Als Diestelmann „Wilhelm is’ doof“ noch live sang
02.04.1980
Soweit
ich
mich
erinnern
kann,
fällt
meine
erste
Berührung
durch
den
Blues
mit
dem
Kauf
einer
Langspielplatte
zusammen.
Das
war
„Alabama
Blues“
von
J.B.Lenoir
auf
AMIGA
1970
mit
Aufnahmen
aus
Chicago
von
1965
in
mono.
Das
Teil
ist
mir
mit
seinem
urwüchsig
stampfenden
Blues
dermaßen
in
die
Knochen
gefahren,
dass
ich
mir
kurz
darauf
die
beiden
LP’s
vom
American
Folk
Blues
Festival
1966,
erschienen
1971
auch
auf
AMIGA,
ebenfalls
gekauft
habe.
Dieses
Tournee-Blues-Event
trat
damals
auch
in
der
DDR
auf
und
muss
wohl
noch
bei
einigen
anderen,
außer
bei
mir,
schlafendes
Potential
geweckt
haben.
Jedenfalls
hatten
wir
irgendwann
so
eine
Art
Blues-Boom
mit
Leuten
wie
Engerling,
Monokel,
Vai
Hu,
Blues
Vital,
Passat, Hansi Biebl, Jürgen Kerth und natürlich STEFAN DIESTELMANN.
Während
Biebl
und
Kerth
schon
alte
Haudegen
waren
und
sich
aus
der
kurzlebigen
Enge
der
Beat-Musik
frei
gespielt
hatten,
war
Diestelmann
in
meiner
Wahrnehmung
plötzlich
irgendwie
einfach
da,
zumindest
sah
es
aus
dem
begrenzten
Blickwinkel
der
Provinz
in
Richtung
Berlin
so
aus.
Der
gebürtige
Bayer,
Geburtsjahr
1949
wie
CÄSAR
(und
ich),
war
ein
Self-Made-Man
auf
der
Gitarre
und
hatte
sich
Anfang
der
70er
in
Berlin
durch
diverse
Musik-Kneipen
und
einige
Berliner
Bands
gespielt.
Erst 1977 gründete er seine FOLK BLUES BAND und spätestens danach war er plötzlich in aller Munde.
ie
Kunde
vom
langhaarigen
Blues-Mann
mit
Gitarre
und
Mundi
gelangte
natürlich
auch
zu
uns
nach
Elsterwerda.
Da
soll
einer
den
Blues,
so
wie
auf
meiner
Platte
von
J.B.Lenoir,
völlig
ohne
„richtige“
Band
spielen
und
dabei
Dinge
aussprechen,
die
uns
staunen
ließen.
Das
war
so
völlig
anders
als
das,
was
bisher
live
als
Blues
hierzulande
galt
und
zu
erleben
war.
Dann
erschien
1978
seine
erste
Langspielplatte
bei
AMIGA
und
nicht
nur
deshalb
musste
dieser
Typ
unbedingt
auch
auf
unsere
Bühne.
Es
hat
dennoch
länger
als
ein
Jahr
gedauert,
ehe
wir
endlich
den
2.
April
1980
festgelegt
hatten
und
der
„Reichsbahn-Blueser“ mit dem Auto von Berlin nach Plessa kommen konnte.
Als
Überraschung
erwies
sich,
dass
DIESTELMANN
nicht
mehr
mit
Begleitmusikern
(Bernd
Kleinow,
Dietrich
Petzold,
Rüdiger
Philipp)
anreiste,
sondern
zu
jener
Zeit
schon
wieder
solistisch
unterwegs
war.
Das
war
irgendwie
sehr
schade,
hieß
aber
auch,
keine
aufwendige
PA,
keine
großen
Boxen
eine
Etage
nach
oben
zu
schleppen
und
dennoch
einen
knackevollen
Saal
zu
haben.
Dem
Mann
genügte
ein
Stuhl
vorn
an
der
Bühnenkante
und
ein
Mikrofonständer
vor
die
Füße,
um
seine
Musik
unter
die
Leute
zu
bringen.
Das
war
in
jenen
Jahren
ein
eher
ungewohntes
Bild
auf
den
Konzertbühnen,
hatte
aber
natürlich einen ganz besonderen, auch geschäftlichen, Reiz.
Vom
ersten
Akkord
an
fesselte
DIESTELMANN
die
rund
400
Leute
im
Saal
traditionell
mit
„Caldonia“
von
seiner
ersten
LP.
Das
war
irgendwie
beklemmend,
denn
genau
wie
die
alten
Blues-Mannen
aus
Amerika,
erzählte
der
Typ
da
vor
uns
einfache
Geschichten,
die
jeder
verstand
oder
wenigstens
mitfühlen
konnte.
Dabei
kann
er
sich
auch
kleine
Sticheleien
in
Richtung
mancher
Musiker-Kollegen,
die
„einfach
nur
in
die
Saiten
dreschen“,
nicht
verkneifen.
Einen
Augenblick
später
redet
er
über
sein
Berliner
Umfeld,
dort,
wo
er
abends
auf
ein
Bierchen
geht
und
singt
„Der
Alte
und
die
Kneipe“.
So
ein
Thema
in
Worte
zu
fassen,
war
eigentlich
ein
Tabu-Bruch
und
dennoch
kamen
uns
die
beschriebenen
Bilder
ziemlich
bekannt
vor.
Wir
fanden
uns
in
solchen
Texten
und
Situationen
wieder,
denn
in
ihnen
verschmolz
er
seine
eigenen
Gedanken
mit
dem
realen
Leben
oder
manchmal
auch
sein
Leben
mit
Gedanken,
die
ihn
bewegten.
So
entstanden
tolle
Songs,
aber
auch
der
Mythos
vom
Blues-Mann, der er gern sein wollte.
STEFAN
DIESTELMANN
beherrschte
diese
Art
zu
erzählen
perfekt,
die
eigenen
und
unsere
Lebenserfahrungen
vom
„Reichsbahn-Blues“
mit
denen
vom
„Stormy
Monday
Blues“
und
„Key
To
The
Highway“
als
Hommage
an
seine
Vorbilder
T-
Bone
Walker
und
Big
Bill
Broonzy
in
Musik
zu
gießen.
Er
war
ein
feinfühliger
Beobachter
und
ließ
das
sensibel
in
seine
Texte
einfließen,
wie
zum
Beispiel
beim
„Blues
für
ein
Kind“
und
die
da
unten
vor
ihm
an
der
Bühnenkante
standen,
saugten
die
Musik
und
das
Gefühl,
das
sie
ausstrahlte,
förmlich
in
sich
auf.
Sie
sitzen
wie
gebannt
in
ihren
Stühlen
und
lauschen
dem
erzählenden
und
singenden
Blues-Barden
aus
Berlin.
Ein
Bild,
das
sich
bei
mir
eingebrannt
hat
und
dennoch
frage
ich
mich
heute
manchmal,
warum
die
nicht
einfach
aufgestanden
sind
und
sich
direkt
vor
ihm
postiert
haben,
um
ihm
auf
die
Finger
und auf’s Maul zu schauen.
Je
nach
Stimmung
konnte
man
im
Saal
eine
Nadel
fallen
oder
es
knistern
hören.
Ein
Mann
und
eine
Gitarre
sangen
von
„Ma
Babe“
und
wer
den
Text
nicht
verstand,
ließ
sich
vom
Rhythmus
der
12
Takte
mitreißen.
Wenn
er
dann
seine
Mundi
in
beide
Hände
nahm,
die
Gitarre
stumm
auf
seinem
Schoß
lag,
hatte
ich
wieder
dieses
Gefühl
der
LP
von
J.B.Lenoir,
vom
selbstvergessenen
einfachen
Blues-Mann,
das
mich
so
fasziniert
hatte
und
mich
bis
heute
nicht
loslässt
und
ab
und
an,
wie
bei
JOHN
KIRKBRIDE
im
Kunsthof
Gohlis,
seine
Auferstehung
in
mir
feiert.
Die
Geschichten
seiner
deutschen
Texte
sind
echt
und
werden
von
jedermann
verstanden.
Irgendwie
hatten
wir
damals
alle
den
DDR-Blues
und
jeder
ein
Stück
Geschichte
davon
in
sich,
wenn
er
sang
„und
drüben
an
der
Hauswand
steht
noch
immer,
Wilhelm
is’
doof.“
Da
konnte
sich
jeder seinen eigenen „Wilhelm“ aussuchen, denn genau so tickte damals so manche Botschaft im Rock- und Bluesgewand.
Ich
weiß
noch,
dass
am
Ende
des
Konzertes
dann
doch
fast
der
ganze
Saal
stand
und
nach
vorn
drängte,
um
ihrem
Idol
etwas
näher
zu
sein.
Das
waren
die
Momente,
wo
ich
manchmal
auch
glaubte,
doch
ein
richtiges
Konzert
organisiert
zu
haben,
meinen
kleinen
Rockpalast
quasi.
Über
diese
und
andere
Dinge
konnte
man
mit
STEFAN
DIESTELMANN
vor
und
nach
dem
Konzert
gut
und
ausgiebig
reden.
Wir
saßen
in
der
Garderobe
zusammen
und
er
schwärmte
von
einer
Begegnung,
die
er
in
Prag
mit
ALEXIS
KORNER
hatte.
Als
Erinnerung
daran
unterschrieb
er
für
meinen
Schottischen
Freund
DAVID ein Foto, das ihn mit KORNER in Prag zeigte.
Zwei
Jahre
später
war
DIESTELMANN
mit
seinem
Partner
ALEXANDER
BLUME
am
Klavier
noch
einmal
unser
Gast.
An
diese
Konzertstunden
erinnere
ich
mich
gern
zurück
und
auch
an
jene,
in
denen
wir
bis
in
den
frühen
Morgen
in
unserem
Klub
„Die
Stube“
über
Musik,
Gott
und
die
Welt
sprachen.
Das
alles
ist
jetzt
runde
30
Jahre
alt
und
ich
habe
keinen
blassen
Schimmer,
wo
sich
der
kauzige
Blues-Mann
heute
aufhalten
könnte.
Dies
zu
wissen
und
darüber
zu
reden,
was
ein
etwas
älterer
„Saitenzupfer“
denn
im
Heute
treibt,
könnte
vielleicht
noch
einmal
eine
neue
Geschichte
werden,
die
zu
erzählen
es
lohnen
würde.
Ich
mag
den
Gerüchten
nicht
glauben,
die
irgendwo
da
draußen
die
Runde
machen.
So
lange
jedenfalls
nicht, bis mir jemand alle Fragen schlüssig beantworten kann! –
Also
und
deswegen,
laß’
Dir
zum
heutigen
62.
Geburtstag
gratulieren
(29.01.1949),
du
deutscher
Blues-Mythos
und
singender
Geschichtenerzähler.
Nimm’
ein
paar
Grüße
von
einem
deiner
vielen
alten
Fans
entgegen.
Solltest
Du
das
lesen,
melde
dich
oder
genieße
diesen
Tag
ganz
für
Dich
allein,
dort,
wo
du
bist.
Hier
steht
jedenfalls
eine
Flasche
Rotwein,
die
gemeinsam
zu
leeren
einen
Anruf
oder
eine
Mail
wert
sein
sollte.
Ich
glaube,
die
Geschichte
vom
Blues
ist
doch
noch
nicht
bis
zum
Ende
erzählt,
auch
wenn
die
Zeiten
inzwischen
andere
sind,
wäre
eine
Fortsetzung
vielleicht
möglich,
denn
an
der
Hauswand
da
drüben
steht
immer
noch
“Wilhelm
is’
doof“.
Außerdem
ist
Deine
Widmung
mit
Filzstift
auf
meinem
Cover
schon längst verblasst. Ich hab’ jetzt einen Stift, mit dem hält sie bestimmt noch weitere 30 Jahre.
P.S.: Als ich diese Zeilen schrieb, wusste ich noch nicht, dass die Gerüchte die Wahrheit sprachen und meine schlimmsten
Befürchtungen
längst
Realität
waren.
Der
Blues-Mann
starb
bereits
am
27.
März
2007,
jedoch
erst
durch
Recherchen
eines
Journalisten
wurden
sie
im
Jahre
2011
öffentlich.
Das
macht
besonders
betroffen,
entspricht
aber
auch
irgendwie
dem
Bild
des Künstlers, lassen ehemalige Kollegen durchblicken, das er streckenweise von sich selbst zu schaffen wusste.