Mighty Oaks – wenn “mächtige Eichen” singen
02.08.2014
Dieser
schwüle
Sommer
macht
träge
und
die
letzten
Tage
hier
rauben
mir
Energie.
„Meine
Batterie
ist
alle“,
sang
vor
gefühlten
tausend
Jahren
eine
rauchige
Stimme
und
genau
so
ist
mir
derzeit.
An
Schlaf
und
Entspannung
ist
nicht
wirklich
zu
denken
und
so
muss
ich
einen
anderen
Ort
finden,
wo
ich
mich
auftanken
und
entspannen
kann.
Es
sollte
ein
Ort
mit
einem
„singenden
klingenden
Bäumchen“
sein,
hatte
ich
mir
vorgestellt.
Kein
Ort
„Alt
wie
ein
Baum“,
wie
eine
gealterte
Rock-Kapelle,
mit
einer
Herde
Wehmut
im
Gefolge,
in
ihren
letzten
Stunden
bis
hin
zum
Ultimo
Ratio
auf
der
finalen
Bühne
trällert,
sondern
mich
gelüstet
nach
unverbrauchten
und
frischen
Liedern.
Mir
ist
noch
nicht
nach
Abgesang,
während
die
Generation
der
jungen
Wilden
mit
ihren
Fühlern
schon
längst
ihren
neuen
Helden
huldigt.
Dort
wollte
ich
sein,
da
möchte
ich
Frische
laden,
den
Blick
nach
vorn
in
die
Zukunft,
statt
nach
hinten
blickend,
„wie
war
es
doch
schön“
zu
sülzen.
Ich
will
noch
einmal
raus
aus
dem
Mief,
musikalisch
und
sowieso.
Neugier
ohne
Vergessen,
Veränderung ohne Trauer. Das ist meine „Lust auf Abenteuer“.
Der
Möglichkeiten
gibt
es
viele
und
das
gilt
bei
Weitem
nicht
nur
für
Jugendliche,
sondern
auch
und
noch
immer
für
jung
Gebliebene.
Man
sollte
loslassen
können
weit
vor
dem
letzten
Ton
und
sich
die
Lust
auf
neue
Entdeckungen
und
Horizonte
bewahren,
ehe
die
auch
schon
wieder
zu
Altern
beginnen.
Da
bringt
es
nichts,
alten
Gedanken
neue
Kleider
zu
verpassen.
Das
begreift
man,
je
knapper
die
Zeit
dafür
wird
und
das
Gespür
dafür
wird
auch
immer
schärfer,
so
meine Erfahrung. Also raus und hinein in unbekannte Gefilde.
Bei
meiner
Suche
bin
ich
auf
„Mächtige
Eichen“
gestoßen.
MIGHTY
OAKS
waren
vor
Jahresfrist
noch
ein
Geheimtipp
unter
den
Alternativen.
Inzwischen
ist
das
Geheimnis
den
Kinderschuhen
entwachsen,
aber
noch
immer
ein
Symbol
für
Größe,
für
Weite,
Kraft
und
Romantik
–
so
wie
eine
gewaltige
Eiche
eben.
Die
drei
jungen
Herren
habe
ich
vor
Jahresfrist
in
Dresden
verpasst,
aber
diesmal
fahre
ich
den
drohenden
Gewitterwolken
und
dem
angekündigten
Starkregen
entgegen,
hoch
zum
„Weißen
Hirsch“
auf
den
Elbhängen.
Gleich
hinter
dem
Parkhotel
beginnt
der
dichte
Wald
und
dort
kuschelt
sich
eine
wunderschöne
Bühnenanlage,
der
Konzertplatz
„Weißer
Hirsch“,
unter
die
gewaltigen
Baumwipfel im weiten Rund. Warum eigentlich war ich noch nie hier?
Ganz
langsam
füllt
sich
der
Platz
vor
der
Bühne.
Andere
haben
am
hinteren
Rand
unter
einem
Dach
ihren
Platz
gefunden
und
wieder
andere
holen
sich
Klappstühle,
um
sich
einfach
mitten
in
das
Areal
zu
setzen.
Es
ist
eine
bunte
Mischung
aus
jungem
Volk,
Studenten,
Bewohner
der
Neustadt
vielleicht
und
einigen
wenigen,
zu
denen
ich
gehöre.
Die
Bezeichnung
„alternativ“
passt
ganz
gut
und
plötzlich
fühle
ich
mich,
eingebettet
in
junge
Weiblichkeit,
richtig
gut,
als Momente später so ein unscheinbarer Typ auf der Bühne sitzt, eine Gitarre nimmt – und dann stockt mir der Atem.
CHARLIE
CUNNINGHAM
ist
Engländer,
aber
mit
seiner
Gitarre
versetzt
er
mich
von
jetzt
auf
gleich
in
spanische
Stimmung.
Sein
Spiel
auf
den
Nylonsaiten
schein
vom
Flamenco
inspiriert,
ist
scharf
und
schnell
im
Anschlag
sowie
unwahrscheinlich
exakt
rhythmisch.
Bei
seinem
Spiel
bekommt
man
das
Gefühl,
mit
einer
„dritten“
Hand
würde
sein
Instrument
außerdem
zur
Perkussion
benutzt
und
doch
ist
es
ein
schlichter,
aber
sehr
wirksamer
eigener
Still,
den
wir
hier
präsentiert
bekommen.
Dieser
Typ
sitzt
da
vorn
auf
einem
Stuhl,
seine
Füße
ganz
eigenartig
fest
aneinander
gestellt,
als
müssten
sie
sich
gegenseitig
stützen.
Doch
der
ganze
Körper
umschließt
die
Gitarre,
mit
deren
Saiten
zwei
Hände
für
eine
halbe
Stunde
seltsam
schöne
Melodien
zaubern,
zu
denen
eine
ebenso
ausdruckstarke
Stimme
intime
Lieder singt.
Ich
stehe
vor
diesem
Oval
und
staune
einfach
nur.
Da
vorn
sitzt
einer,
beinahe
einsam
und
allein,
und
erinnert
mich
von
seiner
ganzen
Erscheinung
her
ein
wenig
an
Paco
de
Lucia,
spielt
aber
Folk
auf
eine
sehr
markante
Weise,
die
mich
an
Nick
Drake
erinnert.
Bei
Drake
fühlte
es
sich
an,
als
käme
er
nicht
von
dieser
Welt
und
in
diesen
Live-Momenten
habe
ich
wieder
diese
bitter-süßen
Empfindungen,
als
würde
da
vorn
einer
mit
sich
selbst
meditieren.
Diese
Musik
klingt
fein
und
intensiv
geschliffen,
ist
mit
vielen
kleinen
Verzierungen
bestückt
und
wirkt
dadurch
unheimlich
kompakt.
Eines
dieser
Lieder
ist
„Outside
Things“
(Außerhalb
der
Dinge)
und
genau
so
wirkt
es
auch
auf
mich.
Das
alles
passt
perfekt
zueinander.
Dieser
CHARLIE
CUNNIGHAM
beeindruckt
mich
eine
ganze
halbe
Stunde
lang
mit
seiner
Musik
und
als
er,
beinahe
unauffällig,
wieder
geht,
bleibt
Staunen
zurück
und
das
Gefühl,
hier
etwas
Außergewöhnliches
erlebt
zu
haben.
Diesen Musiker sollte man unbedingt weiter im Auge behalten.
Inzwischen
hat
sich
der
Konzertplatz
mit
einigen
hundert
Besuchern
gefüllt.
Zwischen
den
Bäumen
kann
man
den
Himmel
erkennen
und
der
verspricht
uns,
dass
es
trocken
bleiben
wird.
Auf
der
Bühne
wird
fleißig
umgebaut
und
davor
drängen
sich
immer
mehr
Leute
zwischen
Teenager
und
Mitte
bis
Ende
dreißig.
Meine
Generation
vertrete
ich
allein,
aber
stolz,
mich
unter
das
„junge
Gemüse“
gewagt
zu
haben.
Wir
sprechen
trotzdem
miteinander
und
so
erfahre
ich
ganz
persönliche
Beweggründe,
sich
ein
Konzert
der
MIGHTY
OACHS
anzusehen.
Da
weiß
ich
plötzlich
wieder,
dass
Leben
doch
anders
ist
als
das,
was
man
manchmal
dafür
vorgegaukelt
bekommt.
Hier
tickt
ein
anderer
Puls
und
ich
denke
an
jene
Jahre,
als
wir,
mit
Schlaghosen
und
Beatles-Look,
auch
anders
sein
wollten.
Genau
dort,
nur
eben
Generationen später, bin ich zum Auftanken angekommen.
MIGHTY
OAKS
sind
drei
junge
Männer.
Einer
unterschiedlicher
als
der
andere,
denn
sie
kommen
aus
den
USA,
aus
England
und
aus
Italien.
Zufällig
traf
man
sich
in
Deutschland,
fand
Gemeinsamkeiten
heraus,
durchlebte
aber
unterschiedliche
Stationen
und
Jobs,
ehe
sie,
nun
als
Musiker,
alle
drei
in
Berlin
leben.
Der
Bandname
„Mächtige
Eichen“,
hat
mit
all
dem
nichts
zu
tun,
sondern
ist
ein
Symbol
für
die
musikalischen
Vorlieben,
die
sie
miteinander
teilen
und
gemeinsam
ausüben.
Erdiger
Folk
mit
Gitarren,
Mandoline
und
Bass,
trotzig
und
ehrlich,
das
Zeitalter
der
digitalen
Sounderzeugung beinahe ignorierend. Das hatte mich neugierig gemacht und deshalb bin ich hier.
Ein
Schlagzeug
klopft
seinen
Rhythmus,
ein
Piano
steigt
mit
wenigen
Akkorden
ein
und
der
Klang
von
einer
Gitarre
ergänzt
das
Spiel.
Aus
der
Stille
einer
kurzen
Pause
erklingt
mehrstimmig
harmonisch
der
Gesang
von
drei
Männerstimmen.
Da
vor
mir
singen
sie
„Oh
I
run
away
far
from
this
place
I
go“
und
beinahe
hätte
ich
eine
Träne
im
Augenwinkel
gehabt,
so
weit
entrückt
und
wunderschön
klingt
dieses
„Horsehead
Bay“.
So
muss
es
damals
überall
in
Kalifornien
geklungen
haben,
denke
ich
so
für
mich,
und
doch
bin
ich
„Zwanzig
Vierzehn“
in
Dresden,
Weißer
Hirsch.
Warum nicht einfach aufgreifen und ergänzen, was schon immer gut und richtig war?
An
diesem
Abend
bekommen
wir
vorwiegend
die
neuen
Songs
von
ihrem
ersten
Longplayer
zu
hören,
der
gerade
auch
als
Vinyl
erschienen
ist.
Lieder
wie
das
vor
Harmonien
trunkene
„Seven
Days“
oder
das
dezent
vorgetragene
„Back
To
You“,
stehen
mit
ihrem
mehrstimmigen
Gesang
zur
Gitarren-
und
Pianobegleitung
unüberhörbar
in
der
Tradition
solcher
Bands
wie
Buffalo
Springfield
oder
Amerika,
deren
„Horse
With
No
Name“
in
dieser
Stunde
durch
den
Wald
zu
galoppieren
scheint.
Die
Parallelen
drängen
sich,
wie
bei
„Just
One
Day“,
förmlich
auf
und
dennoch
rockt
gerade
eine
neue
Generation
mit
ihrer
ganz
eigenen
Identität.
Jedoch
immer
dann,
wenn
Lieder
wie
„Captain’s
Hill“
erklingen
und
eine sehr persönliche Geschichte erzählen, spürt man den Atem anderer Zeiten sehr deutlich.
Sänger
und
Gitarrist
IAN
HOOPER,
aus
dem
Nordwesten
der
USA
kommend,
ist
die
zentrale
Figur
des
Trios.
Der
langhaarige
kleine
Mann,
mit
Bart,
Hut
und
freundlich
lächelnden
Augen
darunter,
singt
aus
seinem
eigenen
Leben
und
Erleben.
Barfuss
stehend
singt
er
in
seinen
Texten
von
kleinen
Episoden,
zu
denen
er
melancholische
Melodien
findet,
die
mitunter
Ohrwurmcharakter
haben.
Dann
wird
hinter
mir
fleißig
mitgesungen.
Von
den
Geschichten
dahinter
erzählt
er
in
fließendem
Deutsch,
rutscht
aber
schnell
in
seine
Muttersprache
ab,
wenn
er
von
seinen
eigenen
Gedanken
überrannt
wird.
Gemeinsam
mit
seinen
beiden
Freunden
CRAIG
SAUNDERS,
Bass
und
Mandoline,
aus
England
und
CLAUDIO
DONIZELLI,
am
Piano
oder
mit
Gitarre,
aus
Italien
sind
sie
offenbar
eine
Band,
die
gerade
exakt
den
Nerv
junger
Menschen
zu
treffen
scheint.
Unterstützt
werden
die
drei
Musiker
bei
diesem
Konzert
von
einem
bestens
aufgelegten
Drummer
aus
Österreich,
der
sich
unauffällig,
aber
wirkungsvoll
in
die
Band
integriert.
Dieses
„Just
One
Day“
zum
Beispiel
entwickelt
einen
beinahe
unglaublich
schönen
Charme
und
dennoch
ist
der
Sound,
der
es
von
der
Bühne
katapultiert,
beinahe
nüchtern
und
völlig
transparent.
Man
freut
sich
und
tanzt
neben
mir
einfach
mit.
Es
ist
die
beste Musik, die mir an diesem schwül-warmen Sommerabend passieren konnte.
Zwischen
die
neuen
Lieder
streuen
MIGHTY
OAKS
einige
wenige
ihrer
älteren
Kompositionen.
So
von
ihrer
ersten
EP
„The
Great
Nordwest“
und
von
einer
anderen
das
mitreißende
„Picture“,
mehrstimmig
zu
dezenter
Piano-Begleitung
gesungen.
Spätestens
jetzt
haben
sie
in
einem
„alten
Sack“
einen
neuen
Fan
an
ihrer
Seite,
der
gerade
seine
Batterien
im
blauen
Licht
der
Spots
und
beim
treibenden
Spiel
der
Gitarre,
das
mich
entfernt
an
The
Edge
von
U2
erinnert,
auflädt und sich am Klang von „So Low, So High“ erfreut.
Ich
bin
total
begeistert
von
der
Musik,
die
ich
gerade
entdecke.
Doch
die
Masse
hinter
mir
scheint
auf
einen
ganz
besonderen
Song
zu
warten
und
den
bekommen
sie,
als
CRAIG
seinen
Bass
gegen
eine
Mandoline
eintauscht
und
der
bärtige
IAN
meint,
man
könne
seine
Freundin
auf
die
Schulter
heben,
um
besser
sehen
zu
können
–
und
dann
geht
die
Party
mit
„Brother
(I
Follow
You)“
richtig
los,
mit
mir
mittendrin.
Kein
Gedanke
an
irgend
so
eine
Abschiedstour.
Hier
rockt
die
Jugend
und
Stunden
später
werde
ich
aufgeklärt,
dass
„Brother“
ja
im
Radio
gerade
rauf
und
runter
gespielt
wird.
Was
bin
ich
da
stolz
auf
mich,
dass
ich
den
Weg
zu
den
Gesängen
der
„Mächtigen
Eichen“
ganz
allein
und
ohne
Radio gefunden habe!
Die
Stimmung
ist
schon
lange
auf
dem
Höhepunkt
und
MIGHTY
OAKS
bei
und
auf
„The
Golden
Road“
angelangt.
Mit
„Horse“,
einem
dynamischen
Reißer,
wollen
die
Drei
ihr
Konzert
beenden
und
treffen
natürlich,
wenn
wundert’s,
auf
massiven
Widerspruch
und
Zugaben-Rufe.
Man
lässt
sich
nur
ein
paar
Momente,
bis
zum
erneuten
Erscheinen,
bitten.
Jetzt
erst
bekommen
wir
mit
„Howl“
den
Titelsong
der
aktuellen
Scheibe
zu
hören
und
ganz
zum
Schluss
erklingt
noch
einmal
die
Mandoline
bei
„Driftwood
Seat“.
Da
ist
die
ganze
Faszination
von
MIGHTY
OAKS
in
einem
einzigen
Stück
komprimiert
und
die
Freude
am
Folk’n’Rock
wird
von
einem
ausgelassenem
Publikum
gefeiert.
Keine
Routine,
keine
Rituale
und
auch
keine
Banalitäten,
sondern
nur
Musik,
wie
sie
lebensfroh
und
moderner
derzeit
wohl
kaum
sein
kann.
Manchmal
erwischt
man
so
einen
Moment
und
man
ist,
statt
auf
eingefahrenen
Wegen
zu
wandeln,
auf
einer
spannenden
Entdeckungsreise
wieder
mittendrin
in
der
realen
Musiklandschaft
und
dennoch
weit
davon
entfernt,
den
Massengeschmack
nachzukauen.
Nur
hätte
ich
am
Einlass
für
mein
Geld
auch
gern
ein
schön
gestaltetes
Ticket
von
MIGHTY OAKS erstanden, statt einfach einen blassen Stempel auf den noch blasseren Unterarm zu bekommen.
Der
Starkregen
muss
in
der
Nacht
auf
einem
anderen
Ort
nieder
geprasselt
sein.
Die
wenigen
Tropfen
Regen
auf
dem
Rückweg
zu
meinem
Blechfreund,
sind
im
schweißnassen
T-Shirt
nicht
spürbar.
Noch
immer
ist
es
schwül
und
mir
ist
heiß
vom
Erleben
der
MIGHTY
OAKS.
Ich
war
gerade
an
einem
Ort
voller
Sehnsüchte
und
Magie,
fernab
von
Klischees
und
musikalischer
Alltagskost.
Manchmal
braucht
es
den
Schritt
in
die
richtige
Richtung,
ohne
sicher
zu
sein,
was
der
übernächste
bringen
wird.
Ein
Ziel
wird
sich
erst
später
zeigen,
falls
es
eins
gibt.
Aber
dann
weiß
man
wenigstens,
dass
man
noch
viel
vor
sich
und
all
das
Hinderliche
weit
hinter
sich
gelassen
hat.
Die
Aura
und
das
Charisma
von
drei
„Mächtigen Eichen“ haben mir ein wenig dabei geholfen.