Erinnerungen an den “Jugendtanz”, wie ich ihn erlebte aufgeschrieben im Juli 2022
Das
ist
alles
lange,
sehr
lange
her,
so
ungefähr
fünfundfünfzig
Jahre.
Ich
mag
fünfzehn
gewesen
sein,
Mitte
der
1960er
Jahre,
als
mich
das
Beat-Virus
erwischte.
Es
erwischte
mich
zum
Ende
der
8.
Klasse
und
vor
dem
Wechsel
zur
Erweiterten
Oberschule,
1963/64.
Um
die
Ecke,
in
der
Berliner
Straße,
gab
es
das
Gesellschaftshaus
Hoppenz;
Schenke
mit
Tanzsaal
im
hinteren
Bereich.
Wenn
ich
sonnabends
das
Fenster
öffnete,
klang
von
dort
so
ein
Grummeln
herüber.
Das
machte
mich
neugierig
und
bald
wusste
ich,
dort
spielt
eine
Kapelle
zum
(Jugend)Tanz.
Es
waren
Schulfreunde,
die
mich
bald
dorthin
schleppten.
Allein
war
ich
noch
zu
schüchtern,
der
Mädchen
wegen.
Mich
interessierte
nur
die
Musik
der (Tanz)Kapellen.
Die
hatten
damals
so
kantige
Namen,
wie
Theo
Schumann
Combo,
Fred
Herfter
Combo,
die
Virginias,
Amigos,
Berliner
Stadtmusikanten,
Uve
Schikora
Combo,
Berolina
Singers,
Pepitas,
Dominos
und
noch
einige
mehr.
Sie
alle
spielten
zum
Tanz
auf
dieser
Bühne
und
ich
saß
oben
rechts
auf
der
Galerie
und
sah
den
Gitarristen
auf
die
Finger
und
versuchte,
mir
ein
paar
Griffe
abzugucken.
Hinter
mir
ging
die
Treppe
abwärts
und
die
endet
vor
den
Türen
der
Damen-
und
Herrentoiletten.
Da
unten
konnte
man
geradeaus
quasi
hinein
fallen
und
von
da
drang
ein
strenger
Geruch
von
Salpeter
und
Urin
nach
oben
zur
Galerie.
Dort
vermengte
er
sich
mit
dem
von
Schweiß
und
Bier
zu
einem
nicht
zu
beschreibenden markanten Duft, der noch Stunden danach wahrnehmbar blieb.
Bei
Radio
Luxemburg
und
etwas
später
beim
Rias
Treffpunkt,
informierte
ich
mich
über
jene
Hits,
die
ich
weder
als
Platte
kaufen,
noch
als
Original
auf
den
Bühnen
hören
konnte.
Also
trieb
es
mich
von
da
an
regelmäßig
zu
Hoppenz
um
die
Ecke,
um
diese
Lieder
live
beim
Jugendtanz
zu
erleben.
In
meinem
Kopf
geistern
noch
heute
Bild-
und
Klangfetzen
herum, von Gruppen, bei denen ich tanzen war. So etwas wie Beat-Konzerte gab es damals (noch) nicht.
Im
Grunde
spielten
die
Beat-Gruppen
zwischen
Dresden,
Leipzig
und
Berlin
nahezu
alle
aktuellen
Hits
aus
dem
(West)Radio
beim
Jugendtanz
nach.
Die
Theo
Schumann
Combo
stand
tatsächlich
in
diesen
blauen
Anzügen
oder
kragenlosen
Jackets
auf
der
Bühne
und
spielte
„(I
Can’t
Get
No)
Satisfaction“,
wobei
das
markante
Riff
meist
aus
Theo’s
Saxophon röhrte.
Ich
erinnere
mich
noch
gut
an
die
jungen
Musiker
der
Stern
Combo
Meissen
mit
Jockel
Förster
an
der
Gitarre.
Jahre
später
spielte
er
bei
den
Primanern
(aus
Bad
Liebenwerda),
saß
dort
aber
an
der
Orgel.
Heute
sind
wir
immer
noch
befreundet.
Die
Stern-Combo
Meissen
spielte
damals
den
„Early
Bird“,
ein
Orgel-Intrumental
von
Andre
Brasseur,
und
Martin Schreier sang, am Schlagzeug sitzend, „Hey Joe“ von Jimi Hendrix.
In
jenen
Tagen
sah
ich
Gruppe
wie
Dreiländereck
und
die
Uve
Schikora
Combo,
die
gesanglich
perfekt
die
Songs
der
Beach
Boys
coverte
und
sogar
„She’s
Not
There“
von
den
Zombies
mit
deutschem
Text
sangen.
Ich
erinnere
mich
gut
an
die
Berolina
Singers
mit
Hansi
Biebl
an
der
Gitarre,
die
„Everybody
Need
Somebody
To
Love“
in
der
Blues-Version
der Rolling Stones nachspielten.
Auch
das
Kotowski-Quintett,
hinter
dem
sich
die
zeitweise
verbotenen
Puhdys
verbargen,
spielte
zum
Jugendtanz.
Als
Puhdys
erlebte
ich
diese
Kapelle
lange
vor
dem
offiziell
verbreiteten
Gründungsdatum,
allerdings
ohne
Dieter
Birr.
Das
alles geschah während meiner Schulzeit, also bis einschließlich Ende 1968, als diese Klänge noch Beatmusik hießen.
Theo Schumann Combo Fred Herfter Combo Berliner Stadtmusikanten Berolina Singers
Autogrammkarten von Kapelle aus der zweiten Hälfte der 1960er Jahre - selbst gesammelt.
Stern Combo Meissen Dreiländereck Music Stromers Virginias
In
aller
Regel
spielten
die
Kapellen
drei,
manchmal
vier
Lieder
in
einer
Tanzrunde.
Danach
gab
es
eine
kurze
Pause.
In
dieser
Zeit
gingen
die
Musiker
meist
zum
Tresen,
um
sich
Nachschub
zu
besorgen.
So
etwas
wie
Catering
kannte
man
nicht.
Solche
Gelegenheiten
nutzte
man,
um
Gespräche
mit
Musikern
zu
führen,
sich
erklären
zu
lassen,
welche
Griffe
man
für
ein
bestimmtes
Lied
spielen
sollte
oder
auch
um
sich
eine
Autogrammkarte
zu
erbitten.
Manchmal
ließ
man
sie
sich
signieren.
So
bin
ich
zu
meinen
ersten
Autogrammkarten
gekommen.
Etwas
später
begann
ich,
sie
zu
sammeln
und
Karten bewusst aufzuheben. Die gezeigten Karten habe ich alle selbst beim (Jugend)Tanz eingesammelt.
Die zweite Hälfte der 1960er Jahre war zudem nicht nur eine Zeit der
Umbrüche in der populären Musik, sondern auch in der Mode und
vielen anderen gesellschaftlichen Bereichen. Bei Jugendtanzabenden
ging das in manchen Orten oder Einrichtungen so weit, dass beim
Einlass auch Kontrollen in Sachen Bekleidung und Haartracht statt-
fanden. Ich selbst habe das zum Glück nie erleben müssen, denn die
Stadt Elsterwerda war nur ein unbedeutendes Provinznest und die
Verantwortlichen im Gesellschaftshaus tolerante Mitbürger, aber ich
weiß von Freunden, die solchen Restriktionen „zum Opfer“ fielen.
Jeans,
Schlaghosen
und
Mini-Rock
sah
man
dennoch,
Blümchenhemden
auch
und
„lange
Haare“
sowieso.
Außerdem
hatte
ich
einen
Vater
an
meiner
Seite,
dem
diese
Mode,
von
der
Musik
bis
zu
langen
Haaren,
sehr
gefiel
-
er
trug
stolz
eine Glatze.
Heute
können
sich
viele
gar
nicht
mehr
vorstellen,
was
Jugendtanz
in
der
DDR
war
und
welche
soziale
Komponente
die
Tanzabende
hatten.
Meine
Generation
war
Akteur
in
einer
besonders
kreativen
Zeit,
in
der
die
Wurzeln
einer
eigenständigen
DDR-Rockmusik,
die
heute
als
„Ostrock“
-
welch
irreführende
Wortkrücke
–
in
aller
Munde
ist,
entstand.
Vergleichbare
Entwicklungen
spielten
sich
ja
auch
in
Polen,
der
CSSR,
Ungarn
und
weiteren
Ländern
ab,
wo
die
Nationalsprachen
ebenfalls
begannen,
Rockmusik
inhaltlich
zu
prägen
und
sich
eigenständige
Ausdrucksformen
und
Stile
entwickelten.
Bands
wie
Theo
Schumann
Combo
oder
Uve
Schikora
&
Gruppe
musizierten
bereits
in
unterschiedlichen Stilen und mit jeweils anderen Mitteln.
Peter Holten Septett Klaus Renft Combo Peter Rosenau Septett Uve Schikora Combo
Autogrammkarten aus den Anfängen der 1970er Jahre - selbst gesammelt.
Syncopators Teisco Modern Soul Band Horst Krüger Septett
Im
Frühjahr
1970
kam
ich
von
der
Fahne
zurück.
Da
hatten
die
Discotheken
den
Jugendtanz
so
gut
wie
abgelöst.
Jetzt
fanden
zunehmend
Konzerte
statt
und
auf
den
Bühnen
spielten,
neben
den
alten
Bekannten,
andere
Bands
lautere
und
progressivere
Beatmusik
mit
eigenen
Liedern
-
Rockmusik.
Ein
Abend
mit
der
Klaus
Renft
Combo
veränderte
meine
Hörverhalten
und
Gruppen
wie
das
Peter
Holten
Septett,
die
Modern
Soul
Band,
Syncopators,
College
Formation,
Simple
Song
oder
auch
Generator
erweiterten
meinen
Erfahrungshorizont
beträchtlich.
Mit
der
Musik
der
Jahre
zwischen
1965
bis
1970
wurde
ich
sozialisiert
und
die
der
1970er
Jahre
prägte
mein
Musikverständnis
bis
heute.
Dies
war
der
Beginn
eigenständiger
deutschsprachigen
Rockmusik
in
der
DDR
und
das
verleitete
mich
letztlich
auch
dazu,
selbst
Rock-
Konzerte organisieren zu wollen.
Die
Beatmusik
der
frühen
Jahre
aber
liebe
ich
bis
heute,
weil
sie
sehr
innovativ,
experimentierfreudig
und
ungekünstelt
ehrlich
war.
Genau
so
erlebte
ich
auch
viele
Musiker
in
jenen
Tagen.
Welche
Einordnung
Soziologen,
Historiker
oder
gar
Westgeborene,
die
niemals
dabei
waren,
inzwischen
vornehmen
und
in
heutige
junge
Köpfe
hinein
interpretieren,
geht
oft
verdammt
weit
an
zumindest
meiner
hier
gelebten
Realität
vorbei.
Erinnerungen,
zumal
ganz
persönliche,
lassen
sich
nicht
einfach
„gerade“
biegen
oder
in
heutige
Schubladen
stecken.
Die
Lebensläufe
jener
Tage
sind
sich
fast
alle
irgendwie
ähnlich,
aber
dennoch
individuell
und
sehr
unterschiedlich,
einschließlich
die
von
Musikern.
Was
ich
erlebt
habe,
ist
eine
von
zahllosen
Facetten.
Doch
wenn
ich
mich
mit
Freunden
und
Musikern
von
damals
unterhalte,
dann
erlebe
ich
eine
Menge
Gleichklang,
Übereinstimmung
und
glückliches
Erinnern.
Das
lebendig
zu
bewahren,
ist
mein
Anliegen.
Sachsen-Dreier (Riesa)