Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
POND in Rock – 35 Jahre - live in Dresden 11.10.2013 Paule und Manne sind zwei Berliner Jungs und sie sind Freunde. Freunde machen alles gemeinsam, also auch Musik. Als WOLFGANG „Paule“ FUCHS die Band JOCO-DEV verlässt, trifft er als Drummer bei BABYLON auf den Keyboarder MANFRED „Manne“ HENNIG und gemeinsam reiten sie zum Sound der „Tshigiten-Legende“ über die Steppen und die Bühnenbretter der ganzen Republik. Dabei reifte bald der Wunsch, gemeinsam eigene Vorstellungen in die Tat umzusetzen und so wird im Jahr des Jahres 1978 das Projekt POND, zunächst als Duo, gestartet. Nach Beendigung seiner Armeezeit, kommt mit FRANK GURSCH ein zweiter Mann für die Tasten hinzu und dann ist POND komplett. Als Trio lerne ich die Musiker kennen und so rocken sie am Nikolaustag 1978 unsere kleine Bühne im Gesellschaftshaus Hoppenz in Elsterwerda und lassen die „Sturmglocke“ ertönen. Später fegte auch der „Planetenwind“ durch die Stuhlreihen. Das ist PAULE wieder im Duo, diesmal mit HARALD WITKOWSKI, denn Manne geht inzwischen „mit City und ohne Haare durch die 80er Jahre“. Drei Jahrzehnte später nennt mich PAULE seinen Zwilling und wir sind Freunde. Das ist jetzt 35 Jahre sowie insgesamt 13 POND-Alben her und da seit geraumer Zeit die Medien von Berichten über Bandjubiläen voll sind, fügen PAULE und MANNE, die beiden Berliner Jungs, nun das ihre mit POND hinzu. Sie begehen dieses Ereignis, wie sollte es auch anders sein, gemeinsam und auf der Bühne. Eine kleine CD „Planetenwind vs. Am Fenster“ gibt es als Beigabe hinzu. Das einmalige Crossover-Konzert von PAULE mit den Brandenburger Sinfonikern war mir leider nicht vergönnt, zu erleben, aber den Termin vor der Haustür in Dresden gemeinsam mit MANNE, den wollte ich auf gar keinen Fall verpassen. Als es im Theater Wechselbad an diesem Abend dunkel wird, stehen PAULE und MANNE gemeinsam vor ihrem Tastenarsenal, um die Besucher willkommen zu heißen und sie danach mitzunehmen, auf eine Reise von den frühen POND - Jahren bis hin zu aktuellen Soundbildern unserer Gegenwart. In den Bühnenhintergrund ist die erste Autogrammkarte projektiert und zum Vergleich ein Foto aus der aktuellen Single daneben. Ich lege für mich fest: Bis auf einige Kleinigkeiten, kaum Veränderungen entdecken zu können. Dann nehmen mich die überarbeiteten Klänge von „Baumgeflüster“ aus der Anfangszeit gefangen. Die Zeitreise kann beginnen. Hätte es zu DDR-Zeiten eine erste Platte als Trio gegeben, würde sie wahrscheinlich „Sturmglocke“ heißen und auf dem Cover wäre die extra dafür gefertigte Glocke, vielleicht in einem Baum hängend, zu sehen. Der Sound der „Sturmglocke“, damals noch mit Schlagzeug und dem besonderen Klang einer Hammond-Orgel erzeugt, wäre es wert gewesen, verewigt zu werden. Doch auch heute ist es noch immer faszinierend, sich dem stampfenden Groove hinzugeben, die Gedanken weit schweifen zu lassen und sich dann dem „Tritonus“ zu widmen. Ich sitze im Polster, habe die Augen geschlossen und stelle mir zu den bekannten Klangbildern der Triologie vor, gerade die erste Seite jener fiktiven LP zu hören. Während ich gedanklich die Platte wende, um die zweite Seite aufzulegen, plaudern Paule und Manne aus jenen frühen Jahren, in denen viele Bands nach Perfektion durch Art-Rock strebten. Auch POND erlag der Faszination, sich die Noten der Klassiker hinzulegen, sie zu bearbeiten und auf diese Weise neue Arrangements von den „Bildern einer Ausstellung“ nach den Noten von Mussorgski entstehen zu lassen. Die sehen wir im Hintergrund und live gelangen wir von der „Promenade“ zum „Gnomus“ und zum „Old Castle“. Die Gedanken lassen, angeregt von den schwebenden Klängen, Bilder in den Köpfen entstehen. Es ist wieder eine wunderbare Erfahrung, der eigenen Fantasie die Zügel locker zu lassen und ihr gleichsam hinterher zu träumen. Was hätte das für eine wunderschöne zweite Plattenseite, was für ein berauschendes Vinyl werden können! Ein wenig traurig bin ich schon, dass diese Chance damals verschenkt wurde, aber glücklich auch, den Soundgemälden von POND noch einmal live folgen zu dürfen. Der nächste Zeitsprung ist ein gewaltiger. Von der Hammond, wie sie auch Keith Emerson bei Nice und ELP spielte, ist es ein Riesenschritt hin zur rein digitalen Klangerzeugung. Wir begeben uns auf die „Galactic Excursion“ durch die „Space Night“ (2011). Wir steigen klangvoll hinauf in den „Orbit“, sehen Sterne ziehen und hören das Rauschen und Zirpen des leeren Raumes, in den uns die Musik jetzt führt. Spätestens seit den Klängen der „Phaedra“, von Tangerine Dream geschaffen, symbolisiert diese Musik für mich die Fantasie von Raum, Zeit und fremden Welten. Ich kann es einfach nicht verhindern, dass mich meine Fantasie, unterstützt und getrieben von den Soundkaskaden und dem Klangzauber von POND, über diese Grenzen weit hinaus zu führen versucht. Diesen Eindruck noch zu verstärken, tasten sich jetzt lange bunte Laserfinger durch den Raum, malen Figuren und spielen mit ihnen, lassen sie im Wabbern und Schwingen der Klänge tanzen. Ich wiederum lasse mich tief in die Polster sinken und staune genießend vor mich hin. Fantastisch und fantasievoll zugleich. Der Farben- und Sphärenzauber ist verklungen. Ich finde mich jetzt weit vorn sitzend wieder, um aus der Nähe zu erleben, wie Paule sich noch einmal seiner Leidenschaft des Trommelns, wenn auch ohne Schlagzeug, hingibt. Ich weiß nicht, wie das Ding heißt, aus dem er mit Fingerspitzen und Handballen Grooves, Waves und Rhythmen lockt, um den „Jumbo“ entstehen zu lassen. Die beiden fesseln mich mit den orientalisch anmutenden Klängen und als dann Manne auch noch mit einem Akkordeon zu hantieren beginnt, ist der Rausch für diese Sinne perfekt. Erst bei „Biko“, nach einem Gemälde von WILLI SITTE aus „Gemälde einer Vernissage“ (2009), schweben und perlen die Klänge wieder ruhiger im Raum, um dann doch wieder heftig zu pulsieren, wenn „Kathrin trommelt“. Wieder tanzen die Laser ihren wilden Farbenreigen in den Raum, lassen diese eigenartige Kombination von Musik und Fantasie entstehen, die ich bei POND so sehr mag. Auch, weil so etwas viel zu selten zu erleben ist. Wir sind wieder in der Gegenwart angelangt. Paule und Manne haben sich für dieses Jubiläum ihre jeweils wohl erfolgreichsten Band-Hits vorgenommen, sie noch einmal bearbeitet und sie miteinander neu verwoben. „Planetenwind“ (1984) und „Am Fenster“ (1978) werden zu einer neuen Komposition, die vom Wechselspiel der beiden markanten Themen, von Verfremdungen und den überraschenden Effekten mit Hilfe der Electronics lebt. Da sitze ich wieder und freue mich, was die beiden mit viel Lust und Freude ihren Tasten entlocken. Der Spaß am gemeinsamen Musizieren, sich endlich mal wieder die Bälle zuzuwerfen, ist jedem in sein Gesicht geschrieben. Und dann lächelt der MANNE von City still in sich hinein, als er extra für diese drei Konzerte das schöne „Casablanca“ in das POND - Universum transformieren kann. Überraschung gelungen, denn diese Nummer von CITY ist auf der Single-CD von POND nicht zu finden. Das alles kulminiert, ergänzt von einem wahren Laserfeuerwerk der Farben, mit dem nun auch schon wieder 23-jährigen „Maschinenmensch“ (1990) und dem Opus „Im Namen Gottes“ nach WILLI SITTE. Ein wirklich fulminanter Schlusspunkt eines, im wahrsten Sinne des Wortes, einzigartigen Konzertes. Noch einmal bäumen sich die Soundkaskaden auf, verschrauben sich mit den Laserspielen, und noch einmal werden Fantasien und Emotionen bewegt. Schöneres kann man guter Musik nicht nachsagen und besseres kann einem Konzertbesucher nicht geschehen, als voll mit Eindrücken und Erfahrungen ein Event zu verlassen. Als Zugabe gibt es ein Dankeschön der beiden Musiker an ihre Crew, ohne deren unsichtbare Hilfe diese zwei Stunden nicht möglich wären, und natürlich Musik, mit den fernöstlichen Klängen von der „Seidenstraße“ (1986). Damit haben PAULE und MANNE zwar noch lange nicht ihr eigenes Universum durchschritten, aber doch ein sehr breites Spektrum daraus vor uns, sowohl klanglich als auch optisch, ausgebreitet. Ein beeindruckendes Zeugnis aus 35 Jahren ideenreichen Schaffens, in denen Paule mit seinen jeweiligen Partnern auch immer nach neuen Inhalten suchte, reizvolle Formen erfand und die Grenzen der Ausdrucksmöglichkeiten Stück für Stück erweitern konnte. Umgangssprachlich sagt man Kunst dazu und an diesem Abend hatten wir die Chance, uns wieder einmal auf ganz unterschiedliche Dimensionen und Nuancen von Kunst einzulassen. Wir erlebten zwei Berliner Jungs, zwei ehrliche und freundliche Künstler, und für „POND in ROCK“ auch wieder einmal beide als Paar. Hätte ich in diesem Zusammenhang einen Wunsch frei, dann den nach noch vielen interessanten Projekten von POND sowie die dazu gehörigen Abende wie diesen, mit meinem Zwilling PaulePOND. Alles Gute, Paule und Manne, sowie ein herzliches „Avanti PONDolo“!