Horch im Moritzburghof zu Halle 22.05.2016
Es
ist
ein
wenig
fast
wie
in
eine
andere
Zeit
eintauchen,
als
ich
durch
den
wuchtigen
Torbogen
gehe.
Hinter
mir,
auf
dem
Parkplatz,
habe
ich
die
Neuzeit
abgestellt.
Vor
mir,
im
Schlosshof,
erwartet
mich
historisches
Gemäuer
und
Reste
davon,
über
die
man
gekonnt
die
Moderne
gestülpt
hat.
Hinter
den
alten
Mauern
verbirgt
sich
heute
ein
Museum.
Beim
Eintreten
in
den
Schlosshof
geistert
mir
ein
altes
Volkslied
durch
den
Kopf,
das
an
diesem
Abend
doppelt
zum
Geschehen
passt:
HORCH,
was
kommt
von
draußen
rein?
Ich
bin
hier,
um
endlich
ein
Konzert
mit
HORCH,
dem
Hallenser
Renaissance-Folk-
Barock’n’Roll-Ensemble,
zu
erleben.
Das
wollte
ich
schon
vor
langer
Zeit
machen,
doch
erst
für
heute
hat
sich
eine
Gelegenheit ergeben.
Als
HORCH
im
Jahre
1979
von
drei
folk-
und
mittelalterbegeisterten
jungen
Musikern
gegründet
und
aus
dem
Taufbecken
gehoben
wurde,
waren
ihre
englischen
Vorreiten,
wie
etwa
Fairport
Convention
und
Steeleye
Span,
schon
zehn
Jahre
in
Sachen
Folk-Rock
unterwegs.
Im
eingezäunten
Land
begann
sich
gerade
eine
zarte
Folk-Musik-Bewegung
zu
bilden,
in
deren
Zentrum
Gruppen
wie
die
Cottbuser
Wacholder,
Liederehrlich,
die
Folkländer
und
ab
1979
eben
auch
HORCH
standen.
Eine
meiner
ersten
Live-Begegnungen
fand
1983
statt,
als
ich
Wacholder
in
ihrer
Urbesetzung
sah.
Inzwischen
sind
mehr
als
dreißig
Jahre
vergangen
und
im
Hof
der
Moritzburg
zu
Halle
hängt
ein
rotes
Banner
und
darauf
ist
der
Schriftzug
HORCH
zu
lesen.
Was
für
ein
fantastisches
„Abinente“,
würde
jetzt
„Bauer
sucht
Frau“
ausrufen.
Sofort
fühle
ich
mich
in
eine
andere
Epoche versetzt, fühle mich aufgenommen. Alles meine Altersklasse!
Im
Schein
der
untergehenden
Sonne
ist
der
Burghof
gut
gefüllt,
die
Musikanten
stehen
auf
der
Bühne
und
einer
von
ihnen,
KLAUS
ADOLPHI,
Sänger
und
Mandolinenspieler,
schreitet,
ein
paar
deftige
Verse
rezitierend,
durch
die
Zuschauerreihen
zur
Bühne, ….
„Hier - in des Kardinales Hallen,
wo Hanf- und Bratwurstnebel wallen,
wo froh sich bunte Rotten ballen,
dort soll'n der Luden Lieder schallen!
Doch vorerst Dank, Objekt-Vasallen,
die hier und dort mit Korken knallen,
bis wir - darnieder liegend - lallen,
den Mägden, schlanken als auch drallen -
ich mach’ es kurz, wir danken allen!
Und wollen Euch, grad zum Gefallen,
dies Ständchen hier in's Ohr krawallen.
Ihr könnt den Gürtel enger schnallen
und Euch drei, fünf - acht Scheiben krallen!
Die müsst Ihr aber selbst bezallen...“
….
um
dann
den
milden
Frühsommerabend
mit
der
Musikantengemeinschaft
HORCH
zu
barock’n’rollen
und
zu
performanceieren.
Mit
einem
ihrer
Instrumentalstückchen,
das
sie
„Das
feile
Fräulein“
nennen,
geben
sie
uns
einen
Vorgeschmack
auf
das,
was
sie
nun
mit
ihrem
Stammpublikum
in
Halle
vorhaben,
nämlich
das
Abfackeln
„mittelalternativer
Musik“,
wie
sie
es
selbst
formulieren.
Ein
wenig
Barock
oder
zumindest
einen
Hauch
davon,
eine
kleine
Priese
Folk,
einen
Schuss
satten
Rock,
plus
einer
enormen
Portion
Fingerfertigkeit
und
gut
dosierten
feinen
Humor.
Ich
merke,
die
Jungs
sind
richtig gut!
Nun
tauchen
wir
ein
in
die
reichhaltigen
Tiefen
deutscher
Musik-
und
Dichtkunst.
Schon
mit
dem
Lied
von
der
„Vagantenbeichte“,
einem
„chronisch
unterbezahlten
sowie
unterbewerten
Musikanten“,
wie
uns
der
Frontmann
wissen
lässt,
sind
wir
nun
mitten
in
der
„Carmina
Burana“
von
Carl
Orff
und
beim
„Provovant“
schöpfte
man
wohl
aus
„Des
Knaben
Wunderhorn“,
wenn
ich
das
richtig
mitbekommen
habe.
Gleich
wie,
die
Umsetzung
der
jeweiligen
Vorlagen
kommt
dermaßen
spritzig
über
die
Rampe,
dass
einem
solche
Zusammenhänge
auch
egal
sein
können.
Da
vor
mir
liefern
sich
Flöten,
Geige
und
Laute
ein
fröhliches
miteinander
Musizieren
und
die
Texte
empfinde
ich
eher
modern,
mitten
aus
dem
prallen
Leben
gegriffen,
siehe
oben,
denn
altbacken.
Der
mittelalterlich
anmutende
Gesang
wird
auch
bei
„Der
strenge
Galan“
kunstvoll
vom
Flöten-
und
Geigenspiel
verziert,
doch
die
Rhythmusgruppe
mit
Bass
und
Drummer
sorgt
dafür,
dass
ein
Groove
entsteht,
der
meinen
heutigen
Hörgewohnheiten
sehr
angenehm
entgegenkommt.
Zwar
hätte
ich
Vergleiche
parat,
wie
die
zu
einst
besten
Tull-Zeiten,
diese
Töne
von
HORCH
aber
brauchen
solcherart
Hinweise
nicht.
Sie
erklingen
und
grooven für sich selbst. Nicht ohne Grund nennt sich die Band HORCH!
Doch
es
gibt
auch
die
anderen
Themen,
die
HORCH
aus
der
Geschichte
liedhaft
verarbeitet
hat.
Eine
solche,
der
„Graseweg“,
beginnt
mit
beeindruckendem
dreistimmigem
Satzgesang,
vielleicht
einem
Madrigal
entliehen
(?),
und
setzt
sich
dann
in
düsterer
Grundstimmung
fort.
Das,
was
dahinter
steckt
und
warum
eine
Straße
in
Halle
vorn
und
hinten
zugemauert
wurde,
kann
man
sich
ebenso
live
von
HORCH
erzählen
lassen,
wie
die
Story
von
der
„Volkskaffeehalle“
(für
Herbert).
Von
der
Bühne
ertönt
es
munter
„In
der
Volkskaffeehalle
wird
der
Kaffee
niemals
alle“
und
waren
wir
eben
noch
von
einer
schlimmen
Ballade
ausgebremst,
so
reißen
uns
die
Musiker
diesmal
mit
ihrer
Fröhlichkeit
mit,
die
sich
im
Schunkelwalzer
vom
„Movitz“
ausgelassen
fortsetzt
und
vor
der
Pause
in
der
gesungenen
Moritat
von
der
„Tittenklapp“,
ja
richtig
gelesen,
ihren
vorläufigen
Höhepunkt
findet.
Zeit
für
Bier,
Bratwurst
und
den
Hauch
alter
Mauern
im
Abendlicht
auf
sich einwirken zu lassen.
Die
zweite
Hälfte
wird
wieder
instrumental
mit
einem
kurzen
„Marsch“
eingeläutet,
ehe
die
Band
tief
in
die
Geschichte
und
gleichzeitig
auf
die
Tasten
einer
Reiseorgel
aus
dem
VEB
Harmonika-Werk
greift.
Kaum
zu
glauben,
dieses
seltene
und
unscheinbare
Etwas
erzeugt
eigenartig
klingende
warme
Töne
und
leitet
damit
„Auf
Rosilis
Sprödigkeit“
ein.
Die
Herren
auf
der
Bühne
entpuppen
sich
diesmal
als
echte
Rocker
und
Ur-Horcher
KLAUS
FABIAN
steigert
sich
in
ein
prasselndes
Feuerwerk
der
Flötensoli
hinein.
Dabei
lässt
er
so
manchen
Meister
des
Faches
ziemlich
alt
aussehen
und
auch
das
legendäre
„Bouree“
kurzzeitig
aufblitzen.
Chapeau,
meine
Herren!
Ebenso
beeindruckend,
weil
mit
vier
Flöten
verschiedener
Bauart
dargeboten,
geben
sie
kleine
Ratschläge
weiter:
„Ihr
Mädchen
lasst
euch
doch
nur
raten
(auf
die
Größe
kommt’s
nicht an)“ und das angesichts mindestens zweier ziemlich wuchtiger Holzblasinstrumente.
Jetzt
ist
ausgelassene
Stimmung
im
Burghof.
Jubeln,
Pfiffe
und
hier
und
da
tanzen
einige
ausgelassen
zu
den
überaus
frech-
fröhlichen
Weisen.
Zu
dieser
spätabendlichen
Stunde
kommt
das
„Rotkäppchen“
daher.
Erzählt
wird
die
Geschichte
vom
bösen
Isegrim
und
den
schönen
Momenten
des
Lebens
einer
jungen
und
unschuldigen
Dame,
die
durch
den
Wald
ging:
„Die
Sonne
glänzt
in
deinem
Haar,
wo
eben
noch
dein
Kleidchen
war“.
Womit
HORCH
wieder
einmal
beweisen
konnte,
dass
„Rotkäppchen“
kein
Märchen,
sondern
bereits
moderne
Aufklärung
war.
Diese
frohe
Stimmung
wird
von
Flöte
und
Geige
aufgenommen
und
als
„Springtanz“
unter
die
Leute
gebracht.
Nun,
auf
dem
absoluten
Höhepunkt
des
Barock’n’Roll-Abends
angekommen,
gibt
es
mit
„Wol
mir
der
Stunde
(in
der
ich
gesehen)“
vertonte
Verse
von
Walther
von
der
Vogelweide
und
die
Musikanten auf der Bühne in absoluter Höchstform.
Es
ist
schon
ungemein
beeindruckend,
mit
welcher
Leichtigkeit,
aber
auch
Perfektion,
hier
musiziert
und
unterhalten
wird.
KLAUS
ADOLPHI
ist
der
vielseitige
Frontmann,
dem
vier
weiteren
HORCHisten
zur
Seite
stehen
und
im
Hintergrund
die
musikalische
Spielwiese
schaffen,
auf
der
er
sich
ausbreiten
und
ausgelassen
spielen
kann.
Das
Ganze
mündet
nach
dem
„Frühlingslied“
aus
der
Carmina
Burana
in
ein
donnerndes
Drum-Solo
und
anschließend
in
einen
brausenden
Schlussakkord.
Aufstellen zum Gruppenbild, verbeugen und danach Abgang hinter den Vorhang, …
…um
gleich
darauf
für
„Schockschwerenot
(mein
Eheweib
ist
tot)“
wieder
auf
der
Bühne
zu
stehen.
Es
wird
fröhlich
gejubelt
und
getanzt,
während
oben
gesungen
wird.
Im
Burghof
herrscht
ausgelassene
Folks-Tanz-Stimmung,
auch
weil
die
Geschichte,
die
HORCH
singen,
eher
lustig,
denn
ernst
gemeint
ist:
„Schockschwerenot,
mein
Eheweib
ist
tot,
Gevatter
ach
behalt
sie
nur,
das
kommt
schon
noch
ins
Lot.“
Solche
alten
Texte
und
diese
faszinierenden
Klänge
der
Gruppe
HORCH
sind
vielleicht
einer
der
Gründe,
weshalb
der
Band
ein
ganz
besonderer
Ruf
voraus
eilt,
der
auch
mich
endlich
hierher
gelockt
hat.
Als
der
Abend
mit
einem
Trommelfeuerwerk
euphorisch
ausklingt
und
danach
die
Musiker
die
Bühne
verlassen,
klingt
die
ausgelassene
Stimmung
im
Innenhof
der
alten
Burganlage
noch
etwas
nach.
Die
Musik
von
HORCH
ist
ein
wirklich
gutes
Beispiel
dafür,
dass
man
hierzulande
durchaus
deutsch
singen
kann,
ohne
gleich
faden
Schlagerbrei
im
Ohr
haben
zu
müssen,
der
tausendfach
aus
Schablonen
über
der
Masse
ausgegossen
wird.
Nein,
diese
Musik
geht
ins
Ohr,
kommt
mit
fröhlichen
Texten
in
griffigen
Melodien
daher,
sie
hat
gedankliche
Tiefe
und
erschlägt
dennoch
niemanden
mit
gedankenschweren
Botschaften
und
bedeutungsschwangeren
Weisheiten.
Ihr
ist
handwerklich
hohes
Niveau
eigen
und
reicht dir dennoch mit Leichtigkeit die Hand. Man muss nur genau und gern hinHORCHen wollen.