Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
One Hit Wonder – die Magie der Einmaligkeit 16.01.2013 Sie alle haben das Eine gemeinsam: einen einzigen großen Hit. Einen Song, der sich ganz oben in den (internationalen) Charts einen Platz erobern konnte, weil Millionen Menschen die Melodie zu Hause auf ihrem Plattenteller haben wollten. Einen zweiten Hit haben diese Künstler oder Bands meist nie wieder geschafft, aus welchem Grunde auch immer. Meist haben solche Songs etwas spezielles, eine besondere Melodie, eine besondere Idee, einen Gag, einen Sound, der sie unverwechselbar macht. Sie sind einzigartig und deshalb nur schwer, oder eben gar nicht, wiederholbar. Für solche ONE HIT WONDER, also das Wunder eines einzigen Hits, hatte ich schon immer eine Schwäche und deshalb finden sich in meiner Sammlung auch einige, die es mir angetan haben. Ich wollte sie haben, nicht um jeden Preis, aber unbedingt. Und wenn man sie heute, oft Jahrzehnte nach ihrer Veröffentlichung, wieder auf dem Plattenteller zum Klingen bringt, staunt man nicht selten über deren Originalität, klingende Schönheit oder skurrile Faszination. Einige möchte ich vorstellen und an sie erinnern: Sie kamen aus Florida und verarbeiteten in ihren Songs ihre offenkundige Zuneigung zu Flugzeugen im Allgemeinen und Manfred von Richthofen, den „Roten Baron“, im Besonderen. Die Single von 1966 hieß Snoopy vs. The Red Baron und brachte THE ROYAL GUARDS MEN kurzzeitig an die Spitze der Charts in England. Die sechs Musiker trennten sich nach vier erfolglosen Alben 1969, aber diesen Song liebe ich bis heute. Um die neue Ausstattung ihres Strawberry Studios zu testen, schrieben Godley & Creme sowie Eric Stewart (ex- Mindbenders) in aller Schnelle einen Song und spielten ihn im Studio auch ein. Unter dem Pseudonym THE HOTLEGS veröffentlichten die Studiomusiker den Neanderthal Man (1970), der sich weltweit und millionenfach verkaufte. Nach zwei weiteren Singles sowie einer LP löste man die „Heißen Füße“ wieder auf und trat ab 1972 als 10CC in Erscheinung („I’m Not In Love“) bzw. später als Duo Godley & Creme. Ein 1962 gegründetes Komiker-Duo wurde 1963 durch Mike McGear, eigentlich Michael McCartney und Bruder vom Beatles-Bassisten Paul McCarrtney, zum Trio erweitert und hatte als THE SCAFFOLD eine eigene Fernsehshow. Erst 1967 veröffentlichten sie mit „Thank U Very Much“ ihre erste Single, die es auf Anhieb bis in die Top Ten schaffte. Mit Lily The Pink gelang ihnen ein Jahr später das Wunder ein zweites Mal, ehe sich das Trio zu Beginn der 1970er Jahre auflöste. Geblieben ist ein schräg liebenswerter Number-One-Hit, der die Qualitäten der komischen Truppe ahnen ließ. Aufgrund der Textzeile „My friend Jack (eats sugar lumps)“ wurde der Song My Friend Jack der Band THE SMOKE in England und Amerika verboten, weil man darin versteckte Drogenwerbung sah, obwohl die Musiker dies stets verneinten. Der Song mit dem scheppernder Gitarren-Intro und dem damit verbundenem Sound wurde dennoch in vielen Ländern Europas, wo der Text nicht verstanden werden konnte, ein Hit. Den Erfolg allerdings konnten THE SMOKE nie wiederholen. Der Beatles-Manager Brian Epstein hörte in einem New Yorker Club eines Abends The Rondells. Kurz darauf nahm er die drei Musiker unter Vertrag und verpasste ihnen den Namen THE CYRKLE. Im Jahre 1966 hatten sie mit Red Rubber Ball ihren ersten und einzigen Hit in den USA und England. Nachdem sie im gleichen Jahr das Vorprogramm einer Beatles-Tour bestritten hatten, lösten sie sich wieder auf und wurden vergessen. Diese Single und die einzige LP sind inzwischen begehrte Sammlerstücke. KEITH WEST war der Sänger der Psychedelic-Rock-Band TOMORROW, in der auch der spätere Yes - Gitarrist Steve Howe aktiv war. 1967 lernte er den Produzenten Mark Wirtz kennen und gemeinsam schrieben sie den Song Excerpt From A Teenage Opera “, damals unter Fans auch als „Grocer Jack“ sehr bekannt. Der Song war Teil eines geplanten Projektes, der „Teenage Opera“, das jedoch aufgrund zu hoher Kosten niemals fertig gestellt wurde. Der große Durchbruch blieb KEITH WEST , der noch einige Zeit in der Musikbranche tätig war, jedoch versagt. Ich kann mich erinnern, dass wir den Song sogar zeitweise direkt an der Penne abgespielt und mitgesungen haben, vor allem den Part mit dem Kinderchor. Die beiden Holländer Rink Groeneveld und Peter Kok kamen von der heimischen Band Hurricanes und traten ab 1969 als Duo GREENFIELD & COOK vor ihr Publikum. Aus ihren wenigen, aber zum Teil sehr schönen Aufnahmen, ragt vor allem die Single The End (1970), eine einfühlsame Ballade im Stil von Simon & Garfunkel, heraus, die sich durch ein sich stetig steigerndes Crescendo am Ende auszeichnet. Schon 1974 gingen beide getrennte Wege, weil ihnen der internationale Durchbruch versagt blieb. Man schrieb das Jahr 1966 als sich in Ohio, USA, vier Studenten zu einer Band formierten, die sich an ihren Vorbildern, den Byrds, orientierte. Die erste Single der LEMON PIPERS war ein Flop, doch schon der Nachfolger Green Tambourine schlug ein wie eine Bombe und brachte die Musiker international ins Gespräch. Der Druck der Plattenfirma, sich an der erfolgreichen Bubblegum - Welle zu orientieren, führte schließlich zum Bruch. Hinter dem Duo THE MARBLES versteckten sich zwei Cousins aus England. Während der eine dort blieb, wuchs der andere in Australien auf und machte dort Bekanntschaft mit den jungen Bee Gees, die ihn produzierten. 1968 gründete er eine eigene Gruppe und bat nun seinen Cousin, Mitglied zu werden. Gemeinsam unterschrieben sie bei Robert Stigwood, dem Bee Gees Manager, einen Plattenvertrag und die Bee Gees schrieben ihnen Songs. Doch nur Only One Woman wurde im Jahre 1968 wirklich ein Hit. Ein Jahr später trennte man sich und einer der beiden Cousins, Graham Bonnet, wurde Sänger bei Ritchie Blackmore’s Rainbow. In Deutschland überraschte im Jahre 1985 Uwe Ochsenknecht mit einer exzellenten eigenen Version dieses Songs. Das Projekt THE FAMILY DOGG entstand 1965 in England, als sich die beiden Musiker ALBERT HAMMOND und STEVE ROWLAND trafen und gemeinsam mit Mike Hazlewood und zwei Sängerinnen eine Karriere starten wollten. Das herausragende Kennzeichen der Gruppe waren die mehrstimmigen Gesangsparts. Das erste Album erschien 1969 und wurde unter Mitwirkung von JIMMY PAGE und JOHN PAUL JONES von Led Zeppelin als Gastmusiker produziert. Der Titelsong der Platte wurde als Single veröffentlicht und The Way Of Life ist im Gedächtnis der Beat-Generation haften geblieben. Das letzte Album von FAMILY DOGG erschien 1972, auf dem IREEN SHEER als Sängerin mitwirkte. In Nebraska, USA, war das Folk-Duo ZAGER & EVANS zu Hause. Vorher hatten sie in zwei erfolglosen Bands gespielt und deshalb entschlossen sie sich, ab 1968 als Duo weiter zu machen. Schon vier Jahre vorher hatte DENNY ZAGER den Song In The Year 2525 geschrieben. Bei ihren Auftritten als Duo spielten sie den Song und spürten, die Wirkung auf das Publikum. Deshalb entschlossen sie sich, den Song als Single aufzunehmen und zu veröffentlichen. Die Komposition, in der es um die Bedrohung der Menschheit durch den technischen Fortschritt geht, wurde ihr erster und einziger Welthit. Dies ist, soweit ich das übersehe, wohl der einzige Song, der als instrumentale Basis nur ein einziges Schlagzeug hat, wenn man mal von der Sirene absieht, die es auch gibt. There’re Coming To Take Me Away Ha-Haa! ist wohl auch eher eine Rezitation über dem monotonen Beat einer Drums, den der Produzent Jerry Samuels alias NAPOLEON XIV. 1966 als Gag in eine Plattenrille pressen ließ. Die Story vom weggelaufenen Hund und dem Mann, der auf der Suche nach ihm durchdreht und von den Männern in den weißen Kittel abgeholt wird, steht in den Rock-Analen einzig da. Das Experimentieren mit den Drums und unterschiedlich laufenden Aufnahmegeschwindigkeiten, macht aus der Aufnahme einen frühen Vorläufer der späteren Rap-Nummern. Das Teil ist in Deutschland von MALEPATUS II unter dem Titel „Ich glaab’, die hole mich ab, Ha-Haa!“ gecovert worden. Die spanische Gruppe LOS SONOR suchte gerade einen Sänger. Ein Produzent brachte sie mit dem Deutschen Michael Kogler zusammen. Mit ihm als Sänger reisten die in LOS BRAVOS, die Wilden, umbenannten Musiker auf der Suche nach Songmaterial in die britische Hauptstadt London, wo man ihnen den Song Black Is Black anbot, den andere vorher abgelehnt hatten. In einem Tonstudio entstand mit Sessionsmusikern, unter anderem auch Jimmy Page, die Aufnahmen zur Single mit der treibenden Bass-Linie und die wurde 1966 ein europaweiter Hit. Die Band ist heute noch, allerdings in veränderter Besetzung, bei Oldies -Festivals live zu erleben. Unter dem Pseudonym SPRINGWATER veröffentlichte der britische Musiker PHIL CORDELL im Jahre 1971 das gefühlvolle Instrumentalstück I Will Return auf Single. Fast überall in ganz Europa wurde das Kleinod ein Erfolg. In Deutschland erschien es, von Michael Holm gesungen, als „Du weinst um mich“. Eine nachfolgende LP blieb ohne nennenswerten Erfolg. Unter dem neuen Pseudonym „Dan The Banjo Man“ wurde 1974 das Instrumentalstück mit gleichem Titel veröffentlicht, das bei vielen Radiostationen als Hintergrundmusik Verwendung fand. Phil Cordell starb völlig unbeachtet am 31. März 2007 im Alter von knapp 60 Jahren. Das Songschreiberduo Greenaway & Cook hatte eine Melodie, aber keinen Text. Man ließ die Melodie einfach von einem Studiomusiker pfeifen. Im Frühjahr 1967 kam I Was Kaiser Bill’s Batman in die britischen Charts. Von dem Erfolg wurde man überrascht und es musste ein Gesicht her, um die Single zu bewerben. Das fand man in Billy Moeller, einem Band-Roadie. Man veröffentlichte die Single ein zweites Mal unter dem Pseudonym WHISTLING JACK SMITH und „Der Putzer vom Kaiser“ wurde ein Welthit. Nie wieder danach gelang das einer gepfiffenen Pop-Melodie, die außerdem noch zum Gassenhauer wurde. Bereits 1958 als Duo gegründet, machten THE CASUALS zunächst nur in ihrer Freizeit Musik. Als Trio ging man nach London, um eine professionelle Karriere zu starten, was aber nicht klappte. Der nächste Schritt führte sie 1966 nach Italien, wo sie einige regionale Erfolge verbuchen konnten. Ein Jahr später spielte man dann mit einem Schlagzeuger als vierten Mann und landete schließlich 1969 mit Toyland den einzigen Treffer in einigen europäischen Charts. Diese Single ist in den meisten Discografien der CASUALS nicht einmal aufgeführt und heute kennt diese Band kaum noch jemand. Das Glück und die Befriedung eines Sammlers bestehen wohl darin, diese Vinylscheiben, die ihm aus ganz unterschiedlichen Gründen und Zusammenhängen etwas bedeuten, in seine Sammlung zu integrieren und sie dort aufzubewahren. Ab und an holt er sich dann, je nach Stimmung und Laune, diese angesammelten Raritäten hervor, legt sie auf den Plattenteller und dann gehen die Gedanken auf Reisen. Bilder von Orten oder Personen aus der eigenen Vergangenheit entstehen und wenn es ganz wild kommt, glaubt man gar, etwas von damals fühlen oder riechen zu können. Dieses Erleben anderen zu vermitteln, so meine Erfahrung, fällt uns Alten mit fortschreitender Zeit immer schwerer, denn uns war Rockmusik noch ein Medium, das die Sinne und den Geist gleichermaßen forderte. Irgendwann in der Zukunft werden, außer ein paar Narren, wohl kaum noch Menschen etwas damit anfangen können, weil all die vielen persönlichen Bindungen verschütt gegangen sein werden. Das ist tragisch, aber, wenn nicht ein kleines Wunder geschieht, nicht zu vermeiden. Was für ein Scheißspiel und was für eine riesige Verschwendung von Kreativität und Zeitgeschichte in Zeiten, da flache und schnelle Befriedigung vor eigener Anstrengung und kreativen Wagnissen zählen! Nichts, aber auch wirklich gar kein Wort, ist geeignet, dieses wunderbare Gefühl auszudrücken, wenn die eigene Jugend plötzlich wieder einen Klang hat und mit analoger Stimme richtige Lieder zu singen beginnt. Streamt ihr nur weiter „sounds to go“, ich genieße lieber Musik.