Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Mein besonderer Sommer ’88 27.06.2013 Dieser Sommer des Jahres 1988 war sicher einer, wie jeder andere. Genau kann ich mich an jenen Sommer gar nicht mehr erinnern. Ich müsste wirklich meine Fantasie bemühen, um da noch einiges zusammen zu bekommen und dennoch, dieser Sommer 1988 war völlig anders. Plötzlich und beinahe wie aus heiterem Himmel wird die kleine, eingeengte DDR, wo einer dieses „Jeh, Jeh, Jeh“ ganz und gar nicht ausstehen konnte, von internationalen Rock-Giganten „heimgesucht“. JOE COCKER gibt zwei umjubelte Konzerte in Dresden und Berlin, DEPECHE MODE bringen die New-Wave-Kids und Berlin zum Brodeln und der Boss, „Born In The USA“, rockt vor einer unübersehbaren Menschenmasse in Berlin-Weißensee gegen den Wind und die „Barrieren“. Angeblich bekommen die letzten Reihen vom Sound schon nichts mehr mit, aber sie sind dabei und mittendrin im tanzenden Gewühl. Eine tanzt sogar mit ihm auf der Bühne. So gesehen, war „Mein Sommer ’88“ schon völlig anders, als die vorherigen. Auch ich war mittendrin im Gewühl. In Dresden auf der Blüherwiese, so wird man uns später sagen, warten mehr als 80.000 Fans auf JOE COCKER und erleben dort ein Konzert der Superlative, eines, das JOE COCKER so nie wieder erleben wird. Hochemotional und voller übersprudelnder Begeisterung. So zumindest habe ich diesen Abend in Erinnerung und Jahre später wird auch der Star des Abends, wie auch im Film dokumentiert, ähnliche Worte finden. Um Erinnerungen geht es auch in dem Film „Mein Sommer ’88“, der heute, am 27.06.2013, in Berlin seine Vor-Premiere erleben wird. Die Vorhersehung und wer weiß, wer noch, wollten, dass ich beim Entstehen des Streifens einen Tag lang eingebunden war und nun im Filmtheater KOSMOS bei dieser Vor-Premiere dabei sein darf. Alles noch einmal zurück spulen, alles noch einmal erleben. Mit diesem Gefühl fahre ich nach Berlin, warte im Auto den plötzlichen Regenguss aus heiterem Himmel ab und stehe dann erwartungsvoll vor dem Bau, der mal ein Filmtheater war und heute eine noble Discothek beherbergt. Es gibt schon sehr komische kulturelle Metamorphosen in diesem Land. Drinnen erwartet mich gelassene Geschäftigkeit und eine freundliche Dame vom MDR, die mich etwas später ein paar Treppen hinauf in den „Backstage“ Bereich entführt. Hier lerne ich auch die beiden anderen Zeitzeugen kennen. Der eine spricht noch immer voller Begeisterung von SPRINGSTEEN und dem Konzert vor 160.000 Fans aus der ganzen DDR und der andere erinnert sich an das Konzert von DEPECHE MODE und hat dabei noch immer diesen Glanz in den Augen. Bei der kurzen Abstimmung mit dem Moderator des Abends, Knut Elstermann, ist auch KATHARINA FRANKE anwesend, die man noch als Frontfrau der RAINBIRDS kennt und damals ebenfalls, allerdings im Vorprogramm, auf der Bühne stand. Ebenfalls auf der Bühne dabei, als Support für JAMES BROWN, war DIRK ZÖLLNER, der gerade seine Band neu formiert hatte und den berühmten „Käfer auf’m Blatt“ sang. „Scholle“, wie ihn seine Freunde und Fans nennen, ist ebenfalls als Zeitzeuge im Film, so wie KATHARINA FRANKE auch, zur Vor-Premiere geladen. Dann sitze ich im Saal, der mit schwarzen Fliesen ausgelegt ist, und habe Gelegenheit, all die vielen Menschen zu beobachten, die ebenfalls dabei sein werden. Im Gewühl sind viele bekannte Gesichter als Gäste zu erkennen, die, wie ich auch, mit Spannung auf die Aufführung des Films warten. Kurze Begrüßung und dann geht es los. Neunzig Minuten später bin ich emotional ziemlich aufgeladen, aufgewühlt und auch erfreut darüber, wie der Film geworden ist. Schöne Story, tolle und seltene Live-Sequenzen, interessante Gespräche und haufenweise noch interessantere Hintergrundinformationen, aus denen sich manchmal so etwas wie tragik-komische Momente ergeben, bei denen der ganze Saal lacht. Manchmal wurde auch mal zwischendurch spontan geklatscht. Nach dem Film bat Moderator Knut Elstermann den Produzenten DANIEL REMPSBERGER, und den Regisseur, CARSTEN FIEBELER, nach vorn. Sie erhielten natürlich den gebührenden Applaus und bekamen Gelegenheit für ein paar Worte. Nach und nach wurden auf diese Weise alle Akteure auf das Podest gebeten, wo sie alle das erste Mal aufeinander trafen. Ist ein schönes Gefühl, mitten unter ihnen zu stehen und dabei gewesen zu sein. Zum Schluss noch ein Gruppenfoto für alle sowie die Presse und dann sprich Knut Elstermann den berühmten Satz: „Das Buffet ist eröffnet.“ So ein Gewühl ist nichts für mich und Bier verträgt mein Blechfreund auch nicht, zumal im Verkehr der Großstadt. Ich habe es genossen, hier einfach nur mittendrin zu sein und das Erlebte und Gesehene vor meinem geistigen Auge noch einmal Revue passieren zu lassen, miteinander abzugleichen. Das ist gar nicht so einfach und dann werde ich auch noch angesprochen. Ein Gast, der sich als damaliger Polizeichef zu erkennen gibt und wohl eine der wichtigen Unterschriften zu leisten hatte, wie er mir verrät. Und außerdem wäre das Joe Cocker-Konzert in Dresden, so auch seine eigene Erinnerung, das intensivere von beiden gewesen. Auch WOLFGANG ZIEGLER kommt auf mich zu, wir sprechen kurz über seine neue CD und auch mit „Scholle“ kann ich im Gewühl ein paar Worte wechseln. So schön dieses Erlebnis unter so vielen Promis auch sein mag, eine Stunde vor Mitternacht verlasse ich das KOSMOS wieder. Ich steige in meinen Blechfreund und verlasse die nächtliche City in Richtung Autobahn, zurück in mein normales Leben, dorthin, wo ich wirklich hin gehöre und verwurzelt bin.