Die Seilschaft & Christian Haase live im Anker
17.11.2018
„Solange die Zeiger rücken, solange die Räder klicken, ist noch alles offen, ist noch alles drin.“
Dieser
21.
Juni
im
Jahr
1998
war
ein
sonniger
Sonntag.
Nichts
Besonderes
ist
geschehen,
hätte
man
denken
können.
Doch
am
Tag
darauf
schlug
die
Realität
unbarmherzig
zu:
Gerhard
Gundermann
sei
an
diesem
Sonntag
gestorben,
hieß
es
schlicht
und
emotionslos.
Die
Emotionen
kamen
bei
vielen
erst
danach;
Stück
um
Stück.
Mir
war
schlecht,
das
weiß
ich
noch.
So
wie
nach
John
Lennon’s
tot
auch.
Es
brauchte
einige
Tage,
diese
Unwiderruflichkeit
zur
Kenntnis
zu
nehmen
und
zu
begreifen,
den
werde
ich,
so
wie
im
März
1983
in
unserem
Klub,
nie
wieder
live
erleben
und
seine
Lieder wohl auch nicht.
Ganze
zehn
Jahre
sollte
es
bis
zum
21.
Juni
2008,
seinem
10.
Todestag,
dauern,
ehe
diese
Lethargie
sich
langsam
wieder
aufzulösen
begann.
An
jenem
Abend
stand
ich
mit
Freunden
in
der
ersten
Reihe
der
Columbiahalle
Berlin,
um
beim
Tribut
für
Gundermann,
„Alle
oder
keiner“,
dabei
zu
sein.
So
viele
Klöße
wie
bei
diesem
Konzert
habe
ich
nie
wieder
runterschlucken
müssen.
Aber
ich
konnte
dennoch
einige
seiner
Lieder,
wenigstens
teilweise,
mitsingen.
Für
mich
persönlich
ein
besonderes
Erlebnis
und
zwischen
der
SEILSCHAFT
und
einem
Sänger
namens
HAASE
hatte
es
außerdem
gefunkt.
(
hier
)
Es
war
live
zu
sehen
und
die
Magie
war
zu
spüren.
Und
es
tut
gut,
wenn
diese
Lieder
von
den
„Männern,
Frauen
und
Maschinen“,
die
vom
Regen,
vom
Wind
und
Schnee
im
„Steinland“
und
die
von
den
„Engeln
über
dem Revier“ sowie den Menschen aus Fliederteezeiten überdauern und auch im Heute Mut verbreiten können.
Alle Fotos auf dieser Seite kann man durch Anklicken vergrößern.
Weitere
zehn
Jahre
später
bin
ich
vor
dem
neuen
Anker
in
Leipzig
verabredet,
um
wieder
gemeinsam
diese
Lieder
zu
hören,
so
wie
ich
es
in
Dresden,
Freiberg
und
Torgau
auch
schon
tat.
Draußen
in
der
jungen
Winterkälte
wächst
eine
Schlange
wie
in
Wende-Bananen-Zeiten,
um
sich
durch
das
Nadelöhr
in
den
Saal
zu
drängen,
ihn
fast
bis
in
die
letzte
Ecke
zu
stopfen.
Wie
durch
ein
Wunder
stehe
ich
mit
Peggy
und
zwei
Freunden
ganz
vorn,
als
die
Musiker
freudestrahlend
die
Bühne
betreten.
Der
blonde
Sänger
steht
am
Mikrofon,
seine
rechte
Hand
dort,
wo
das
Herz
schlägt,
und
singt.
Von
nun
an
wird
satte
drei
Stunden
lang
gespielt,
gesungen,
gesungen
und
gesungen.
Spätestens
bei
„Soll
sein“
weiß
ich,
heute
hören
wir
einen
stimmgewaltigen
Chor
im
Saal
mit
einer
Kapelle
auf
der
Rampe.
Schon
ist
es
wieder
da,
das
unbeschreibliche
Gefühl,
mit
Hunderten
von
den
gleichen
Lieben,
Ängsten
und
den
eigenen
Hoffnungen zu singen. Wie hat der das damals nur gemacht, dieser GUNDERMANN?
CHRISTIAN
HAASE,
mit
der
(fast)
originalen
SEILSCHAFT
im
Rücken,
besingt
gefühlvoll
sein
„Herzblatt
(Was
bist
du
so
traurig?)“
und
wenig
später
steigen
wir
mit
ein
bei
„Hier
bin
ich
geboren
(Wo
die
Kühe
mager
sind
wie
das
Glück.)“
Der
Refrain
wirbelt
über
alle
Köpfe
hinweg
und
die
Rhythmen
pressen
die
Worte
an
die
Wand,
denn
ein
wenig
Trotz
und
Wut
steckt
noch
immer
in
den
Zeilen
von
Gundermann.
Mir
ist
jedenfalls
so
und
deshalb
tut
es
gut,
inmitten
dieser
Meute
mir
völlig
unbekannter
Menschen
zu
stehen,
zu
hören,
zu
sehen
und
zu
fühlen.
Und
dann,
wenn
es
richtig
ballert,
wie
bei
der
„Sehnsucht
nach
dem
Rattenfänger“,
lösen
sich
auch
meine
Bremsen.
Kein
Kloß
im
Hals
und
ich
kann
laut
meine
Meinung
hinaus
singen:
„Unten
in
der
Kanalisation,
da
üben
schon
wieder
die
Ratten
Karate!“
Als
der
Song
auf
Platte
erschien,
stand
das
Jahr
1993
im
Kalender.
Rund
zwanzig
Jahre
später
ist
das
Thema
(leider)
immer
noch
brandaktuell.
Doch
eigentlich
bräuchten
wir
gar
keine
neuen
Rattenfänger,
wenn
endlich
allen
Ratten
von
den
hierfür
Verantwortlichen
der Nährboden entzogen würde!
Es
ist
immer
wieder
faszinierend
zu
erleben,
welche
Wirkung
Gundis
Texte,
in
Verbindung
mit
den
oft
traumhaft
schönen
Melodien,
selbst
zwanzig
Jahre
nach
seinem
Ableben
zu
erreichen
vermögen.
Mit
CHRISTIAN
HAASE
am
Mikrofon
klingen
sie
zwar
irgendwie
anders,
vielleicht
sogar
neu,
doch
immer
noch
so
verdammt
vertraut.
Das
ist
in
diesen
Minuten
im
Anker
nicht
anders
und
ich
ertappe
mich
bei
dem
frechen
Gedanken,
wie
der
andere
blonde
Sänger
da
oben
wohl
im
Fleischerhemd
wirken
würde.
Doch
CHRISTIAN
HAASE,
im
dunklen
Zwirn,
erzählt
zwischendrin
seine
eigenen
Geschichten,
die
vom
Plastikmüll,
vom
Seiltänzer
und
vom
Tod,
und
berührt
dann
mit
seiner
Version
der
„Linda“
die
Herzen
auf
ganz
eigene
Weise.
Durch
seine
Art
leben
die
Lieder,
jedenfalls
für
mich,
gefühlt
identisch.
Wenn
„Owehoweh“
von
der
Bühne
donnert
und
er
die
„Grüne
Armee“
aufmarschieren
lässt,
bleiben
keine
Wünsche
offen.
Beim
Besingen
von
„Niemandsland
(am
Ende
der
Welt)“
stimmt
der
ganze
Saal
ein,
mein
Kopfkino
aber
zeigt
mir
Bilder
davon,
von
riesigen
Schürfwunden
im
Erdreich
und
Förderbrücken,
die
darin
wühlen.
Irgendwo
dort
wuchs
auch
ich
auf,
hatte
ich
Freunde
und
(m)einen
wundervollen
„Vater“,
den
HAASE
nur
zur
Pianobegleitung
besingt.
Da
sind
auch
meine
Erinnerungen
wieder
da
und
der
Kloß
im
Hals,
der
mich
doch
am
Mitsingen
hindert.
Mensch
Gundi,
was
für
berührende
Zeilen und wie inniglich sie CHRISTIAN für uns alle singt. Hinter mir ruft einer „Danke!“ und ich nicke nur wortlos.
Inzwischen
fühle
ich
mich
wie
auf
einer
Party
mit
hunderten
Gästen.
Es
ist
eng
und
wenn
ich
mich
mal
umdrehe,
erblicke
ich
ein
Meer
von
Köpfen,
das
im
Rhythmus
der
Musik
mitgeht
oder
wild
tobt,
wenn
ANDY
WIECZOREK
sein
höllisches
Saxophonsolo
für
„Spricht
der
Teufel“
in
die
Menge
bläst.
Dann
wird
gejubelt
und
gepfiffen.
Beim
nachfolgenden
„Einsame
Spitze“
aber
singen
alle
wieder
lauthals
mit
und
die
Gischt
der
Wellen
bricht
sich
an
dieser
Rampe,
um
im
Bild
zu
bleiben.
Ich
stehe
da
vorn
mittendrin
und
fühle
mich
unsagbar
glücklich,
bin
dankbar,
das
erleben
zu
können.
Jeder
Ton,
ja
jedes
Wort,
ist
für
mich
wie
eine
Erinnerung
aus
früheren
Lebensjahren
am
südlichen
Waldrand
im
damaligen
Bezirk
Cottbus:
Trotzig,
melancholisch,
frech,
aber
auch
zärtlich
und
liebevoll.
Also
schließe
ich
meine
Augen
und
singe
im
Chor
„(Immer
wieder
wächst
das)
Gras“
und
sehe
im
Kopfkino
die
„Sensen
ihre
Kreise
ziehen“.
Irgendwo
auf
einer
Wiese
im
Schradengebiet,
am
Rande
der
Lausitz,
wo
ich
ein
Kind
sein
und
eine
unbeschwerte Kindheit (in der DDR) erleben durfte.
Dann
bin
ich
wieder
hellwach,
als
HAASE
etwas
von
einem
Studiotermin
sowie
einer
möglichen
neuen
CD
der
SEILSCHAFT
erzählt.
Und
als
wäre
noch
ein
Beweis
nötig,
folgt
mit
„Es
sieht
nach
Regen
aus“
eine
Melodie,
die
auf
diesen
Silberling
gehört
und
sich
in
ihrer
Ausstrahlung
von
all
den
anderen
Songs
nicht
unterscheidet.
Mit
„Macht
ja
nischt“
folgt
eines
meiner
Lieblingslieder,
bei
dem
wir
alle
„Linoleum
druff“
grölen
dürfen
und
hinterher
lachen
müssen,
bevor
„Und
musst
du
weinen“
angestimmt
wird.
Es
ist
ein
Wechselbad
vieler
Gefühle,
das
ich
erlebe
und
ich
genieße
es,
wenn
ANDY
WIECZOREK
sich
für
„Wenn
ich
wär“
in
sein
wildes
Saxophon-Solo
hinein
steigert.
Da
feiert
ihn
die
Menge
ausgelassen,
die
Stimmung
ist
auf
dem
Höhepunkt
und
niemand
hat
bemerkt,
wie
Zeit
vergangen
ist.
In
die
Euphorie
hinein
prasseln
die
Akkorde
der
Gitarre
und
ein
Ruck
geht
wieder
durch
den
Saal.
Jetzt
ist
der
Chor
in
Höchstform,
schließlich
heißt
das
Lied
„Alle
oder
keiner“
(schönen
Gruß
an
Neil
Young),
die
Hymne
trotziger
Gemeinsamkeiten:
„Schluss
mit
den
Klagen,
aus
der
Traum.
Runter
vom
Wagen,
rauf
auf’n
Baum.“.
Niemals
vorher
und
niemals
wieder
danach
hat
irgendwer
die
besonderen
Befindlichkeiten
vieler
Menschen
–
ihre
Hoffnungen,
Enttäuschungen,
Zweifel
und
Mut,
Resignation
und
Glück
-
derart
lyrisch
komprimiert
und
für
alle
gut
verständlich
auf
den
Punkt
in
Lieder
gegossen.
Ich jedenfalls fühle mich in jedem Ton, mit jedem Wort immer noch gut aufgehoben und ja, auch bestätigt.
Nach
mehr
als
zwanzig
Liedern
und
über
zwei
Stunden
steht
DIE
SEILSACHAFT,
Arm
in
Arm,
glücklich
vor
uns
und
bedankt
sich.
Jeder
für
sich
und
wir
alle
gemeinsam
genießen
diese
Momente,
weil
sie
so
schön
und
auch
viel
zu
selten
sind.
Natürlich
weiß
auch
jeder,
dass
die
Party
so
nicht
enden
kann
und
nicht
enden
wird.
Allein
mit
der
Gitarre
vor
dem
Auditorium
stehend,
besingt
CHRISTIAN
HAASE
den
„Zweitbesten
Sommer“,
leise
und
sehr
nah.
Ich
lasse
mich
stehend
fallen
und
dann
erklingt
das
Spiel
der
Orgel.
Mir
werden
die
Knie
weich
und
das
Blut
pulsiert
heftig,
als
diese
Hommage
für
CÄSAR
und
als
Dankeschön
für
den
Anker
in
Leipzig
erklingt:
„Wer
die
Rose
ehrt“.
Kaum
eine
Hymne
aus
jenem
untergegangenen
Land
passt
wohl
besser
zu
den
ausgewählten
Gundermann-Liedern
und
zu
diesem
Augenblick.
Alle
singen
sie
leise
mit
und
dann
bricht
ein
Jubelsturm
vor
CÄSAR’s
Heimatbühne
los.
Ich
erlebe
die
nächsten
Lieder
fast
wie
in
Trance:
„Weisstdunoch“,
„Schwarze
Galeere“,
„Keine
Zeit
mehr“.
Zum
Glück
gibt
es
noch
mit
dem
Lied
vom
„weißen
Strich
über
Land
gemalt“
eine
echte
Jubelnummer,
bei
der
wir
alle
mitsingen
„(Er
bringt
uns
sicher)
Nach
Haus“.
Danach
ist
wirklich
Schluss
–
sollte
man
meinen.
Doch
viele
im
Publikum
rufen
lautstark
nach
„Brunhilde“
und
wir
bekommen
sie
zu
hören.
Es
ist
einfach
wunderbar!
Seite
an
Seite
stehe
ich
jetzt
mit
Peggy,
um
diesen
Moment
des
Abschieds
zu
genießen.
Noch
einmal
verbeugen
sich
die
Musiker,
noch
einmal
ein
Gruppenbild
und
schon
kurze
Zeit
später
mischen
sie
sich
glücklich
unter
die
sich
auflösende
Menge
im
Saal.
Abschiedsstimmung
nach
drei
Stunden
und
ich
danke
Euch,
Christian,
Andy,
Christoph,
Mario,
Michael
sowie
der
Frau
mit
der
Löwenmähne
und
dem
knallharten
Beat,
danke
Tina.
Auch
Andrè,
schön,
Dich
getroffen
zu
haben.
Ihr
alle
ward
wieder
einmal
„Einsame
Spitze“
im
Freude
verteilen und Mut machen!
Ich
fühle
mich
zehn
Jahre
zurück
versetzt.
Mir
ist
fast
wie
nach
dem
aufwühlenden
„Semper
Fidelis“,
damals
im
alten
Anker.
Nur
heute
fühle
ich
Glück,
statt
Trauer.
Es
hat
sich
gelohnt.
In
mir
wühlen
die
Emotionen
und
ich
bin
einer
guten
Freundin
unsagbar
dankbar,
dass
sie
mich
„überreden“
konnte,
das
Konzerterlebnis
mit
ihr
zu
teilen.
DANKE
Peggy,
Du
erkennst
besser
als
manch
Sehender,
wie
wichtig
gelebte
Gemeinschaft
in
diesen
Tagen
ist
und
Du
handelst
einfach.
Respekt (!) und bis zum nächsten Mal und „solange die Zeiger rücken, solange die Räder klicken“.