Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Vinyl-Alben aus den ehemaligen „Bruderstaaten“, die heute kaum noch jemand kennt, die uns aber Großes hinterlassen haben und zu meinen persönlichen Favoriten gehören: Ich zeige und beschreibe hier Vinyl-Alben aus meiner ganz persönlichen Sicht. Es sind Rock- und Pop-Alben, die meine Hörgewohnheiten ebenso beeinflusst haben, wie die der internationalen großen (und kleinen) Stars. Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, das mir die Chance gab, den Künstlern hinter und denen vor dem „Eisernen Vorhang“ zu folgen, wenn mir deren Musik gefiel. Das habe ich (fast) allen Musikliebhabern im „Westen“ voraus und darüber bin ich aus heutiger Sicht sehr glücklich. Es macht mich stolz. Manche der hier von mir gezeigten Plattenproduktionen hätte in dem anderen Umfeld wahrscheinlich viel mehr Ausstrahlung entwickeln können, als sie in ihren Heimatländern und Nachbarstatten ohnehin hatten. Mit ihrer Musik haben diese Künstler Großartiges und Bleibendes geschaffen, obwohl es heutzutage viel zu wenig gewürdigt wird. Ich will mir nicht anmaßen, das korrigieren zu wollen, aber es macht mir Spaß, diese Scheiben viele Jahre später in loser Folge hier vorzustellen: Dwa Plus Jeden – „Wyspa Dzieci“, Polen, (Insel der Kinder), Muza 1975 Das polnische Trio ZWEI PLUS EINS veröffentlichte ihr zweites Studioalbum „Wyspa Dzieci“ drei Jahre nach ihrem Debut „Nowy Wspanialy Swiat“ (Neue wundervolle Welt) als Konzeptalbum. Die einzelnen Songs beschreiben die Lebenssituationen von Kindern und Jugendlichen in unterschiedlichen Phasen. Mit Liedern wie dem „Wiegenlied einer Mutter“ oder „Stern des Tages“ reflektierten die Musiker ziemlich genau das Zeitgefühl jener Tage aus Sicht der jungen Generation in ihrem Heimatland Polen. Das „Wiegenlied einer Mutter“ avancierte auch in der DDR als „Schlafe ein und fang die Träume“ zum Hit in der Version der Puhdys. Im Titelsong „Insel der Kinder“ wachsen die Kinder auf einer Insel, jenseits des Meeres der neun Monate, auf Bäumen. Wenn abends die Erwachsenen zur Insel kommen, nehmen sie die weinenden Kinder mit, um sie glücklich zu machen. In Polen wurde dieses Album kommerziell ungemein erfolgreich und die Kritiker lobten es. Plattenproduktionen wie diese, die zuallererst als Liederzyklus, denn als eine Hitansammlung verstanden werden wollten, sind typisch für die Rock- und Popmusik der 1970er Jahre. Musikalische Innovation und Textaussagen standen vor dem Schielen auf einen möglichen Charterfolg. Vielleicht überdauerten diese Lieder gerade deshalb die Jahrzehnte und haben bis heute nichts von ihrer Frische und Faszination verloren. Im Erscheinungsjahr ’75 habe ich mir diese Platte im Haus der Polnischen Kultur in Berlin gekauft. Die Lieder klingen heute noch immer so, als wären sie gerade erst neu entstanden. STROMBOLI – „Stromboli“, CSSR, Panton 1987 Extra für das Prager Jazz-Festival 1985 gründete der Gitarrist, der zuvor verbotenen New-Wave-Band Prazsky Vyber, Michael Pavlicek, das neue Trio STROMBOLI, benannt nach der italienischen Insel mit dem gleichnamigen Vulkan. Wegen des unerwarteten Erfolgs erweiterte er das Trio danach um einen Keyboarder sowie eine Jazz-Sängerin. In dieser Besetzung spielte die Band eine explosive Mischung aus Jazz und Fusions-Rock, die vom innovativen Spiel des Gitarristen und dem Scat-Gesang von Bara Basikova geprägt war. Gespickt mit raffiniert sphärischen Keyboard-Passagen sowie dem expressiven Gitarrenspiel Pavlicek’s, im Verbund mit Basikova’s fesselndem Gesang, wurde das Album „Stromboli“ zum Dokument einer faszinierend stilistischen Bandbreite zwischen Rock und Jazz. Zu jener Zeit war STROMBOLI eine der erfolgreichsten Live-Rock-Acts in unserem Nachbarland. Man braucht sich nur die Live-Aufnahmen von „Aladin“ oder „Stromboli“ von der ersten Platte des Doppelalbums anzuhören, um noch heute ins Staunen zu geraten. Das Doppel-Vinyl enthält zwei Seiten Live-Stücke sowie zwei weitere mit Studio-Aufnahmen, darunter drei Stücke mit vertonten Versen von Christian Morgenstern („Das große LuLaLa“), um die Zensur in der damaligen CSSR zu umgehen. Noch während der Aufnahmen zum Nachfolgealbum „Shutdown“ (1989), brach die Band auseinander, da zwei der Musiker das Land Richtung Australien verließen. Das Doppel-Album „Stromboli“ jedoch gilt bis heute als Beleg für herausragenden Fusions-Rock in unserem Nachbarland, der internationale Vergleiche nicht zu scheuen braucht. Czerwone Gitary - „3“ , Polen, Muza 1968 Man nannte sie die „Polnischen Beatles“ und das nicht nur, weil sie 1969 in Cannes, Frankreich, neben den Beatles die „Midem“-Trophäe überreicht bekamen. In ihrem Herkunftsland Polen hatten sie, wie die Beatles in England, von ihrem aktuellen Album die meisten Exemplare (220.000 Stück) verkauft. Dieses Album war schlicht mit „3“ betitelt und in einem, für damalige Verhältnisse, extrem auffälligen Klappcover erschienen. Die darin enthaltenen Songs wiesen alle markanten Merkmale der Beat-Musik auf, wie sie auch von den Beatles bekannt waren. Gegründet im Januar 1965 in Danzig, hatten sie mit diesem dritten Album den Zenit ihres kreativen Schaffens erreicht. Die Scheibe glänzt mit einer abwechslungsreichen Mischung aus schlichten Beat-Songs wie „Moda i Milosc“ (Mode & Liebe), „Takie Ladne Oczy“ (Solche schönen Augen) oder „Kwiaty We Wlosach“ (Blumen im Haar). Daneben klingen einige zauberhafte Balladen, von denen die Melodie von „Consuela“, hier in der dezenten Originalversion, die bekannteste sein dürfte. Viele dieser Songs enthalten versteckte Anleihen aus der Musik der Beatles sowie instrumentale Tupfer, von Flöte in der „Hirtenballade“ mit Folk-Touch, oder dem Einsatz einer „Love Me Do“- Mundharmonika in „Jesli Tego Chzesz“. Sogar einige kurze Passagen von rückwärts laufenden Bandschnipseln und Geräuschfetzen sind als Sound-Experimente auf der Platte zu finden. Diese „3“ ist ein kleines Meisterwerk, dessen tatsächliche Wirkung und Bedeutung man erst nach Jahrzehnten im Rückblick entdeckt. Das hat die Platte mit der LP „Die Strasse“ (1968), der ersten deutschsprachigen Beat-LP, von Thomas Natschinski und seiner Gruppe, gemeinsam. Mit den Nachfolgern „Na Fujarce“ (1970), „Spokoj Serca“ (1971) und „Rytm Ziemi“ (1974) konnten die Czerwone Gitary dieses hohe Level noch einige Zeit halten, ehe sich ihre Musik am schlagerhaften Pop orientierte, ohne an kommerziellen Erfolg einzubüßen. Der Mitgründer, Gitarrist und auch Komponist der Band, Krzystof Klenczon, stieg 1970 aus und veröffentlichte seine erste, von insgesamt drei, Solo-LP’s „Trzy Korony“ (1971). Im Jahre 1973 ging in die USA. Dort starb er im April 1981 an den Folgen eines Autounfalls. Die „3“ der Czerwony Gitary ragt bis heute aus dem Beat- Fundus unseres Nachbarn Polen heraus. Kleine Randnotiz: Das Cover habe ich mir von Jerzy Skrzypczyk (dr) signieren lassen. ANAWA - „Korowod“ , Polen, Muza 1970 „Korowod“ (Der Reigen) ist, wie viele andere Platten jener Tage, der Versuch, mit einer Mischung aus Folk, Klassik, Jazz, Chanson und Rock, neue Wege zu begehen und dies mit acht beteiligten Musikern! Was wie eine Überbelastung aus scheinbar gegensätzlichen Stilen und Facetten anmutet, strahlt von Beginn an eine ganz eigenwillige stimmungsvolle Leichtigkeit aus. Dieses Album ist wie der Blick in eine faszinierende musikalische Vielfalt, die sich zu immer neuen reizvollen Konstellationen verbindet. In der DDR wurde „Dni, Ktorych Nie Znamy“ in Deutsch als „Wichtig sind Tage, die unbekannt sind“, von Anawa beim Rundfunk neu eingespielt, ein Hit. Gerhard Gundermann machte es als „Männer und Frauen“ später zu einem Kultsong. Ebenso begeisterte „Swiencie Nasz“ als hymnisches „Unsere Welt“ die Hörer jener Zeit. Das Album wirkt heute wie der Blick auf eine längst verblühte Landschaft und ein ungewöhnlich vielfältiges Leben darin, das es so leider nicht mehr gibt: reich, vielgestaltig, zauberhaft, ausgelassen, suchend und natürlich ganz und gar polnisch melancholisch. Die Scheibe gipfelt am Ende der zweiten Seite in ihrem Titelsong „Korowod“, einem opulent ausufernden Opus, das alle Facetten noch einmal komprimiert und strahlen lässt. Nichts darin wirkt aufgesetzt oder gekünstelt. Alles fließt harmonisch ineinander und verschmilzt zu einem wundervollen Ganzen aus Klang, Gesang und Poesie. Aus heutiger Sicht muss man konstatieren, dass MAREK GRECHUTA mit seiner Band ANAWA der Zeit fast um Lichtjahre voraus war, als Visionäre in Wort und Musik bleibende Werke schuf. Alles ist darin möglich und nichts wird dem kommerziellen Streben oder blanken Erfolg untergeordnet. Der Künstler Marek Grechuta beschrieb seine Musik als „moderne Romantik“, obwohl sie natürlich wesentlich mehr war und bis heute ist zeitlos, einzigartig und außergewöhnlich. Ich liebe diese Scheibe! Sarolta Zalatnay (& LGT) – „Almodj Velem“ , Ungarn, Pepita 1972 Sie war ohne jeden Zweifel die großartigste weibliche Rock-Stimme in Ungarn zum Ende der 1960er und zu Beginn der 1970er Jahre. Nachdem Sarolta Zalatnay einen Talentwettbewerb im ungarischen Fernsehen gewinnen konnte, kam es zur Zusammenarbeit mit Bergendy und später mit Metro. Der Bassist und Komponist von Metro, Karoly Frenreisz, schrieb ihr Songs für die erste LP. Als Frenreisz von Gabor Presser zur gerade neu gegründeten Gruppe Locomotiv GT abgeworben wurde, kam es zur Zusammenarbeit von LGT mit der Sängerin. So entstand ihr drittes Album „Almodj Velem“ (Träum’ mit mir). Locomotiv GT und diese frische weiblichen Rock-Stimme schienen etwas ganz Besonderes in Sachen Musik schaffen zu können. Alle Texte schrieb ihr Anna Adamis und mit Gabar Presser, Karoly Frenreisz sowie Thomas Barta spendierten gleich drei Musiker von Locomotiv GT die Kompositionen. „Almodj Velem“ wurde eine ungemein abwechslungsreiche Rock-Platte, auf der die Einflüsse einer am amerikanischen Funk orientierten Rockband unüberhörbar waren, aber der Sängerin genug Freiraum blieb, sich zu profilieren. Für wenige Jahre gab es in Ungarn eine typische Rock-Röhre, wovon dieses elektrisierende Funk-Rock-Album zeugt. Als Frenreisz LGT verließ, um seine Band Skorpio zu gründen, wechselte Zalatney für das Nachfolgealbum ebenfalls die Begleitband. Danach verblasste ihr Stern am ungarischen Rockerhimmel allmählich. Eine angestrebte internationale Karriere brachte ebenfalls nicht den gewünschten Erfolg. Was blieb, sind ihre frühen Album-Produktionen und mit „Almodj Velem“ der herausragende Höhepunkt mit der noch jungen Band Locomotiv GT ein ungarisches Zeitdokument in Sachen Rockmusik. BARNODAJ – „Maugli“ , CSSR, Supraphon 1978 Die tschechische Art-Rock-Band BARNODAJ ging 1968 für kurze Zeit aus der Band Progress hervor, die bereits das Konzeptalbum „Dialog s Vesmirem“ (Dialog mit dem Universum) erarbeitet und live in Form einer audiovisuellen Show, nach dem Vorbild von Pink Floyd, aufgeführt, aber nicht auf Vinyl veröffentlicht hatte, weil einige Texte auf Ablehnung der Kulturoberen stießen. Um ein Verbot zu umgehen, wurde aus Progress kurzerhand Barnodaj. Die Band produzierte mit „Maugli“ (1978) ihr zweites Konzeptalbum nach der Idee des „Dschungelbuch“ von Kipling. Als es dann erschien, existierte Barnodayj schon nicht mehr, dafür nun (wieder) die Band Progress 2 mit fast identischer Besetzung. „Maugli“ entstand in einer Übergangsphase der beiden Progress Formationen. Das spiegelt sich auch im Material, einer Melange aus frühen Psychedelic-Blues, Folk und Rock einerseits sowie komplexeren Liedstrukturen andererseits wieder, die noch Ende der ’70er Jahre angesagt und beliebt waren. Es ist der turbulente Stil-Mix, der das Album einmalig in der Rock- Historie Tschechiens macht. Zugleich ist es ein Indiz für all die Probleme, die Rockmusiker auch in unserem Nachbarland zu bewältigen hatten. Ein nationaler Meilenstein ist das Album allemal, denn trotz aller Probleme offenbart diese Musik eine unglaubliche Vielfalt und kreative Kraft, die in den Musikern jener Tage steckte. Skaldowie – „Od Wschodu Do Zachodu Slonca“ , Polen, Muza 1970 SKALDOWIE waren eine von vielen Beatgruppen der 1960er Jahre in unserem Nachbarland Polen. Als sie 1969 von einer Tour durch die USA zurückkehrten, brachte sich die Band neue Gitarren und eine Hammondorgel mit. Deren besonderer Sound bestimmte die Lieder, die Keyboarder Andrzej Zielinski für das Album „Od Wschodu Do Zachodu Slonca“ (Von Sonnenaufgang zu Sonnenuntergang) schrieb. Das Album markiert die Wende der SKALDEN hin zur damals angesagten progressiven Spielweise von Rock unter dem Einfluss von Blues-Strukturen. Dafür steht der Titelsong, aber auch das historisch komplexe Stück „Henry XIV“. Eingebettet in die barocken Taktformen der „Sarabande“, zu Beginn und am Ende der Platte, unternimmt der Hörer eine Gefühlsreise in die neue Klangwelt einer polnischen Rockband, die unüberhörbar Facetten heimischer Folklore in ihre Musik einfließen lässt. Diese Stilistik geben die SKALDEN mit den nachfolgenden Alben „Ty“ (1971) und „Krywan, Krywan“ (1972) Stück für Stück wieder auf, obgleich die Titelsuite „Krywan, Krywan“ den Hörer für eine ganze Album-Seite mit genau diesen komplexen Klangstrukturen, im Verbund mit Folk-Anleihen, zu begeistern vermag. Das 1970er Album aber offenbart jenes instrumentale Potential der Skalden, in filigran geschliffenen und komplexen Strukturen mit Folk-Einflüssen zu musizieren, das sie leider nie wieder derart konsequent abrufen werden. BLUE EFFECT – „Nova Synteza“ , CSSR, Panton 1971 Der tschechische Gitarrist Radim Hladik war Zeit seines Lebens ein Suchender. Schon mit 15 Jahren stand er auf einer Bühne, wurde 1966 Gitarrist der legendären Matadors und spielte ab 1968 bei Blue Effect. Nach dem Album „Kingdom Of Life“ (1970) veröffentlichte die Band mit Radim Hladik und dem Radio-Jazz-Orchester der CSSR im Jahr 1971 das Experimental-Fusions-Album „Nova Synteza“ (Neue Synthesen), das als ein Höhepunkt seines Suchens nach neuen Ausdrucksformen im Spannungsfeld zwischen Jazz, Rock und Bigband-Sound gewertet werden darf. Die Live-Session ist, inspiriert von der Zusammenarbeit mit der Band JAZZ Q, eine einzige Explosion musikalischer Vielfalt und Spielfreude ohne Zwänge und Grenzen bis hin zum Free-Jazz. Die Stücke haben alle Überlänge, bei denen sich der Gitarrist austoben kann, während das Orchester ihn immer wieder mit eigenständigen Beiträgen einer Bläsersektion ergänzt und auf neue Wege lockt. Vielleicht klingt diese Musik bis heute genau deshalb so homogen und, trotz der Ausflüge in Richtung Jazz, äußerst unkonventionell und ungemein populär. Ein Paradebeispiel und Lehrstück für scheinbar grenzenloses progressives miteinander Musizieren, der 1974 mit „Nova Synteza 2“ ein zweites Kapitel nachgereicht wird. EAST – „Hüseg“, Ungarn, Start 1982 Auch in Ungarn zelebrierte man Art-Rock! Während in England der Punk die bombastischen Strukturen in der Rockmusik aufzubrechen begann, spielte in Ungarn, ähnlich wie Marillion in England, die Band EAST ihr Album „Hüseg“ (Vertrauen) als Art-Rock-Opus ein. Dieses zweite Album von EAST, das vor Leidenschaft und sinfonischem Pathos nur so strotzt, markiert zugleich den Höhepunkt im Schaffen der ungarischen Art-Rocker. Hier basiert der sinfonisch-progressive Ansatz auf eingängig und opulent ausgestalteten Melodien, in die hinein eine rockige Gitarre dosierte Glanzpunkte setzt. Den Gesang in ungarischer Sprache empfindet man eher als einen zusätzlichen Klang, denn als unverständliche Lyrik. Durch die einzelnen Kompositionen ziehen sich dynamische Klangstrukturen, die das Album zu einem besonderen Erlebnis in Zeiten rock-musikalischer Umbrüche küren und einen eigenständigen Eindruck hinterlassen. Auf diese Weise hebt sich „Hüseg“ mit seinem künstlerischen Flair bis heute wohltuend von denen der meisten etablierten Bands in Ungarn ab. BREAKOUT – „70a“ , Polen, Muza 1970 In der zweiten Jahreshälfte 1969 aufgenommen und im Februar 1970 veröffentlicht, dokumentiert das Album „70a“ von Breakout, wie kaum ein anderes, den Aufbruch des Blues in Polen hin zur Fusion mit Elementen des Jazz in seiner polnischen Spielweise. Der Blues-Gitarrist Tadeusz Nalepa spielte Blues ohne jeden Schnörkel, er kombinierte ihn genreübergreifend mit Solotupfern von Saxophon, Flöte und Piano. Nalepa experimentierte mit Boogie ebenso, wie mit Jazz- und Rock-Facetten, die er miteinander zu verschmelzen suchte. Auf diese Weise wurde „70a“ zum Wegweiser für andere Künstler Polens, die eingefahrenen Gleise zu verlassen. Dazu trägt auch das Spiel des damals noch unbekannten Bassisten Josef Skrzek bei, der nach diesem Album Breakout verließ, um seinen eigenen Weg mit Niemen und später mit dem Trio SBB zu finden. Die instrumentale Finesse der Platte kann den Größen jener Zeit, von Fleetwood Mac bis zu den Yardbirds, in Sachen Qualität und Ideenreichtum locker standhalten. Die Gestaltung des Covers, für damalige Verhältnisse fast schon revolutionär, zeigt die Band in einer geöffneten Konservendose. Die Parallele zum spanischen LP- Cover von „Sticky Fingers“ der Rolling Stones ist kaum zu übersehen und fällt auf. Dumm nur, dass „Sticky Fingers“ erst ein ganzes Jahr später erschien. Wie auch immer, die Platte „70a“ war damals der Zeit weit voraus und läutete eine Reihe fantastischer Alben von Breakout und Tadeusz Nalepa ein, die noch fünf Dekaden später mit exzellenter Musik zu begeistern vermögen.
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