Duo Sonnenschirm begeistert in Halberstadt
11.03.2017
Wer
Perlen
finden
will,
muss
suchen.
Meist
in
der
Tiefe
und
auch
in
der
Vergangenheit,
wo
sie
ihren
Ursprung
haben.
Man
muss
sie
ständig
auf
dem
(Sonnen)Schirm
haben,
denn
all
zu
oft
bekommt
man
nicht
die
Gelegenheit,
fündig
zu
werden.
Aber
wenn
einem
das
Glück
endlich
hold
ist,
erlebt
man
mit
solchen
Perlen
unerhörte
brachialromantische
Momente,
die
man nicht mehr vergessen wird, zumal, wenn es sich um das legendäre DUO SONNENSCHIRM handelt.
Zum
ersten
Mal
wurde
ich
zu
Beginn
der
90er
Jahre
in
unserer
„STUBE“
von
Elsterwerda
fündig.
DUO
SONNENSCHIRM
hatte
gerade
ihre
zweite
Langschirmplatte
„Flucht
nach
vorn“
veröffentlicht
und
wir
wollten
wissen,
wo
„vorn“
ist.
Danach
war
für
mich
lange
Zeit
Schluss
(mit
lustig).
Erst
im
Februar
des
Jahres
2014
erlebte
ich
das
Folk-Urgestein
JÜRGEN
B.
WOLFF
(Folkländer)
und
seinen
Partner
DIETER
BECKERT
im
Dresdner
Club
Passage
wieder
und
war
erneut
total
begeistert.
Diese
beiden
beherrschen
und
machen
etwas,
wovon
andere
nicht
einmal
wissen,
dass
man
davon
träumen
kann:
Feinsinnigen
Humor
weit
oberhalb
der
Gürtellinie,
was
die
Sache
in
heutigen
Zeiten
nicht
unbedingt
leichter
macht:
„Budj
vsegda
budjet
Sonze,
in
Silber,
Geld
und
Bronze“.
Mit
dieser
russischen
Melodie
im
Hinterkopf
sowie
einem
Lächeln,
des
verqueren
Wortspieles
wegen,
erreiche
ich
den
heimischen
Bibliothekskeller
von
Halberstadt,
um
in
erstaunlicher
Weise
zu erleben, wie sich DUO SONNENSCHIRM im Verlaufe des Abends prachtvoll, bunt und facettenreich entfalten wird.
Der
Grund,
sich
nach
einem
Sonnenschirm
zu
benennen,
als
Schutz
gegen
die
Strahlen
der
Sonne
des
FDJ-Abzeichens,
ist
längst
entfallen.
Tausend
neue,
viel
gefährlichere
Gründe,
sich
zu
schützen,
sind
hinzugekommen.
Schneeweiße
Westen
zum
Beispiel
oder
die
gefährlichen
Mohamedöner,
erfahren
wir
später,
und
andere
handfest
spürbare
alltägliche
Gemeinheiten
des
Lebens.
Verpackt
in
wunderschöne
folks-liedhafte
Melodien
und
garniert
mit,
bis
zur
Groteske
überzogenen
Wortkreationen,
werden
sie
den
Abend
über
vor
uns
her
treiben.
Deswegen
sind
wir
ja
den
Fernsehprogrammen im Wohnzimmer entflohen.
Die
beiden
Herren
sitzen
vor
uns
auf
dem
Podium.
Gekleidet
in
schwarze
Hose,
Jacke
sowie
Shirt
und
ausgerüstet
mit
Gitarren,
Mandoline,
Harmonium
und
Zerrwanst,
machen
sie
einen
fast
unscheinbaren
Eindruck.
Sekunden
später
ballern
sie
uns
die
„Oh,
oh
Endorphine“
in
die
Gehörgänge
und
die
ältesten
Jahrgänge
im
Publikum
erinnern
sich
augenblicklich
an
Bennie
Quick’s
„Motorbiene“.
Jüngere
werden
dafür
„guugeln“
müssen.
Der
wilde
Abend
ist
jetzt
eröffnet
und
die
Hetzjagd
nach
den
„biochemischen
Grundlagen
des
Glücks“,
O-Ton
Beckert,
ebenfalls.
Beim
„Frühlingslied“,
bleibt
kein
Auge
trocken
und
wer
mehr
als
die
einundzwanzig
Gramm
Seele
bei
sich
hat,
wird
den
ganzen
Abend
über
viel
zu
lachen
haben,
denn
„Wenn der Bürger sitzt und flennt, vermisst er meist das Happy End.“
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Eine
Menge
Leute
und
Zustände
bekommen,
rezitiert,
gesprochen
und
gesungen,
ihr
Fett
weg.
Keiner
wird
verschont.
Die
(Oliv)Grünen
nicht,
der
heilige
Ignorazius
nicht
und
„die
Mutti“
mit
der
Raute
auch
nicht.
Hinter
und
neben
mir
wird
gelacht.
Kaum
ist
ein
Pfeil
verschossen,
hat
getroffen,
ist
der
nächste
schon
unterwegs.
Genüsslich
l
a
n
g
s
a
m
wird
über
John
Cage
philosophiert,
in
Halberstadt
fast
ein
Muss,
und
des
„Tonschöpfers
Dilemma“
vor
uns
ausgebreitet:
„Das
kann
dauern“, meint Beckert und wieder schießen Lachsalven durch den Raum, „as fast as possible“.
Bei
all
den
Querschlägern
und
ironischen
Wortspielereien
spürt
man
ja
kaum,
dass
die
Herren
WOLFF
und
BECKERT
zwei
exzellent
aufspielende
Musikanten
sind,
die
ihre
Instrumente
traumhaft
sicher
und
spielerisch
leicht
einzusetzen
verstehen.
Ihre
Gesangsstimmen
verschmelzen
harmonisch
und
dennoch
hört
das
geübte
Ohr
noch
immer
den
„alten
Folkländer“
heraus.
Was
ist
dem
Wolff
für
ein
Stimmchen
geschenkt
worden
und
wie
forztrocken
setzt
der
grauhaarige
Beckert
die
Pointen
dagegen!
Man
muss
den
Boogie
von
der
Langeweile,
bekannt
als
„Sesselfurzer-Blues“,
einfach
live
erlebt
und
beide
dabei
gesehen
haben
oder
genießen,
wie
sie
drei
Varianten
von
Love-Songs
genüsslich
verschenken.
Dabei
auch
das
Lied
mit
dem
längsten
Wort,
was
jemals
beim
DUO
SONNENSCHIRM
eine
Verwendung
fand:
Glasfaserwerkskabelwickelgerät.
Noch
Fragen?
Nach
dem
Lied
mit
dem
„einzigen
Bier“,
von
dem
man
betrunken
werden
kann,
streikt
mein
Zwerchfell.
Pause.
Danach
wird
in
allen
möglichen
Variationen
das
Lied
von
der
„Heimat“
strapaziert
und
der
Jürgen,
der
„Vuugtländer“,
erklärt
dem
Rest
der
Welt,
wie
sie
zu
funktionieren
hat:
Niemand
hat
hier
die
Absicht,
eine
Mauer
zu
bauen.
Stattdessen
wird
es
aber
eine
neue
Währung
geben,
die
man
essen
kann
und
dazwischen
immer
wieder
die
„Heimat“
besungen.
Die
Heimat,
so
erklärt
er,
ist
dort,
wo
die
„Hasen
Hosen
husn“,
so
wie
es
auf
einer
Schrifttafel
zu
erkennen
ist.
Es
gibt
einiges
über
die
Hundehaltung
zu
erfahren
-
„mein
Hund
der
hat
drei
Zecken“
-
und
wenn
wer
gar
nicht
mehr
möchte,
der
„nehme
seine
Leine
und
gehe
mit
dem
Hund“,
wird
uns
gesungen.
Der
Hundliebhaber
in
mir
kommt
kaum
noch
mit
dem
Luft
holen
und Lachen hinterher. Es schmerzt, ohne dass mir jemand weh getan hätte.
Zeitgemäß
und
auf
der
Höhe
des
musikalischen
Geschmacks
werden
Anleihen
aus
Rap’n’Groove
mit
vollem
Körper-
und
Instrumenteneinsatz
verwendet.
Bei
„Singe,
meine
Seele,
singe“
bebt
das
Podium
und
aus
dem
Publikum
schallt
es
zurück:
„Hau’
ab!“.
Ich
kann
nicht
mehr
genau
sagen,
was
da
wohin
gehört,
welche
Melodie
zu
welcher
Zeile
passt
und
woher
plötzlich
die
Nackt-Mull-Zippe
kam,
aber
es
fühlt
sich
in
diesen
Minuten
wundervoll
an.
Ein
wohl
geordnetes
brachial-
romantisches
Chaos
ergießt
sich
in
die
Augen
wie
Ohren
und
müsste
ich
nicht
ständig
lachen,
würde
mir
meine
Gusche
einfach
vor
Staunen
offenstehen
bleiben.
Ich
genieße
es,
wie
beide
aus
der
Melodie
von
„Sympathy“
(Rare
Bird)
einen
Gesang
für
das
„Mitgefühl“
machen,
wobei
sie
mit
ihrem
exzellenten
zweistimmigen
Gesang
zu
begeistern
wissen.
Einfach
nur Klasse!
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Die
Schönheit
der
Brachialromantik
des
Abends
liegt
gar
nicht
so
sehr
im
Gesang
oder
in
den
sperrig
verschachtelten
Wortbildungen,
sondern
in
den
Wahrheiten,
die
sich
dahinter
verbergen.
Der
Genuss
ergibt
sich,
wenn
man
die
Spitzfindigkeiten
und
Überhöhungen
sowie
sich
selbst
dabei
im
alltäglichen
Wahnsinn
erkennt
und
sich
über
kleinen
Entdeckungen
freuen
kann.
So
ganz
nebenbei
vermischen
sie
dabei
munter
alle
möglichen
Stile,
verzerren
sie
scheinbar
bis
zur
Unkenntlichkeit,
um
am
Ende
doch
genau
auf
dem
Punkt
zu
landen,
indem
sie,
zum
Beispiel,
Condergan
in
die
Nähe
zu
Erdogan
rücken.
Dann
weiß
jeder
sofort,
was
damit
gemeint
sein
könnte,
ohne
dass
etwas
ausgesprochen
würde.
Dass
sich
beide
dabei
als
urwüchsige
Musikanten
erweisen,
ihr
Instrumentarium
perfekt
und
zweckdienlich
einsetzen,
merkt
man
bei
so
viel
bissigem
Wohlklang
und
instrumentaler
Finesse
fast
schon
gar
nicht
mehr.
Im
Lexikon
oder
bei
Wikipedia
findet
man solcherart Darbietungen als KUNST bezeichnet. Wie wahr!
Als
sich
die
Herren
DUO
SONNENSCHIRM
vor
uns
verbeugen,
will
keiner
wahrhaben,
wie
schnell
die
Zeit
vergangen
ist.
Sie
ist
leicht
verflogen,
wie
ein
„Möwenschiss“
kam,
von
dem
sie
sangen.
Eigentlich
kann
ich
nur
noch
fassungslos
staunen,
wie
beide
sich
ihre
Textpassage
zuwarfen
und
Wortakrobatik
hin
und
her
jonglierten.
Wer
also
meint,
mal
wieder,
und
ohne
Rezept
und
Medikamente,
eine
frische
Formatierung
seiner
biologischen
Festplatte
haben
zu
müssen,
der
sollte
nicht
zögern
und
sich
unter
den
Schutz
von
DUO
SONNENSCHIRM
begeben,
um
eine
Ladung
Brachialromantik
zu
inhalieren.
Es
wird
ganz
sicher
nicht
schaden.
Erst
recht
nicht,
wenn
demnächst
die
Sonne
wieder
scheinen
sollte.
Ich
freue
mich
auf
die
kommende Zeit der Sonnenschirme.