KEIMZEIT live in Wernigerode – kleine Farbtupfer für große Bilder
08.10.2022
Drei
Jahre
und
eine
Pandemie
hat
es
gedauert,
bis
im
Fürstlichen
Marstall
von
Wernigerode
endlich
wieder
Keimzeit
angesagt
ist.
Es
war
der
12.
Oktober
2019
und
die
Band
brachte
„Das
Schloss“
mit
(
HIER
)
.
Jetzt
ist
„Kein
Fiasko“
ihr
aktuelles
Thema
und
ich
fahre
neugierig
den
Berg
hinauf.
Vor
rund
vierzig
Jahren
erlebte
ich
die
Band
in
meiner
damaligen
Brandenburgischen
Heimat
Elsterwerda
das
erste
Mal
live.
In
unserem
kleinen
Klub
„Die
Stube“
rockten
wir
beinahe
eine
ganze
Nacht
hindurch,
wir
feierten
eine
ausgelassene
Party
bis
in
den
Morgen.
Die
Band
blieb
und
fuhr
erst im Tagesslicht heimwärts. Mit diesen Erinnerungen im Hinterkopf freue ich mich auf das kommende Ereignis.
Obwohl
ich
zeitig
ankomme,
ist
der
Saal
bereits
offen.
Drinnen
finde
ich
zumeist
ein
Publikum
vor,
das
mit
den
Musikern
viele
Jahre
erlebt
und
gelebt
hat.
Eine
besondere
Atmosphäre,
die
man
fühlen
kann.
Man
kennt
sich,
man
teilt
Erfahrungen
und
offensichtlich
auch
die
Liebe
zur
Band,
die
überpünktlich
die
Bühnenbretter
betritt.
Jubel
hinter
mir,
freudige
Musiker
vor
mir
und
der
treibende
Rhythmus
von
„Ein
schöner
Tag“
läutet
die
Abschlussfeier
eines
ebensolchen
im
Marstall
von
Wernigerode
ein.
Eine
blonde
Schönheit
beginnt,
vor
mir
zu
tanzen
und
ich
lasse
mich
vom
Klanguniversum
der
besonderen
Kapelle
locken
und
einhüllen.
Das
gelingt,
weil
gleich
danach
die
„Sommernächte“
dieses
beschwingte
Gefühl
in
mir
vertiefen.
Als
die
„Clowns“
vom
neuen
Album
da
oben
tänzeln,
Trompete
und
Keyboards
unisono
miteinander
spielen,
bin
ich
längst
angekommen.
Staunend
stelle
ich
fest,
dass
Keimzeit
noch
immer
so
klingen
wie
damals,
nur
etwas
gelassener,
mit
vierzig
Jahren
Leben
sowie
Höhen
und
Tiefen
im
Gepäck
–
„(Kummer
ist) kein Fiasko“ – passt doch!
Wie
kommt
dieser
Leisegang
eigentlich
auf
solche
treffsicheren
Wortspiele?
War
es
die
Pandemie
und
der
dumpfe
Frage,
wie
es
weitergehen
soll?
Scheint
so.
Das
sperrige
Piano
am
Anfang,
das
zögerlich
seine
Melodie
findet,
und
die
Lyrik,
die
sich
windet,
ehe
sie
fließt,
deuten
darauf
hin.
Kein
Alltagszeugs
für’s
Dudelradio.
Schade
für
die
Band,
aber
gut,
nicht
im
Mainstream
zu
versinken.
Das
war
bei
dieser
Band
schon
immer
so
und
manchmal
auch
eine
Gratwanderung.
Egal,
ob
ein
„Fliegender
Teppich“
im
Gespräch
(und
als
Duett)
mit
dem
„Boden“
in
seinem
„Schloss“
plaudernd
singt
oder
ein
„Plastiktütenmann“
aus
seinem
Leben
erzählt.
Welcher
Künstler
traut
sich
schon,
von
der
„Leidenschaft“
eines
Messies
in
so
liebevollen
Worten
und
Tönen
zu
singen?
Keimzeit
gelingt
dieser
Spagat,
ohne
erhobenen
Zeigfinger.
Eine
der
neuen
Geschichten
über
Menschen
aus
der
zweiten
oder
gar
dritten
Reihe
der
Gesellschaft,
die
der
Lyriker
Leisegang
anspricht.
Sehr
respektvoll
und
grandios
dazu.
Das
macht
ihn
und
die
Band
Keimzeit aus.
Ich
bin,
wie
bei
vielen
anderen
Bands
auch,
nicht
der
ultimative
Keimzeit-Fan.
Mich
begleiten
aber
die
Lieder
der
Kapellen
seit
Jahrzehnten
und
nicht
wenige
erlebte
ich
in
ihren
frühen
Tagen.
Also
lausche
ich
auch
gern
deren
Liedern,
wie
dem
vom
„Irrenhaus“,
dem
Echo
einer
wilden
Zeit.
Vor
mir
tänzelt
der
Norbert
bei
eben
diesem
„Irrenhaus“
vor
seinem
Mikrofon,
während
neben
ihm
Martin
Weigel
der
Gitarre
ein
hinreißendes
Solo
entlockt.
Es
ist
Vergnügen
an
der
Musik,
das
wir
live
erleben
oder
auch
kleine
Anstöße
zum
Nachdenken:
„Wir
hören
nur,
was
wir
hören
wollen
und
sehen
nur das, was wir sehen wollen“ (aus „Geht schief“). Kein Kommentar!
Meist
stehe
ich
in
der
zweiten
Reihe
oder
ziehe
mich,
für
den
größeren
Überblick,
auch
mal
an
den
Rand
des
Geschehens
zurück.
Das
Bild,
dass
da
ein
„Hofnarr“
dem
Gefolge
ab
und
an
den
Spiegel
vor
die
Nase
hält,
drängelt
sich
förmlich
auf.
Aber
der
Hofnarr
ist
ein
Lieber,
singt
von
den
„Mädchen
für
alles“
ebenso,
wie
er
den
Helden
des
Rock’n’Roll
im
„Thronräuber“
einen
kleinen
Seitenhieb
verpasst.
Da
bin
ich
lächelnd
dem
Hofnarren
nahe.
Was
wäre
der
Rock’n’Roll ohne seine lauten Helden und die Hofnarren im Rampenlicht?
Dann
wird’s
leise
unterm
hohen
Dach
des
Marstalls.
Pianotupfer
füllen
den
Raum,
eine
skurrile
Reise
nach
„Singapur“
startet.
Wie
ich
diese
Melodie
und
deren
Dynamik
liebe
–
und
schon
singt
der
große
Chor
der
Keimzeitjünger:
„All
unsre
Träume
und
fernen
Gedanken
fallen
in
der
Nacht
mit
dem
Regen
auf
hölzerne
Planken“.
Der
Klang
einer
Gilmour-Gitarre
zerreißt
schließlich
den
romantischen
Nebel
auf
der
Bühne.
Das
ist
so
herrlich,
ich
würde
mit
diesen
Sounds
schweben,
hätte
ich
Schwingen,
mich
zu
erheben.
Ein
wahrhaft
göttlicher
Song,
der
so
schön
romantisch
vom
Leben
in
der
Realität
berichtet:
„Wir
müssen
weiter,
immer
weiter,
was
soll’s!“
Als
wäre
der
Kloß
in
meinem
Hals
nicht
schon
sperrig
genug,
schieben
die
Jungs
noch
„So“
aus
dem
Album
„Irrenhaus“
(1990)
und
dieses
„Traurige
Kind“
aus
„Bunte
Scherben“
(1993)
hinterher.
In
mir
swingt
es
und
meine
Emotionen
spielen
Achterbahn,
aber
der
erlösende
Moment
kommt,
anders
als
gedacht,
mit
Andreas
„Spatz“
Sperling.
Der
schnappt
sich
die
akustische
Gitarre
seine
Chefs,
um
„Manchmal“
anzustimmen.
Aber
manchmal
spielt
eben
die
Technik
verrückt,
das
Kabel
streikt,
ein
großer
“Spatz”
lacht
über
die
Situationskomik und wir lachen alle mit. Live is life! Erst mit der Elektrischen klappt es mit „Manchmal“ endlich.
Was
wir
erleben,
ist
keine
Show,
es
ist
eines
der
typischen
lebendigen
Konzerte
von
Keimzeit
in
deren
40.
Karrierejahr.
Kaum
zu
glauben,
aber
irgendwie
scheinen
Jubiläen
gerade
Mode
zu
werden.
Daran
denkt
hier
im
Saal
aber
gerade
niemand.
Die
meisten
feiern
das
aktuelle
Album
oder
singen
die
alten
Gassenhauer
mit.
Man
kennt
die
Lieder
in-
und
auswendig,
ist
textsicher
oder
tanzt
sich
von
seinen
Emotionen
frei.
Eine
wunderbar
lockere
Atmosphäre,
die
sich
langsam
ihrem
Höhepunkt,
und
damit
unmerklich
dem
Ende,
nähert.
Mir
fehlen
auf
jeden
Fall
noch
„Maggie
(du
bist
so
wunderschön)“
und
der
ungeplante
Überhit
„Kling
Klang“.
Martin
zupft
die
Saiten
seiner
Gitarre,
zitiert
ganz
nebenbei
das
„Honky
Tonk
Woman“
der
Stones
und
dann
lassen
sie
endlich
diesen
Hit
in
den
Saal
fließen.
Da
wird
gejubelt,
gesungen
und
getanzt.
Von
einem
Platz
an
der
Seitenlinie
sehe
ich
glückliche
Gesichter,
die
sich
zwischen
Licht
und
Schatten
vor
der
Bühne
bewegen.
Als
von
dort
der
Blues
vom
„Eisenbahner“
im
Boogie
Woogie
–
Rhythmus
zu
stampfen
beginnt,
bin
auch
ich
wieder
(zweiter
Klasse)
dabei.
Mir
geht’s
richtig
gut,
auch
wenn
sich
die
alten
Knochen
beschweren. Was soll’s!
Dann
endlich
kommt
„Maggie“.
Sie
stolziert
über
diese
Bühne,
etwas
lasziv
und
sich
durchaus
ihrer
Wirkung
bewusst,
hält
sie
Norbert
Leisegang,
samt
Mikrofon,
an
der
Hand.
Längst
ist
„Maggie“
Teil
der
Zugaben
des
Abends
und
lässt
sich
feiern.
Ich
stehe
inmitten
ausgelassen
singender
Menschen,
die
gerade
NICHT
an
das
Geschehen
da
draußen
denken.
Das
ist
gut
so
und
dennoch
–
viele
haben
sich
„Natalie“
gewünscht,
diese
zärtliche
Liebeserklärung
des
Franzosen
Gilbert
Becaud.
Norbert
am
Mikrofon,
nur
die
Gitarre
und
seine
Stimme,
und
es
wird
ruhig
im
Saal.
Eine
Ruhe,
die
in
dieser
Zeit
auch
ironische
Komponente
bekommt,
weil
das
Jubeln
im
Saal
so
einen
leicht
faden
Beigeschmack
mit
sich
bringt.
Dennoch,
das
Lied
ist
und
bleibt
eine
Liebeserklärung
an
Menschen
wie
diese
„Natalie“
von
„Mr.
Einhunderttausend
Volt“
und
mit
diesen
Gedanken
im
Hinterkopf
lasse
ich
(für
mich)
dieses
schöne
Konzert
enden,
auch
wenn
noch
Töne
nachklingen.
Als
sich
die
Musiker
dankend
verbeugen,
fühle
ich
Dankbarkeit
und
den
Wunsch,
wieder
mehr
Leichtigkeit
in
meinem
Leben
zu
wissen.
Dieser
Abend
mit
Keimzeit
war
ein
kleiner
Schritt
in
diese
Richtung.
Weitere werden folgen (müssen). Das wird schon, da bin ich mir sicher, denn „Kummer ist kein Fiasko“!