The Musical Box - 2007 live in concert
02.08.2013
Wenn
es
richtig
ist,
wie
Rock-Historiker
meinen,
dass
die
Geschichte
der
populären
Musik
immer
jeweils
nach
ungefähr
einem
Jahrzehnt
einen
qualitativen
Bruch
erfahren
hat,
dann
waren
die
70er
Jahre,
nach
der
Zeit
des
frechen
Ausprobieren
und
der
unbeschwert
kreativen
Naivität
in
den
60ern,
die
Zeit
der
aufgeblasenen
Gigantomanie,
des
kunstvollen
Übereinanderschachtelns
von
Innovationen
und
der
Egozentrik,
bis
der
Punk
und
New
Wave
den
Turm
in
den
80ern
wieder
zum Einsturz brachten.
Eine
der
Bands,
die
mit
ihrer
Auffassung
von
Rockmusik
neben
Gruppen
wie
YES,
ELP
oder
GENTLE
GIANT
das
siebte
Jahrzehnt
des
vergangenen
Jahrhunderts
prägte,
waren
die
englischen
GENESIS.
Fünf
junge
Engländer
aus
gutbürgerlichem
Hause,
die
sich
während
unterschiedlicher
Studiengänge
zu
einer
jener
Bands
mauserte,
die
ein
neues
Verständnis
für
Rockmusik
mit
befördern
sollten.
Ihre
frühen
theatralischen
Konzerte
sind
legendär,
ihre
frühen
Alben,
von
„Trespass“
bis
„The
Lamb
Lies
Down
On
Boradway“,
mit
komplexen
ineinander
greifenden
Songstrukturen,
sind
Kult
und
werden von Fans bis heute hoch verehrt und genau darin liegt deren Sehnsucht begraben.
Vielen
Fans
liegt
die
Musik
der
frühen
Alben
mit
PETER
GABRIEL
als
Sänger
viel
näher,
als
das,
was
nach
seinem
Weggang
und
dem
Ausstieg
von
STEVE
HACKETT
von
der
Band
weiter
produziert
wurde.
Irgendwann,
so
der
unausgesprochene
Vorwurf,
wurde
die
Kreativität
vom
Kommerz
verdrängt
und
die
Hit-Paraden
erobert.
Die
komplexen
surrealistischen
Klanggewebe,
wie
die
Geschichte
„vom
Unkraut,
das
alles
überwuchert“,
(„The
Return
Of
The
Giant
Hogweed“),
wurden
live
bestenfalls
noch
zitiert
und
im
Studio
fanden
sie,
spätestens
nach
„Wind
&
Wuthering“
(1976)
keine
Nachfolger
mehr.
In
genau
diese
„Lücke
der
Sehnsucht“
stießen
einige
Musiker
aus
Kanada
mit
ihrer
Vision,
die
frühen
Jahre
der
Band
noch
einmal
live,
original
und
authentisch,
aufleben
zu
lassen.
Das
Bandprojekt
nennt
sich
THE
MUSICAL
BOX
und
erblickte,
quasi
als
Re-Inkarnation
von
GENESIS,
1993
in
Kanada
das
Licht
der
Rockwelt.
Von
Genesis
und
Peter
Gabriel
erhielten
sie,
nach gründlicher Prüfung, die Lizenz, die Jahre von 1972 bis 75 für eine bestimmte Zeit noch einmal live aufleben zu lassen.
Mir
kam
die
Kunde
von
THE
MUSICAL
BOX
und
den
Konzerten
eher
zufällig
unter.
Ein
Freund
machte
mich
aufmerksam.
Ich
suchte,
ich
fand
und
letztlich
fuhr
ich
nach
Berlin
zu
einen
Konzert.
Die
Arena
am
Ufer
der
Spree
war
in
zwei
Hälften
geteilt
und
in
dem
mit
Vorhängen
und
Traversen
abgetrennten
Teil
im
Innern
fanden
wir
drei
große
Sitzblöcke
vor.
Allein
dadurch
waren
wir
auf
einmal
in
die
nahe
Vergangenheit
versetzt,
denn
die
frühen
Konzerte
von
Genesis
fanden
in
Theatern
und
ähnlichen Räumlichkeiten statt.
Die
Bühne
zeigte
einen
originalen
Nachbau
der
früheren
Dekorationen
nach
den
Vorlagen
von
damals
und
selbst
die
Instrumente
und
Verstärker
wurden
extra
für
diese
Shows
„ausgegraben“.
Aus
anderen
Quellen
kann
man
erfahren,
dass
es
für
die
Musiker
gar
nicht
so
leicht
war,
an
altes
und
originales
Equipment
zu
kommen,
um
den
Sound
aus
jenen
Jahren
wieder
authentisch
auferstehen
zu
lassen,
denn
die
Shows
sollten
bis
in
kleinste
Detail
rekonstruiert
werden.
So
suchte
man
Instrumente
jener
Zeit
wie
Melllotron
und
Hammondorgel,
Gitarren,
Basspedale
und
sogar
Tubular
Bells.
Lange
wurde
getüftelt,
um
den
alten
Sound
wieder
neu
entstehen
zu
lassen
und
für
die
Shows
durfte
man
sogar
185
Originaldias
sowie
die
entsprechenden
Projektoren
der
frühen
Original-Shows
von
Genesis
verwenden.
Entsprechend
hoch
waren
auch
die
Erwartungen,
die
man
als
Konzertbesucher
letztlich
an
so
ein
Ereignis
stellte.
Von
meiner
eigenen
Neugier
und
Hoffnung,
endlich einmal ein Gefühl und einen realistischen Eindruck jener Jahre zu bekommen, mal völlig abgesehen.
Schon
von
den
ersten
Klängen
an
war
klar,
dass
dies
vollständig
gelungen
schien.
Der
Live-Sound
war
dermaßen
nah
am
Klang
der
Platteneinspielungen
und
außerdem
verdammt
laut,
dass
ich
befürchtete,
es
könne
zumindest
mir
das
ganze
Konzerterlebnis
verhageln.
Zu
meiner
Überraschung
war
aber
jedes
noch
so
kleines
Detail,
das
man
von
den
Platten
kannte,
deutlich
und
ohne
Einschränkung,
zu
hören
und
wieder
zu
erkennen.
Diese
Perfektion
schien
schon
fast
an
ein
Wunder
zu
grenzen,
doch
ganz
offensichtlich
wurde
bei
„Watcher
Of
The
Skies“,
das,
so
glaube
ich,
am
Beginn
der
Show
gespielt wurde, live musiziert.
Seitdem
ich
diese
Musik
von
GENESIS
zum
ersten
Mal
gehört
hatte,
konnte
ich
nun
endlich
auch
die
filigrane
optische
Umsetzung
der
Kompositionen
live
erleben.
Überhaupt
war
jedes
Detail
der
Show
vollständig
auf
den
Inhalt,
statt
wie
meist
bei
Rock-Konzerten
üblich,
auf
die
Wirkung
ausgerichtet.
Die
Bühnendekoration
im
Hintergrund
wechselte
in
der
Abfolge
der
Songs
sowie
während
deren
Darbietung
mit
Hilfe
von
farbigen
Lichtspielen,
Diaeinblendungen
und
kurzen
Filmsequenzen ihr optisches Erscheinungsbild und es schien, als würden selbst auch die Musiker darin einbezogen.
Ganz
links
am
Bühnenrand
saß
FRANCOIS
GAGNON,
der
mit
seinen
Gitarren
den
Part
des
Gitarristen
Steve
Hackett
ausfüllte.
An
seiner
Seite
stehend
SEBASTIAN
LAMOTHE,
der
wie
Mike
Rurtherford,
je
nach
Notwendigkeit,
Bass
und
Gitarren
spielte.
Beide
halten
sich
meist
dezent
im
Hintergrund
und
werden
nur
in
den
Phasen,
wo
es
die
Dramaturgie
verlangt,
optisch
in
Szene
gesetzt.
Auf
der
ganz
rechten
Seite
sitzt
DAVID
MYERS,
wie
einst
auch
Tony
Banks,
hinter
einem
Arsenal
von
Tasten
fast
versteckt
und
hinter
ihm,
vom
Instrumentarium
verdeckt,
MARTIN
LEVAC
am
Schlagzeug
und,
wie
Phil Collins auch, den Frontmann beim Gesang unterstützend.
Die
Rolle
des
Peter
Gabriel
füllt,
für
mein
Verständnis,
perfekt
DENIS
GAGNÈ
im
Mittelpunkt
des
Geschehens
aus.
So
wie
einst
Peter
Gabriel
schlüpft
er
in
die
unterschiedlichen
Masken
und
auch
Verkleidungen,
die
für
die
jeweiligen
Songs
und
deren
Gestaltung
notwendig
sind.
Das
macht
er
dermaßen
authentisch,
bis
hin
zum
Ablauf
und
zu
den
Texten
der
verbindenden
Ansagen,
dass
man
wirklich
meint,
dort
vorn
PETER
GABRIEL
und
GENESIS
live
zu
erleben.
Ganz
offenbar
passt
auch
das
Timbre
seiner
Stimme,
sowohl
beim
Gesang,
als
auch
bei
den
Wortpassagen
ziemlich
genau
zu
dem
vom
Vorbild.
Es
ist
schlicht
erstaunlich,
wie
prägnant,
perfekt
und
wie
in
jedes
Detail
verliebt,
die
gesamte
Show
über
dieses
Niveau
gehalten
wird.
Es
gab
immer
mal
wieder
staunende
Ausrufe
des
Publikums
oder
Zwischenapplaus
allein
der
Wirkung
wegen.
Ich
habe
„Watcher
Of
The
Skies“
(Beobachter
der
Lüfte)
dermaßen
intensiv
erlebt,
über
den
Umgang
und
die
Wirkung
von
Masken
und
visuellen
Effekten
gestaunt,
dass
ich
glaubte,
so
etwas
besser
und
noch
einmal
nicht
mehr
geboten
zu
bekommen.
Gleiches
gilt
für
„Get
’Em
Out
By
Friday“
sowie
„Return
Of
The
Giant
Hogweed”,
wobei
wahrscheinlich
ohne
gute
Kenntnis
der
englischen
Sprache
viele
humorvolle
Details
der
Zwischentexte,
wie
zum
Beispiel
bei
„Firth
Of
The
Fith“,
verloren
gingen.
Aber
selbst
für
einen,
der
vielleicht
sogar
alles
verstanden
haben
kann,
war
es
wohl
schwierig,
die
Fülle
der
Details,
optisch,
akustisch
oder
der
Dramaturgie,
auf
ein
Mal
zu
verarbeiten.
Ich
selbst
habe
die
mir
bekannte
Musik
eher
unterbewusst
in
mich
aufgesogen,
aber
für
alles
andere,
was
da
optisch
geschah,
wohl
nur
großes
Staunen
gefühlt
und erlebt.
Am
Ende
der
Show,
so
wie
man
es
vom
Album
GENESIS
„Live“
(1973)
kennt,
standen
die
Darbietung
von
„The
Musical
Box“
sowie
„The
Knife“.
Darauf
hatten
offensichtlich
auch
alle
in
der
Berliner
ARENA
gewartet.
Der
Song
„The
Musical
Box“
erzählt
die
surrealistische
Geschichte
zweier
Geschwister,
Henry
und
Cynthia,
die
ihren
Bruder
mit
einem
Cricket-Schläger
tötet,
indem
sie
seinen
Kopf
in
eine
Musik-Box
schlägt.
Der
Songs
aus
dem
Album
„Nursery
Cryme“
(Verbrechen
im
Kinderzimmer)
ist
einer
der
Kult-Songs
der
Engländer
und
endet
in
einer
finalen
„Closing
Section“,
die
vor
allem
durch
ihr
markantes
Orgelspiel
in
der
Schluss-Szene
berühmt
geworden
ist.
Ähnliches
gilt
auch
für
„The
Knife“
vom
Album
„Trespass“
(1970).
Diese
beiden
Klassiker
einmal
live
und
quasi
wie
im
Original
in
den
frühen
1970
Jahren
erlebt
zu
haben,
gehört
zu
den schönsten Erfahrungen, seitdem ich zu Konzerten fahre.
Während
des
gesamten
Konzertes,
und
im
Innenraum
sowieso,
war
das
Fotografieren
der
Show
aus
rechtlichen
Gründen
strengstens
untersagt.
Nachdem
alles
vorüber
war,
bin
ich
noch
zum
Stand
der
Band
im
Foyer
gegangen
und
hatte
Glück.
Zwei
der
Bandmitglieder
von
THE
MUSICAL
Box
kamen
nach
draußen.
Es
gibt
zwar
keine
Platten
oder
CD’s
der
Band,
aber
man
konnte
dort
ein
Plattencover
erwerben,
dass
in
seiner
Gestaltung
dem
Doppel-Album
„The
Lamb
Lies
Down
On
Broadway“ von GENESIS nachempfunden ist.
Dieses
Cover
habe
ich
mir
vom
Drummer
und
vom
Gitarristen
als
Erinnerung
signieren
lassen.
Das
wirklich
sehr
schöne
Teil
hat
einen
Ehrenplatz
in
meiner
Sammlung
gefunden.
Für
alle,
die
bisher
keine
Chance
hatten,
die
Kanadier
live
zu
erleben,
können
mit
etwas
Glück
irgendwo
deren
Live-DVD
finden
und
sich
dann
in
aller
Ruhe
und
zu
Hause
von
den
Darbietungen
der
MUSICAL
BOX
aus
Kanada
verzaubern
lassen.
Allerdings,
so
hilfreich
ein
solcher
Silberling
auch
sein
mag,
vermittelt
er
nicht
mal
ansatzweise
den
Eindruck,
den
man
bei
einem
Konzert
von
THE
MUSICAL
BOX
zu
sehen
und
zu
hören
bekommt.
Meine
leise
Hoffnung
ist,
die
Kanadier
mögen
sich
noch
einmal
in
meine
Nähe
verirren
und
die
Lizenz
zum
Abtauchen
in
die
frühen
Genesis-Jahre
in
der
Tasche
haben.
Dann
wäre
ich
noch
einmal
dabei
und
würde
mir
die
surrealistischen
Märchen
für Erwachsene noch einmal vorsingen lassen.
Foto: Bodo Kubatzki, 2010