Kondschak singt Gundermann (in Leipzig)
18.04.2019
Schon
viele
Menschen
und
Gruppen
habe
ich
Gundermann
singen,
sprich
interpretieren,
hören.
Zuerst
allerdings
Gundermann
selbst.
Das
war
im
März
1983
in
unserem
Klub
die
„STUBE“
in
Elsterwerda.
Da
erschien
er
mir
noch
irgendwie
zappelig,
halbfertig
sowie
ungelenk.
Das
vor
allem
wohl,
weil
ich
selbst
in
jenen
Tagen
noch
genau
so
war:
zappelig,
halbfertig
und
ungelenk.
Erst
sehr
viel
später
wurde
mir
der
Wert
der
Worte
und
die
Unvergänglichkeit
der
Melodien
bewusst,
vor
allem
aber
die
Erscheinung
des
Mannes,
der
sie
seiner
Generation
und
ihren
Nachfahren
schenkte.
Erst
nach
seinem
Tod
begriff
ich
wirklich,
wer
uns
unwiederbringlich
verloren
gegangen
war.
Ein
schmerzhaftes
Gefühl
in
einer
Zeit,
in
der
viele
meiner
Wertevorstellungen
umzukippen
drohten,
ein
Gefühl
der
Ohnmacht,
das
ich
meist
nur
in
bestimmten
sehr
emotionalen
Momenten
hatte:
Lennon,
Niemen,
Cäsar,
Tamara,
Rolf
Hoppe, mein Vater - Wende.
Seit
dem
umjubelten
Gundermann-Tribut
im
Juni
2008
–
ich
stand
an
jenem
Abend
mit
vielen
Freunden
in
der
ersten
Reihe
–
habe
ich
miterleben
dürfen,
wie
seine
Lieder
von
anderen
Künstlern
aufgenommen
und
weitergetragen
wurden.
Allen
voran
die
Randgruppencombo,
Christian
Haase
und
seit
dem
Tribut
auch
wieder
seine
originale
Band,
die
Seilschaft.
Seit
einiger
Zeit
allerdings
beschleicht
mich
so
ein
Gefühl,
als
bekäme
das
alles
eine
unwirkliche
Komponente
und
Gundi
einen
Sockel
unter
seine
Füße
geschoben,
den
er
sicher
nicht
gewollt
hätte,
vermute
ich.
Nach
dem
Gundi-
Film,
der
mich
emotional
sehr
bewegt
hat,
reifte
in
mir
die
Idee,
mich
wieder
mehr
dem
Original
zuzuwenden,
die
echten
Lieder
wirken
zu
lassen,
statt
deren
zigsten
Interpretationen,
seien
sie
auch
noch
so
gut
gemacht.
Ich
hatte
es
einfach
über,
dieses
Aufspringen
auf
einen
gut
geschmierten
rollenden
Zug.
In
genau
diesen
Tagen
kommt
plötzlich
der
HEINER
KONDSCHAK
von
der
Randgruppencombo
mit
seinem
neuen
Projekt
um
die
Ecke
und
bemüht
sich,
Gundermann-Lieder
doch
noch
einmal
in
anderer
Form
zu
präsentieren,
die
mich
neugierig
macht.
Also
fahre
ich
in
den
Süden
von
Leipzig,
zum
Werk
2,
und
hoffe
auf
so
etwas
wie
eine
kleine
Offenbarung.
„Wo
nachts
im
Wald
die
Steine
schrein“
hat
er
die
neue
Scheibe
genannt
und
ich
hoffe
sehr,
„der
Sänger
wird
nicht
schweigen“,
sondern
singen
(„Es
kommt der Tag“). Er wird es dennoch schwer haben, mich noch einmal umzustimmen, denke ich etwas trotzig.
Es
ist
irgendwie
ein
eigenartig
schönes
Gefühl,
vor
dem
Konzert
wieder
auf
Freunde
zu
treffen.
Lange
Wochen
Konzertabstinenz,
aufgrund
einer
heftigen
Erkrankung,
liegen
endlich
hinter
mir
und
meinen
letzten
Begegnungen
mit
Peggy,
Tamara,
Achim,
KUO
und
Gabi.
Für
mich
fühlt
es
sich
ein
wenig
wie
demütiges
„Nochhierseindürfen“
an
und
auch
wie
Glück.
Ich
genieße
es,
wieder
in
der
Meute
sein
zu
dürfen
und
gemeinsam
mit
ihnen,
sowie
Klaus,
aus
dem
alten Kahn für zwei Stunden ein Schiff voller Piraten zu machen.
Alle Fotos auf dieser Seite kann man durch Anklicken vergrößern.
Im
Zwielicht
einer
in
dunkelrotes
Licht
getauchten
Bühne
betreten
die
Schatten
von
drei
Musikern
die
Szenerie
und
wir
hören
den
typischen
Klang
einer
Mandoline.
Der
Abend
beginnt
einer
Inszenierung
gleich
und
rein
instrumental.
„Donnat“
heißt
das
spannende
Stück
und
das
erhöht
die
ohnehin
große
Erwartungshaltung
noch
ein
wenig
mehr
und
wir
im
Saal
hören
ihnen
zu.
Es
ist
mucksmäuschenstill,
ehe
das
Klatschen
vieler
Hände
und
lautes
Rufen
den
Moment
Stille
ablösen
und
HEINER
KONDSCHAK
uns
begrüßen
kann.
In
gewohnt
liebevoller
Manier
stellt
er
seine
beiden
Mitstreiter
dieser
Tour,
MONA
MARIA
WEIBLEN
sowie
CHRISTIAN
DÄHN,
vor.
Im
Laufe
dieses
Abends
werden
wir
staunen,
welches
vielseitige
Arsenal
an
Instrumenten
die
drei
einsetzen
werden
und
damit
„nur
Lieder“
erklingen
lassen.
Schon
bei
„Soll
sein
(Is’
doch
nur’n
Lied)“
erleben
wir
zwei
von
MONA
MARIA
und
HEINER
synchron
gespielte
Saxophone.
Damit
bekommt
der
altbekannte
Song
schon
einmal
eine
völlig
neue
Einfärbung
und
bleibt
dennoch
das
schöne
Hoffnungslied
vom
fliegenden
Teppich
und
dem
Zauberpferd.
Beinahe
unmerklich
nimmt
uns
dieser
HEINER
KONDSCHAK
bei
der
Hand
und
entführt
uns
in
„Gundermann’s
Mikrokosmos,
der
so
allgemeingültig
ist“
(O-Ton
Kondschak) und mit vielen wundervollen Wortbildern gespickt.
So
wie
das
von
den
„schwarzen
Schafen,
die
weiße
Schwäne
werden“.
Gerade
noch
habe
ich
wieder
so
ein
kleines
Intermezzo
mit
kleinem
„Zerrwanst“
bestaunt,
da
kommt
von
der
Bühne
eine
treibende
Bass-Figur
in
den
Saal
gestampft,
von
der
„Es
kommt
der
Tag“
getragen
wird
und
jeder
hört
nun,
„da
schweigen
all
die
Sänger
und
die
Steine
werden
schrein“.
Eine
tolle
Idee,
ein
Lied,
scheinbar
formal
fest
gegossen,
ein
wenig
aufzutröseln,
um
es
neu
gebunden
auf
die
Reise
zu
schicken.
Das
macht
er
mit
„Meines
Vaters
Land“
ebenso,
wie
mit
der
liebenswerten
„Brunhilde“,
die
beide,
durch
ein
weiteres
Zwischenspiel
getrennt,
unser
aller
Begeisterung
auslösen.
Im
Grunde
scheint
es,
als
mache
es
den
Musikern
einfach
nur
Spaß,
jedes
Mal
eine
neue
kleine
Idee
aus
dem
Ärmel
zu
zaubern.
Ja,
es
grenzt
beinahe
an
Zauberei,
wenn
HEINER
KONDSCHAK
ein
langes
Vorspiel
ankündigt
und
meint,
er
wolle
es
uns
damit
nicht
leicht
machen,
den
nächsten
Song
zu
erkennen.
Genau
das
schafft
er
auch
und
dann
schält
sich
„Oweh
Oweh“
aus
einem
instrumentalen Umhang heraus. Das ist einfach wunderbar und ein Genuss außerdem.
Es
ist
schlicht
erstaunlich,
mit
welcher
Leichtigkeit
dieser
Theatermann
und
leidenschaftliche
Musiker
den
Gundermann-
Ideen
nach
so
langer
Zeit
doch
noch
einmal
filigrane
und
neue
Facetten
abzuringen
vermag.
Ganz
ohne
Krampf
und
mit
unheimlich
viel
Vergnügen.
Mal
sitzt
er
dabei
am
Piano,
mal
steht
HEINER
mit
einem
Saxophon
lang
aufgeschossen
dahinter,
um
beim
nächsten
Mal,
seine
langen
Beine
lässig
übereinandergeschlagen,
dem
Banjo
im
Schoß
flotte
Läufe
zu
entlocken.
Doch
das
alles
wäre
nur
die
halbe
Miete,
wenn
MONA
MARIA
WEIBLEN
nicht
ebenso
überzeugend
Bass
spielend,
die
Viola,
Whistle
oder
auch
Saxophon
blasend,
ihm
links
zur
Seite
stünde
und
zur
Rechten
CHRISTIAN
DÄHN
locker
und
flockig
mit
ganz
unterschiedlichen
Percussionsinstrumenten,
bis
hin
zum
Xylosynth
(sehr
beeindruckend),
sowie
zur
Violine,
die
neuen
Klangkleider
mit
schillerndem
Beiwerk
versehen
würden.
Dieses
kleine
„Kammer“Musik-
Orchester erweist sich als wahrer Quell von Kreativität, feinsinnigem Humor und spielerischer Lust.
Inzwischen
haben
die
drei
Musiker
meine
anfänglichen
Zweifel
sowie
Bedenken
an
die
Wand
gespielt
und
mich
mehrfach
schlicht
aus
der
Reserve
ge-
und
somit
laute
Jubellaute
entlockt.
Chapeau,
ich
bin
tatsächlich
begeistert
und
dabei
folgen
mit
„Brigitta“,
dem
„Hochzeitslied“
aus
Feuerstein-Zeiten
und
der
zauberhaften
„Linda“
immer
noch
weitere
Perlen,
neu
ausstaffiert,
hinterdrein.
Bei
„Und
musst
du
weinen“
grinst
er
mich
(oder
jemand
anderen?)
einfach
an
und
da
weiß
ich,
in
der
Pause
kaufe
ich
mir
(s)einen
neuen
Silberling.
Diese
sechzehn
Euronen
sollen
meine
Erben
später
nicht
bekommen.
Dann
schon
lieber
eine
CD,
die
sie
auch
erst
entdecken
und
erobern
müssen,
ehe
sie
etwas
davon
haben werden. Da muss ich dann auch grinsen.
Es
gibt
eine
wundervolle
Melodie,
die
stammt
nicht
vom
Gundi,
sondern
vom
Polen
Marek
Grechuta,
die
er
mit
seiner
Band
Anawa
für
das
Album
„Korowod“
(„Reigen“,
1971)
eingespielt
hatte.
Dieses
Lied
war
schon
im
Original
ein
Hit,
ehe
es
Gundermann
1988
als
„Männer
und
Frauen“
für
„Männer,
Frauen
und
Maschinen“
(1988)
noch
einmal
neu
belebte.
Daran muss ich denken, als ich es jetzt neu und live zu hören bekomme.
Es
reiht
sich
ein
kleiner
Höhepunkt
an
den
nächsten
und
dennoch
gibt
es
zwei
Momente,
die
sowohl
Augen
und
Ohren
gleichermaßen
erst
überraschen
und
dann
begeistern.
Als
MONA
MARIA
mit
zarter
Stimme
„Überlebe
wenigstens
bis
morgen“
zu
singen
beginnt,
ahnt
noch
niemand,
dass
dieser
Song
in
ein
wahres
Percussions-Gewitter,
gespielt
von
CHRISTIAN
DÄHN
mit
dem
Cajon,
münden
wird.
Noch
sitzt
er
im
Hintergrund,
doch
Sekunden
später
hat
er
die
kleine
Kiste
schwungvoll
an
den
Bühnenrand
bugsiert,
sich
darauf
gesetzt
und
ballert
uns
schnelle
Beats
als
Sechzehntel-
Rhythmen
um
die
Ohren.
Mir
klappt
schlicht
der
Unterkiefer
nach
unten.
So
rasant
schnell
habe
ich
das
bisher
noch
nie
erlebt!
Der
Saal
tobt,
es
gellen
Pfiffe
und
die
Stimmung
siedet
wie
kochende
Lava.
Und
genau
daran
schließt
sich
eine
wundervolle
neue
Version
von
„Vater“
an
und
diesmal
ist
es
der
Klang
eines
Sägeblattes,
das
CHRISTIAN
zart
mit
einem
Bogen
streichelt.
So
emotional
habe
ich
eine
Achterbahnfahrt
der
Gefühle
bei
einem
Konzert
selten
erlebt.
Als
wäre
das
nicht
schon
genug,
singt
MONA
MARIE
ein
wundervolles
„Herzblatt“
im
Anschluss.
Da
bin
ich
tatsächlich
gerührt
und
spüre einen Kloß im Hals.
Durch
den
Konzertabend
hindurch
führt
uns
HEINER
mit
sprachlichen
Erinnerungen
an
Gundermann.
Er
zitiert
zwischendurch
aus
geschickt
ausgewählten
Originalmoderationen
sowie
Interviewtexten
und
setzt
so
dessen
Gedankenwelt
direkt
neben
unser
heutiges
Tagesgeschehen
–
und
das
macht
ein
Mal
mehr
betroffen,
wollen
wir
alle
nicht
„
kleben
wie
tote
Fliegen
an
dem
süßen
Leim,
zu
dem
man
Schicksal
sagt“.
Dieser
Typ
kam
schon
damals
singend
mit
Gedanken
daher,
die
man
auch
heute
noch
nicht
besser
in
Worte
fassen
kann.
Das
ist
es,
so
denke
ich
mir,
was
die
Faszination
dieser
Lieder
für
uns
ausmacht.
Nur
wenige
Meter
von
der
Bühnenkante
entfernt
sitze
ich
und
applaudiere
diesen
drei
Vollblutmusikern
für
ihre
große
Leidenschaft,
noch
einmal
neu
über
die
Noten
zu
sehen,
sie
anders
zu
erfühlen
und
dann
auf
die
Bühne
zu
bringen.
Das
ist
heute
Abend
ganz
großes
Kino
geworden
und
ja,
ich
bin
umgestimmt und innerlich sehr glücklich, den Weg nach Leipzig, dank der Fahrhilfe von Klaus, gefunden zu haben.
An
dieser
Stelle,
so
höre
ich
von
der
Bühne,
sei
jetzt
Schluss
und
das
Konzert
am
Ende.
Pustekuchen,
mein
Lieber,
und
das
wissen
die
drei
natürlich
auch.
Zwar
verbeugen
sie
sich
standesgemäß,
um
aber
sofort
wieder
zu
ihren
Instrumenten
zu
gehen.
Zwei
Saxophone,
MONA
MARIE
und
HEINER
synchron
und
nebeneinander
stehend,
spielen
eine
etwas
andere
Einleitung
für
„Gras“
und
dann
wird
auch
im
Saal
gesungen.
Nur
beim
nachfolgendem
„Fliegendem
Fisch“
wird
es
ganz
leise.
Es
ist
das
letzte
Lied,
das
Gundi
bei
seinem
letzten
Konzert
in
Krams
live
gespielt
hatte.
Selbst
zwanzig
Jahre
danach
kann
man
die
Betroffenheit
immer
noch
spüren
und
in
Gesichtern
ablesen.
Er
fehlt,
so
einfach
ist
das, und einige andere ehrliche Stimmen ebenfalls.
Da
sitze
ich
nun.
Das
allerletzte
Lied,
in
Form
eines
„Vögelchens“
ist
gerade
entschwunden,
und
ich
versuche,
erst
einmal durchzuatmen. Sacken lassen, falls das geht, mit diesen Zeilen in den Ohren:
„Die fetten Jahre sind vorbeigerauscht,
wir haben sie lange eingetauscht,
samt dem Piratenschatz
für einen Arbeitsplatz.“
Zum
Glück
für
viele
ist
morgen
ein
Feiertag
und
dann
folgt
ein
Osterwochenende.
All
jene,
die
noch
einen
Arbeitsplatz
haben,
werden
ausspannen
oder
auf
der
Betonpiste
im
Stau
stehen.
Alle
anderen
haben
ohnehin
„frei“,
nur
sind
sie
es
nicht
wirklich.
Ich
werde
morgen
als
Rock’n’Roll
-
Rentner
noch
einmal
in
den
Mikrokosmos
des
Gerhard
Gundermann
eintauchen
und
diese
Zeilen
aufschreiben.
Für
mich
allein
und
um
an
den
singenden
Baggerfahrer
aus
der
Lausitz,
wo
auch
ich
lange
zu
Hause
war,
zu
erinnern.
DANKE
Gundi
und
DANKE
Heiner.
Hast
eine
wundervolle
und
inniglich
wirkenden
kleine
Scheibe
mit
Gundermann-Liedern
und
aus
eigenen
Noten
gemacht.
Eine
ist
jetzt
bei
mir
und
sie
dreht
sich. Vielleicht sehen wir uns ja wieder – bei der Randgruppencombo, irgendwann und irgendwo. Bis denne!