Mit HÖHNE & Co. am Badestrand – die Freibad-Mugge 1978
03.08.1978
(In Erinnerung und Gedenken an PETER GÄNSE )
Wir
hatten
keine
staubigen
Steppen
in
diesem
Land,
keine
kargen
Wüsten
mit
felsigen
Bergen
am
Horizont.
Wir
hatten
nur
diese
großen
Tagebaulöcher
und
die
Kegelberge
aus
Dreck
sowie
die
Weite
der
Heidelandschaft,
den
Schraden
oder
die Lausitz, und dort stehen noch immer dichte Wälder und die Weite dominiert die Senken.
Die
Songs
vom
Land
weit
weg
hinter
dem
Ozean,
vom
staubigen
„wilden
Westen“
und
den
Bergen
in
Montana
stammen
von
einem
anderen
Kontinent,
aus
einer
anderen
Welt.
Diese
Songs
klingen
nach
Sehnsucht,
nach
Leid
und
Traurigkeit
aber
auch
nach
Ursprünglichkeit
und
purer
Freude.
Kein
noch
so
kleiner
Gedanke
an
Deutschland,
DDR
schon
gar
nicht
– und doch!
Meine
Heimatstadt
Elsterwerda
hatte
einst,
inmitten
tiefster
DDR-Zeiten,
ein
Freibad
unter
dem
freien
Himmel
der
Natur,
das
jährlich
tausende
Besucher
und
Badelustige
ins
Grüne
lockte.
Auch
dann,
wenn
die
Sonne,
die
auch
über
den
Bergen
von
Montana
aufgeht,
mal
nicht
schien
oder
das
Gras
vom
letzten
Regen
nass
war.
Irgendjemand
war
immer
dort
draußen
im
Freibad,
um
zu
schwimmen
oder
beim
Bademeister
PETER
GÄNSE,
eine
bärtige
stämmige
Seele
von
Mensch,
schwimmen
zu
lernen.
Zu
ihm
gingen
die
ganz
Kleinen,
wenn
sie
Kummer
hatten,
oder
die
Großen,
wenn
sie
Hilfe
brauchten.
Wir
gingen
auch
zu
ihm,
wenn
wir
eine
Idee
realisieren
wollten,
denn
Peter,
der
eigentlich
Alfred
hieß,
ließ niemals irgendjemanden im Regen stehen.
Im
Bad
stand
ein
großer
Sprungturm
aus
Holz.
Er
war
6
Meter
hoch
und
er
hatte
zwei
Plattformen,
eine
in
der
Mitte
und
die
zweite,
für
die
Mutigen,
ganz
oben.
Der
war
in
den
70ern
schon
abgerissen
und
von
zwei
Brettern
in
1
und
3
Meter
Höhe
ersetzt
worden.
Das
Freibad
hatte
eine
breite
Wiese
zum
Liegen,
die
von
hohen
Bäumen
begrenzt
war.
Auf
der
Gegenseite,
locker
100
Meter
über
die
Wasserfläche
gesehen,
befand
sich
hinter
einer
hohen
Pappelreihe
eine
große
Sandfläche.
Dort
„in
der
Wüste“
haben
wir
Ball
gespielt
oder
im
Sand
gelegen,
einen
auf
Ostsee
gemacht,
auch
wenn
der Sand nicht ganz so hell war. Was uns fehlte, hat die Fantasie ersetzt.
In dieses Freibad passte das Gefühl von Country & Western und den
Bergen, die es hier nicht gibt. Auch wenn diese Musik aus den Weiten
des amerikanischen Westens in der DDR offiziell nicht stattfand,
Fans gab es dennoch viele und die warteten auf Gelegenheiten,
Country & Western zu hören und zu leben. Im Jahre 1978
organisierten wir gemeinsam und mit Unterstützung von PETER
das 2. Strandfest und wir hatten eine Band gefunden, die genau
zu diesem Feeling passte.
HÖHNE
&
Co.
kamen
eher
aus
Richtung
Ost(Sachsen)
und
waren
zu
jener
Zeit
Kult
bzw.
unter
Fans
ein
Geheimtipp.
ANDREAS
HÖHNE
und
sein
Partner
DIETMAR
BERNHARD
waren
im
nahen
Dresden
zu
Hause,
stammen
aber
aus
der
Gegend,
wo
man
das
„Rrr“
so
einmalig
schön
rollen
kann,
aus
der
Oberlausitz.
HÖHNE
und
BERNHARD,
zwei
Neugersdorfer
Nachbarskinder
der
Jahrgänge
1952/53,
verschrieben
sich
schon
früh
den
Songs
der
Baumwollpflücker,
Farmer,
Cowboys,
Holzfäller
und
der
Western
Railroad,
die
sie
bauten.
Lieder,
die
von
Liebe,
Arbeit,
den
Menschen,
ihren
Sorgen und Freuden und ihren Geschichte erzählen, wie es Johnny Cash einst sinngemäß formulierte.
An
diesem
3.
August
1978
standen
HÖHNE
&
Co.
auf
einem
von
uns
selbst
gezimmerten
Holzpodest
mitten
im
Freibad
Elsterwerda
und
ließen
diese
Lieder
erklingen
und
die
hohen
Pappeln
an
der
Sandwüste
rauschten
dazu,
als
„The
Night
They
Drove
Old
Dixie
Down“
den
nicht
vorhandenen
Gleisen
zwischen
den
hohen
Bäumen
folgte.
Für
knappe
zwei
Stunden
machten
uns
HÖHNE
&
Co.
den
Cash,
den
Nelson
und
die
Highwaymen
und,
was
„Old
Dixie“
betrifft,
Robbie
Robertson
&
The
Band.
Über
die
Wasserfläche
wehte
der
weite
Hauch
der
„Countryroads“,
die
John
Denver
und
später
Olivia Newton-John besangen und ein wenig amerikanische Bürgerkriegshistorie wurde mit „Johnny Reb“ lebendig.
ANDREAS
„Hugo“
HÖHNE
(Gitarre,
Banjo,
Mundi)
und
DIETMAR
„Diete“
BERNHARD
(Bass)
ließen
diese
Musik
erklingen,
als
wären
beide
direkt
aus
den
Weiten
der
Prärie
geradewegs
ins
Freibad
zu
uns
geritten
gekommen.
Dazu
bedienten
beide
außerdem
mit
Pauke,
Bongos,
Trommel
und
einem
Waschbrett
diverse
Rhythmusmacher.
Der
dritte
Mann
auf
dem
Holzpodest,
PETER
„Piet“
BEHREND,
gab
dem
Live-Sound
mit
seinem
virtuosen
Geigenspiel
den
letzten
und
perfekten
Schliff, denn was wären die Western-Klänge ohne eine echte Fiddle.
Das
Dreiergespann
war
keine
reine
Coverband,
sondern
hatte,
wie
alle
im
DDR-Rock-Zirkus
damals,
auch
eigene
Stücke
im
Programm.
Ich
erinnere
mich
an
den
Song
„Dieselqualm“,
der
von
einem
Fernfahrerdasein
erzählt,
ebenso
wie
„Frühling
61“,
in
dem
es
natürlich
auch
um
Fernweh
und
Liebe
geht.
Davon
singen
die
Drei
auch
in
„Walk
The
Line“,
sie
intonierten
mit
„Comanche“
ein
Indianer-Thema
und
ließen
es
mit
den
absoluten
Klassikern
„Fireball
Mail“
und
natürlich
„Ring
Of
Fire“
in
der
Version
von
Johnny
Cash
so
richtig
krachen.
Der
Abend
war
eine
einzige
Freiluftparty
bei
schönstem Sommerwetter. So etwas hatten die alten hohen Bäume da draußen noch nicht und seither nie wieder erlebt.
HÖHNE
&
Co.
mit
ihrem
Gast
PIET
BEHREND
und
seiner
Geige
haben
das
alte
Freiband
für
einen
Abend
in
ein
Gefühl
von
Prärie,
Weite,
Silbersee
und
Indianerfeuer
getaucht,
denn
ein
solches
hatten
wir
zu
später
Stunde
entzündet.
Wir
saßen
im
Kreis
um
die
Glut,
mit
einem
knackigen
Watzdorfer
in
der
Hand
und
ließen
unseren
Gedanken
und
Gesprächen
freien Lauf bis in den frühen Morgen.
Noch
heute
gilt
mein
Dank
dem
Bademeister
PETER
GÄNSE,
der,
wie
gesagt,
eigentlich
Alfred
hieß,
und
der
mit
seiner
stämmigen
Figur,
seinem
Rauschebart
und
seinem
einmalig
sonnigen
Gemüt
für
das
Gelingen
solcher
Abende
einfach
unabkömmlich
war.
Auch
wenn
ich
schon
wieder
gedanklich
ewig
gestrige
Sprücheklopfer
vom
immerwährenden
grauen
Alltag
im
Sozialismus
faseln
höre,
in
diesen
schönen
Stunden
zählte
die
gemeinsame
Freude
und
das
gemeinsame
Erleben
mit
Freunden
–
an
Staatsrat,
Zentralkomitee
und
FDJ
hat
damals
selbst
im
nüchternen
Zustand
keiner
einen
Gedanken
verplempert.
Das
machte
sich
mit
Watzdorfer
und
einer
Bratwurst
im
Bauch
sowie
mit
Goldbrand
in
der
Birne
ohnehin
nicht
besonders
gut.
Wir
waren
in
jenen
Jahren
eine
verschworene
Gemeinschaft,
die
sich
mit
ihrem
Tun
selbst
glückliche Stunden bereitet hat und PETER mit seiner Frau Helene waren ein Teil von uns.
Die
Geschichte
von
ANDREAS
HÖHNE
und
DIETMAR
BERNHARD
als
Musikanten
in
der
DDR
endete
tragisch,
wie
die
vieler
anderer
guter
Musikerkollegen
leider
auch.
Im
Jahre
1986
verließen
beide
nach
persönlichen
Schikanen
und
ständigen
Querelen
die
größte
DDR
der
Welt
in
Richtung
BRD,
wo
sie
zum
zweiten
Mal
mit
Country
&
Western
Music
durchstarteten
und
als
WESTERN
RAILROAD
ihre
erste
eigene
LP
produzierten.
Das
ist
inzwischen
auch
schon
wieder
seit
mehr
als
zwei
Jahrzehnten
Geschichte.
Seitdem
und
bis
heute
haben
„Diete“
und
„Hugo“
in
der
Szene
einen
klangvollen
Namen
und
sind
mit
der
Musik
aus
dem
„Wilden
Westen“
in
den
Klubs
des
Landes,
und
überall
dort,
wo
Stimmung
und
auch
Line-Dance
angesagt
sind,
„on
the
road
again“
und
mit
ein
wenig
Glück
führt
eine
dieser
Straßen
vielleicht
auch
noch
einmal
in
Richtung
Osten,
wo
die
alten
Fans
sehnsüchtig
warten.
Vielleicht
denkt
manchmal
auch
PIET BEHREND, der heute seine Fiddle bei HUFNAGEL in Berlin spielt, an jenen Abend im Freibad von Elsterwerda.
Diese
Zeilen
widme
ich
PETER
GÄNSE,
einem
freundlichen
Menschen
und
selbstlosen
Freund,
ohne
den
nichts
von
dem,
was
ich
im
Freibad
Elsterwerda
gemeinsam
mit
vielen
gemacht
und
erlebt
habe,
jemals
Wirklichkeit
geworden
wäre.
Er
wird
mir
auch
über
seinen
Tod
hinaus
als
wirklicher
Freund
und
bester
Bademeister
der
DDR
in
Erinnerung
bleiben.
Nur
hätte
ich
es
ihm
ein
Mal
mehr
persönlich
sagen sollen, als ich noch die Chance dazu hatte - DANKE PETER.
Die damals aktuelle Autogrammkarte von Höhne & Co. (unten)
sowie die einzige LP von Western Railroad, dem Bandnachfolger
in der BRD, mit persönlicher Widmung.