Tokatha – Orgelmusik am Mittag
14.10.2021
Brandenburg
liegt
an
der
Havel,
flankiert
von
jeder
Menge
Wasser.
Das
bekannteste
Wasser
heißt
hier
Beetzsee
und
der
streckt
sich
achtzehn
Kilometer
in
die
Landschaft.
Als
ich
mit
einigen
anderen
in
der
Stadt
eintreffe,
regnet
es.
Jemand
hatte
vorher
gemeint,
dies
wäre
eine
schöne
Stadt
und
man
könne
viel
sehen
sowie
bestaunen.
Davon
ist
in
diesen
Minuten
rein
gar
nichts
zu
spüren.
Jedenfalls
nicht
bei
mir
und
mit
meinen
Sinnesorganen.
Mich
fröstelt
und
eine
barmherzige
Seele
drückt
mir
einen
Schirm
in
die
Hand.
Mir
scheint,
die
Planung
für
diesen
Tag
ist
irgendwie
schon
beim
ersten
Versuch
versandet.
Nun
stehe
ich
mit
einigen
anderen
vor
der
Touristen-Information
am
Neustädter
Markt
und
harre
der
kecken
Dame,
die
dort
mit
einem
Ergebnis
heraustreten
wird.
Als
es
geschieht,
erfahren
wir,
dass
bis
zum
Beginn
einer
Schiffrundreise,
inklusive
Beetzsee,
noch
viel
Zeit
ist.
Genauer
gesagt
Stunden
und
die
könne
man
ja
mit
Stadtwandern und, welch Glück, einem Orgelkonzert zur Mittagszeit in der Kirche verbringen.
Um
die
Stunden
zum
Verrinnen
anzuregen,
gehen
wir
erst
einmal
über
den
Markt,
dann
an
der
Kirche
vorbei,
in
die
Steinstraße
flanieren
und
hoffen
dabei,
dieser
Regen
möge
sich
danach
verzogen
haben.
Zur
Mittagsstunde,
wenn
die
Bürger
von
Brandenburg
zu
speisen
gedenken,
werden
wir
die
Anregung
verwirklichen,
in
der
Stadtkirche
St.
Katharinen
ein
Orgelkonzert
zu
besuchen,
damit
die
Stunden
bis
zum
Beginn
einer
geplanten
Schiffstour
schneller
vergehen
mögen.
Mir
kommt
der
Hinweis
aus
dem
Touristenbüro
entgegen,
weil
ich
keinen
Grund
habe,
meine
Hüfte
über
das
Pflaster der Havelstadt zu quälen. Außerdem mag ich den besonderen Klang einer Kirchenorgel im Haus Gottes.
Während
die
kecken
Bahnweiber
nebst
Anhängen
noch
die
Bürgersteige
platt
treten,
begebe
ich
mich
zur
Katharinenkirche.
Das
nasskalte
Stadtwetter
lasse
ich
draußen.
Drinnen
erwerbe
ich
eine
Erlaubnis
zum
Fotografieren,
worauf
die
freundliche
Dame
meint,
ich
könne
doch
viel
besser
knipsen,
wenn
ich
oben
auf
den
Rängen
sitzen
würde.
Sie
entfernt
die
Absperrung
und
ich
darf
auf
die
Emporen
steigen.
Von
hier
oben
habe
ich
tatsächlich
das
gesamte
Innere
des
riesigen
Raumes
vor,
unter
und
über
mir
im
Blick.
Außerdem
bin
ich
auf
gleicher
Höhe
mit
den
Pfeifen
der
Orgel,
ich
könnte
mir
sogar
direkt
davor
einen
Platz
auswählen.
Ich
genieße
es,
diesen
Raum,
die
Ränge,
Säulen
und
die
vielen
anderen
Details,
quasi
aus
göttlicher
Sicht,
zu
entdecken
und
zwischen
den
schlichten
hölzernen
Bankreihen
gehen zu dürfen, bis, pünktlich zur Mittagsstunde, der Organist sein Instrument aufsucht.
Mit
einem
Mikrofon
in
der
Hand
erklärt
Andreas
Patzwald
die
Besonderheiten
des
Instruments.
Ganze
96
Register
auf
5
Manualen
plus
Fußpedal.
Fände
man
diese
Orgel
in
einer
größeren
Stadt,
wäre
sie
ein
absoluter
Touristenmagnet.
Doch
sie
steht
in
der
Stadtkirche
St.
Katharinen
im
Schatten
des
Doms
von
Brandenburg,
ist
aber
das
größte
Instrument
im
Lande
Brandenburg.
Die
Orgel
besteht
aus
vier
Teilwerken:
der
Hauptorgel
aus
dem
Jahre
1936,
einer
ergänzenden
Register-Bibliothek
und
für
einen
Surroundeffekt
zwei
weitere
Filialwerke.
Werden
die
vier
Werke
gleichzeitig
gespielt,
addieren
sich
die
Klänge
zu
einem
überwältigenden
Klangbild,
lässt
uns
der
Organist
wissen,
und
man
könne
nicht
mehr
zuordnen,
aus
welchem
Bereich
des
Raumes
die
Klänge
kommen.
Seine
Ausführungen
machen
mich
neugierig.
Die
Spannung
steigt,
als
sich
der
Musiker
an
die
Manuale
begibt,
sich
der
Schuhe
entledigt
und
auf
der
Bank
des
Instruments Platz nimmt.
Zuerst
gleiten
die
Füße
über
die
Pedale.
Schlagartig
ist
das
Kircheninnere
von
deftig
warmen
Akkorden
gefüllt,
die
Gänsehaut
erzeugen.
Erst
dann
beginnt
das
Spiel
der
Finger
auf
den
Manualen.
Die
lassen
das
„Präludium
in
C“
von
Dietrich
Buxtehude
entstehen.
Das
Stück
erinnert
mich
sehr
an
die
berühmte
„Toccata
und
Fuge“
von
Bach,
vielen
von
uns
als
der
Innbegriff
eines
Orgelwerkes
bekannt.
Das,
was
mir
gerade
in
die
Ohren
dringt,
klingt
aber
irgendwie
urbaner,
wie
ein
Rohdiamant
in
ungeschliffener
Schönheit.
Diese
Musik
durchdringt
meinen
Körper,
gibt
mir
das
Gefühl,
der
winzige
Teil
eines
Klanges
zu
sein.
In
diesen
Minuten
sind
das
Wetter
und
das
Stadtpflaster
längst
vergessen,
mir
schnuppe.
Hier
„atmet
man
größer“,
kann
weltliche
Widrigkeiten
für
den
Hauch
des
Moments
vergessen,
kann
wieder
fühlen.
Als
der
Klang
entschwunden
ist,
schwingt
Stille
noch
ein
Weilchen
nach.
Kein
Beifall,
nur
Besinnung
in
sich
selbst.
Jetzt
folgt
„Le
Porte
del
Paradiso“
(Die
Pforte
zum
Himmel)
von
Carlotta
Ferrari,
ein
leises
besinnliches
Musikstück,
das
mir
wie
Variationen
auf
eine
zarte
Melodie
vorkommt.
Die
trägt
mich
weg
von
hier
und
in
den
Gedanken
lande
ich
bei
meiner
kleinen
Lily,
hinter
der
„Pforte
des
Himmels“,
wo
der
Regenbogen
beginnt.
Heute
ist
nicht
mein
Tag.
Erst
das
Wetter,
dann
die
Knochen
und
nun
diese
innigliche
Melodie,
die
mich
zu
Lily
führt.
Mir
ist
irgendwie
nach
Heulen.
Mein
Kopf
sinkt
auf
die
Arme,
die
auf
der
Brüstung
ruhen.
Dann
kullern
die
Tränen
und
meine
Hundelady
kann
spüren,
dass
ich
ihr
ganz
nah
bin,
wo
sie
grad
so
fern
ist.
Bin
ich
jetzt
plötzlich
gläubig
oder
überrennen
mich
einfach
nur
die
Emotionen?
Zum
Glück
folgt
mit
der
„Etude
2“
von
Philip
Glass
ein
weiteres
Musikstück,
das
mich
wieder
auspendeln,
zur Ruhe kommen lässt und solche Gedanken vertreibt.
Dem
Klang
einer
Orgel
zu
lauschen,
ist
eben
doch
ein
besonderes
Erlebnis.
Die
beginnt
nun
mit
einer
Melodie,
die
mir
bekannt
vorkommt.
Ich
überlege,
die
Melodie
wird
intensiver,
lauter
und
drängender.
Dann
macht
es
„Zoom“
und
Bilder
zur
Melodie
stellen
sich,
so
wie
ich
sie
im
Bergtheater
von
Thale
im
Juli
2019
sah,
ein
und
jetzt
spielt
die
Orgel
„Här
kommer
Pippi
Làngstrump“.
Plötzlich
sind
die
dunklen
Gedanken
verschwunden,
Leichtigkeit
macht
sich
bemerkbar
und
würde
ich
den
Text
beherrschen,
ich
würde
wahrscheinlich
(leise)
mitsingen.
Andreas
Patzwald
an
den
Tasten
sorgt
dafür,
dass
die
Melodie
sich
entfalten
kann
und
da
ich
inzwischen
den
Platz
gewechselt
habe,
kann
ich
ihm
beim
Spiel
auf
die
Finger
schauen.
Ganz
ehrlich,
das
hat
was!
Wie
auf
einer
Kanzel
zur
Predigt
stehend,
kann
ich
sehen,
wie
er
nach
und
nach
das
Klangvolumen
erweitert
und
die
Werke
des
Instruments
hinzu
schaltet.
Der
Klang
weitet
sich
aus,
es
wird
grandios
und
die
Schlussakkorde
scheinen
die
Kirchenmauern
sprengen
zu
wollen.
Wumms
–
und
der
wuchtige
Abschlussakkord fällt sanft in sich zusammen. Mein Gott, ist das schön!
Für
das
letzte
Orgelstück
setze
ich
mich
noch
einmal
in
meine
Bank,
lasse
die
Gesamtheit
von
Kirche,
Historie
und
Klang
demütig
auf
mich
einwirken.
Wer
weiß,
wann
wieder
einmal
so
eine
Gelegenheit
sein
wird.
Irgendwie
bin
ich
jetzt
dem
Mistwetter
da
draußen
dankbar,
denn
bei
Sonnenschein
wäre
niemand
auf
die
Idee
gekommen,
in
der
Kirche,
beim
Klang
einer
Orgel,
Zeit
zu
„verplempern“.
Nach
diesem
letzten
Musikstück
nutze
ich
noch
die
Gelegenheit,
mir
dieses
Instrument
in
Ruhe
und
aus
der
Nähe
zu
betrachten.
Danke
dem
Organisten
Andreas
Patzwald,
der
sich
die
Zeit
nahm,
die
Fragen
der
Neugierigen
geduldig
zu
beantworten.
Als
ich
das
Gotteshaus
wieder
verlasse,
ist
die
Zeit
wieder
ein
Stück weiter gerückt und mit ihr auch das Wetter, die Stadt und sicher auch ICH, der ich nun etwas gelassener bin.