Laura Gibson – Songs aus Stille in Zeitlupe
01.09.2017
Wenn
man
die
65
überschritten
hat,
landet
man
vor
dem
Fernseher,
im
Schrebergarten
oder
auch
bei
einem
Wanderverein,
sagte
neulich
einer
zu
mir.
Doch
beim
Wandern
bin
ich
gern
allein
in
der
Natur,
im
Schrebergarten
würde
ich
Nutzpflanzen
statt
Unkraut
entsorgen
und
das
Fernsehprogramm
macht
Menschen
nur
dumm
und
stumpf.
Ich
reise
lieber
zu
den
Rock-Oldies
wie
Spencer
Davis
oder
sitze
in
einem
kleinen
Club
und
lausche
den
Liedern
mir
völlig
unbekannter
Musiker
aus
Übersee.
Dabei
fühle
ich
mich
manchmal
wie
ein
Entdecker,
der
seinen
Horizont
zu
erweitern
sucht.
In
meinen
Jahren
als
„Vor-Rentner“
hatte
ich
oft
solche
Begegnungen
an
Orten,
wo
eine
Gitarre
und
Mikrofon
genügen,
um
in
neue
frische
Musikwelten
abzutauchen.
Heute
freue
ich
mich
auf
eine
Amerikanerin
aus
Portland
in
Oregon,
deren
Ankündigung
meine
Neugier
geweckt
hat.
Bis
vor
wenigen
Stunden
hatte
ich
nicht
die
geringste
Ahnung,
was mich erwarten würde.
Was
ich
vorab
von
LAURA
GIBSON
im
Netz
fand,
klang
ungewöhnlich
und
machte
mich
neugierig.
Wer
es
in
den
Vereinigten
Staaten
schafft,
nur
mit
minimalistisch
aufgenommenen
eigenen
Liedern
auf
sich
aufmerksam
zu
machen,
sollte
auch
mich
überzeugen
können.
Kurz
entschlossen
finde
ich
mich
einige
Stunden
später
im
Volksbad
Buckau
wieder.
Hier
war
ich
schon
mehrmals
aus
gleichem
Grund
und
bin
nie
enttäuscht
worden.
Noch
ist
der
kleine
Saal
fast
leer.
Auf
der
Bühne
nur
Mikrofonständer,
Kerzen
und
ein
Klavier,
davor
einige
aufgehübschte
alte
rote
Tonnen
und
kleine
Tische, um etwas abzulegen. Am Rand suche ich mir ein Plätzchen und warte.
Würde
LAURA
GIBSON
irgendwo
im
Publikum
stehen,
sie
würde
bestenfalls
durch
ihren
hellen
Blazer
auffallen.
Selbst
vor
dem
Mikrofon
erweckt
sie
zunächst
einen
Eindruck,
als
wäre
es
ihr
unangenehm,
da
vor
uns
zu
stehen.
Sie
zupft
kaum
hörbar
die
Saiten
ihrer
kleinen
Gitarre
und
beginnt
zu
singen.
Eine
Stimme
wie
aus
dünnem
Glas,
durchsichtig,
filigran
und
faszinierend
leise,
zwingt
fast
wie
Magie
zum
Hinhören.
Man
könnte
eine
Nadel
fallen
hören,
so
leise
ist
es
plötzlich,
als
sie
von
„Good
Words“
(guten
Worten)
singt.
Drei
Minuten
lang
traut
sich
kaum
jemand
zu
atmen
und
beim
nächsten
Song
„Damn
Sure“
(Verdammt
sicher)
passiert
das
Gleiche
wieder.
Der
Gesang
ist
auf
wundersame
Weise
eindringlich,
dass
es
sich
anfühlt,
als
wolle
die
Stille
in
Zeitlupe
explodieren.
Diese
Lieder
klingen
nach
Folk-Music
und
sind
doch
irgendwie
gefühlt
ganz
anders
gestrickt.
Erst
im
Laufe
des
Abends
werde
ich
erkennen,
wie
simpel
genial
die
kleinen Kunstwerke der LAURA GIBSON gebastelt sind.
Es
stört
mich
auch
nicht,
dass
diese
Lieder
eine
Stimmung
aus
düsterer
Traurigkeit
ausstrahlen,
einen
Hauch
von
Melancholie
verbreiten,
wie
ich
sie
von
frühen
Songs
eines
Donovan
auch
kenne
und
liebe.
Die
Dame
da
vorn
allerdings,
zupft
ihre
Saiten
minimalistisch
sparsam.
Fast
möchte
man
es
Klimpern
nennen.
Doch
die
Akkorde
und
gezupften
Töne
füllen
die
Stille
zwischen
ihren
Worten
und
weben
so
ein
dichtes
und
zartes
Klangkunstwerk.
Etwas
Ähnliches
habe
ich
vor
Jahren
schon
einmal
in
Dresden
erlebt,
als
ich
die
junge
New
Yorkerin
Tiny
Vipers
im
Thalia-Kino
sah.
Nach
dem
Konzert bestätigt mir LAURA GIBSON diese Vermutung und sie lächelt, als ich sie darauf anspreche.
Zu
sparsamer
Gitarrenbegleitung
hören
wir
live
die
Lieder
ihres
aktuellen
Albums
„Empire
Builder“,
das
sie
auf
dieser
Tour
durch
Europa
vorstellt.
Im
Vergleich
zum
Tonträger
wirken
solche
Songs
wie
„Not
Harmless“
(Nicht
schadlos)
oder
„The
Search
For
Dark
Lake“
(Suche
nach
dem
dunklen
See)
live
und
solistisch
geradezu
schon
nackt
und
beeindrucken
mich
genau
aus
diesem
Grund.
Sie
offenbaren
ihre
Substanz
und
sie
müssen
Vergleiche
zu
den
Folk-Ahnen
nicht
scheuen.
Ich
schaue
auf
ihre
Finger
und
sehe,
so
könnte
ich
(nach
einiger
Übung)
auch
wieder
Gitarre
spielen,
wie
viele
Songs
meiner
alten
Folk-Heroen
auch.
Zwei
Mal
am
Abend
setzt
sich
LAURA
GIBSON
an
das
Piano
und
bezaubert
auch
dort
mit
ihrem
filigranen
Spiel
auf
den
Tasten.
Ich
stehe
quasi
daneben
und
kann
ihr
direkt
auf
die
Finger
schauen.
Es
ist
die
gleiche,
sparsame
Vorgehensweise,
wie
auf
den
Gitarrensaiten
und
der
gleiche
entrückte,
einzigartige
Gesangsstil, der zum Träumen verleitet und Bilder ins Kopfkino malt.
Einige
Lieder
stechen
für
meinen
Geschmack
besonders
heraus.
So
der
düster
schöne
„Funeral
Song“
mit
einer
Lyrik,
die
viel
Raum
zum
Spinnen
und
Träumen
bietet:
„Wenn
diese
nackten
Wände
singen
könnten,
würden
sie
uns
ein
Beerdigungslied
singen
…
ist
die
Zeit
wie
Schnitzerei
in
deiner
Haut.“
Sie
singt
von
„Animals“
(Tiere),
vom
Gedanken,
„dass
wir
am
Ende
nur
wie
Tiere
sind“.
So
etwas
klingt
nicht
nur
verträumt
schön,
sondern
wirkt
gleichzeitig
erschreckend
visionär
durch
den
Kontrast
zu
den
Worten.
Man
braucht
den
angebotenen
Faden
nur
aufzunehmen
und
weiter
zu
spinnen.
Für
mich
persönlich
stehen
solche
Lieder
in
einer
Reihe
mit
vielen,
die
mich
schon
in
den
60er
Jahren
fasziniert
haben,
immer
noch
Folk,
aber
das
heutige
Zeit-
und
Lebensgefühl
spiegelnd.
Ich
glaube,
diese
Frau
hat
das
Zeug,
größere
Dimensionen
zu
erreichen,
aber
dann
kann
man
sie
auch
nicht
mehr
so
nah
und
intim,
in
Clubs
wie
diesem,
erleben.
Auch
das
ist
ein
Reiz,
solche
kleinen
Clubkonzerte
intensiv
zu
genießen.
Hier
entdecke
ich
noch
Details,
sehe
die
Finger
auf
den
Gitarrensaiten
und
kann
erfragen,
wie
die
Worte
zu
den
Tönen
entstanden
sind.
Schon
bei
einer
Sarah Lesch ist so ein Unterfangen zum Scheitern verurteilt.
Irgendwann
sind
alle
Lieder
des
neuen
Albums
live
erklungen.
Wäre
es
genau
so
aufgenommen,
wie
ich
es
gerade
erlebe,
es
wäre
ein
Spiegel
voll
nackter
Emotionen.
Das
scheinen
die
anderen
im
Saal
wohl
auch
so
zu
empfinden
und
erklatschen
sich
am
Ende
noch
drei
Zugaben:
Am
Klavier,
mit
Gitarre
und
ein
letztes
Stück
solistisch
mit
Chor.
LAURA
GIBSON
teilt
uns
in
zwei
Gruppen
und
lässt
uns
den
Background
für
„The
Rushing
Dark“
intonieren,
das
sie
a-capella
mit
uns
singt:
„Als
ich
noch
jung
war,
sagten
sie
mir,
dass
die
Zukunft
ein
Papierhimmel
sei.“
–
Was
für
ein
schlichtes
Gleichnis
und
es
fühlt
sich
an,
wie
Teil
einer
indianischen
Zeremonie,
irgendwo
in
Oregon
(oder
anderswo).
Ein
gefühlvolles und intimes Gemeinschaftserlebnis bildet den Abschluss des Abends. Wie wundervoll!