JCM rocken die Kulturbastion Torgau
01.05.2019
(Clem Clempson, Mark Clarke & Ralph Salmins on tour – “In Memory Of Jon Hisman“)
Mein
Musikgeschmack
wurde
in
den
1960er
Jahren
geprägt.
Künstler
wie
Bob
Dylan,
die
Beatles
und
Rolling
Stones
sowie
The
Who,
The
Small
Faces
und
The
Byrds
hielten
die
Prägestempel
dafür
in
ihren
Händen.
Als
dann
noch
Jimi
Hendrix
sowie
Cream
in
die
gleiche
Kerbe
kloppten,
begann
(m)eine
wilde
Reise,
die
sich
fünf
Dekaden
später
noch
immer
in
voller
Fahrt
anfühlt.
Seither
habe
ich
einige
hundert
Konzerte
gesehen,
darunter
Ikonen
wie
Deep
Purple
(Mark
II),
Czeslaw
Niemen
und
mehrmals
sogar
Colosseum,
auch
zu
deren
Abschiedstour,
und
mir
viele
andere
einmalige
Erinnerungen
eingefangen.
Als
ich
erfuhr,
dass
drei
Herren,
nämlich
Hiseman,
Clempson
&
Clarke,
als
JCM
weitermachen
würden,
hatte
ich
sofort
das
Gefühl,
eine
Supergruppe
wie
die
legendären
Cream
sei
aus
der
Taufe
gehoben.
Doch
Hiseman
erlag
völlig
überraschend
einem
Tumorleiden
und
mein
Traum,
dieses
Power-Trio
live
zu
erleben,
schien
endgültig
geplatzt.
Doch
mit
Ralph
Salmins,
Musiker
und
Professor
für
Percussions
und
Pauken,
fanden
die
beiden
„Hinterbliebenen“
mehr
als
nur
einen
„Ersatzmann“
und
ausgerechnet
am
1.
Mai
dieses
Jahres,
dem
„Kampf-
und
Feiertag
der
Werktätigen“,
wollen
JCM
in
der
Kulturbastion
Torgau
mit
uns
„In
Memory
Of
Jon
Hiseman“
feiern.
Also
bin
ich
wieder
zwei
Stunden
auf
den
Pisten,
um
diesmal
vor
dem
Bühnenrand
der
Bastion,
wo
ich
bis
vor
fünf
Jahren
oft
und
gern
gute
Live-Musik
genießen
durfte,
stehen
zu
können.
Ich
bin
endlich
wieder
da
angekommen,
wo
ich
herkam: Weder „Ostrock“ noch „Westmusik“, sondern einfach nur fette Rockmusik und volle Breitseite auf die Zwölf.
In
der
Kulturbastion
kann
man
sich
die
„Breitseite
voll
auf
die
Zwölf“
direkt
an
der
Bühnenkante
und
in
Armlänge
zu
den
Musikern
abholen.
Dort
stehen
heute
locker
hundert
Jahre
Bühnen-
und
Studioleben
als
Musiker
auf
der
Bühne.
Eine
geballte
Ladung
Energie,
wie
man
sie
im
Heute
nur
noch
sehr
selten
zu
Gesicht,
geschweige
denn
zu
hören,
bekommt.
All
diese
Erfahrungen
haben
sie
in
das
neue
Album
„Heroes“
(Helden),
eine
Hommage
an
ehemaligen
Weggefährten
der
Bandgründer,
gepackt.
Genau
deshalb
stehe
ich
vor
dieser
Mini-Bühne.
Ich
will
die
Songs
vom
Album,
das
meinem
Musikempfinden
so
sehr
nahe
kommt,
nun
auch
endlich
live
hören.
Die
Stimmung
um
mich
herum
ist
gelöst,
das
Haar
der
meisten
grau
und
wer
noch
genug
davon
hat,
trägt
es
stolz
lang
und
länger.
Meine
Mainelke
wird
von
einigen
„bewundert“, aber das ist Absicht. Schließlich besang einst sogar John Lennon den „Working Class Hero“. Passt doch!
Die
erste
musikalische
Verbeugung
der
Band
gilt
mit
„The
Kettle“
dem
Colosseum-Mitbegründer
sowie
exzellenten
Saxophonisten
Dick
Heckstall-Smith.
Die
Nummer
poltert
geradezu
in
den
engen
Schlauch
über
die
Köpfe
der
Stehenden
hinweg.
Sänger
und
Bassist
MARK
CLARKE
gibt
gleich
zu
Beginn
alles.
Kein
Warmlaufen,
kein
langes
Fackeln:
„Why
the
kettle
dry?“
Wann
wurde
schon
einmal
ein
trockener
Wasserkocher
besungen?
Rock’n’Roll
macht’s
möglich.
Mit
einem
Song
von
Tempest,
einem
der
Splitterprojekte
der
Herren,
erleben
wir
fulminantes
Spiel
auf
Gitarrensaiten,
im
Doppel
mit
dem
Bass
gespielt.
Doch
ehe
CLEM
CLEMPSON
so
richtig
über
dieselben
fegen
kann,
reißt
ihm
tatsächlich
der
hohe
E-Draht.
Doch
der
Mann
zieht
den
Song,
inklusive
einem
wilden
Solo,
bis
zum
Schluss
durch
und
entlockt
MARK
CLARKE
am
Gesang
ein
leises
Lächeln.
Respekt!
In
dem
Augenblick
ist
die
einsame
Klasse
der
Musiker
für
alle
sichtbar!
Es
ist
ein
echtes
Vergnügen,
das
Miteinander
der
beiden
Saitenzauberer
aus
nächster
Nähe
zu
beobachten.
Auch
beim
folgenden
Song
„Weird
Of
Hermiston“,
einem
Stück
von
Jack
Bruce
aus
dem
Album
„Songs
For
A
Taylor“
(1969),
genieße
ich
den
exklusiven
Umgang
mit
dem
Original,
bei
dem
ein
Piano
die
Hauptrolle
spielt.
Dieses
neue
Arrangement
von
JCM
verwandelt
den
Klassiker
in
eine
zeitgemäße
neue
Variante
und
MARK
als
Sänger
kommt
dem
Timbre
eines
Jack
Bruce
auch
verdammt
nahe.
In
solchen
Momenten
spüre
ich,
dass
es
gut
war,
den
Weg
aus
dem
Harz
nach
Torgau
gewählt
zu
haben.
Mit
„Rivers“
von
Gary
Moore,
aus
den
Zeiten
von
Colosseum
II,
lassen
sie
eine
weitere
schöne
Ballade
folgen.
Auch
diesmal
gelingt
es
den
drei
Könnern,
das
Fehlen
eines
dominierenden
Instruments,
der
Orgel,
auf
wundersame
Weise
zu
kaschieren.
Ein
Mal
mehr
erweist
sich
MARK
CLARKE
als
einfühlsamer
und
ausdrucksstarker
Sänger,
der
bei
Colosseum
oft
im
Schatten
von
Chris
Farlowe
eine
Nebenrolle
am
Mikrofon
einnahm.
Hier kann er auf ganzer Linie seine Stimme zur Geltung bringen. Ich bin, direkt vor ihm stehend, echt begeistert.
Was
mich
an
dieser
Musik
auch
fasziniert,
das
ist
deren
Ursprünglichkeit.
Immerhin
schrieb
eine
Jazz-Sängerin
namens
Ida
Cox
schon
1927
diesen
Song,
aus
dem
Humble
Pie,
mit
Steve
Marriott
und
Peter
Frampton
als
Gitarristen
und
Sänger,
einen
vom
Blues
durchtränkten
heavy
Rocker
schmiedeten.
Auf
dem
Doppel-Live-Album
„Rockin’
The
Fillmore“
(1971)
veröffentlicht
und
nachzuhören.
Den
Klassiker
haben
JCM
in
unsere
Tage
transformiert
und
zur
Hölle,
dieses
„Four
Days
Creep“
klingt
noch
immer
schweißtriefend
und
so
lasziv,
dass
einem
davon
acht
Minuten
lang
schwindelig
werden
könnte.
Mein
Körper
wiegt
sich
im
zähflüssigen
Blues-Riff
der
Gitarre,
die
Füße
stampfen
die
wuchtigen
Bass-
Töne
in
den
Boden,
die
dem
Rhythmus
folgen.
RALPH
SALMINS
schlägt
differenzierte
Abläufe
auf
Becken
sowie
die
Felle
und
treibt
die
beiden
Saitenhexer
an.
Für
einige
Minuten
könnte
man
glauben,
Cream
wären
auferstanden,
um
„Spoonful“
neu
zu
interpretieren.
Aber
heute
musizieren
nicht
Clapton
und
Bruce,
sondern
CLEM
CLEMPSON
und
MARK
CLARKE
mit
einem
bestens
aufgelegten
RALPH
SALMINS
im
Rücken
und
allen
Dreien
gelingt
es,
mit
den
„vier
Tage
kriechen“
eine
kleine
Horde
älterer
Fans
zu
verzaubern.
Ob
Cream
oder
JCM,
das
Gefühl
jedenfalls
scheint
mir
selbst
nach Jahren das gleiche zu sein und wen interessieren schon Übersetzungen in deutsche Worte?!
Der
Abend
gestaltet
sich
zu
einer
Reise
durch
die
Rock-Historie.
Mit
jedem
weiteren
Song
verbinden
sich
Namen,
die
ein
Stück
davon
geschrieben
haben.
Wir
bekommen
auch,
Gott
hab’
sie
selig,
Stücke
von
Colosseum,
wie
„Skelington“
und
die
Morning
Story“,
zu
hören.
Dafür
steigt
CLEM
CLEMPSON
auf
seine
akustische
Gitarre
um
und
MARK
wird
sogar
zu
dem
„der
mit
dem
Bass
tanzt“.
Der
Mann
lebt
diese
Songs,
wie
den
„Tommorow’s
Blues“,
mit
allen
Fasern
seines
großen
Musikerherzens
und
drückt
sie
tatsächlich
in
tanzenden
Bewegungen
aus.
Es
ist
hinreißend,
die
drei
rockenden
Herren
zu
erleben.
Nichts
von
dem,
was
hier
geschieht,
fühlt
sich
wie
eine
einstudierte
Show
an.
Vieles
entspringt
dem
Augenblick,
der
sich
nicht
an
der
am
Boden
liegenden
Set-List
orientiert.
Manchmal
schleicht
sich,
wie
beim
„Tomorrow’s
Blues“, sogar ein wenig Swing in die fließenden Abläufe. Nichts ist unmöglich, alles kann geschehen.
Das
Konzert
in
der
Bastion
reiht
einen
Höhepunkt
an
den
nächsten,
dabei
steht
uns
das
furiose
Finale
erst
noch
bevor.
Es
liegt
etwas
in
der
Luft,
als
sich
CLEMPSON
und
CLARK
für
ein
Solo
des
Drummers
dezent
zur
Seite
begeben.
Es
knistert,
die
Spots
scheinen
zu
flackern
und
ein
paar
Leute
drängen
mit
ihren
Handys
nach
vorn,
um
den
Moment,
der
einige
Minuten
andauern
wird,
einzufangen.
Eben
noch
hat
RALPH
SALMINS,
der
Drum-Professor,
brachial
den
Rhythmus
vorgegeben.
Plötzlich
wird
es
leise,
also
richtig
still,
denn
das,
was
da
gerade
geschieht,
löst
sich
immer
mehr
in
feine
rhythmische
Details
auf,
wird
filigraner,
dezenter
und
scheinbar
auch
irgendwie
breiter
in
seiner
klanglichen
Ausdehnung.
Der
Mann
zaubert
mit
den
Sticks,
mit
den
Besen
und
letztlich
mit
den
bloßen
Händen,
streichelt
seine
Becken
und
über
die
Felle,
wobei
er,
im
wahren
Sinne
des
Wortes,
bisher
„unerhörte“
Klangvarianten
erzeugt
und
sein
Publikum
überrascht.
Ich
glaube,
schon
einige
Schlagzeug-Soli
gehört
und
gesehen
zu
haben,
doch
dieses
hier,
aus
den
Händen
von
RALPH
SALMINS,
hat
seine
Bezeichnung
„solistisch“
auch
wirklich
verdient
und
erinnert
vielleicht
am
ehesten
an
die
Spielauffassung
eines
Ginger
Baker.
Nach
dem
Konzert
werde
ich
es
ihm
sagen
und
ein
verschmitztes
Lächeln in seinen Augen entdecken.
Ohne
Bruch
geht
das
Solo
in
das
abschließende
Instrumentalstück
„The
Inquisition“
aus
Colosseum
II
Tagen
über.
Noch
einmal
erleben
wir
CLEMPSON,
CLARKE
&
SALMINS
im
Rausch
des
Zusammenspiels
und
die
knisternde
Atmosphäre
eines
Power-Trios.
Spannung
und
die
pure
Leidenschaft
paaren
sich
beim
Spiel
exzellenter
Könner
ihres
Faches.
Genau
das
ist
es
auch,
was
mich
total
begeistert
und
was
ich
mit
in
die
nächsten
Tage
und
Wochen
nehmen
werde:
Energie,
Lust
und
Leidenschaft.
Während
auf
der
Bühne
noch
eine
Zugabe
abgefackelt
wird,
stehe
ich
noch
völlig
benommen
von
dem
gerade
Erlebten.
Als
sich
die
drei
Herren
zum
Abschied
verneigen,
wird
mir
bewusst,
dass
dies
hier
noch
ein
richtiges
Rock-Konzert
war.
Pulsierende
Lebenslust
in
wilde
und
leise
Töne
gegossen,
um
des
Leben
zu
kommentieren
und
Freude
zu
verbreiten.
Vielen
Dank
dem
Trio
JCM
und
danke
auch
Uwe
für
die
Möglichkeit,
dabei
sein
zu
können.
Auch
wenn
der
Weg
nach
Torgau
um
vieles
länger
ist
als
früher,
das
Empfinden
unter
Gleichgesinnten
zu
sein,
hat
mich
gefühlt ein paar Jahre jünger gemacht. Es ist nur Rock’n’Roll, aber ich liebe es!