ein reichliches Jahr später saß Klaus Scharfschwerdt bei diesem Orchester hinter der Schießbude. Nach dem Konzert im Gesellschaftshaus Elsterwerda stand für uns fest, dieses Trio wollen wir bald wieder auf der Bühne sehen. Vier Jahre später war es wieder Zeit dafür. Im November 1981, nun im größeren Saal vom Kulturhaus in Plessa, stand die Band wieder auf unserer Bühne. Hinter dem Schlagzeug saß nun der bekennende Stones-Fan Bernd Haucke und als Sängert hatte sich Matkowitz Herrn Ralf „Bummi“ Bursy auserkoren. Aus dem knackigen Trio, das einer härteren Spielweise zugetan war, hatte sich über die letzten Jahre eine Band formiertt, die letztlich mit dem Frontmann „Bummi“ den Spagat zum weichen Pop und zum kommerziellen Erfolg in der DDR schaffte. Noch ein Jahr später stand Prinzip dann ein letztes Mal auf unserer Bühne in Plessa. Neben Jürgen Matkowitz spielte Bodo Huth den Bass und „Bummi“ tänzelte im Overall, von ihm Ganzkörperkondom genannt und engen Leggins, über die Bühne und sang „Wir reiten mit dem Sturm“. Der weibliche Anteil im Publikum war aus dem Häuschen, mir als Veranstalter klang es wie der Abgesang auf eine erfolgreiche Rock-Band. In den zehn Jahren zwischen 1978 und 1988 wurden immerhin vier LP’s veröffentlicht, während „Bummi“ sich entschlossen hatte, eine Solo-Karriere zu wagen. Die letzten Töne bei Prinzip sang Michael Barakowski, bevor dann 1990 die Auflösung folgte und der Bandleader in anderen Inhalten, mit Laserstrahlen seiner Apollo Art“, eine neue schöpferische Herausforderung gefunden hatte. Das Trio-Konzert von 1977 aber hat sich, wegen seiner brachialen Urgewalt und schnörkellosen Show, in meine Festplatte eingebrannt. Als ich die Fotos von damals dem heutigen Puhdys-Drummer bei einem Fan-Treffen 2011 vor die Nase hielt, war der in seiner Begeisterung kaum zu bremsen. Schön, wenn man als „alter“ Fan auch noch „alte“ Hasen überraschen kann. Wir hatten eine verdammt geile Zeit, auch wenn das so mancher nicht mehr nachvollziehen kann. Die Wahrheit ist es trotzdem und keine Minute davon möchte ich missen P.S.: Das Leben geht manchmal eigenartige Wege: Im März 2008 saß ich in gemütlicher Runde bei den Omegafreunden in Berlin, als der Deutschland-Manager von OMEGA den Raum betrat Tibor Nagy. Genau jener Mann, der 1977 die Fäden für PRINZIP (später Silly und Jessica) in seinen Händen hielt und alles koordinierte. Man sieht sich eben doch mindestens zwei Mal im Leben (oder öfter). *DANKE Matko für die Erinnerungshilfe: Homepage Die aktuelle Autogrammkarte von Prinzip aus dem Jahre 1977.