Tagesreise und Meeresfahrt – Konzert mit LIFT 1977 26.10.1977
Meinem
postjugendlichen
Alter
geschuldet,
war
es
mir
vergönnt,
viele
der
heutigen
Ostrock-Größen
schon
zu
einer
sehr
frühen
Zeit
und
noch
beim
Jugendtanz,
später
in
Konzerten,
live
zu
erleben.
Als
die
Eltern
mancher
Leser
gerade
erst
begannen,
sich
füreinander
bei
der
Disco
zu
interessieren
oder
sich
möglicherweise
noch
gar
nicht
kannten,
von
der
heutigen
App-Generation
ganz
zu
schweigen,
habe
ich
mir
die
Vorgänger
der
Puhdys,
von
City
und
Karat
oder
Modern
Soul,
mit
einem
Stehbier
in
der
Hand,
vom
Rand
der
Tanzfläche
aus
betrachtet
und
reingezogen.
Was
manchem
heute
als
Vorteil
erscheint,
hat
allerdings
zur
Folge,
dass
mir
heute,
von
alters
wegen
und
nach
einem
Stehkonzert
die
Knochen
schmerzen.
So
dicht
liegen
„Vor-
und
Nachteile“
manchmal
beieinander,
aber
ich
muss
mir
andererseits
auch
nicht
von
irgendwelchen
Leuten, die niemals dabei waren, erzählen lassen, wie es damals war. Ich weiß es – Ende der Durchsage!
Das
Konzert,
um
das
es
hier
geht,
fand
am
26.
Oktober
1977
im
Gesellschaftshaus
Elsterwerda
statt
und
ich
habe
es
damals,
gemeinsam
mit
Gleichgesinnten,
organisiert.
Konzipiert
waren
insgesamt
drei
Konzerte
ROCK-MIX
2
als
Anrecht,
über
der
als
inhaltliche
Idee
„Klassik,
Rock
&
Adaptionen“
stand.
Es
waren
die
Hoch-Zeiten
von
Bands
wie
ELP,
Yes
oder
Genesis,
deren
konzeptionelle
Auswirkungen
auch
bei
Gruppen
der
DDR
ihren
Widerhall
fanden.
Das
wollten
wir
mit
unseren
bescheidenen
Mitteln
aufgreifen
und
mit
der
Musik
von
drei
ausgewählten
Bands,
Lift,
Electra
und
Bayon,
live
zum
Klingen
bringen.
Im
Oktober
hatten
wir
LIFT
auf
dem
Plan,
einen
Monat
später
dann,
ebenfalls
aus
Dresden,
ELECTRA
und
als
krönenden
Abschluss
sollte
im
Dezember
BAYON
aus
Weimar
ein
Konzert
geben.
Für
dieses
Dreierpaket
hatten
wir
extra,
vorbei
an
gesetzlichen
Regelungen,
eine
Anrechtskarte
drucken
lassen,
um
die
hässlichen
Karten
von
der
Rolle
nicht
benutzen
zu
müssen
–
ja,
wir
haben
damals
auch
schon
versucht,
Stil
zu
entwickeln
und
ganz
bewusst
verhärtete
Krusten
aufzubrechen!
Es
war
vieles
möglich
in
diesem
Land
und
nicht
alles,
was
man heute (nach)geplappert hört, ist auch tatsächlich so gewesen.
Der
W50
von
LIFT
mit
der
Technik
fuhr
nachmittags
am
Bühneneingang
vor
und
etwas
später
trafen
auch
die
Musiker
ein.
GERHARD
ZACHAR
und
HENRY
PACHOLSKI
sind
mir
als
ruhige
und
bescheidene
Kumpels
in
Erinnerung
geblieben,
die
gern
mal
einen
Scherz
auf
den
Lippen
hatten.
In
gleicher
Weise
TILL
PATZER,
ein
Musikant
mit
Haut
und
Haaren
und
von
Anfang
an
in
der
Band
dabei.
Den
ruhigen
WOLFGANG
SCHEFFLER
habe
ich
als
einen
in
der
Musik
versunkenen,
stillen
Perfektionisten
in
meiner
Erinnerung,
während
MICHAEL
HEUBACH
auch
schon
mal
einen
flotten
Spruch
auf
den
Lippen
hatte.
Der
Schlagzeuger
WERTHER
LOHSE
und
alle
anderen
Bandmitglieder
gaben
sich
wie
die
Kumpels
von
nebenan
und
entsprechend
angenehm
war
der
Umgang
vor
und
nach
dem
Konzert,
eines
von
denen,
das
ich
von
Beginn
an
sehr
entspannt
genießen
konnte,
ohne
auch
nur
zu
ahnen,
dass
es,
nicht
nur
für
mich,
historisch
werden
würde.
LIFT
spielte
in
dieser
Zeit
mit
einem
Arsenal
verschiedener
Keyboards,
was
auf
so
einer
kleinen
Bühne
in
der
Provinz
ein
beeindruckendes
Bild
ergab.
Besonders
auffällig
habe
ich
das
weiße
Mellotron
von
„Scheffi“
in
Erinnerung,
das
bei
einigen
der
schönen
Lieder
zum
Einsatz
kam.
LIFT
spielte
im
Konzert
schon
damals
fast
ausschließlich
eigenes
Material,
das
der
Band
ihren
typisch
eigenen
Sound
verlieh.
Natürlich
erklangen
die
heute
noch
berühmten
Gänsehaut-Balladen
wie
„Jeden
Abend“,
„Komm
her“
und
„Abendstunde,
stille
Stunde“.
Die
beiden
Keyboarder,
MICHAEL
HEUBACH,
dem
schon
damals
ein
besonderer
Ruf
voraus
eilte,
und
der
begnadete
WOLFGANG
SCHEFFLER
glänzten
mit
Bearbeitungen
von
Rick
Wakeman’s
„Six
Wives
Of
Henry
VIII.“.
Die
„Sechs
Frauen“
ist
ein
Konzept-Album,
das
unter
Fans
bis
in
heutige
Tage
einen
Kultstatus
innehatte.
Es
war
schon
erstaunlich,
mit
welcher
Perfektion
die
beiden
Keyboarder
„Jane
Seymour
/
Anne
Boleyn“
aus
den
Tasten
von
Orgel,
e-Piano,
Mellotron
und
Synthesizer
zauberten.
Es
war
auch
das
einzige
Mal
in
meinem
Leben,
das
ich
diese Stücke live gespielt gehört habe.
Etwa
in
der
Konzertmitte
kündigte
ZACHAR
ein
eigenes
16-Minuten-Opus
an,
das
an
jenem
Abend
in
Elsterwerda
noch
keinen
Namen
hatte,
aber
später
der
zweiten
Amiga-LP
„Meeresfahrt“
den
Namen
geben
sollte.
Die
Live-Fassung,
die
wir
damals
zu
hören
bekamen,
wurde,
im
Unterschied
zur
späteren
LP-Version,
von
HENRY
PACHOLSKI
gesungen.
Ich
habe
diese
deutsche
Fassung
als
ungemein
kräftig
und
ausdrucksstark,
getragen
von
PACHOLSKI’s
einfühlsamer
Interpretation,
in
meinem
Gedächtnis
für
den
Rest
meines
Lebens
abgespeichert.
Auch
ein
knappes
Jahr
später,
während
der
Tour
durch
Polen
hat
HENRY
PACHOLSKI
die
Suite
„Meeresfahrt“
gesungen
und
als
Geste
an
die
Gastgeber
sogar
in
polnischer
Sprache.
Einen
Mitschnitt
von
diesem
Ereignis
hat
damals
auch
DT64
gesendet
und
das
Originalband
lagert,
sicher
unantastbar,
in
irgendwelchen
Archiven
des
Rundfunks
ungenutzt
herum.
Nur
einige
wenige
Fans
und
Musiker
besitzen
diesen
Mitschnitt
heute
als
„Bootleg“
und
hüten
es
wie
ihren
eigenen
Augapfel
als
Erinnerungen
an
einen
der
großartigsten
Sänger
und
Texter,
den
dieses
kleine
Land
je
hatte.
Bis
heute
ist
mir
unverständlich
geblieben,
warum
auf
der
Amiga
-
LP
die
Stimme
von Werther Lohse eingespielt und technisch in den Hintergrund gemischt wurde.
Die
sechsköpfige
Band
spielte
sich
während
des
Konzerts
die
Seele
aus
dem
Leib.
MICHAEL
HEUBACH
und
WOLFGANG
„Scheffi“
SCHEFFLER
brillierten
an
den
Tasten
und
hatten
offensichtlich
viel
Freude
an
ihren
Künsten,
während
ein
von
sanft
bis
entfesselt
singender
PACHOLSKI
dieser
einmaligen
Band
eine
Seele
und
ein
Gesicht
geben
konnte.
Die
von
ihm
gesungenen
Stücke
empfand
ich
als
die
Perlen
des
Abends:
„Und
es
schuf
der
Mensch
die
Erde“,
„Jeden
Abend“.
Einer
der
ganz
großen
Momente
war
die
Live-Version
von
HEUBACH’s
„Tagesreise“,
die
er
für
die
Bürkholz
Formation
komponiert
hatte,
mit
der
Horst-Krüger-Band
den
Weg
aufs
Vinyl
fand
und
nun
mit
LIFT
zu
neuen
und
kraftvollen
Ehren
während
ihrer
Live-Konzerte
kam.
Niemals
zuvor
und
niemals
wieder
danach
habe
ich
dieses
doch
so
einmalige
Stück
(ost)deutscher
Musikgeschichte so dynamisch und mit so viel Hingabe gespielt, von einer Band gehört.
Die
beiden
unterschiedlichen
Sänger,
HENRY
PACHOLSKI
und
WERTHER
LOHSE,
der
in
jener
Phase
eigentlich
Schlagzeuger
war,
machten
eine
Besonderheit
der
Gruppe
LIFT
aus
und
eine
weitere
war
sicher
das
Arsenal
unterschiedlicher
Tasteninstrumente,
das
von
zwei
stilistisch
unterschiedlichen,
aber
auch
zwei
sehr
prägenden
Musikern
beherrscht
wurde.
Die
Band
stand
damals
ohne
Zweifel
vor
ihrem
absoluten
künstlerischen
Höhepunkt
und
klanglich
in
einem
Guss
auf
der
Bühne.
Ich
weiß
noch,
als
wäre
es
gestern
gewesen,
dass
uns
ganz
zum
Schluss
Werther
Lohse
den
Gary
Brooker
gab
und
die
begeisterte
Menge
mit
den
Klängen
von
„A
Whiter
Shade
Of
Pale“
nach
Hause
schickte.
Das
war
ein
unvergesslicher
Konzertabend
und,
wie
ich
später
wusste,
auch
einmaliger
und
unwiederholbarer
Moment,
den
wir
vor
mehr
als
35
Jahren
erleben durften.
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Das
komplette
Konzert
hatte
ich
damals
mit
meinem
„Russischer
Freund“,
einem
Tonbandgerät
Marke
„Jupiter“,
mitgeschnitten.
Jahre
später
bin
ich
umgezogen
und
dieser
Mitschnitt
ist,
wie
manch
andere
und
für
damalige
Begriffe
„unwichtige“
Erinnerung
auch,
auf
der
Strecke
geblieben.
Manchmal
trennt
man
sich
vom
falschen
„Kram“
und
hebt
andererseits Dinge auf, von denen man sich hätte trennen können.
Im
Jahre
1978
wurde
die
LP
„Meeresfahrt“
mit
der
16-minütigen
Suite
als
Titelstück
veröffentlicht.
Auf
ihrer
Tournee
durch
Polen
verunglückten
der
Sänger
und
Texter
HENRY
PACHOLSKI
sowie
der
Bassist
und
Bandleader
GERHARD
ZACHAR
bei
einem
Autounfall
tödlich.
Nach
dieser,
für
die
Band
und
Fans
gleichermaßen,
einschneidenden
und
tragischen
Zäsur
war
die
Zeitrechnung
für
LIFT
eine
andere.
Mir
und
meinen
Freunden
bleibt
die
Erinnerung
an
ein
historisches
Konzert
sowie
einige
seltene
Kleinode
zum
Erinnern
und
Aufbewahren.
Wenn
es
eine
“Mission“
des
Bewahrens
und
Erinnerns
geben
sollte,
dann
begreife ich mich als kleinen Teil derselben.
Autogrammkarte von 1977 und die Rückseite eines signierten Fotos vom Konzert.