Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Pond - Space Night live – vom Orbit ins Universum 14.10.2011 Wenn abends glutrot die Sonne hinter dem Horizont versinkt, die Nacht langsam das Zepter übernimmt und bei wolkenlosem Himmel eine sternenklar funkelnde Decke über uns ausbreitet, dann erwachen auch unsere Träume. Manchmal stehe ich dann im Garten und starre nach oben, wo sich das breite Band der Milchstraße über den Himmel zieht und weit dahinter, wohin kein menschliches Auge mehr blicken kann, sich das Unvorstellbare den Raum und die Zeit erobert hat. Dann möchte ich gern wissen, wie es dort aussieht, ob und wie es klingt oder wie die Frage aller Fragen, die wir uns alle heimlich stellen, zu beantworten sein könnte. Und weil wir es nicht wissen, noch nicht erfahren haben, macht sich jeder sein eigenes Bild und eine Vorstellung, wie es klingen mag und wie sie aussehen könnten. – Mitte der 1960er waren es vor allem zwei Songs, die dem „Space-Rock“ ein Klangbild gaben. „Interstellare Overdrive“ und „Astronomy Domine“ von Pink Floyd entwickelten Klangbilder, die von Reisen zu fernen Welten durch galaktische Räume zu künden schienen. Ob sie damit die Elektonic-Pioniere von TANGERINE DREAM beeinflusst oder inspiriert haben, weiß ich nicht. Als ich jedoch das erste Mal Musik aus deren Alben „Alpha Centauri“ (1971) und „Zeit“ (1972) hörte, war für mich der „Sound vom Kosmos“ neu definiert. Er kam von nun an elektronisch und mit sphärischen Geräuschen daher. Bei „Phaedra“ (1974) war ich mir beinahe sicher, dass E.T. ein paar Ideen beigesteuert haben könnte. Das war fast genau die Zeit, als der Berliner Drummer WOLFGANG „Paule“ FUCHS und der Keyboarder MANFRED HENNIG, heute bei City, gemeinsam mit FRANK GURSCH an der Hammond-Orgel die neue Gruppe POND gründeten. Zunächst ein Duo, musizierte das Trio im Stile von Hardin & York und mit ELP-Anleihen. Im Dezember 1978 gaben sie in dieser Besetzung eines ihrer ersten Konzerte bei ROCK-MIX, meinem Konzert-Baby, bei uns in Elsterwerda, im Gesellschaftshaus. Doch schon bald wurde aus der Mini-Band wieder ein Duo. Mit seinem neuen Partner Harald Wittkowski musizierte „Paule“POND von nun an ausschließlich elektronisch und spielte bei Amiga die LP „Planetenwind“ (1984) ein. Das Duo konnte ich für ein zweites Konzert bei ROCK-MIX gewinnen und 1986 erschien die zweite LP „Auf der Seidenstraße“. Seit jener Zeit steht der Name „Paule“POND“ für seltene elektronische Live-Musik hierzulande und für durchdacht arrangierte Album-Konzepte von „Maschinenmensch“ (1990), über „Space Walks“ (1993) bis hin zum Opus „Gemälde einer Vernissage“ (2009), das dem Werk des Malers Willi Sitte ein musikalisches Denkmal setzt. Seit jenen Tagen kennen wir uns auch persönlich. Nun ist gerade „Die Pond Space Night“ (2011) erschienen und „Paule“POND lud ein zu einer Live-Präsentation in Kombination mit einer ausgeklügelter Laser-Licht-Show in das Dresdener Theater „Wechselbad (der Gefühle)“. Über den Eingang in einer Seitenstraße kommt man durch ein weit verzweigtes Foyer bis zur eigentlichen Spielstätte, den großen Saal mit seinen 500 Sitzplätzen. Auf der Bühne im Schummerlicht ist etwas zu sehen, das von oben beinahe wie das Cockpit eines Jumbos anmutet, doch ehe ich recht darüber staunen kann, wird erst einmal der große Vorhang davor gezogen. So erblicken auch die ersten Gäste den Saal. Als sich kurz nach 20.°° Uhr der Vorhang, begleitet von Donnerschlägen und einer Mixtur fremd anmutender Akkorde, wieder öffnet, beginnt eine Klangreise der besonderen Art. Zwischen all den blinkenden Positionslichtern, Manualen und Mixern sitzt „Paule“Pond, der Akteur auf insgesamt 11 Manualen. Mit einem pulsierenden Rhythmus entfaltet sich eine Melodie, mit der wir allmählich entführt werden. „Year Twothousand“ beginnt mit einer eindruckvollen Demonstration der verschiedenen Klangmöglichkeiten. Tanzende Melodieschleifen spielen mit Synthie-Sequenzen und aus schwebenden Soundcollagen heraus werden immer wieder neue Impulse integriert. Der Soundtüftler und einfühlsame Electronic-Musiker erzeugt genau jene Klangwelten, deren Rhythmen die Körper in Schwingungen und die Füße zucken lassen, während die Ohren mit Melodiebögen, die durch den Saal schweben, gefüttert werden und die eigene Fantasie zum Mitspielen angeregt wird. Unterstützt von Farbspielen im Hintergrund der Bühne erleben wir die Entführung aus dem Alltag. Gemeinsam begeben wir uns auf eine „Galaxy Excursion“, gleiten auf sphärischen Wogen zum Mond mit seinen kalten Höhen und Tälern, in denen wir die ersten Mondfahrzeuge fahren sehen. Wir lassen den Erdtrabanten weit hinter uns, die Musik führt uns hinaus in unbekannte Dimensionen, in denen wir Sterne und Galaxien entdecken. Wir sehen die Bilder und hören den Kosmos dazu rauschen, summen, donnern und leise atmen, während über all dem der Musiker im Bühnendunkel ein Klavierstück klingen lässt. All das vermittelt uns dieser Mann, der unsere Gedanken mit seinen Klangzaubereien leitet, von „Cyclos“ zu „Moonlight“. Sitzt man nah genug vor der Bühne, kann man erleben, wie „Paule“ an den Knöpfen dreht, die Klangfarben ändert, zwischen den Reglern hin und her rollt und jedes Mal mit anderen Nuancen den Sound verändert, bis eine Gewebe entstanden ist, über dem er an den Tasten sitzend wunderschöne Melodienbögen spielt, die dann wieder ganz und gar irdisch melodiös erklingen. Dann meint man eine kleine Klaviersonate zwischen all dem synthetischen Zauber zu hören, die auch allein auf einem Flügel gespielt Bestand hätte. Ich lasse mich doch wieder zu „Space Walks“ verleiten, folge den Projektionen und Signalen, die zu glühenden Sonnen und galaktischen Nebeln führen. Immer wieder tauchen aus den warmen Klängen tuckernde Impulse und fremde Geräusche hervor. Inmitten dieser Musik mit den Bildern und Laserfingern vor den Augen lässt sich gut träumen, so als wäre man wirklich auf einem Spaziergang der Entdeckungen im Raum. Beeindruckend, wie das Farben- und Lichtspiel mit den Klängen wirkt, immer wieder neue Spielebenen aufgebaut werden. Zurück aus den Weiten der Galaxien endet die musikalische Reise im „Orbit“. Voll und schwer klingen jetzt die Akkorde, wuchtig stampfend der Groove darunter. Man spürt förmlich den Klangreichtum der „Space Night“ und sehen kann man im fackelnden Laserlicht die Bilder und bizarren Formen der Reise, die über den Köpfen entstehen. Mit dem „Planetenwind“, einer neuen kraftvollen Bearbeitung und weit ausufernden Variante des alten POND-Klassikers, die gespickt mit vielen neuen Ideen live daher kommt, sind wir beinahe wieder zurück, allerdings noch nicht am Ende. „Paule“POND fügt den Erlebnissen der „Space Night“ die Erinnerungen hinzu, dass die Erde, die schön und imposant im Kosmos schwebt, so einzigartig sie möglicherweise in der Unendlichkeit versteckt ist, auch ebenso zerbrechlich und filigran in ihrer Vielfalt uns Menschen übergeben ist. Wir Menschen sind es auch, die sie nutzen, um zu leben und die sie auch missbrauchen, um ihre Gier zu befriedigen und ihren Hass auf ihr austoben. Die musikalische Hommage an den 11. September 2001 hatte ich schon live in Halle erlebt. Die neue Version der „Twin Towers“, verbunden mit den mahnenden Bildern, hat mich nun beinahe noch mehr aufgerüttelt und berührt, zumal dieser alljährliche Nine/Eleven der Geburtstag meines Sohnes ist. Das anschließende Stück „Largo“ vertieft diese Eindrücke und Emotionen auf beeindruckende Weise und eigentlich vergesse ich, dass hier Electronic den Klang erzeugt. Mich berührt die Musik, die Idee dahinter und die Kreativität, die in ihr steckt. Das hat etwas von Einzigartigkeit und man spürt den Fundus an Erfahrung, der notwendig ist, um so etwas schaffen zu können. Ich bin begeistert von dem Wechselspiel der Möglichkeiten und den vielen kleinen reizvollen Ideen, die in den einzelnen Teilen der „Space Night“ stecken. Mich faszinieren die kreative Arbeit und die vielen liebevollen Details, die hinter all den Lichteffekten und Lasertänzen die verbindenden Elemente sind sowie die Homogenität, wie sie mit den Raumklängen und Musikstücken kombiniert sind. Die Zeit ist in all den digitalen und visuellen Eindrücken ist so schnell vergangen, das man keinen Gedanken daran verschwendet, dass dies alles über ein ganzes Jahr Vorbereitung brauchte, um live auf die Bühne gelangen zu können. Diesen Wolfgang „Paule“ Fuchs seit nunmehr über 30 Jahren zu kennen, seinen Weg zu verfolgen und die Arbeit zu schätzen, die diesen Weg möglich werden ließen, macht mich ein klein wenig stolz. Das auch deshalb, weil dieser Musiker noch immer der liebenswerte und bescheidene Kumpel geblieben ist, der Erreichtes gern mit anderen Menschen teilt und sei es nur alle paar Jahre. Es müsste halt nur mehr Chancen geben, öfter solche aufwendigen Events zu erleben und daraus Inspiration und Kraft für sich selbst gewinnen zu können. Dem „Paule“ wäre es zu wünschen, denen, die jetzt neugierig geworden sind auch und mir sowie, denn meine Lust zu träumen und die Neugier auf das Unbekannte galaktischer Räume und Klänge ist noch lange nicht gestillt. DANKE Paule und Gruß vom “Zwilling”!