Märchenlieder & poetische Songs mit Donovan 22.04.2016
Denke
ich
an
das
Jahr
1967,
dann
müsste
ich
als
gelernter
DDR-Bürger,
der
damals
in
die
11.
Klasse
einer
EOS
ging,
sofort
an
den
VII.
Parteitag
der
SED
denken.
Allerdings
sind
die
Nachwehen
der
Musik
viel
nachhaltiger
in
mir
gespeichert
und
deshalb
habe
ich
sofort
eine
Liedzeile
im
Kopf
und
einen
Text,
mit
dem
ich
damals
nichts
anfangen
konnte:
„I'm
just
mad
about
saffron,
a-saffron's
mad
about
me“.
Einfache
Gitarrenakkorde
und
ein
Refrain,
den
jeder
mitsingen
konnte:
„They
call
me
Mellow
Yellow“.
Das
Teil
war
aus
jenem
Stoff
gemacht,
der
die
Ewigkeit
überdauern
würde
und
deshalb
macht
es
mir
heute,
knapp
fünfzig
Jahre
später,
nichts
aus,
den
Song
ad
hoc
aus
dem
Gedächtnis
abzuspulen
und
die
Akkordfolge
zu
finden. Was hingegen der Parteitag beschloss, …
Allerdings
war
uns
DONOVAN
damals
schon
lange
kein
Unbekannter
mehr.
Seine
beinahe
zerbrechlich
wirkenden
Balladen
„Catch
The
Wind“
und
„Colours“
hatten
wir
schon
zwei
Jahre
zuvor
in
den
Ohren,
um
sie
nachzusingen,
und
seine
1968er
Hits
„Sunshine
Superman“,
„Jennifer
Juniper“
und
der
„Hurdy
Gurdy
Man“
lockerten
die
Stunden
auf,
in
denen
wir
für
das
Abi
büffelten.
Mit
der
Saga
von
„Atlantis“,
dem
untergegangenen
Kontinent,
hat
er
unsere
Rotweinstunden
zu
träumerischen
Erlebnissen
werden
und
die
Mädchenherzen
schmelzen
lassen.
Er
war
einer
von
denen,
dessen
Lieder
unsere
Herzen
bis
zum
Rand
mit
Liebe
und
Träumen
zu
füllen
vermochten
und
bis
heute
habe
ich
nichts
davon
verloren
oder
vergessen.
Es
ist
wie
mit
der
ersten
großen
Liebe:
Alles
noch
tief
drinnen
und
jederzeit
abrufbar.
Das
ist
das
Faszinierende
für
mich
und
für
all
diejenigen,
die
ich
aus
jenen
Tagen
noch
kenne.
Heute
pilgern
wir
alle,
so
als
hätte
es
diese
fünf
Jahrzehnte
niemals
gegeben,
zu
DONOVAN
nach
Leipzig,
um
dessen,
unsere
Lieder
endlich
live
von
ihm
gesungen zu hören.
Noch
ist
kein
einziger
Ton
erklungen,
aber
ich
fühle
mich
jetzt
schon
wie
ein
kleines
Kind
kurz
vor
der
Märchenstunde.
Das
kahle
Haus
Auensee,
das
ich
noch
von
Besuchen
bei
meinen
Großeltern
in
vager
Erinnerung
habe,
liegt
noch
immer
verträumt
am
See.
Es
ist,
so
wie
die
Besucher,
die
gemächlich
hier
eintreffen,
in
die
Jahre
gekommen.
Etwas
klapprig,
müde,
doch
modern
eingezäunt,
steht
es
einsam
am
still
gewordenen
See,
der
sich
hinter
den
Zweigen
von
knorrigen
Baumriesen versteckt.
Hätte
mir
einer
in
den
1960er
Jahren
weismachen
wollen,
dass
ich
satte
fünfzig
Jahre
weiter,
den
in
Schottland
geborenen
Träumer
und
Märchenerzähler
als
Rentner
in
meiner
Geburtstadt
Leipzig
bei
einem
seiner
Konzerte
erleben
würde,
dem
hätte
ich
einen
Gang
zum
Arzt
empfohlen.
Damals
wollte
er
noch
„mit
Songs
die
Welt
verändern“
und
deshalb
schickte
er
seine
erste
Platte,
mit
dem
„Universal
Soldier“,
von
Buffy
St.
Marie
komponiert,
darauf,
an
die
Adressen
englischer
Militärs
und
Politiker
und
auf
seine
Gitarre
schrieb
er
trotzig
„This
machine
kills“.
Als
wir
so
endlich
unser
Idol
hatten,
wollte
er
aber
„nicht
mehr
gegen
das
singen,
was
ich
hasse,
sondern
für
das,
was
ich
liebe“.
Von
nun
an
war
er
der
Storyteller,
der
er
(für
mich)
immer
noch
ist
und
dessen
Liedern
ich
gerade,
gemeinsam
mit
einer
lichten
Pilgerschar
Alt-Hippies,
gestylt
in
Abendgarderobe die einen, in Jeans und Kutten die anderen, entgegenfiebere.
In
der
zweiten
Reihe
habe
ich
einen
Stuhl
direkt
am
Mittelgang.
Keine
fünf
Meter
vor
mir,
auf
einem
Podest
mit
Sitzkissen,
nimmt
er
unter
tosendem
Beifall
seiner
Fans
Platz,
schnappt
sich
seine
grüne
Gitarre
und
er
singt,
mit
zerbrechlich
wirkender,
einzigartiger
Tremolostimme
davon,
zu
versuchen,
den
Wind
einzufangen
(„Catch
The
Wind“).
Nein,
das
ist
keine
Illusion,
kein
Traum
mehr,
da
vorn
sitzt
DONOVAN
höchstpersönlich
und
singt.
In
diesem
Moment
ist
mir
so,
wie
es
eine
Zeile
aus
diesem
Lied
beschreibt:
„When
rain
has
hung
the
leaves
with
tears,
I
want
you
near“.
„Wenn
der
Regen
das
Laub
mit
Tränen
behängt,
möchte
ich
dir
nah
sein“.
Solche
Liedzeilen
machen
in
den
nächsten
Minuten
aus
Opa
Hartmut
wieder
einen
Teenager,
zumindest
gefühlt.
Die
grüne
Gitarre
mit
dem
Hirsch
darauf
wird
von
seinen
zarten
Händen
angeschlagen.
Beinahe
spartanisch,
mit
schlichten
Akkorden,
so
lockt
er
als
nächstes
„Colours“
aus
diesen
Saiten
und
mit
seinem
Gesang
malt
er
Stimmungen
in
gelb,
grün,
und
in
blau,
während
wir
ihm
mucksmäuschenstill
lauschen.
Man
könnte
eine Nadel fallen hören.
Der
Mann,
der
im
nächsten
Monat
seinen
70.
Geburtstag
feiern
wird,
ist
ein
Märchenerzähler,
singend
und
zwischendurch
auch
immer
wieder
spannend
aus
seinem
(Rocker)Leben
plaudernd.
So
erfahren
wir
von
seinem
Vater,
der
die
Bücher
liebte,
die
von
längst
vergangenen
Zeiten
zu
berichten
wussten.
Von
den
alten
Sagen,
von
viel
Magie
und
der
Geschichte
seines
Landes,
vom
König
Arthur
und
dessen
Hofstaat
und
der
Königin.
DONOVAN
singt
uns
seine
Ballade
von
Königin
„Guinevere“
und
die
Story
von
einem
Spielzeugladen
„in
der
Stadt
im
dunklen
Wald“,
von
dem
„Kleinen
Zinnsoldaten“
(„Little
Tin
Soldier“)
mit
nur
einem
Bein,
der
in
einem
Schloss
nur
aus
Holz
lebte.
Ein
hier
eher
unbekanntes
Lied
aus
seinen frühen Tagen, das den romantischen Poeten erkennen lässt. Einfach zauberhaft schön.
Ein
Jubel
gehrt
durch
die
Reihen,
als
er
„Josie“
anstimmt
und
gleich
darauf
seine
„Jennifer
Juniper“
besingt,
die
auf
dem
Berg
lebt
und
dort
ganz
still
sitzt.
Letzteres
zelebriert
er
förmlich,
macht
fast
ein
Zwiegespräch
aus
dem
Erzählreim,
der
einstmals
ein
Riesenhit
war,
um
gleich
darauf
Magisches
und
Mystisches
zu
verbreiten,
wenn
er
etwas
hinterhältig
singt:
„First
there
is
a
mountain,
then
there
is
no
mountain,
then
there
is.“
Es
ist
diese
Mixtur
aus
realen
Erlebnisfetzen,
aus
Überlieferungen
plus
der
Denkweise
des
Künstlers,
die
einem
wie
die
eigene
vorkommen
könnte,
was
greifbar
und
faszinierend
fremd
zugleich
wirkt.
So
wie
er
diese
Minuten
gestaltet,
könnte
auch
eine
Begegnung
mit
einem
guten
alten
Freund verlaufen, mit dem man sich viel zu erzählen hat. Ich bin rundum still begeistert.
Augenblicke
später
sitzt
er,
ganz
in
rotes
Licht
getaucht,
erinnert
an
vergangene
Zeiten,
an
Vietnam
und
andere
Gräueltaten,
die
er
mit
seiner
Version
des
„Universal
Soldier“
kommentiert.
Man
muss
das
Lied,
so
denke
ich
jetzt,
ein
Mal
wenigstens
live
gehört
haben,
um
dessen
Magie
zu
spüren.
So
wie
heute
lebende
Teenies
bis
zu
den
Mittdreißigern
in
keiner
Weise
mehr
nachvollziehen
können,
welcher
Geist
des
Aufbruchs
in
den
1960er
Jahren
die
Kunst-
und
Pop-Szene
beherrscht
haben
muss.
Einen
winzigen
Einblick
gewährt
uns
DONOVAN,
der
relativ
ausführlich
laut
darüber
nachdenkt,
warum
er
wohl
auf
diesem
Podest
sitzen
möge,
warum
so
viele
Rock-Stars
jener
Zeit
auch
Maler
waren
(Lennon,
Dylan,
Townshend,
Cohen,
Joni
Mitchell,
Ron
Wood),
wie
sie
wohl
alle
getickt
haben
mögen
und
er
zitiert:
„Picture
yourself
in
a
boat
on
a
river,
with
tangerine
trees
and
marmalade
skies“,
(aus
dem
Publikum
heraus
ruft
einer
laut:
„Lucy
In
The
Sky“)
während
er
mit
der
rechten
Hand
ein
imaginäres
Gemälde
zeichnet.
Ganz
ehrlich,
es
in
diesem
Zusammenhang
zu
sehen,
ist mir noch nie in den Sinn gekommen, aber es erklärt rückblickend eine Menge!
Wir
hören
„Trees
They
Do
Grown
High“,
einen
alten
Folk-Song,
der
gut
und
gerne
drei
Jahrhunderte
auf
dem
Buckel
hat,
und
„Wear
Love
Like
Heaven“.
Ich
bin
erstaunt,
in
dieser
Atmosphäre
„Season
Of
The
Witch“
zu
hören
und
darüber,
wie
DONOVAN
mit
einem
deutschen
Film
die
Entstehung
seines
Liebesliedes
„Lelena“
erklärt,
das
einige
vielleicht
auch
in
einer
frühen Cover-Version von Deep Purple in Erinnerung haben werden.
An
den
Schluss
dieses
Abend
setzt
DONOVAN
mit
„Sunshine
Supermann“
und
„Atlantis“
zwei
seiner
ganz
großen
Erfolge.
Ihm
genügen
seine
Gitarre
und
seine
Stimme,
um
tatsächlich
die
Stimmung
zu
erzeugen,
die
sich
(für
mich)
mit
beiden
Liedern
verbindet.
Nur
das
mit
dem
mächtigen
Abgesang
haben
auch
mehr
als
tausend
Kehlen
in
Leipzig
nicht
hinbekommen.
Sei’s
drum,
es
ist
nicht
wichtig!
Wichtig
ist
nur,
hier
dabei
zu
sein,
es
zu
erleben.
Dann
müht
er
sich,
gebückt
und
im
Dunklen,
vom
Podest,
winkt
uns
noch
zu
und
geht.
Der
Saal
tobt,
Pfiffe
zerreißen
die
Luft
und
wir
klatschen
uns
die
Hände
wund,
um
diesen
Magier
noch
einmal
zu
sehen.
Er
tut
uns
den
Gefallen
und
was
hören
meine
Ohren:
„I'm
just
mad
about
saffron,
a-saffron's
mad
about
me“.
Alle
üben
wir
uns
gemeinsam
im
Chor
für
„Mellow
Yellow“
und
dann
ist
tatsächlich
alles
schon
vorbei,
aus
der
Zauber.
Ich
bin
wieder
im
Heute
angekommen.
Wie
schade,
aber
ich
durfte noch einmal meiner Jugend hinterher träumen!
Es
war
ein
Abend
der
kleinen
Hymnen,
wie
ein
Gottesdienst,
eine
Märchenstunde:
DONOVAN
rief
und
wir
kamen.
Wir
kamen
alle,
um
dabei
zu
sein.
Endlich
einmal
eine
richtige,
eine
echte
(Rock)Legende
und
nicht
nur
ein
paar
aufgeweichte
Abziehbilder
einer
solchen!
Alles
hautnah,
sehr
intim
und
beinahe
in
Familie,
so
zumindest
habe
ich
die
Fairytales
vom
Storyteller
erlebt.
Es
ging
gar
nicht
darum,
große
Hits
abzuspulen,
sondern
einzig
und
allein
ein
Wohnzimmerkonzert,
mit
all
seinen
kleinen
Ecken
und
Kanten,
dafür
aber
ausgesprochen
wohltuend
für
Kenner
und
Genießer,
in
sich
aufzusaugen.
Endlich
mal
einen
lebendigen
Hauch
von
gelebter
Rock-Historie
zu
erhaschen,
die
Tiefen
Spuren
zu
ahnen,
die
so
ein
Typ
hinterlassen
hat
und
das
von
einer
wirklich
traumhaft
einzigartigen
Stimme
gesungen.
Was
hat
dieser
kleine,
beinahe
zerbrechlich
wirkende
Mann,
für
eine
Aura
um
sich!
Es
ist
das
pure
Können,
was
diese
zwei
Stunden
überstrahlt
und
außer
einem
Mikrofon
und
einem
Kabel
an
seiner
Gitarre
gibt
es
keine
weitere
Technik.
Als
Erinnerung
darf
jeder,
der
noch
einen
Moment
zu
warten
bereit
ist,
das
Autogramm
des
schottischen
Barden
auf
Foto,
Cover
oder
Ticket
mit
nach
Hause
nehmen. Wer mich kennt, der weiß, dass ich überglücklich und voller Emotionen bin. Besser nach fünfzig Jahren, als nie!
Es
war
wie
ein
Treffen
lebender
Fossilien,
die
einst,
Musiker
wie
Fans,
aufgebrochen
waren,
die
Welt
mit
ihrer
Musik
zu
verändern
und
sie
wohnlicher
zu
machen.
Mir
ist,
als
würde
heutiger
(Rock)Musik
unheimlich
viel
Substanz,
Charisma,
aber
vor allem auch die Visionen fehlen.