Gundermann – die Filmpremiere im Moritzhof Magdeburg
19.08.2018
(„Hier
bin
ich
geborn,
wo
die
Kühe
mager
sind
wie
das
Glück,
hier
hab
ich
meine
Liebe
verlorn,
und
hier
krieg
ich
sie
wieder zurück.“)
Alles
andere
hätte
mich
gewundert.
Der
Innenhof
des
Kulturzentrums
ist
gefüllt
und
natürlich
pegelt
sich
der
Altersdurchschnitt
locker
oberhalb
der
fünfzig
ein.
Man
trägt
Freizeitlook,
graues
Haar,
trinkt
stilvoll
Wein
und
zur
Förderung
der
Transpiration
gern
auch
Bier.
Vom
Scheunentor
prangt
ein
Poster:
GUNDERMANN.
Ich
bin
hier,
um
eine
der
Vor-Premieren,
mit
der
Drehbuchautorin
LAILA
STIELER
und
dem
Gundermann-Darsteller
ALEXANDER
SCHEER,
mitzuerleben.
Mir
geht
es
darum,
zu
sehen
und
zu
vergleichen
sowie
mitreden
zu
können.
Kurz
nach
20.00
Uhr
sitzen
sie
alle,
ich
mittendrin,
schwitzend
auf
den
Stühlen
in
der
Scheune.
Man
kann
die
Anspannung
quasi
fühlen
und
die
Neugier
spüren.
Was
genau
uns
der
Film
erzählen
wird,
weiß
auch
der
Moderator
noch
nicht.
Auch
nicht,
was
er
auslösen wird.
Dann
verlischt
das
Licht.
Diese
zehn
Minuten
Film-Werbung
übersehe
ich
einfach.
Doch
dann
steht
in
dicken
weißen
Letter
auf
schwarzem
Hintergrund
ein
Namenszug
auf
der
Leinwand:
GUNDERMANN.
Der
ist
bei
einem
Puppenspieler
und
beide
führen
ein
Gespräch.
Im
Hintergrund
ein
dicker
Ordner,
die
Stasi-Akte
des
Mannes
und
Gundi:
„Kann
sein
ich
habe
Scheiße
gequatscht,
aber
was,
das
weeß
ich
heute
nicht
mehr.“
Man
könne
ja
die
Akte
mal
gemeinsam
sichten
oder
so,
meint
er
dazu.
Schnitt.
-
Sequenzen
weiter
rettet
der
gleiche
Gundi
einen
kleinen
verletzten
Igel
auf
der
Straße
und nimmt ihn mit nach Hause.
Die
beiden
Seiten,
die
Zwiespalt
zwischen
Verdrängen
und
überschäumender
Liebe,
ziehen
sich
quasi
durch
den
ganzen
Film.
Der
nimmt
den
Zuschauer
mit
auf
eine
Reise,
überschüttet
sie
mit
Emotionen,
lässt
sie
Mitfiebern,
den
Kopf
schütteln
und
ziemlich
oft
auch
lachen.
Wir
alle
werden
auf
wundersame
Weise
Teil
eines
roten
(?)
Fadens,
der
sich
durch
das
Filmepos
zieht.
Je
länger
dieser
Film
läuft,
desto
mehr
gewinne
ich
den
Eindruck,
dass
dieser
Gundermann
am
Faden
mitgestrickt
hat,
unwissentlich.
Und
dennoch,
gleich
diesem
Baggerfahrer
sind
Menschen,
die
ich
von
damals
noch
kenne,
früh
nicht
aufgestanden
und
dachten
als
erstes:
Kacke,
dies
ist
eine
Diktatur
und
nachher
treffe
ich
einen,
der
mich
vielleicht
überwacht.
Wir
haben
auch
einfach
nur
gelebt,
geliebt,
gearbeitet,
gefeiert
und
Musik
gemacht
oder
gehört.
Wir
waren
auch
wütend
oder
unzufrieden,
haben
uns
Gedanken
gemacht
über
unser
Leben
und
dessen
Sinn.
Nicht
viel
anders
nach
dem
großen
Freudentaumel.
Da
kamen
noch
der
Frust
hinzu
und
der
Drang,
daraus
etwas
machen
zu
wollen
oder
zu
müssen.
So
wie
dieser
GERHARD
GUNDERMANN,
oder
viele
meiner
Freunde,
denke
ich,
während sich die Handlung entwickelt.
Manchmal
entdecke
ich
mich
selbst
oder
sehe
Dinge,
die
ich
kenne.
Diesen
Riesenbagger
zum
Beispiel
und
das
gigantische
Loch
in
der
Erde,
die
wir
„anfressen“.
Zwischen
Lauchhammer
und
Finsterwalde,
wo
heute
die
F60
noch
steht,
bin
ich
öfter
hindurch
gefahren.
Ich
bin
in
dieser
Gegend
aufgewachsen
und
diese
zwanzig
Kilometer
Mondlandschaft
zwischen
Lauchhammer
und
Finsterwalde
strahlten
stets
eine
eigenartige
Faszination
auf
mich
aus.
Es
tat
andererseits
auch
weh,
das
gigantische
Loch
in
diese
Erde
gewühlt,
zu
sehen.
Wenn
meine
Mutter
Wäsche
aufhängen
wollte,
schaute
sie
vorher
meist,
aus
welcher
Richtung
der
Wind
blies.
Kam
er
vom
Kohlerevier,
wurden
die
Wäschestücke
meist
auf
dem
Boden
aufgehängt.
Wir
hatten
Nachbarn
im
Haus,
die
zur
Schicht
in
die
Kokerei
fuhren,
aus
der
dieser
Dreck
kam.
Im
Lied
höre
ich
ihn
singen:
„Hier
gab
es
billigen
Fusel
auf
Marken
und
genau
so
sehn
wir
heute
aus.“
Wer
mit
„Kumpeltod“
nichts
anzufangen
weiß,
hat
nie
mit
einem
Kumpel
gesoffen,
kennt
das
Lebensgefühl
der
Lausitz
nur
vom
Hörensagen.
All
das
und
noch
eine
Menge
mehr,
wühlen
diese
zwei
Stunden,
unsortiert,
in
mir
auf,
lassen mich erinnern, mitlachen oder leise in mich hinein heulen.
Im
Stuhl
sitzend
leide
ich
mit
diesem
Idealisten
auf
der
Leinwand,
diesem
Träumer
im
Sinne
von
John
Lennon,
der
auch
gut
verdrängen
kann.
Auch
ich
blicke
oft
auf
das
verschwundene
Land,
um
heute
zu
bestehen
und
gäbe
es
die
Lyrik
von
Gundi
nicht,
irgendjemand
müsste
sie
schreiben
und
sie
möglichst
auch
singen.
An
jedem
Wort
kann
ich
mich
festhalten,
mich
überprüfen
und
mich
ermutigen.
Der
Film
ist
ein
Liebesfilm
und
einer
von
Schuld,
vom
Lernen,
damit
umzugehen.
Immer
wieder
taucht
das
Bild
von
der
grauen
Autobahn
mit
dem
Richtungsschild
nach
Berlin
auf
und
dann
wieder
zurück,
mit
dem
dampfenden
Kühltürmen
am
Horizont.
Ein
Bild
von
kahler
grauer
Einsamkeit,
aber
auch
vom
Pendeln
zwischen
Schichtarbeit,
Auftritten
und
Familie,
die
das
alles
zwischen
den
engen
Wohnungswänden
(mit)
aushalten
muss.
Die
Geschichte
eines
Getriebenen
steckt
also
auch
in
diesen
zwei
Stunden,
für
die
ANDREAS
DRESEN
Regie führte und LAILA STIELER das Drehbuch schrieb.
Zum
Glück
gibt
es
diese
Musik
von
GUNDERMANN
und
jene
Szenen,
die
einem
manche
Melodie
völlig
neu
entdecken
lassen.
Einiges
darin
wäre
ohne
diese
Lieder
emotional
nicht
auszuhalten.
Seine
Lieder
führen
mich
hörend
durch
die
Filmerzählung,
sie
nehmen
mich
auch
an
die
Hand.
Immer
wenn
ich
denke,
der
Film-Gundi
sollte
sich
endlich
die
eigene
Unvollkommenheit
eingestehen,
führt
eine
neue
Melodie
aus
der
beklemmenden
Enge.
Einlenken
wäre
leichter
für
ihn,
denke
ich
mir,
aber
der
auf
der
Leinwand
ist
eben
Gundermann.
Der
sagt
dann
eben
auch
„Nö!“,
weil
er
seine
Gesinnung
nicht
gleich
mit
dem
Parteibuch
abgeben
will
oder
stellt
dem
Genossen
Walde,
in
seinem
Kohlerevier,
unbequeme
Fragen,
um
anschließend
hinauf
in
seine
Kanzel
zu
steigen,
die
nächsten
Melodie-
und
Textfetzen
aus
dem
Erlebten herauszufilternd und in sein Diktiergerät zu sprechen.
GUNDERMANN
ist
also
ein
Musikfilm
geworden.
Alle
Lieder
wurden
dafür
völlig
neu
eingespielt.
Unter
Zuschauern
sitzend
staune
ich
manchmal,
wie
extrem
authentisch
diese
„neuen“
Lieder
über
mich
und
alle
im
Raum
herfallen,
wie
scharf
manchmal
und
dann
wieder
wie
leicht
und
zärtlich
sie
schmeicheln,
wenn
der
Leinwand-Gundi
mit
brüchiger
Stimme
seine
Gedanken
singt.
Aus
diesen
Momenten
strömt
eine
Unmenge
purer
Energie.
Vor
und
hinter
mir
wiegen
sich
Köpfe
im
Takt
oder
jemand
summt
leise
mit.
Auch
ich
habe
einen
dicken
Kloß
im
Hals
und
die
Hände
umklammern
das
eingerollte
Poster,
das
neue
Signaturen
bekommen
muss.
Die
Luft
ist
zum
Auspressen
dick,
Rinnsale
gleiten
auf
meiner
Haut
nach
unten,
aber
mein
Hirn
und
mein
Herz
toben
wild
vor
Begeisterung.
Am
Küchentisch
sitzend,
fragt
er
seine
Conny,
ob
sie
sich
für
ihn
schämen
würde.
Da
nimmt
sie
wortlos
dessen
Hand.
Plötzlich
ist
da
einer
ganz
ohne
Panzer
und
Schutz
zu
sehen.
Da
hätte
man
ihn
trösten
wollen.
Ganz
ehrlich:
Darauf
war
ich
nicht
vorbereitet,
all
das
hatte
ich
so
nicht
erwartet
und
dennoch
sind
all
meine
Erwartungen,
mein
Hoffen,
gemessen
am
eigenen
tatsächlichen
Erleben
im
verschwundenen
Land,
erfüllt
worden.
Zum
allerersten
Mal
übrigens
bei
einem
Film
aus
jenen
Tagen.
Respekt und danke für das Feingefühl.
Irgendwann
spielt
der
Puppenspieler
noch
einmal
(den
Hamlet).
Irgendwann
zeigt
die
Leinwand
das
letzte
Bild.
Das
Bild,
das
sich
einprägen
wird.
Einen
letzten
Ton
aber,
den
wird
es
wohl
niemals
geben,
nicht
geben
können.
Diese
Lieder
vom
„Gras,
das
immer
wieder
wächst“,
das
von
der
„Linda“,
das
von
„Brigitta“
sowie
dem
„billigen
Fusel
auf
Marken“
plus
die
anderen,
die
einfach
so
„in
unser
aller
Herzen
gefallen
sind“,
werden
leben.
Sie
werden
uns
überleben,
da
bin
ich
mir
ganz
sicher,
denn
es
wird
auch
in
Zukunft
Menschen
geben,
die
träumen,
die
Fehler
machen
und
die
ohne
Berechnung
lieben.
Ja,
es
gab
auch
eine
Menge
großartiger
Dinge
in
diesem
verschwundenen
Land.
Unter
anderem
diese
Lieder
und
stets
einen,
der
sie
singt
und
wir,
die
ihm
zuhören.
Ich
bin
in
der
Lausitz
aufgewachsen,
hatte
in
Hoyerswerda
Freunde,
habe
in
diesem
Land
gelebt
und
auch
versucht,
ein
kleines
Stück
zu
bewegen.
Als
ich,
wieder
draußen
auf
dem
Hof,
mich
auch
kurz
mit
LAILA
STIELER
und
ALEXANDER
SCHEER
unterhalten
kann,
bin
ich
ihnen
im
Stillen
dankbar,
dass
sie
auch
ein
winziges
Stückchen
von
meinem
Leben
mit
dem
Film
eingefangen,
einen
besseren, weil ehrlicheren Rückblick, erschaffen haben.