Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Erinnerungen an die deutschen Lords 23.03.2011 Eine meiner frühesten Erinnerungen an den Beat-Club vom WDR sind die fünf jungen Herren mit der Prinz-Eisenherz- Frisur, den schwarzen Anzügen mit Rüschenhemden und den Gamaschen an ihren Schuhen. Die hüpften zu Ihrer Musik und wirbelten die Beine wie beim Cancan. Nur, dass es eben kein Cancan war, sondern frischer Beat aus deutschen Landen. Jene Nummer, die mich und zig-tausende Jungendliche jener Tage begeisterte, hieß „Poor Boy“. Damals war ich ein Teenager von 16/17 Jahren und spielte mit der Schulkapelle, FraHaMas, nach den Anfangsbuchstaben unserer Vornamen genannt, diese Nummer von den Lords, bis uns die Fingerkuppen schmerzten. Wer jene Zeit Mitte der 1960ern miterlebt hat, der weiß, was ich meine. „Poor Boy“ war so etwas wie ein Gassenhauer, den fast jeder mitsingen konnte, auch wenn er den Text nicht verstand und die Melodie nie gehört hatte. Mal ganz davon abgesehen, dass wir zu dieser Musik wunderbar „rumhotten“ konnten. Wahrscheinlich wurde in diesen Stunden auch das Spiel mit der Luftgitarre erfunden, und zwar von uns allen. Lord Ulli war der Sänger der LORDS und das Mikro warf er meistens von einer Hand in die andere, so dass der Eindruck entstand, es würde vor dem Sänger in der Luft schweben. Die LORDS haben alle Wirren, Modemätzchen und Schubläden des Business überstanden. Selbst Punk, New Wave und Neue Deutsche Welle konnten ihnen nichts anhaben. Sie überlebten viele Tiefschläge, wie einen schweren Autounfall, und stilistische Wechsel vom traditionellen Greensleeves“ und „Shakin’ All Over“ über „Gloryland“ und „Have A Drink On Me“ bis „And At Night“ und letztlich „Stormy“, ihrer sicher besten kompakten Album-Einspielung von 1989 mit dem Puhdys-Cover „1992“ („Doch die Gitter schweigen“). Im Juni 1996 erlebte ich die LORDS zum ersten und einzigen Mal live auf einer Bühne, anlässlich des jährlichen Heimatfestes in Annaburg. Der Veranstalter hatte die Kapelle als Höhepunkt gebucht. Als ich vor dem Konzert mit Freunden über den Schlosshof schlenderte, bemerkte ich die fünf Herren, die in ihrer „Bühnengarderobe“ quer über das Veranstaltungsgelände zielsicher in Richtung Bierausschank liefen. All meinen Mut zusammenraffend, habe ich mich damals einfach daneben gestellt und Lord Ulli angesprochen. Ich erzählte ihm beim Bier von meiner Jugend- und Pennezeit mit der Schüler-Kapelle und der Musik der 1960er, zu denen die Lords als Idole zählten. Gemeinsam tranken wir unser Bier und schwärmten von den „alten Zeiten“, während ich den Idolen meiner Jugendzeit in die vom harten Musikantenleben geprägten Gesichter sehen konnte. Ich war unfassbar glücklich. Die Fotos vom Konzert stellte mir die Lokalredaktion der “Lausitzer Rundschau” zur Verfügfung - DANK dafür. Natürlich hatte ich ein Plattencover dabei und natürlich haben sich alle mit ihre Unterschriften darauf persönlich verewigt. Dieses Heiligtum hat seither einen besonderen Stellenwert und Platz in meiner kleinen Sammlung. Diese Selbstverständlichkeit, sich einfach unter das „Volk“ zu begeben, Kontakte zu ermöglichen und auch zuzulassen, sind die besonderen Höhepunkte eines Fanlebens. Leider erlebt man so etwas heute immer seltener. Das Konzert war der Hammer! Ich fühlte mich in Beat-Club-Zeiten zurück katapultiert und habe all die schönen Gassenhauer und Rock’n’Roll - Klassiker - „Gloryland“, „Have A Drink On Me“, „Shakin’ All Over“, „Poison Ivy“ - mit einem Bier in der Hand mitgesungen. Was anderen eine Sonntagsmesse in ihrer Kirchgemeinde ist, war mir dieses Rock-Konzert mit den Lords an jenem Samstagabend. Ich sah die Lords den CanCan tanzen, ich hörte Ulli mit seiner unverkennbaren Stimme singen und Sprüche klopfen. In einem meine er damals, dass die Band wohl bis zum Ende ihrer Tage auf den Bühnen stehen werde und am besten wäre es auch, so Lord Ulli fast wörtlich, auf diesen Bühnenbrettern eines Tages einfach umzufallen und das wär’s dann………… Im Verlauf ihrer Tour „40 Jahre Lords“ spielte die Band drei Jahre später am 9. Oktober 1999 in Potsdam. Auf der Bühne erleidet Lord Ulli einen Schwächeanfall und stürzt so unglücklich auf die Bühne, dass er sich eine Schädelfraktur zuzieht. Am 13. Oktober 1999 verstirbt der Leader und Sänger der LORDS an deren Folgen in einem Potsdamer Krankenhaus. Es ist nahezu genau das eingetreten, was er öfter mal auf der Bühne orakelt hatte… Die LORDS gibt es immer noch! Die Band und ihre Musik gibt es jetzt fast 50 Jahre und nur noch die amerikanischen VENTURES sowie die englischen SHADOWS haben eine ähnlich lange Band-Historie aufzuweisen. Die Herren ZAMULO, BAUER, TERSTAPPEN & LIETZ scheren sich einen Dreck darum, was gerade irgendwo „angesagt“ oder „Mode“ ist. Sie machen ehrliche Musik, ohne Schnörkel und Mätzchen und sie sind noch immer dort, wo sie schon immer waren auf den Bühnen des Landes. Nicht als ein Stück deutscher Beat- und Rockgeschichte, als lebende Rock-Fossile zum Bestaunen, sondern noch immer als Musiker und Kumpels. Genau so hatte ich sie mir in meiner Jugend immer vorgestellt, so habe ich sie geliebt und genau so erlebte ich sie in Annaburg. So werden sie bleiben, die LORDS…..“Que Sera, Sera“…..“Was sein wird, wird sein“, zumindest in meiner Erinnerung.