Die nächste Schlacht - Deep Purple live in Schwerin
01.10.1993
Warum
ich
Purple-Fan
wurde
und
seit
wann,
das
kann
ich
ziemlich
genau
sagen.
Es
war,
als
ich
zum
ersten
Mal
die
Bearbeitungen
von
„Help!“
und
„Hey
Joe“
im
Rias
„Treffpunkt“
hörte,
als
ROD
EVANS
versuchte,
ein
etwas
anderer
Rock-
Sänger
zu
sein
und
in
diesen
Songs
ein
Gitarrist
seine
Gitarre
auf
irgend
eine
Art
anders
zupfte,
als
ich
es
bis
dahin
kannte.
Auch
das
ganz
besondere
Spiel
der
Orgel
entsprach
genau
meinem
damaligen
Gefühl.
In
jenen
Tagen
hörte
ich
das
hymnische
„Hallelujah“
und
dann
erschien
das
Album
„In
Rock“.
Von
da
an
war
bei
mir
alles
zu
spät.
Das
entsprach
ganz
genau
meiner
Vorstellung
von
Musik,
war
mein
Ding
in
jenen
frühen
1970er
Jahren!
Was
dieser
IAN
GILLAN
seinen
Stimmbändern
zu
entlocken
vermochte
und
wie
RITCHIE
BLACKMORE
seine
Gitarre
förmlich
zu
Tönen
zerhackte,
zerriss
und
dehnte,
war
die
nackte
Urgewalt
des
Rock’n’Roll,
nach
der
mir
damals
der
Sinn
stand.
Es
war,
als
würde
jemand
mit
einer Handbewegung alles bis dahin Gehörte einfach so vom Tisch fegen – watsch und vorbei!
Meine
erstes
eigenes
Album
war
„Who
Do
We
Think
We
Are”
mit
diesem
ausgefeilten
Blues
“Place
In
The
Line”
sowie
dem
Hit
“Woman
From
Tokyo”.
Mein
schottischer
Freund
DAVID
hatte
es
mir
im
März
1974
geschickt
und
alle
anderen
später
auch.
Ich
war
zu
DDR-Zeiten
ein
Deep
Purple-Junkie
und
blieb
es
bis
zum
endgültigen
Ausstieg
von
Ritchie
Blackmore.
Doch
ehe
es
dazu
kam,
hatte
ich
das
Glück,
die
legendäre
Mark
II
-
Band
auf
der
Bühne
live
erleben
zu
dürfen.
Zwar
nicht
mehr
mit
der
brachialen
Urgewalt,
wie
auf
„Made
In
Japan“
zu
hören,
aber
das
war
für
mich
ohne
jede
Bedeutung.
Unnötig
zu
erklären,
dass
das
Erlebnis
eines
Live-Konzertes
dieser
Band
in
den
Jahren
vor
1989
für
mich,
einen
geborenen
DDR-
Bürger,
nur
ein
Traum
bleiben
musste.
Doch
diesmal
wollte
ich
mir
unbedingt
genau
diesen
Traum
erfüllen,
auch
wenn
das
Konzert
am
1.
Oktober
1993
in
Schwerin
stattfinden
sollte.
Das
war
zwar
von
Elsterwerda
nicht
der
nächste
Weg,
aber
auch meine einzige Möglichkeit, endlich eine meiner absoluten Lieblingsbands im Original live erleben zu können.
Es
mögen
vielleicht
um
die
6000
(?)
Purple-Jünger
sein,
die
sich
für
läppische
38,00
Deutsche
Mark
(in
Worten:
achtunddreißig!!)
eine
Karte
für
das
Konzert
in
der
Schweriner
Sporthalle
gekauft
hatten.
Viele
davon
mit
ergrauten
schulterlangen
Haaren,
viele
waschechte
Rocker
in
Jeans
und
einige
mit
dem
berühmten
Hut,
den
Mr.
BLACKMORE
in
den
frühen
Jahren
trug.
Die
Halle
ist
gefüllt
mit
diesem
bunten
Völkchen,
von
denen
ich
für
diesen
Abend
einer
sein
darf.
Die
Bühne
liegt
im
Dunkel,
nur
die
glimmenden
Positionslichter
der
Verstärker
in
der
Back-Line
lassen
ahnen,
wo
die
purpurnen
Ritter
in
wenigen
Augenblicken
auf
der
Rampe
erscheinen
würden,
um
eine
ihrer
allerletzten
Schlachten
als
Mark
II
gemeinsam
auszufechten.
Doch
das
weiß
zu
diesem
Zeitpunkt
noch
keiner,
außer
vielleicht
der
„Ritter
der
Gewandungen“
selbst.
Dann
geht
auch
das
Licht
in
der
Halle
aus
und
ein
Laser
zeichnet
zu
den
Klängen
des
Intros
das
Logo
der
Tour
in
den
Bühnenhintergrund:
Ein
wilder
Drachen,
der
sich
durch
die
Initialen
„DP“
schlängelt,
um
die
Könige
des
hymnisch-
explosiven
Heavy
Rock
anzukündigen.
Die
betreten
zum
stampfenden
Rhythmus
von
Bass,
Drums
und
Keyboards
die
Bühne
und
geben
Gummi
für
den
„Highway
Star“.
Der
alte
Klassiker
donnerte
auch
sofort
richtig
los,
GILLAN’s
Stimme
ist
gut
in
Schuss
und
dann
fällt
es
allen
auf
–
der
schwarze
Meister
mit
seiner
Gitarre
fehlt
zunächst.
Erst
als
es
Zeit
für
das
Solo
von
Mr.
BLACKMORE
ist,
kommt
dieser
aus
dem
Bühnendunkel
von
rechts,
die
weiße
Fender
Stratocaster
im
Scheinwerferkegel,
auf
die
Bretter
und
zelebrierte
sehr
perfekt
aber
ziemlich
unterkühlt
seinen
Part.
Von
da
an
ahnen
wohl
schon
viele,
dass
etwas
in
der
Luft
liegt,
das
keiner
beschreiben
möchte.
Auch
ich
habe
ein
dumpfes
Gefühl
im
Magen,
habe mir den Auftritt des Gitarristen anders erhofft.
Doch
zunächst
mal
gibt
es
Vollgas
und
die
Klassiker
der
Band
lassen
alle
Bedenken
vergessen,
denn
die
Halle
kocht
und
der
Sound
kracht.
GILLAN
ist
beinahe
in
Bestform
und
BLACKMORE
lässt
seine
weiße
Stratocaster
brüllen
und
jammern,
zelebriert
jeden
seiner
Töne,
dass
es
eine
wahre
Freude
ist,
ihm
vom
Rang
aus
zuzusehen.
Deep
Purple
steigern
sich
Stück
um
Stück
bis
zu
„Perfect
Strangers“,
das
sich
mit
den
typischen
Stakkato
Akkorden
ankündigt.
Dazu
zauberten
die
Laserstrahlen
ein
buntes
und
bizarres
Lichtspiel
auf
die
Bühne.
Ich
bin
hin
und
alle,
vergesse
den
Raum
um
mich
herum
und
für
einige
Momente
beinahe,
mit
wem
ich
hier
bin,
um
dieses
Konzert
und
die
folgenden
Stunden
zu
genießen.
Es
war
und wurde einfach nur traumhaft schön und eine unvergessliche Erinnerung.
Mit
„Anyone’s
Daughter“
wird
dann
mein
erster
richtiger
Höhepunkt
des
Konzertes
eingeleitet.
Diesen
sanften
Blues
zelebrieren
die
fünf
Musiker
ziemlich
eng
aneinander
auf
der
linken
Bühneseite,
sichtbar
Geschlossenheit
demonstrierend.
IAN
PAICE
hat
sein
Drums
verlassen
und
sich
mit
einem
handlichen
Set
in
die
Nähe
von
JOHN
LORDs
Tasten
begeben.
IAN
GILLAN
kündigt
ihn
grienend,
wahrscheinlich
seiner
Haarpracht
wegen,
als
„Mr.
Elton
John“
an.
Selbst
BLACKMORE
begibt
sich
jetzt
nahe
an
diese
Musikerrunde
und
während
sie
das
feine
alte
Stück
intonieren,
scheint
es
mir,
als
hätte
es
niemals
irgendwelche
Rivalitäten
oder
gar
Streitereien
in
der
Band
gegeben.
Diese
kurzen
Momente
strahlen
beinahe
nur
Harmonie
aus, würde diesmal GILLAN nicht etwas rechts abseits stehen und singen.
Das
ganze
löst
sich
auf,
indem
BLACKMORE
mit
seiner
Statocaster
in
„Beethoven’s
Ninth“
einsteigt
und
zeigt,
was
er
aus
diesem
Stück
mit
seinem
Instrument
alles
zu
zaubern
vermag,
wenn
jemand
wie
er
die
Gitarresaiten
mit
allen
fünf
Fingern
bearbeiten
kann.
Und
er
konnte
es
noch
immer!
Nach
und
nach
steigt
in
dieses
furiose
Spiel
auch
JON
LORD
an
den
Tasten
ein.
Der
Mann
mit
dem
grauen
Haar
tobt
sich
an
der
Hammond-Orgel
aus,
malträtiert
die
Tasten,
stößt
und
schubst
das
Instrument,
dass
man
meint,
es
müsse
jeden
Augenblick
zerbersten.
Wahre
Sound-Kaskaden
ergießen
sich
in
die
Halle.
Er
zitiert
spielend
klassische
Passagen
nacheinander,
um
wenig
später
Boogie
Woogie-Läufe
aus
seinem
Piano
perlen
zu
lassen.
In
diesen
Minuten
sitze
ich
glücklich
auf
meinem
Platz,
habe
eine
Hand
in
meiner
Hand
und
weiß,
dass
ich
gerade
etwas Einmaliges in süßer Begleitung miterleben darf.
Dazu
gehören
natürlich
auch
viele
weitere
Klassiker,
die
darauf
folgen.
Doch
eigentlich
warte
ich
nur
auf
den
einen,
der
sich
dann
endlich
mit
dem
bekannten
sparsamen
Orgel-Intro
ankündigt
und
ganz
leise,
nur
für
mich
allein
und
die
Schöne
neben
mir,
singe
ich
zu
JON’s
Orgelspiel
diesen
Text,
fast
mit
fiebriger
Stimme
mit:
„Sweet
child
in
time,
you’ll
see
the
line,
…
wait
fort
he
riccochet.“
Und
dann
ist
alles
um
mich
herum
nur
noch
dieses
orgiastische
Anschwellen
der
Schreie,
bis
die
Luft
für
die
dritte
Oktave
einfach
nicht
mehr
reicht
und,
so
wie
bei
GILLAN,
die
Stimmbänder
streiken,
aber
die
Gefühle
himmlisch
explodieren.
Okay
Alter,
endlich
hast’e
die
Nummer,
wenn
auch
mit
mehr
als
zwanzig
ewig
langen
Jahren
Verspätung, dafür in Begleitung einer Herzensdame, endlich auch mal live gehört und mitgeschriehen - Wow!
Aus der aktuellen Scheibe „The Battle Rages On“ folgen der Titel-Song
und das leise wunderschöne „Anya“, ein Lied über ein unbekanntes
russisches Mädchen mit tiefschwarzen Haar, strahlend blauen Augen
und heißem Zigeunerblut. So weit ich mich erinnere, waren das wohl
die beiden einzigen Stücke der damaligen Neuzeit. Die Herrenriege
frönte wieder den Klassikern wie „Space Truckin’“, „Speed King“ und
„Black Night“, die sie im Dreierpack darboten, wobei die Meute die
Möglichkeit erhielt, die Bass- und Gitarren-Line von „Black Night“
mitzugröhlen. So viel Zeit musste sein und das gehörte sicher auch
zum Ritual dieses Konzertes.
Danach
fehlen
eigentlich
nur
noch
jene
drei
Akkorde,
die,
in
der
richtigen
Reihenfolge
gespielt,
das
berühmteste
aller
BLACKMORE-Riffs
abgeben.
Der
Unterschied
zu
späteren
Gitarristen
besteht
wohl
darin,
dass
der
Hexenmeister
seine
sechs
Saiten
mit
den
Fingern
nur
sehr
kurz
anreißt,
um
sie
gleich
danach
wieder
zu
stoppen.
Das
ergibt
diesen
krachend-
stampfenden
und
einmaligen
Klang
aus
seiner
Gitarre,
so
wie
man
es
mir
von
„Made
In
Japan“
vor
gefühlten
tausend
Jahren
eingeprägt
hatte.
Bis
zum
Schluss
haben
sich
DEEP
PURPLE
den
Riesenhit
„Smoke
On
The
Water“
in
Schwerin
aufgehoben
und
mit
ihm
fackelen
die
fünf
Engländer
noch
einmal
Partystimmung
pur
plus
Hardrock-Feeling
ab.
Die
in
der
Halle
Versammelten
lassen
sich
von
Altmeister
GILLAN
dieses
Lied
für
den
Nachhause-Weg
vorsingen
und
wir
alle
singen
gemeinsam
mit:
„Smoooke
on
the
waaater,
a
fire
in
the
sky.“
Selbst
vor
der
Halle
kann
man
später
noch
vereinzelt
hören,
wie
so
manch
selbst
ernanntes
Gillan-Double
sich
lautstark
daran
versucht.
Auch
in
mir
tobte
dieses
„Feuer
im
Himmel“
noch
die
ganze
Nacht
hindurch
und
auch
deshalb
werde
ich
dieses
Konzert
wohl
niemals
vergessen.
Es
war
einfach
sehr
besonders!
Für
mich
bleibt
das
Erlebnis
als
schöne
Erinnerung,
eines
der
letzten
Konzerte
von
DEEP
PURPLE,
der
legendären
Mark
II,
miterlebt
zu
haben.
Vor
allem
RITCHIE
BLACKMORE
war
anzumerken,
dass
diese
Ära
für
ihn
wohl
am
Ende
schien,
wenngleich
seine
Solo-Einlagen
noch
immer
voller
Spielwitz
und
mit
spontanen
Einfällen
gespickt
waren,
die
er
vor
allem
im
Zusammenspiel
mit
JON
LORD
und
auch
im
Wechselspiel
mit
GILLAN’s
Stimmakrobatik
zum
Besten
gab.
Es
mag
nach
und
neben
ihm
technisch
bessere
oder
flinkere
Gitarristen
gegeben
haben,
das
zu
bewerten,
steht
mir
nicht
zu.
Für
mich
war
er
derjenige,
der
seine
inneren
Befindlichkeiten,
seinen
Spaß
oder
auch
seine
Wut,
direkt
mittels
seiner
Finger
erzeugten
Töne
in
mein
Herz
zu
jagen
vermöchte.
Einmal
ganz
zart,
wie
bei
„Wasted
Sunsets“
oder
einfach
nur
wild,
wenn
er
spontan
zu
einem
Solo
aufbrach
und
nur
bei
Mark
II
hatte
er
dann
die
ebenbürtige
Partner,
die
das
aushielten,
sich
in
sein
Spiel
einfügten
oder
ihn
für
ihr
eigenes
zu
locken
vermochten.
Dies
und
nicht
weniger
waren
und
sind
für
mich
DEEP
PURPLE.
Im
November
des
gleichen
Jahres
stieg
BLACKMORE
dann
nach
einem
Konzert
in
Helsinki
für
immer
aus
der
Riege
meiner
Helden
aus.
Never
mind.
Das
in
Stein
gemeißelte
Monument
auf
dem
Cover
von
„Deep
Purple
In
Rock“
war
von
da
an
Geschichte
und
blieb
es
bis
heute.
Dafür
ist
es
ja
symbolisch
in
Fels
gehauen.
Mein
Traum
aber,
diese
vielleicht
am
innovativsten
spielende
aller
Hard-Rock-Riegen
live
erlebt
zu
haben,
ging
in
Schwerin
in
Erfüllung
und
nichts
und
niemand
wird
mir
diese
Erinnerung
nehmen
können.
Da
bin
ich
noch
immer
ganz
Fan,
auch
wenn
die
Schlachten
damals
schon
längst geschlagen schienen.