Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Echoes in Magdeburg 19.08.2017 - the music of Pink Floyd performed by echoes - ein Tribut an Pink Floyd - Ganz am Anfang war von der „größten Rockband aller Zeiten“, so ein Werbeslogan, noch nicht viel zu spüren. Glaubt man Überlieferungen, dann fuhren die vier Herren Barrett, Waters, Wright und Mason mit einem alten Van, etwa vergleichbar einem B 100 aus DDR-Jahren, zu ihren Auftritten und einem Equipment, mit dem sich heute kaum eine Amateur-Band auf die Bühnen wagen würde. Wir schreiben das Jahr 1965, man spielte Blues oder aktuelle Beat- Nummern jener Tage. Was diese neue Band von anderen unterscheidet, ist neben der Lust, Neues auszuprobieren, auch elektronische Kenntnisse im Schöpfungsprozess zu verwerten. Die Londoner Clubs waren die Auftrittsorte, hier spielte man sich frei und veröffentliche 1967 unter dem Namen PINK FLOYD eine erste Single namens „Arnold Layne“. Die Beatles brachten im gleichen Jahr mit „Stg. Pepper“ schon ihr achtes Studioalbum unter die Leute. In genau diesem Jahr spielte ich mit vier Freunden in einer Schulcombo alle Hits zwischen „Barbara Ann“ und „Paint It Black“ nach. Die erste Single von PINK FLOYD hatte ich auch im Radio gehört, erreicht hatte sie mich aber noch nicht. Dafür musste erst noch das Doppel-Album „Ummagumma“ (1969), mit experimentellen Klang-Collagen erscheinen. Danach begannen die Chronisten neugierig zu werden. Der geborene DDR-Bürger HH, damals noch in EE, erlebte das Klangwunder PINK FLOYD live auf dem Berliner Maifeld im August 1994 und schwor sich, das noch einmal genießen zu wollen. Dieser Wunsch sollte unerfüllt, aber das Erlebnis im Gedächtnis haften bleiben. Stattdessen pilgerte ich im Juni 2010 ins kleine sächsische Kaff Frauenhain und erlebte beim Inselfest die Re-Inkarnation dessen, was mich einige Jahre zuvor eindringlich erschaudern ließ: Den lebendigen Sound der Rock-Legende, aufgeführt und zum Leben erweckt vom Projekt ECHOES, dem pulsierenden Tribut an die Musik von Pink Floyd. Damals war ich überrascht und begeistert zugleich, ließ doch dieses Konzert auf der Insel alle meine Erinnerungen an das Maifeld, diesmal in der 1. Reihe stehend, wieder hörbar und lebendig werden. Alle Fotos dieser Seite kann man durch Anklicken vergrößern. Inzwischen hat das Rock-Lexikon den Eintrag PINK FLOYD abgeschlossen, das finale Album „Endless River“ (2014) klingt wie Abschied in den Ohren und kaum einer glaubt wirklich, dass die verbliebenen Herren sich noch einmal gemeinsam auf eine Live-Bühne stellen werden. Solche Tickets könnte ich mir sicherlich nicht leisten. Dafür sitze ich, wieder einmal, in einer besonderen Arena, gegossen aus Beton mitten in das ehemalige Bundesgartenschau-Gelände in Magdeburg hinein, und die Anspannung, noch einmal Musik von PINK FLOYD live präsentiert zu bekommen, hat mich wieder im Griff. Die Seebühne mit ihrer futuristischen Architektur scheint wie geschaffen für außergewöhnliche Musikereignisse. Zum zweiten Mal bin ich bei ECHOES und diesmal sogar als Gast. Eine ungewöhnliche Zeitreise, gekleidet in extravagante und bildhafte Rockmusik, nimmt ihren Anfang. Vor uns auf dem Bühnenparkett wird, eindringlich langsam, ein Klangteppich ausgerollt, auf dem das Riff einer Gitarre wie ein König daher schreitet und singt „Erinnere dich, als du noch jung warst, hast geschienen wie die Sonne, nun glänze weiter, du verrückter Diamant.“ Noch ist es taghell ringsumher und die Dämmerung lässt auf sich warten. Gerade eben bin ich in ein pinkfarbenes Klang - Universum eingetreten, fühle mich vierzig Jahre jünger, lasse mich treiben und mitreißen. Es ist erstaunlich, wie diese Magie Besitz ergreift und auf den Traversen einige Jubelschreie auslösen kann. Ein Sound, fast wie Erinnerung, Gitarre und Synthesizer beinahe verspielt, getragen von wuchtiger Drums-Power und satten Bass-Klängen. Sie nehmen mich mit, bis ein vom Blues getränktes Saxophon all die Emotionen aus sich (und mich) herauskreischt. Berauschend, wundervoll und originalgetreu nachempfunden, aus den Rillen des Albums „Wish You Were Here“ (1975) und darauf lassen ECHOES, wie Pink Floyd auf der Rille auch, das pulsierende „Welcome To The Machine“ folgen. Unter der gewaltigen Kuppel rattert es wie in einer imaginären Werkhalle, die synonym für unser uniform ausgerichtetes Zusammenleben steht. Eine „Fabrikhalle“, in der jeder seinen vorbestimmten Platz zu haben scheint und dennoch vom Ausbrechen träumt: „Welcome my son you’ve been in the pipeline, filling in time“… und „you know, you’re nobody’s fool“, - willkommen in der Maschinerie. Der Sound rollt, er donnert, ist dynamisch und gaukelt Harmonie vor, doch die Worte ätzen und beißen. Da bin ich mir manchmal nicht sicher, ob das auch alle so wahrnehmen (wollen), wie es einst von Pink Floyd gemeint war und noch immer spiegelt, von dem wir meinen, es wäre das Leben. Es folgt das rockende „Have A Cigar“, im Original übrigens von Roy Harper, einem der ganz großen unterbewerteten Stars des britischen Folk gesungen, dessen Alben „Stormcock“ (1971) und „Once“ (1990) man unbedingt kennen oder sogar haben sollte, meine ich. Die erste halbe Stunde ist vorüber, ich bin aufgewühlt und glücklich zugleich, gerade die Triologie aus dem 1975er Album live gehört zu haben. Wahnsinn! Natürlich, so darf man einwenden, kann man sich einfach ein Album wie die „Dark Side Of The Moon“ auflegen und den Originalklängen nachtrauern. Auch ich spüre schon länger, dass eine ganze kreative Ära irgendwie vorbei zu sein scheint. Doch noch lebe ich, also höre und sehe ich! Diese Musik live zu genießen, die Aktiven zu sehen und die Reaktionen anderer abzuwarten, ist der eigentliche Genuss für einen wie mich, der Teil dieses Lebensgefühls ist. Also lehne ich mich in das kalte Metall der Sitzbank und genieße live die Aufführung der vollständigen „Dunkelseite des Mondes“, fast so, wie sie 1973 von Pink Floyd, die wohl die dunkle Seite einer Persönlichkeit im Visier und beim Schreiben Syd Barrett im Hinterkopf hatten, gedacht war. Noch einmal „Time“ in voller Schönheit und ich erschaudere, als die weibliche Gesangsstimme den „Great Gig In The Sky“ in fast unerreichbare Höhen hebt. Ich gönne mir das alles von „Speak To Me“ & „Breathe“ bis hin zu „Brain Damage“ und abschließend noch „Exlipse“. Mehr als vierzig Jahre danach löst das epische Werk immer noch Gänsehaut bei mir aus, kann ich in die Sound-Effekte abtauchen und mich von den wundervollen Melodien („Brain Damage“) berauschen lassen. In meinen Adern pulsiert das Adrenalin und unter mir tobt das Auditorium vor Begeisterung. Diese Lebendigkeit kann mir kein Vinyl und erst recht keine CD bieten. Ein ganzes Konzeptalbum, handgemacht und auf einer Bühne live! Wo bitteschön, geschieht so etwas heute noch und in dieser Qualität? Zwei Songs aus dem Pink Floyd Katalog genießen bei mir eine Sonderstellung, ohne dass ich genau erklären könnte, warum das so ist. Vielleicht sind es jene besonderen Zeilen in „Free Four“, die mich faszinieren und Teil meiner Lebensmaxime sind („Life is a short warm moment and death ist he long cold rest“) oder in „One Of These Days“ die treibende Bass-Figur, die irgendwie ähnliches bewirken kann. Also brülle ich all meine Anspannung heraus, als da unten der Bass von „One Of These Days“ loshämmert. Für einen Moment fühle ich mich wie in Trance, jung und voll überschäumender Energie, wie 1971, als „Meddle“ meine Ohren das erste Mal mit brachialer Wucht erreichte. Es folgen das wunderschöne „High Hopes“ aus „Division Bell“ (1994), genau jenes Album, welches der Tour den Namen gab, als auch ich auf dem Maifeld saß und der Titelsong „Wish You Were Here“, bei dem MARTIN HOFMANN seinen Bass gegen eine Akustikgitarre eintauscht und gemeinsam mit OLIVER HARTMANN den Saiten jene schlichte Melodie entlockt, die Wunderkerzenstimmung aufkommen lässt. Inzwischen ist es Nacht geworden und da unten spielen langsam auch die Farbeffekte mit. Die Show ist auf dem Höhepunkt und die übersichtlich verteilte Masse jubelt, während da vorn „Another Brick In The Wall“ (Part I & II), von ECHOES gespielt, erklingen. Deren Nachhall donnert über die Dächer der Stadt hinaus: „We don’t need no education, we don’t need no thought control!“ Ist irgendjemand da draußen, der das hört …? … Noch einmal wird es bissig. ECHOES lassen die „Sheeps“ aus dem Album „Animals“ (1977) hinaus auf die Weide. Es sind jene Typen (Menschen), die kleinlaut und ohne Nachzudenken sich treiben lassen oder anpassen, um letztlich womöglich zu scheitern. Eigentlich hätte man 1977 glauben sollen, vierzig Jahre später einen Schritt weiter zu sein. Doch viele Schafe laufen immer noch in Herden und lassen sich stupid in ein (Gedanken)Gatter einpferchen. Welch bittere Gesellschaftsanalyse, eingeleitet von so wohlklingenden Pianotupfern, um später förmlich zerrissen zu werden (oder sich gar zu wehren?). Da sage noch jemand, die Musik von Pink Floyd käme aus dem Gestern und der harte Brexit wäre nur ein weicher Traum. Für meinen Geschmack hätten sie für die „heilige“ Theresa gleich noch die „Pigs“ vom gleichen Album hinterher schieben können. Das Konzert klingt versöhnlich und angenehm betäubt mit „Comfortably Numb“ (1979) aus. Zwei Soli der Gitarre machen diesen Song zu einem der schönsten Lieder der britischen Band. Das erste klingt eher romantisch, ist dem Refrain angelehnt und wenn ich die Augen schließe, sehe ich David Gilmour da unten stehen. Das zweite Solo ist, wie die Strophe davor, in düsterem Moll gehalten und zählt für mich zu den emotionalsten Kunststücken in Rock auf sechs Gitarrensaiten. Es ist wunderschön, aber es tut auch ungemein weh, wenn man sich hinein fallen lassen kann. Da unten ist alles in pinkrotes Licht getaucht, als das letzte Donnern der Gitarrenakkorde verhallt. Boah, was für ein Rausch und was für ein Spektakel für die Sinne! Aber es bleibt dunkel, kein grelles Licht und dann die Frage, ob wir noch etwas hören wollen. Na klar, und ob wir wollen. Wir bekommen „Sorrow“ (1987) zu hören und als ein rauschendes Finale „Run Like Hell“. Als sich unten die ersten von ihren Stühlen erheben, bitten uns die Musiker von ECHOES nach vorn zu kommen. Nun stehe ich endlich in der ersten Reihe und auf gleicher Ebene, meine gekühlten Hüftknochen schwingen sich im Takt wieder locker, einige neben mir tanzen sogar. Wir feiern ein Fest und eine Band, deren Musik uns alle überleben, aber von uns künden wird - PINK FLOYD. Der Abend presst 45 Jahre meines Lebens auf das musikalische Erbe einer Band zusammen, die mich begleitet und inspiriert hat. Mit dem Projekt ECHOES bleibt dieses Erbe lebendig und reduziert sich zum Glück nicht nur auf Tonträger und andere Konserven. Dafür, und hier auf der Seebühne sein zu dürfen, bin ich unheimlich dankbar. Danke Steffen Maier, danke den Musikern und der Crew von ECHOES. Ihr habt mir drei wundervolle und sehr emotionale Stunden geschenkt und ich hoffe, wir sehen uns bald wieder. Homepage Echoes: Hier entlang.