EBA KBAPTET – vier Damen wie eine Stimme
10.04.2016
Vier der schönsten und faszinierendsten Frauenstimmen der Welt kommen aus Bulgarien.
Es
ist
schon
ein
paar
Jahre
her,
da
lief
im
Fernsehen
eine
Serie
mit
Reisenberichten,
deren
Autor
Gerd
Ruge,
in
liebe-
und
verständnisvoller
Weise
vom
Leben
und
Denken
der
Menschen
am
Baikalsee
und
in
Sibirien
berichtete.
Unterlegt
waren
die
Reportagen
stets
mit
authentischer
Musik
aus
den
Regionen
Russlands.
Damals
fiel
mir
der
Gesang
jener
Frauenchöre
auf,
deren
Lieder
tief
aus
dem
Herzen
der
russischen
Folklore
schöpfen:
klar,
faszinierend
und
harmonisch
völlig
anders.
Ich
hab’
alle
Hebel
und
die
halbe
Welt
in
Bewegung
versetzt,
um
eine
Schallplatte
mit
diesen
Liedern
zu
ergattern.
Bis
heute
vergeblich.
Fast
hatte
ich
das
Projekt
schon
vergessen,
da
kommt
mir
WARNFRIED
ALTMANN,
ein
mir
befreundeter
Jazz-
Saxophonist,
um
die
Ecke
und
meint,
ich
solle
doch
das
Konzert
eines
bulgarischen
Damenquartetts
in
seiner
Konzertreihe
„Freie
Klänge“
besuchen.
Vier
virtuose
Stimmen
aus
Bulgarien,
die
einen
verzaubern
können.
Da
war
die
alte
Begeisterung
für besonderen mehrstimmigen Gesang von Elfen aus fremden Ländern wieder da.
In
Bulgarien
gibt
es
einen
bekannten
Chor,
dessen
künstlerisches
Wirken
über
die
Landesgrenze
weit
hinaus
strahlt.
Die
Frauenstimmen
für
„Le
Mystere
Des
Voix
Bulgares“
wurden
tausenden
Bewerbern
ausgesucht
und
die
Art,
Lieder
der
bulgarischen
Folklore
zu
präsentieren,
kann
man
sicher
einzigartig
nennen.
Im
Jahre
1999
fanden
sich
spontan
vier
Solistinnen
des
Chores,
um
eine
besondere
Idee
der
Vokalkunst,
alte
und
neue
Lieder
in
purer
a
capella
–
Form,
unverfälscht
zu
präsentieren.
Diese
Art
zu
singen,
kann
man
getrost
als
die
höchste
mögliche
Sangeskunst
gänzlich
reiner
Stimmen
bezeichnen.
Man
muss
allerdings
den
Mut
haben,
sich
von
seinen
bisherigen
Hörgewohnheiten
für
einen
Abend
zu
verabschieden,
um
wirklich
Neues
entdecken
zu
können
und
so
den
eigenen
Erlebnishorizont
wieder
weiter
von
sich
weg
zu
schieben.
Genau
deswegen
sitze
ich
jetzt
in
den
engen
Stuhlreihen
des
kleinen
Saales
in
der
oberen
Etage
von
der
Festung Mark. Und diesmal sogar zu zweit, um das Erlebte später besser (mit)teilen zu können.
Hier
oben
geht
es
etwas
enger
zu,
als
wie
vor
zwei
Wochen
eine
Etage
tiefer.
Auch
diesmal
wird
der
Abend
von
Warnfried
Altmann
persönlich
eröffnet,
der
die
Besucher
auf
den
kommenden
Kunstgenuss
einstimmt.
Und
dann
stehen
sie
in
diesem
ovalen
offenen
kleinen
Muschelbogen
aus
roten
Klinkern:
Pechschwarze
Gewänder,
nur
mit
einem,
schon
beinahe
groben,
Halsschmuck auf tiefem Schwarz vor einem roten Hintergrund. Das wirkt!
Was
uns
dann
klang-
und
gesanglich
aus
der
Mauernische
erreicht,
muss
zumindest
ich
erst
einmal
für
einige
Wimpernschläge
auf
mich
wirken
lassen,
ehe
sich
meine
Sinne
dafür
vollständig
öffnen.
So
wie
feiner
Sand
rieselt
mir
eine
Gänsehaut
über
den
Rücken
und
erzeugt
wohliges
Frösteln.
Ganz
langsam,
beinahe
vorsichtig,
als
wollten
die
vier
Sängerinnen
uns
nicht
(sofort)
erschrecken,
macht
sich
eine
harmonische
Klang-Idylle
in
meinen
Ohren
breit.
Dieser
Gesang
beschreibt
uns
eine
„Dämmerung
bei
Tagesanbruch“
und
darin
eingebettet
das
tragische
Schicksal
eines
jungen
Mädchens.
Das
wohlige
Frösteln
auf
meiner
Haut
erzeugt
die
in
Falsett
gesungene
helle
Sopranstimme.
Für
ein
germanisches Ohr ein ungewohnter Klang, der uns alle noch öfter an diesem Abend verzaubern wird.
Da
sitze
ich
auf
meinem
engen
Platz
in
der
fünften
Reihe,
einen
Fuß
im
schmalen
Mittelgang,
und
bin
der
Faszination
der
Darbietung
erlegen.
Eigentlich
hätte
ich
aufstehen
und
aus
direkter
Nähe
vor
der
Bühne
einige
Fotos
machen
wollen,
doch
ich
fühle
mich
zunächst
wie
hier
festgenagelt.
Ja
keinen
Ton
verpassen,
jeden
Moment
dieser
Magie
will
ich
aufsaugen.
Das
eine
Mal
klingt
eine
Melodie
fröhlich
und
dann
wieder
gleicht
sie
einem
alten
Tanz.
Eines
der
Lieder,
„Kuhiyka“,
ist
ein
Hochzeitslied
und
ist
tief
in
der
Tradition
bulgarischer
Folklore
verwurzelt.
Eines
anderes,
erfahre
ich
später,
stammt
aus
der
Zeit
der
Jahrhunderte
dauernden
Türkenherrschaft
über
das
Land
und
erzählt
die
Geschichte
eines
Mädchens,
das
sich
dem
Sultan
verweigert,
weil
sie
sich
dafür
nicht
vom
Christentum
abwenden
und
zum
Islam
konvertieren
möchte.
Weil
sie
das
nicht
will,
es
aber
keine
Alternative
gibt,
sieht
sie
ihren
Freitod
als
einzig
möglichen
Ausweg.
„Tsar
Murad“
ist
Jahrhunderte
alt,
klingt
unheimlich
anrührend
und
scheint
in
meinen
Ohren
sehr
nah
an
orientalische
Klangmuster
gestrickt
zu
sein.
Im
Widerspruch
zu
zauberhaften
Gesang
steht
eben
nur
der
Inhalt.
-
Verdammt,
warum
nur
schaffen
wir
es
bis
heute
nicht,
mit
den
unterschiedlichen
Glauben
oder
Weltanschauungen
einfach
nur
menschlich
miteinander
zu
leben? Da erschauderte es mich aus völlig anderen Gründen ein zweites Mal.
Die
vier
Frauenstimmen
finden
geradezu
perfekt
zueinander.
So
perfekt
und
so
synchron,
dass
man
es
eigentlich
nicht
glauben
mag.
Doch
da
vorn
wird
alles
live
gesungen!
Das
Spiel
mit
den
Stimmen,
die
mehrstimmige
Harmonie
und
auch
die
scheinbar
disharmonischen
und
expressiven
Momente,
die
die
einzigartige
Reinheit
des
Gesangs
hervorstechen
lassen,
sind
pure
Magie
für
die
Ohren.
Manchmal
so
klirrend
scharf,
dass
es
ungeübte
Hörorgane
schmerzen
muss,
denke
ich
mir.
Die
Darbietung
lebt
von
einer
Dynamik,
die
schier
unglaublich
ist,
die
von
unterschiedlicher
Rhythmik
und
versetzten
Einsätzen
noch
besonders
hervorgehoben
wird.
Da
sind
meinen
Worten,
den
Klang
und
dessen
Wirkung
wirklich
angemessen
zu
beschreiben,
schnell
Grenzen
gesetzt.
Das
zu
hören,
zu
sehen
und
selbst
zu
erleben,
sind
die
einzig
wahren
Möglichkeiten,
sich
die
virtuosen
Sangeskünste
der
vier
Damen
zu
erschließen
und
sie
zu
genießen
–
vier
Solistinnen singen quasi wie mit einer Stimme.
Sie
singen
nur
wenige
Meter
vor
mir
und
ich
habe
den
Eindruck,
dass
jedes
der
Lieder
und
Gesänge
spielerisch
leicht
zu
bewältigen
wären,
was
natürlich
eine
satte
Illusion
ist.
Als
sie
vor
der
Pause
das
„Kalina
Moma“
singen,
spürt
man,
dass
solche
Darbietungen
in
ihrem
Ausdruck,
in
der
faszinierenden
Rhythmik
und
im
Abwechslungsreichtum
der
Stilmittel
kaum
zu
überbieten
sein
dürften.
Es
sei
denn,
von
ihnen
selbst.
Wir
sind
hingerissen
von
der
Schönheit
der
Darbietung
und
ihrer
Ausstrahlung auf uns Besucher.
Nach
der
Pause
steht
die
Sopranistin
GERGANA
DIMITROVA
allein
auf
der
Bühne.
In
ihrer
Hand
eine
GADUGA,
ein
historisches
Saiteninstrument
aus
Bulgarien.
Was
die
Dame
damit
zaubert,
wie
sie
im
Flashoulette-Spiel
mit
den
Fingern
über
die
Saiten
tanzt
und
dabei
auch
noch
den
Rhythmus
wechselt,
das
ist
schier
unglaublich
und
habe
ich
so
noch
nie
gehört. Einfach nur zauberhaft und beeindruckend.
Der
Reigen
setzt
sich
mit
traditionellen
Stücken
wie
„Mika“
und
auch
zeitgenössischen
Kompositionen,
wie
„Lazaritza“,
das
auf
Volksmotiven
beruht,
weiter
fort.
Mich
beeindrucken
jene
Stücke
am
meisten,
wo
durch
Einsetzen
von
Quinten
und
Terzen
ein
für
unsere
Ohren
eigenartiger
und
ungewöhnlicher
Zauber
im
Klang
entstehen
kann.
In
jenen
Momenten
bin
ich
gedanklich
auch
am
Baikal,
als
auch
in
Sibirien,
wo
in
vergleichbarer
Weise
gesungen
wird
und
dessen
Hören
mich
hierher
gelockt
hat.
Wie
faszinierend
vielfältig
unsere
kulturelle
Welt
doch
ist,
wie
unterschiedlich
die
Gesänge
und
Klänge,
die
uns
faszinieren,
und
doch
existieren
hier
Idioten,
die
all
das
im
Namen
eines
Glaubens
immer
wieder
zerstören
würden.
Das
macht für einen Moment auch traurig und betroffen.
Zum
Ende
erleben
wir
zwei
orthodoxe
Kirchengesänge,
die
sich
in
Ihrer
Art
deutlich
von
den
anderen
Liedern
unterscheiden,
aber
dennoch
ebenso
intensiv
wirken.
Es
ist
ein
atemberaubendes
Gefühl,
sich
ganz
und
gar
in
den
reinen
Klang
fallen
zu
lassen,
nur
dem
Sound
der
Stimmen
zu
folgen.
Da
werden
wir
fast
schon
in
eine
andächtige
Stimmung
versetzt,
die
nach
dem
letzten
Ton
unter
der
Kuppel
aus
rotem
Stein
noch
einen
Wimpernschlag
lang
nachhallt.
Erst
dann
bricht
der
Jubel,
vor
allem
der
unter
uns
anwesenden
Bulgaren,
los
und
will
nicht
enden.
Dieses
Musik-
und
Klangerlebnis
wird
wohl
noch
sehr
lange
in
mir
schwingen.
Mich
fasziniert
einfach,
wie
spielerisch
leicht
die
vier
Vokalistinnen
ihre
Stimmen
einsetzen
und
beherrschen,
wie
sie
diesen
Kirchengesängen
ein
fast
schon
überschwänglich
wirkendes
Volkslied
als
Zugabe
folgen
und
den
daraus
entstehenden
Kontrast
einfach
nur
wirken
und
nachklingen
lassen.
Das
ist
noch
einmal
Stimmungswechsel und noch einmal Gänsehaut pur, ehe die roten Mauern auch den letzten Klang absorbiert haben.
Wie
sagt
man
heute
so
schön
neudeutsch:
Ich
bin
gesflasht!
Damit
weiß
jeder,
wie
tief
ergriffen
ich
mich
im
Innern
fühle
und
wie
sehr
mich
diese
Darbietungen
aufgewühlt
haben.
Ich
hätte
auch
sagen
können,
„wie
vom
Blitz
getroffen“,
aber
das
wäre
kaum
zu
verstehen.
Nach
solchen
Minuten
laufe
ich
meist
ein
wenig
wie
verwirrt
durch
die
Gegend,
sortiere
meine
Siebensachen,
suche
die
Bildchen
und
die
Stifte,
um
mir
endlich
die
Signaturen
darauf
geben
zu
lassen.
Meine
Evi
ist
dafür,
ein
wenig
Klang
mit
nach
Hause
zu
nehmen
und
entscheidet
sich
für
die
opulent
ausgestaltete
CD
„The
Arch“.
Dieser
kleine
Silberling
konserviert
ganz
besondere
Musik
und
wenn
man
in
einem
ruhigen
Moment
liest,
wer
daran
mitgewirkt
hat,
kommt
man
aus
dem
Staunen
nicht
mehr
heraus.
Die
vollständige
Auflistung
aller
Namen
kann
ja
lesen,
wer
sich
„The
Arch“
zulegen
möchte,
aber
als
kleinen
Anreiz
lasst
mich
die
großartige
Laurie
Anderson
aus
den
USA
und
den
genialen
Avantgarde-Rocker
Robert
Fripp
(UK,
King
Crimsen)
nennen.
Unser
Exemplar
klingt
dreht
sich
im
heimischen
Player und es trägt die Signaturen der vier Ladies vom EVA QUARTET (kein Schreibfehler!) aus Bulgarien:
Gergana Dimitrova – sopran
Sofia Kovacheva – mezzo-sopran
Evelina Christova – alt
Daniela Stoichkova – contra alt
DANKE
für
einen
wundervollen
Abend,
den
Damen
für
ihre
große
Kunst,
Dank
auch
Warnfried
Altmann
für
sein
Vermögen,
solche
Künstler
hierher
zu
holen
und
herzlichen
DANK
vor
allem
an
Dimiter
Panev
von
ELEN
MUSIC,
der
mich
unkompliziert unterstützt hat, diese Zeilen korrekt schreiben zu können. DANKE Euch allen!