Corona gab ein Konzert
Ostern 2020
Seit
über
50
Jahren
sind
Rock-Konzerte,
im
Jugendalter
Tanzabende
mit
Beat-Gruppen,
Bestandteil
meines
Lebens.
Wie
andere
am
Wochenende
in
ihren
Garten
oder
zum
Fußballplatz
flüchten,
besuche
ich
Konzerte.
Diese
Art
von
Musikgenuss
brauchen
meine
Gene,
wie
andere
ein
Bad
mit
Badusan
am
Freitag.
Ich
liebe
es
laut,
ich
mag
es
leise
und
am
liebsten
mit
Freunden.
Danach
geht
es
mir
gut
und
oft
sogar
besser.
Doch
plötzlich
ist
alles
anders
–
cold
turkey
–
„the day the music died” (“American Pie”, 1971, Don McLean).
Es
ist
Ostern
2020,
die
Welt
ruht
gefrostet
in
Angst-Starre.
Am
Lenkrad
sitzend
steuere
ich
ein
riesiges
Open-Air-
Gelände
an.
Vor
mir
die
Berge,
hinter
mir
der
Wunsch
nach
Aufhebung
der
Quarantäne.
Mir
ist
ein
Konzert
angekündigt,
eines
der
besonderen
Art.
Der
Ort
des
Geschehens
ist
eine
Wiese
mitten
im
Grünen,
Nationalpark
Natur.
Rings
umher
nichts
als
Bäume,
Sträucher,
Wald,
die
Tiere
und
in
der
Mitte
eine
Sitzgelegenheit.
Meine!
Nur
für
mich
und
aus
Sicherheitsgründen – allein und mit Abstand.
Auf
einem
kleinen
Parkplatz
stelle
ich
mein
Fahrzeug
ab.
Der
Weg
zum
Open-Air-Gelände
ist
kurz,
der
Einlass
verwaist,
keiner
kontrolliert
mich.
Wahrscheinlich
stehe
ich
auf
der
Gästeliste
und
darf
deshalb
die
Wiese
betreten.
Dort,
wo
ich
das
Mischpult
vermuten
würde,
wurde
mir
der
Stuhl,
eher
ein
Sessel,
in
das
Gras
gestellt.
Freunde
begrüßen
zu
wollen,
ist
müßig.
Außer
mir
ist
niemand
sonst
gekommen.
Dieser
einsame
Platz
ist
genau
deshalb
ausgewählt.
Ich
setze
mich,
mache
es
mir
bequem
und
warte,
lausche
auf
ein
Zeichen,
Signal
oder
Hinweis.
Alles
ist
ungewohnt,
plötzlich
ganz
anders
als
sonst
und
irgendwie
gespenstisch,
trotz
der
Nachmittagsstunde.
Am
Waldrand,
wo
ich
die
Bühne
sehen
müsste, spaltet eine lange Schneise bis zum Horizont den Wald in zwei Teile.
Das
Warten
macht
schläfrig.
Ich
gebe
dem
Drang
nach,
schließe
die
Augen
und
…
höre
die
Stille.
Nur
Geräusche,
Wind
und
Natur.
Es
beginnt.
Was
immer
auch
„es“
ist,
jetzt
beginnt
es.
Zum
ersten
Mal
in
meinem
Leben,
mehr
als
fünfzig
Jahre
nach
der
Teenager-Zeit,
lausche
ich
tatsächlich
dem
„Klang
der
Stille
–
Sound
Of
Silence“.
Es
ist
das
leichte
Wehen
der
Grashalme,
das
Rauschen
der
Bäume
im
Wind
und
der
Böen,
die
über
Baumwipfel
behutsam
auf
die
grüne
Wiese
hinab
gleiten.
Das
ganze
Spektrum
„Ummagumma“
(Pink
Floyd,
1969)
ist
zu
hören,
aus
dem
sich
nun
ganz
allmählich
viele
Cluster,
vom
Zwitschern
bis
zum
Piepsen,
herausschälen.
Ich
meine
einen
Kuckuck
zu
hören,
das
Klappern
von
einem
Storch
und
auch
den
Schrei
eines
Greifvogels.
Sie
sind
und
musizieren
überall.
So
intensiv
habe
ich
noch
niemals
zuvor
dem
„Klang
der
Stille“
gelauscht,
mich
ihr
hingegeben
und
feine
Nuancen
entdeckt.
Ich
fühle
mich
in
diesem
Klang
der
Welt
-
Nada
Brahma
-
bestens
aufgehoben.
Ich
genieße
jede
Wahrnehmung
mit
all
meinen
Sinnen.
Es ist unwirklich, berauschend, faszinierend – heilend.
Weit
zurück
gelehnt
schweift
mein
Blick
gen
Himmel.
Der
leuchtet
azurblau,
glasklar
und
kein
weißer
Streifen
teilt
das
Firmament.
Ich
sehe
nur
Harmonie
und
Gestalten
der
Lüfte,
deren
Flug
ein
Wunder
ist.
Die
nahe
Straße
sendet
keine
Motorengeräusche
und
kein
fremder
Geruch
von
Abgasen
legt
sich
über
Blüten,
Gräser
und
Blätter.
Alles
ist
rein:
die
Klänge,
die
Luft,
das
Wasser,
die
mich
umgebende
Natur.
Es
ist
ein
Empfinden,
wie
in
den
Erinnerungen
an
meine
Kindheit
in
einem
kleinen
Dorf
mit
dem
Duft
von
frischem
Heu,
dem
Klappern
eines
Leiterwagens
über
das
Kopfsteinpflaster,
mit
zwei
Pferden
davor,
und
dem
Klang
von
Kirchenglocken.
Alles
in
analoger
Ruhe,
ohne
Hektik.
So
ein
gemeinsamer
Klang
von
Flora
und
Fauna,
nunmehr
sechzig
Jahre
später,
ist
wie
ein
Zurücksetzen
beim
Brettspiel.
Erst
das
Würfeln
einer
Sechs
lässt
nach
dem
Rausschmiss
wieder
eigene
Bewegung
zu.
Doch
bis
dahin
regieren
die
Stille, die Einsamkeit, das Ruhen, Zurückhaltung und Verzicht, der im Grunde gar keiner ist.
Langsam
kehrt
die
Schwere
wieder
in
meinen
Körper
zurück
und
mit
ihr
die
Fragen
nach
dem
WOZU.
Brauchen
wir
die
Flüge
zum
Ballermann
oder
die
nach
Thailand?
Brauchen
wir
jedes
Wochenende
die
Party,
den
Alkohol
und
das
dumpfe
Hämmern
der
Beats?
Brauchen
wir
jeden
Winter
einen
Skiurlaub,
den
Ballermann
in
Ischgl,
und
noch
eine
Piste
mit
künstlichem
Schnee?
Brauchen
wir
schwimmende
Städte
für
tausende
Passagiere,
die
animiert
werden
wollen.
Brauchen
wir
Aktionäre,
deren
Erträge
vom
Staat,
sprich
Steuerzahler,
gestützt
werden
müssen,
wenn
es
dicke
kommt?
Brauchen
wir
viele
Straßen
ohne
Tempolimit?
Brauchen
wir
auf
der
einen
Seite
überproportionale
Belohnung
und
auf
der
anderen
unterbezahltes
(systemrelevantes)
Schuften
bis
ins
hohe
Alter?
Brauchen
wir
all
das
und
viel
mehr
oder
brauchen
wir
nicht
eher
Werterhaltung
und
Nachhaltigkeit?
Brauchen
wir
nicht
eher
gute
Entlohnung
für
alle
und
dann
gern
auch
Händeklatschen
für
dezent
agierende,
aber
normal
bezahlte
Volksvertreter?
Brauchen
wir
wirklich
Berufspolitiker? WOZU, verdammt, brauchen Völker Kriege und WEM nützen sie??
Es
ist
bei
mir
wie
so
oft
nach
einem
Konzert.
Ich
fahre
vollgepumpt
mit
Emotionen
und
neuer
Energie
zu
dem
zurück,
was
wir
aus
(jahrzehntelanger)
Gewohnheit
Leben
nennen
und
jedes
Mal
mit
Fragen.
Alt
bekannte
und
neue,
erwachsen
aus
dem
„Klang
der
Stille“
oder
dem
Schrei
der
Lyrik,
aus
der
Nachdenklichkeit,
aus
Sorge
und
auch
aus
Angst.
Es
ist
egal,
woher
diese
Fragen
kommen
und
gleich
auch,
wann.
Doch
nur
selten
ergeben
sich
die
Chancen,
wie
in
diesen
Zeiten,
wo
die
absolute
Entschleunigung
dem
endlosen
Wachstum
und
wuchernden
Wahnsinn
endlich
Einhalt
gebieten
konnte.
Alle
Fragen
sind
gestellt,
die
Antworten
sind
deutlich
sichtbar.
Schon
bald
werden
wir
sie
umsetzen
müssen.
Dann
werden
wir
zwei
Möglichkeiten
–
Dank
Corona
–
haben
und
vor
der
Entscheidung
stehen:
Scheitern
oder
Neubeginn.