Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Gedanken 2019 – Rückblick nach vorn 27.12.2019 Das Jahr 2019 liegt fast hinter uns und man erliegt, wie jedes Jahr, der Versuchung, zurück zu blicken und einzuordnen, was geschah. Das „Wichtigste“ gleich zu Beginn: ICH lebe noch, bin 70 geworden! Und Trump, in der Rolle eines Präsidenten der USA, lebt auch. Es ist bisher nichts geschehen, wie bei John F. Kennedy, und dieser Arsch mit Ohren versucht immer noch, mit Lügen und einer noch nie da gewesenen Arroganz, seine Selbstverliebtheit in die Welt zu tragen. Dabei nimmt er in Kauf, nebenbei die amerikanische Nation zu spalten und wenn möglich, die ganze Welt gleich mit. Dieser Planet wird es sicher überleben, in welchem Zustand und ob unsere Spezies dabei noch eine Rolle spielen wird, ist noch nicht ausgemacht. In der Welt des imperialistischen Kapitals gibt es inzwischen zu viele, die ihre eigene Macht nur zum Selbstzweck benutzen. Für sie sind ihre Völker und die Natur nur Spielball und Profitquelle. Sich dagegen zu wehren, ist die Aufgabe der nächsten Revolution, die der Planet längst schon angeschoben hat. Flüchtlingsströme und Klimakatastrophen sind nur die Auswirkungen intern oder offen geführter Machtkämpfe zwischen wirtschaftlichen Interessengruppen, die Menschen nur als „demokratisches“ Alibi benutzen. Greta machte den Freitag zum Zukunftstag und gab großen Teilen einer abgestellten Jugend, angesichts ihrer Zukunftsaussichten, eine neue Identifikation. Ob sich aber wirklich alle der Konsequenzen bewusst sind, wage ich mal zu bezweifeln. Dennoch, bei aller Kritik, es muss (etwas) getan werden und zwar schnell. Alten Politikern geht es oft wie alten Rockern sie sind zu selbstgefällig und viel zu müde für ehrliche und mutige Zukunftsvisionen. Inzwischen wird die Marke „Ostrock“ zumeist nur noch verwaltet. Innovation ist von all den ergrauten Rockern wohl nicht mehr zu erwarten. Sie machen ein wenig „in Klassik“ hier und etwas auf „Akustik“ da oder beides gemeinsam. Nur wenige trauen sich, einfach mal neues Land zu betreten. Wenn neue Lieder erscheinen, fehlen ihnen meist die prägnanten Melodien. Auf ihnen ruhen sich beliebige Texte aus, die nicht mehr zubeißen oder deren Worte nicht tief in gesellschaftlichen Wunden wühlen wollen. Von einigen Glückstreffern, wie „Mein Land“, einmal wohlwollend abgesehen. Genau solche Nummern hatten sich die Väter des Rock’n’Roll bei seiner Geburt geschworen und viele ergraute Fans erwarten aktuelle Statements wie dieses. Inzwischen erleben wir ein leises langsames Dahinwelken, statt eines rühmlich ehrenvollen Abtretens von der Bühne oder gar eines frechen und würdevollen Aufbäumens, das auch ein Ausgrenzen aus den Medien zu riskieren bereit ist. Mutig und reif, was für wundervolles Kreativpotential, das da im Rausch der Tantiemen und Selbstbeweihräucherung vor sich hin dümpeln muss. Die echten Innovationen, musikalisch gesehen, finden in kleinen Klubs, in unbekannten Kneipen und versteckten Lokalitäten statt. Hier findet der neugierige Fan und Musikliebhaber noch die Musiker und Bands, die hungrig sind und ihre Musik (aus)leben. Musiker, die bissig, witzig, ja frech, kompromisslos sowie romantisch, verträumt und liebevoll ihre eigenen, neuen Lieder „performen“. Ohne Show, ohne Medienunterstützung und ohne eine Chance auf Chartplatzierungen. Nur ihrer Liebe zur Musik wegen. Man braucht nur den Mut aufzubringen, allem Eingefahrenen den Rücken zu kehren, auf die Suche zu gehen und sich zu trauen, auch einmal allein inmitten jüngerer Musikliebhaber zu stehen und sich ein wenig fremd vorzukommen. Dann kann man, wie in eigenen Jugendjahren, erleben, dass so mancher dieser Jungspunde den sogenannten großen Stars locker den Arsch abspielen und das Wasser reichen kann. Plötzlich, so stellt man fest, macht das Hinhören und Entdecken wieder Spaß, weil alles neu und Rockmusik wieder nah ist. Wir brauchen die spritzigen mutigen Musiker. Ebensolche Politiker sowieso! Finnland macht es gerade vor und ehrlich, darauf könnte man neidisch sein! Nach meiner „Auferstehung“ habe ich einen Abend bei Heiner Kondschak mit Gundermann-Liedern im Werk 2 in Connewitz genießen können. Plötzlich hatten diese Lieder wieder Strahlekraft und trafen bei mir ins Herz. Auf wackeligen Beinen stehend, erlebte ich im Turmpark Magdeburg ein furioses Jazz-Rock-Konzert beim Dean Brown Trio und im Sommer einen lauschigen Abend mit Lüül im Papermoon. Das war Musik, die ich nicht kannte und mich gerade deshalb sehr berührte. Im Dom von Halberstadt lauschte ich einem Jugendorchester aus Wandsworth in England und Wochen später an gleicher Stelle meinen beiden Freunden Hermann Naehring und Warnfried Altmann. Als es wieder Herbst wurde, sah ich endlich auch Keimzeit im Marstall von Wernigerode wieder. Darauf musste ich lange warten, aber es hat sich gelohnt, so viele frische neue Lieder live zu hören. Ich ließ mich von Bluegrass bei Helmet Duty mitreißen, habe den Mighty Oaks unplugged gelauscht und Depui aus Norwegen kennengelernt. Besonders intensive Erlebnisse waren es auch, das Duo Trixi G. zurück auf der Bühne in Oschersleben und meinen langjährigen Freund, den Geigenbogenfiedler und Rockgeiger, in Blankenburg begrüßen zu können. Freundschaften sind Wein vergleichbar je älter sie werden, desto wertvoller sind sie und sollten entsprechend gepflegt werden. Junger Wein hingegen muss noch reifen, sagt man, und manch Jüngerer auch. Von all diesen Ereignissen habe ich meine Eindrücke aufgeschrieben und auf meinem „Lebensgefühl Rockmusik“ im Netz veröffentlicht. Das sollte genügen, um nachlesen zu können. Eine absehbare Zeit werde ich mir diese Vergnügungen noch gönnen und in den kleinen Nebenflüssen fischen, statt dem Mainstream zu folgen, wo alte (An)Fänger sich auf neu inszenieren, Laien in fremden Werkzeugkisten wühlen und Preise für Tickets bei hundert Euronen beginnen. Ich möchte keine „durchgestylten Show-Produktionen“ erleben, sondern den Rock’n’Roll, den erdigen Blues oder Folk fühlen können und wenn machbar, ihm möglichst nah sein. So gesehen war das vergangene Jahr, trotz einiger gesundheitlicher Einschränkungen und längst notwendiger Entscheidungen, auch ein gutes Jahr. Das hat mich endlich wieder ein Stück weit dahin gebracht, wo ich vor fünfzehn Jahren schon einmal war, als ich mit dem Schreiben begann. Auf diese fünfzehn Jahre schaue ich mit ganz viel Dankbarkeit, sehe diese Zeit als Geschenk und blicke nun wieder neugierig, vielleicht auch etwas entspannter, weil reifer, nach vorn, in mein nächstes Jahr(zehnt).