Lebensgefühl Rockmusik HH aus EE
Vom „Echo“, „Zeit“, „Geld“ und dem „Stein in der Mauer“ 25.06.2010 (ECHOES performing the music of Pink Floyd – 28. Inselfest in Frauenhain) Es ist eine lange und sehr wechselvolle Geschichte, die im Jahre 1964 begann, mit den Singles „Arnold Layne“ und „See Emily Play“ (beide 1967) den Schritt in die Charts vollzog und deren gleißenden Höhenpunkt, aber auch endgültigen Bruch, das Album „The Wall“ (1979) markiert. In all den Jahren sind die musikalischen Differenzen zwischen den vier Musikern immer größer geworden, drifteten die Vorstellungen von ihrer Musik immer weiter auseinander. Die Ära ROGER WATERS ist mit „The Wall“ zu Ende und die von DAVID GILMOUR beginnt. Es wird eine Zeit, die mit dem Klang der „Division Bell“ (1994) noch einmal aufrüttelt und deren gigantisches Soundgemälde mit „Pulse“ (1995) dokumentiert ist. Als PINK FLOYD 1994 auf dem Berliner Mailfeld noch einmal den Zauber und die ganze Faszination des Überdimensionalen vor ihrem Publikum ausbreiteten, bin ich dabei, nicht ahnend, das Spektakel niemals wieder live erleben zu können. Im September 2008 stirbt der Mitbegründer und Keyboarder RICK WRIGHT und die Fans müssen ihre Hoffnungen auf eine Wiedervereinigung der vier einmaligen Klangschöpfer für immer zu Grabe tragen. Ganze 16 Jahre später stehe ich doch wieder vor einer ziemlich großen Bühne, in deren Hintergrund auf einem großen Kreis die Symbolik der „dunklen Seite des Mondes“ zu erkennen ist. Dieses Projekt heißt ECHOES und dessen Ankündigung mutet wie ein Widerhall jener Zeiten an, da die Welt der PINK FLOYD Jünger noch in Ordnung war. Noch ein einziges Mal möchte ich, mit meinen Erinnerungen an das Maifeld im Hinterkopf, jene Soundgemälde und Endlosschleifen hören, die das Klangspektrum der Rockmusik so unendlich weit, beinahe wie das Universum, werden ließen. Alle Fotos dieser Seite kann man durch Anklicken vergrößern. Während sich die sommerliche Dunkelheit über dem 28. Inselfest in Frauenhain ausbreitet, mischen sich Hintergründgeräusche und magisches Endlosblubbern mit dem Dudeln der Karussells nebenan. Immer markanter klingt der Keyboardteppich und dann schreit aus dem Schein der Lichtkegel das markante Gitarrenmotiv von „Shine On You Crazy Diamond“ in die Nacht. Da oben stehen nicht PINK FLOYD, aber verdammt noch mal, es klingt beinahe genau so, als ob vor mir DAVID GILMOUR in die Gitarrensaiten greifen und ROGER WATERS singen würde. Die Show von „Time“, „Breathe“ und dem „Great Gig In The Sky“ hat begonnen und mein Gefühl spürt die Ehrlichkeit und die Spielfreude, die mit dieser Musik von der Bühne donnern. Wie ein Donnerschlag trifft mich auch die treibende Basslinie des Instrumentalstücks „One Of These Days“, auf der sich die Keyboards und die Gitarre ein wahrhaftiges Duell liefern, um sich dann nach der verzerrten (Computer)Stimme in einem Orkan zu entladen: „Eines Tages werde ich dich in kleine Stücke zerschneiden!“, grummelt es laut über den Platz. Wenn die Herren damals geahnt hätten, wie dieser Nonsens-Satz heute, gemessen an der Realität, ausgelegt werden könnte. Zum Glück gibt es danach mit „Wish You Were Here“, einer Hommage an SYD BARRETT, etwas sanftere Töne und mit „Brain Demage“ wird dann die ganze Verrücktheit der technisch machbaren Medienkultur auf’s Korn genommen „der Irre ist in meinem Kopf“, wenn ich Stimmen in meinem Kopf höre, die nicht von mir sind. Ob all die Knipser hinter mir ahnen, welche Botschaft sie da gerade live zu hören bekommen, während sie Handy und Digiltalkameras schwenken? Der zweite Teil des Abends startet mit dem ausufernden Titelstück „Echoes“, das dem Projekt seinen Namen gibt. Ein einziger Ton, dem Echo-Sonar eines U-Bootes nachempfunden, ist der Beginn weit ausufernder Improvisationen und effektvoller Soundspielereien, die in der folgenden knappen halben Stunde die Szenerie bestimmen. Während ich da vorn stehe, bekomme ich einen Eindruck davon, wie der Mann am Bass mit seinem Moog-Bass-Synthesizer am Werkeln ist und Geräusche zaubert, die nicht von diesem Planeten zu kommen scheinen. PINK FLOYD selbst haben wohl nie ein solches Gerät eingesetzt, erfahre ich nach dem Konzert vom Bassisten. Mit „Another Brick In The Wall (PartI)“ deutet sich langsam der Höhepunkt der Show an. Dieser Teil des Konzeptalbums „The Wall“ zählt zu den bekanntestes Stücken der „Neuzeit“ und erlangte durch die Assoziation zum Fall der Berliner Mauer hierzulande eine besondere Bedeutung. Während noch „Happiest Days Of Our Lives“ ertönt, nimmt im Hintergrund der Bühne der örtliche Mädchenchor Aufstellung und in meinem Rücken vermehrt sich das Stimmengewirr der Muttis, die ihre Sprösslinge da oben bewundern möchten. Dann endlich der Moment, worauf sicher die meisten gewartet haben. Die Bühne wird in einen weiß-grauen Lichtvorhang getaucht und dann ertönt die Frusthymne aller unterdrückten Schülergemeinschaften der Endsiebziger: „We don’t need no education, we don’t need no thought control.“ Irgendwie fühlt man sich auch noch als Alt-Hippie angesprochen, denn die wohl allgegenwärtige „Gedankenkontrolle“ in diesem Land und in dieser Welt, belastet nicht nur Schüler. Auf Erziehung mit Fingerspitzengefühl allerdings möchte ich auch zukünftig nicht verzichten wollen, das wäre fatal! Die Begeisterung ist groß und das Kompliment gebührt der Band und dem Team, diesen Konzertteil mit heimischen Stimmen aufgewertet zu haben. Danach gibt’s unter anderem mit „Goodbye Blue Sky“ und „Empty Spaces“ weitere Stücke vom legendären Doppelalbum, bevor es mit „Pigs“ (Schweine) noch einmal eine Zeitreise weit zurück zum Album „Animals“ (Tiere, 1970) gibt, jene Phase der Band, in der die Sozialkritik noch beißend und scharf ätzend war. Die „Schweine“ sind nach Pink Floyd Verständnis jene Menschen, die anderen Moral predigen und ihre eigene Unmoral nicht zu erkennen vermögen bzw. gar nicht wollen. Oh Gott (!), was fällt mir dazu aus der Gegenwart alles ein, obgleich inzwischen 30 Jahre seit „Animals“ vergangen sind. Aktuell ist das Thema leider immer noch. Ein Abend mit PINK FLOYD Musik ohne eine Reminiszenz an die „Dark Side Of The Moon“, nein, das ist undenkbar! So ist es nur logisch, dass zum Ausklang weit nach Mitternacht die Kasse klingelt und „Money“ über dem weiten Rund des Festplatzes ausgeschüttet wird. In der Frühe der Nacht zerreißen noch einmal Gitarren-Riffs und lange grüne Laserfinger die Nacht und mit „Run Like Hell“ rockt noch einmal das ganze Insel-Areal zu den mystischen Klängen einer Rock-Legende, deren nur kurzzeitige Inkarnation das kleine Sachsendorf Frauenhain zum PINK FLOYD Mekka werden ließ. Was für ein akustisches und optisches Höllenfeuer und welche beeindruckenden „Echoes“ eine der größten Bands dieses Planeten! PINK FLOYD, repräsentiert an diesem Abend von ECHOES aus dem Raum Aschaffenburg. Nix da, von wegen Cover-Band, das war eine tiefe ehrliche Verbeugung vor dem Gesamtwerk und ein Tribut und eine Würdigung der Extraklasse – DANKE den Herren Oliver Hartmann, vocals, guitars; Martin Hofmann, bass, bass-pedal, vocals; Paul Kunkel, keyboards, effects, vocals; Steffen Maier, drums, percussion; Michael Unger, saxophones; Corina Höfer, vocals, der einzigen Lady auf der Bühne. Ein ganz persönliches Dankeschön an Anja und Uwe Specht, ohne deren aktive Hilfe ein sehr schönes und nicht unbedingt selbstverständliches Souvenir noch während der Show von der Bühne in meine Hände gelangen konnte. Kompliment, denn das ist nicht alltäglich bei solcherart Konzerten, aber unheimlich toll, es erlebt zu haben!