Hannes Wader – Macht’s gut!
23.11.2017
Das
Brunnentheater
in
Helmstedt,
geschmeidiges
Ambiente
und
ist
ausverkauft.
Das
Publikum,
bis
auf
wenige
Ausnahmen,
gealtert
und
ich
mittendrin,
aber
mein
Kopf
gaukelt
mir
vor,
ich
wäre
erst
halb
so
alt.
Das
Herz
pocht
erwartungsvoll,
meine
Seele
wartet
und
die
Augen
blicken
suchend
nach
vorn.
Da
steht
nur
ein
Mikrofonständer
und
der
davor
singen
wird,
füllt
noch
immer
Konzerthallen.
Dennoch
ist
dies
heute
einer
seiner
letzten
öffentlichen
Auftritte,
denn
HANNES
WADER
sagt
uns
in
diesen
Tagen
„Macht’s
gut!“
und
wird
danach
nicht
mehr
live
zu
erleben
sein.
Das
macht
irgendwie
traurig,
mich
aber
auch
glücklich,
hier
dabei
sein
zu
können
und
meinerseits
„Tschüß!“
sagen
zu
dürfen,
wenn
sich
nach
und
nach
eine
ganze
Musikergeneration
von
den
Bühnen
und
ihren
Fans
verabschiedet.
Selten
war ich mir dessen so bewusst, wie in diesen Abendstunden.
Denke
ich
an
Hannes
Wader,
fallen
mir
komischerweise
auch
Schobert
&
Black
sowie
Ingo
Insterburg
ein.
Die
haben
zwar
musikalisch
und
inhaltlich
nichts
miteinander
zu
tun,
aber
meine
Erinnerungen
an
das
Radio
und
den
Rias-
Treffpunkt
zu
Beginn
der
1970er
Jahre
sorgen
dafür.
Damals
erfuhr
ich
ganz
nebenbei
etwas
über
die
Liedermacherszene
in
West-Berlin,
bekam
Lieder
zu
hören
und
diese
Namen
prägten
sich
ein.
Es
erklangen
Songs
wie
„Heute
hier,
morgen
dort“
oder
„Der
Rattenfänger“,
die
mein
Bild
von
Hannes
Wader,
das
vom
ironischen
und
feinsinnigen
Querdenker,
für
viele
Jahre
prägten.
Als
der
Künstler
1982
während
des
Festivals
des
Politischen
Liedes
auch
über
meinen
Bildschirm
huschte,
entdeckte
ich
auch
die
andere
Seite
des
Sängers,
die
Arbeiterlieder.
Plötzlich
bekamen
Melodien
wie
die
von
den
„Moorsoldaten“,
„Dem
Morgenrot
entgegen“
oder
„Mamita
Mia“,
das
ich
als
„Die
Herren
Generale“
selbst
mit
einer
Singegruppe
sang,
eine
feinere
Bedeutung
für
mich.
Wader
gelang
es,
den
Schleier
des
Morbiden
von
diesen
Liedern
zu
zerren,
so
dass
sie,
ohne
verklärt
zu
wirken,
zu
einer
Art
Volksliedern
wurden,
so
wie
die
plattdeutschen
Lieder
und
die
Shanties
zuvor
auch.
Diese
Bandbreite,
und
die
Art,
wie
er
sich
diese
Lieder
aneignete,
sorgten
dafür,
dass
der
Mann
für
mich
einer
der
ganz
Großen
wurde
und
andere
dabei
in
den
Hintergrund
drängte.
HANNES
WADER
wurde
für
mich
einer
der
bedeutendsten
Liedinterpreten
deutscher
Sprache
und
rangiert
bei
mir,
trotz
aller
Unterschiede,
immer
noch
gleichwertig
neben
Achim
Reichel
oder
Gerhard
Gundermann.
Das
mag
manchem nicht gefallen, mir aber schon und nur das ist (mir) wichtig.
Das
Licht
geht
aus
und
die
Spots
reißen
eine
aus
dem
dunklen
Bühnenhintergrund
tretende
Gestalt
ins
grelle
Licht.
Der
ganze
Saal
tobt
euphorisch
und
der
da
vorn
steht,
einfach
so.
Gern
würde
ich
diesen
Moment
als
Foto
festhalten,
doch
meine
Hände
zittern
und
die
Spots
machen
aus
dem
grauen
Hemd
ein
grelles
Weiß.
Die
Finger
zupfen
die
Gitarrensaiten
und
HANNES
WADER
beginnt
zu
singen
–
Stille,
nur
ein
Mann,
die
Gitarre
und
diese
Stimme.
Die
Fotoknipse
verschwindet
in
der
Tasche
und
dort
wird
sie
bleiben
bis
zum
letzten
Ton.
Hören,
nur
hinhören,
aufsaugen
und
ja
nichts
verpassen. Es ist mein erstes und mein letztes Mal.
Irgendwie
fühle
ich
mich
an
die
Hand
genommen,
als
„Heute
hier,
morgen
dort“
erklingt.
Ich
lausche
dieser
vollen
weichen
Stimme
und
bestaune
den
Hünen,
in
dessen
Händen
die
Gitarre
fast
so
wie
ein
Spielzeug
wirkt.
Doch
diesem
Spiel-Zeug
entlockt
er
mit
seinem
typischen
Fingerpicking
jenen
Klang,
der,
zusammen
mit
dem
Gesang,
zu
seinem
Markenzeichen
wurde,
so
wie
diese
Hymne
ein
Volkslied.
In
seiner
Stimme
schwingt
ein
wenig
Selbstironie,
als
er,
auf
50
(!)
Jahre
Tourneeleben
zurück
blickt,
seine
Version
von
„Rock’n’Roll
(You
Gave
Me
The
Best
Years
Of
My
Life)“
anstimmt
und
wieder
tief
in
meiner
Magengrube
landet.
Es
fühlt
sich
an
wie
das
eigene
Erleben
und
kontinuierlich
wächst
der
Kloß
in
meinem
Hals.
Einem
berührenden
Lied
aus
seiner
Anfangszeit,
er
sagt,
„Begegnung“
wäre
erst
sein
zweites
Lied,
das
er
je
schrieben
hätte,
folgt
ein
ironisches
„Schön
ist
das
Alter“
(1991)
und
diesmal
zerreißt
es
mich
fast
und
ich
finde
mich
selbst,
als
er
uns
singt:
„Vor
der
Zukunft
graut
es
mir,
ich
lebe
lieber
jetzt
und
hier.“
Wie
er
vom
„Leben
in
Bussen“,
vom
„Rheumadeckenkaufen
als
Hobby“
und
vom
„Geisterfahrer
auf
der
Autobahn“
singt,
paart
so
liebevoll
Sarkasmus
und
intime
Poesie,
dass
man
den
eigenen
Gefühlen,
zwischen
Erstarren
und
Lachen,
kaum
zu
folgen vermag.
Es
ist
ohnehin
mucksmäuschenstill
im
Saal,
doch
als
er
von
Hans
Lauter,
dem
letzten
Moorsoldaten,
den
er
selbst
2011
noch
traf
und
dann
dieses
Lied
anstimmt,
ist
die
Stille
greifbar.
Alle,
die
hier
sitzen,
fühlen
sich
jetzt
wahrscheinlich
im
Zuhören
und
Mitfühlen
vereint
und
viele
summen
die
Melodie,
wie
ich
auch,
tief
in
ihrem
aufgewühlten
Innersten
mit:
„Wir
sind
die
Moorsoldaten
und
ziehen
mit
dem
Spaten
–
ins
Moor.“
Danach
lässt
er
uns
wissen,
dass
heute
keiner
der
Moorsoldaten
noch
am
Leben
ist
und
singt
nun
„Das
Bürgerlied“,
das
bei
mir
wieder
wie
ein
freundliches
Aufmuntern
wirkt.
Obwohl
die
Weise
von
Adelbert
Harnisch
aus
der
Mitte
des
19.
Jahrhunderts
kommt,
vermag
sie
noch
immer
die
Gegenwart
zu
spiegeln
und
zu
berühren:
„Drum
ihr
Bürger,
drum
ihr
Brüder,
alle
eines
Bundes
Glieder,
was
auch
jeder
von
uns
tu',
alle,
die
dies
Lied
gesungen,
so
die
Alten,
wie
die
Jungen,
tun
wir,
tun
wir
was
dazu!“
HANNES
WADER
übernahm diese Weise für sein Album „Volkssänger“ (1975).
Mit
solchen
Gedanken
sowie
aufgewühlten
Herzen
schickt
er
uns
in
die
Pause
und
empfängt
uns
dann
zuversichtlich
mit
„Schon
morgen“.
Dass
er
sehr
feinsinnig,
zugleich
auch
fast
bösartig
sein
kann,
das
führt
er
uns
(und
der
überwichtigen
Veggie-Szene)
mit
„Anke’s
Bioladen“
vor
Augen.
Jetzt
ist
Lachen
angesagt
und
Schenkelklopfen
bei
der
„Großen
Freiheit“.
Was
ist
dieser
HANNES
WADER
doch
für
ein
wunderbarer
Geschichtenerzähler,
dem
es
doch
tatsächlich
gelingt,
intime
Poesie
mit
leisem
Protest
und
feinsinniger
Unterhaltung
zu
vereinen.
Das
schafft
er
mit
einem
alten
Volkslied
ebenso
wie
mit
seinen
eigenen
Liedern,
von
denen
er
so
viele
schrieb.
Wenn
er
sich
eine
Melodie
ausborgte
und
ihr
seine
eigenen
deutschen
Worte
schenkte,
entstand
oft
eine
seltenschöne
Symbiose,
so
wie
im
Falle
von
Eric
Bogle’s
„No
Man’s
Land“
(1980).
Dem
verpasste
er
mit
„Es
ist
an
der
Zeit“
eine
bittere
und
aufrüttelnde
Botschaft.
In
meinem
weichen
Sessel
sitzend,
spüre
ich
dennoch
die
Zugkraft,
die
von
dieser
Anti-Kriegs-Hymne
ausgeht,
einen
förmlich
zwingt,
aufzustehen
und
aufzuschreien.
Erst
recht
heute
und
in
diesen
Tagen,
denke
ich,
und
der
aufbrausende
Applaus
sagt
mir,
ich
bin
nicht
allein,
als
er
Leute
wie
Warren
Buffet
ins
Visier
nimmt
und
vom
„nackten
Entsetzen“
spricht,
das
ihn
bei
solchen
Gedanken
packt.
Man
könne
dieses
System
derzeit
nicht
abschaffen,
denkt
er
laut
nach,
aber
vielleicht
könne
man
„Trotz
alledem“
Sand
ins
Getriebe
streuen,
damit
es
knirscht.
Der
Vergleich
gefällt
mir
und
die
Vorstellung, Gleiches zu tun, auch.
Dieser
HANNES
WADER
liefert
nicht
die
perfekte
Show,
nicht
aufgeblasenes
Entertainment
und
gleich
gar
nicht
verbales
Anbiedern.
WADER
steht
an
diesem
Mikrofonständer,
sprudelt
Gedanken
heraus,
um
sie
manchmal
auch
wieder
zu
relativieren
und
lässt
dies
alles
mit
stillem
Witz
über
die
Rampe,
so
dass
genug
Platz
für
Nachdenklichkeit
bleibt.
Vorn
auf
der
Bühne
steht
nur
ein
Mann
mit
seiner
Gitarre
und
singt
seine
Lieder.
Das
ist
schlicht
grandios
und
wirkt
ehrlich,
als
er
tatsächlich
„Macht’s
gut“
in
den
Saal
sagt
und
schenkt
uns
dann
noch
„Dass
wir
so
lang
leben
dürfen“.
Still
und
aufrecht stehend genießt er seinen Applaus. Er geht von der Bühne und der Mikrofonständer steht wieder allein da.
Was
für
ein
tolles
Konzerterlebnis,
so
schlicht
und
überwältigend
zugleich.
Doch
ohne
Zugabe
geht
es
nicht.
Er
singt
uns,
passend
zur
Abschiedsstimmung,
sein
„Schon
so
lang“
von
„7
Lieder“
(1972)
und
wieder
ist
dieser
Kloß
im
Hals
und
ja,
auch
die
Augen
sind
feucht.
Den
Kloß
kann
ich
dann
doch
beim
gemeinsamen
abschließenden
Singen
von
„Sag’
mir
wo
die
Blumen
sind“
wenigstens
teilweise
nach
unten
Schlucken.
Danach
ist
nur
noch
Applaus,
lange,
ganz
lange.
Noch
drei
Konzerte
wird
HANNES
WADER
geben,
noch
drei
Mal
Applaus
erhalten
und
vielleicht
werden
auch
Tränen
kullern.
Komisches
Gefühl,
dies
hier
nicht
wiederholen
zu
können.
Minuten
später
darf
ich
ihm
noch
beim
Signieren
am
Bühnenrand
tief
in
die
Augen
sehen
und
seinem
„Macht’s
gut!“
mein
„Alles
Gute!“
entgegnen.
Eine
beeindruckende
Künstlerpersönlichkeit
und
großartiger
Mensch
ist
im
Begriff,
sich
zu
verabschieden
und
ich
durfte
ihm
„Tschüss!“
sagen.
Nur ein einsamer Mikrofonständer bleibt zurück.