Improvisationskonzert mit Naehring & Altmann
31.10.2009
Es
ist
ein
Herbsttag
da
draußen,
wie
er
schöner
nicht
sein
könnte.
Richtig
goldener
Herbst.
Nur
meine
Stimmung
und
meine
innere
Befindlichkeit
passen
irgendwie
nicht
dazu.
Seit
geraumer
Zeit
schleppe
ich
eine
kleine
Unzufriedenheit
mit
mir
herum.
Die
macht
mich
unruhig,
lässt
mich
einfach
nicht
zur
Ruhe
kommen.
Das
mag
seine
Gründe
in
vielen
kleinen
Details
haben,
doch
letztlich
ist
es
wohl
so,
dass
mich
das
Leben
in
diesem
auf
Eins
geschusterten
Deutschland
einfach
nur
emotional
unzufrieden
macht,
mich
aufreibt.
Immer
seltener
erlebe
ich
ein
Gefühl,
vom
angekommen
sein
und
zwischen
den
Zeilen
höre
ich
manchmal
entschuldigend:
„Aber
so
wie
damals,
konnte
es
auch
nicht
weitergehen?“
Da
haben wir nun ein „alles wie gewohnt“ gegen „business as usual“ eingetauscht! Wie dumm und halbherzig.
Erst
mal
habe
ich
„festgelegt“,
mir
einige
Momente
der
inneren
Ruhe
zu
verschaffen.
Manchmal
klappt
das,
wenn
ich
mich
vor
meine
„Schallplattenwand“
stelle
und
einfach
wahllos
ein
Stück
Vinyl
finde,
wie
von
der
Eingebung
gelenkt.
Plötzlich
halte
ich
die
„GrOssStadtKinder“
von
HERMANN
NAEHRING
in
der
Hand
und
als
sich
der
Plattenspieler
dreht,
der Raum sich mit Musik füllt, gelingt mir das Abtauchen.
Die
Klänge
und
Rhythmen
stammen
aus
dem
Jahre
1985.
Sie
wirken
erfrischend
und
beruhigend
zu
gleichen
Teilen.
Aufgefallen
ist
mir
dieser
Ausnahmekünstler
zum
ersten
Mal
allerdings
schon
1971
auf
der
3.
Natschinski-LP
„Wir
über
uns“.
Damals
als
Drummer
einer
Rockband
mit
seinem
solistischen
Beitrag
und
der
heißt
„Trommelbüchse“.
Ein
Drummer-Solo
auf
einer
Amiga-Platte.
Das
war
einmalig,
zumindest
aber
zum,
ersten
Mal.
HERMANN
NAEHRING
hatte
sich
auf
eine
ständige
Suche
begeben,
sich
entwickelt,
gelernt,
studiert
und
experimentiert.
Mit
L’Art
De
PASSAGE
habe
ich
ihn
erstmals
live
am
28.
November
1987
in
unserer
„STUBE“
in
Elsterwerda
erlebt
und
mit
diesem
Ensemble
um
Tobias
Morgenstern
hat
er
deren
erste
LP
„Sehnsucht
nach
Veränderung“
(1989)
als
Gast
eingespielt.
Da
war
es
für
viele Musiker hierzulande schon fünf nach zwölf. Für mich übrigens auch!
In
den
vergangenen
20
Jahren
ist
viel
geschehen
und
seit
einiger
Zeit
bin
ich
wieder
neu-gierig
auf
Musik,
verspüre
Lust
auf
anderes
und
auf
Klänge,
die
möglichst
keine
Schubladen
kennen,
obwohl
es
auch
manchmal
hilfreich
ist,
genau
dort
hinein
greifen
zu
können.
Also
wage
ich
so
einen
Griff
in
die
Kiste
mit
„klanglichen
Zaubereien“
und
begebe
mich
ganz
bewusst
auf
eine
Reise
in
den
Dom
St.
Petri
zu
Bautzen,
um
mich
den
Klangintentionen
dieser
Welt
und
dem
weltlichen
Atem
eines
Gotteshauses
vertrauensvoll
in
die
Arme
zu
legen.
Es
ist
ein
Samstag,
Reformationstag
und
außerdem
die
Nacht zu Allerheiligen. Halloween!
Bei
meinen
ersten
Schritten
in
das
gewaltige
Innere
der
Bautzener
Simultankirche
habe
ich
eine
sehr
bekannte
Melodie
im
Kopf:
„Tritt
ein
in
den
Dom,
durch
das
herrliche
Portal“.
Da
stehe
ich
nun
unter
diesen
hohen
Bögen,
unter
denen
das
bereits
aufgebaute
Schlagwerk
geradezu
winzig
aussieht
und
ich
merke
wieder
einmal,
was
es
bedeutet,
„den
Schritten
das
Schreiten
zu
lehren“.
Ein
wenig
fühle
ich
mich
wie
benommen
in
dieser
Umgebung
voller
Historie,
in
die
abzuschweifen ich mir leider aus Zeitgründen verkneifen muss.
Als
sich
die
Plätze
in
den
ersten
Reihen
gefüllt
haben,
setzt
sich
HERMANN
NAEHRING
vor
die
Taiko,
eine
große
Japanische
Trommel.
Der
Abend
beginnt
mit
wuchtigen
Schlägen,
die
wuchtig-rhythmisch
aufbrausen
und
leiser
werdend
in
den
Klang
der
Orgel
eintauchen.
Langsam
begebe
ich
mich
auf
eine
Abenteuerreise
mit
Saxophon,
Orgel,
Percussion
und
Stimme,
von
der
Reformation
bis
zur
Gegenwart.
Der
Mann
an
der
Orgel
ist
Professor
HANS-GÜNTHER
WAUER,
der
dieses
Instrument
im
Bautzener
Gotteshaus
schon
aus
seiner
Jugend
kennt.
Der
Klang
der
„Königin“
ist
allgegenwärtig,
lässt
mich
gar
in
meiner
ersten
Reihe
ein
wenig
in
mich
zusammenrutschen
und
erst,
als
wie
aus
dem
Nichts ein Saxophon einstimmt und immer näher kommt, löst sich meine Anspannung wieder.
Der
Saxophonist
WARNFRIED
ALTMANN
ist
ein
Meister
des
kammermusikalischen
Jazz
und
einer,
der
ganz
offensichtlich
viel
Spaß
beim
Improvisieren
hat.
Sein
Spiel
fügt
sich
harmonisch
zum
Klang
der
Orgel,
findet
Stück
für
Stück
eigene
Wege
um
dann
wieder
im
gemeinsamen
Spiel
mit
NAEHRING’s
Klanginstrumenten
zu
brillieren.
Den
beiden
Virtuosen
aus
der
ersten
Reihe
zuzusehen,
ihr
wortloses
Miteinander
und
Aufgehen
in
der
Musik
zu
erleben,
auch
und
gerade,
wenn sie das mit nur ganz wenigen Mitteln tun, ist für mich ein ganz besonderer Genuss.
Wieder
übernimmt
die
„Königin
der
Instrumente“
das
Zepter,
füllt
die
Stille
bis
unter
die
hohen
Bögen
mit
sakralen
Akkorden
und
Melodien.
Der
Organist
Prof.
WAUER
begleitet
eine
Stimme,
die
weit
über
all
den
Klängen
zu
schweben
scheint,
sich
aber
entzieht,
wenn
das
gemeinsame
Musizieren
mit
der
Orgel
gar
zu
harmonisch
werden
will.
AGNES
PONIZIL
beherrscht
den
Jazz-Gesang
in
einer
Weise,
die
mich
einerseits
erschaudern
und
dann
wieder
leise
vor
mich
hin
lächeln
lässt.
Die
unscheinbare
Dame
ist
Naturstimme
pur,
nichts
Gekünsteltes
oder
gar
Aufgesetztes.
Sie
singt
nicht,
sie
klingt
einfach
nur.
Mal
leise,
inniglich
aber
auch
provozierend
schräg,
wenn
es
grad
passt.
Schade,
dass
ich
nicht
in
die
Gesichter
hinter
mir
sehen
kann.
Die
Wirkung
nach
stimmlichen
Szenen
zum
Choral
„Wer
nur
den
lieben
Gott
lässt
walten“
aus
dem
evangelischen
Kirchengesangsbuch
ist
so
gewaltig,
dass
sich
am
Ende
keiner
traut,
der
exzellenten
Darbietung
Beifall
zu
spenden.
Die
Stille
ist
beinahe
unwirklich,
für
den
Bruchteil
einer
Sekunde
eisig
und
beklemmend.
NAEHRING
und
ALTMANN
finden
sich
zu
weiteren
Stücken
mit
Saxophon
und
Percussion.
In
ihrem
Wechselspiel
werfen
sie
sich
kurze
Soli
zu
und
ALTMANN
zitiert
hier
und
da
klassische
Stücke
der
Jazz-Literatur.
Vieles
kommt
mir
bekannt,
schon
oft
gehört
vor
und
das
berühmte
„Lullaby
Of
Birdland“
erkenne
ich
sogar.
Es
ist
jene
Hommage
an
Charly
„Bird“
Parker’s
Jazzclub
„Birdland“,
die
mir
noch
mit
Ella
Fitzgerald
in
Erinnerung
ist
und
irgendwo
in
meiner
Plattensammlung
versteckt auf eine erneute Benutzung wartet.
Nachdem
noch
einmal
Orgelklänge
Momente
der
Besinnung
zulassen,
die
ich
auf
ganz
eigene
Weise
nutze,
kann
ich
mich
wieder
an
den
jazzigen
Improvisationen
der
drei
Virtuosen
vor
mir
erfreuen.
Als
würde
ALTMANN’s
Saxophon
sich
mit
der
Stimme
der
PONIZIL
auf
ein
fast
kindliches
Spiel
einlassen
wollen,
bauen
sie
aus
Tönen
Stück
für
Stück
das
berühmte
B-A-C-H,
um
letztlich
in
der
„Kunst
der
Fuge“
von
Johann
Sebastian
Bach
zu
münden.
Die
musikalischen
Zitate
aus
diesem
zeitlos
schönen
Kunstwerk
der
musikalischen
Weltliteratur
beenden
leider
schon
viel
zu
schnell
diesen
Abend im Dom zu Bautzen. Plötzlich ist wieder Stille im Gemäuer, als wäre es nie anders gewesen.
Für
einen
Moment
verweile
ich
noch
auf
meinem
Platz
in
der
ersten
Reihe,
den
letzten
Klängen
und
Rhythmen
nachlauschend.
Mir
ist,
als
müsste
noch
etwas
geschehen,
aber
meine
Wünsche
verlieren
sich
irgendwo
in
den
Höhen
und
Weiten
des
Gotteshauses,
die
ohne
Musik
kalt
wirken
und
plötzlich
auch
sind.
Ich
werde
meine
Hoffnungen
und
Wünsche
wohl
mit
nach
Hause
nehmen
müssen,
um
selbst
etwas
daraus
zu
machen,
um
vielleicht
wie
im
Choral
„und
Erd
und
Himmel
will
erhalten“
für
mich
oder
andere
einfach
nur
im
Heute
eine
kleine
Spur
zu
hinterlassen,
meine
Spur.
Das zumindest kann Musik immer bewirken.