Canned Heat – Dosenhitze im Abendrot
08.06.2014
Support: Vdelli, Australien
Es
steht
eine
Menschentraube
vor
der
Kulturbastion
in
Torgau
und
das,
obwohl
der
Glutstern
schon
den
zweiten
Tag
in
Folge
ohne
Erbarmen
vom
Himmel
ballert.
Wieder
einmal
ist
Pfingsten.
Im
nahen
Leipzig
flaniert
die
schwarze
Gothic-
Szene
über
die
Straßen
oder
trifft
sich
zum
Picknick
im
Park.
Hier
in
Torgau
tragen
die
Menschen
weder
auffällige
Masken,
noch
sind
sie
besonders
bunt
kostümiert
und
auch
aufwendige
Accessoires
wird
man
hier
wohl
vergeblich
suchen.
Die
hier
in
schlichten
Variationen
von
bleichen
Jeans
warten,
eint
eine
andere
Idee:
„Together
we’ll
stay.“
Gemeinsam
werden
wir
die
Zeiten
überdauern,
heißt
es
seit
Woodstock
oder
wir
sind
immer
noch
hier,
unserer
Liebe
zum
Boogie
und
Blues
sei
zuliebe.
Die
sich
hier
versammeln,
als
wäre
der
alte
Geist
von
Woodstock
mal
eben
noch
einmal
in
Torgau
lebendig
geworden,
sind
die
verbliebenen
Verehrer
einer
ergrauten
Rock-
und
Blues-Legende,
die
mal
wieder über den großen Teich aus Amerika herüber kam.
In
Woodstock
standen
drei
von
ihnen
im
originalen
Line-Up
von
CANNED
HEAT
auf
der
Festivalbühne,
um
das
Lebensgefühl
jener
Tage
für
alle
Zeiten
zu
dokumentieren:
Harvey
Mandel
(guit),
Larry
Taylor
(b)
und
Adolfo
de
la
Parra
(dr).
Wie
viele
andere,
kann
die
Band
auf
eine
kurvenreiche
Geschichte
zurückblicken,
hatte
Todesfälle
zu
verkraften
und
sie
hat
Platten
produziert,
die
zu
den
Klassikern
des
Genres
zählen.
Geblieben
sind
ebenso
die
großen
Hits,
die
die
Fans
zu
ihren
Hymnen
machten,
getreu
einer
Songzeile:
Together
we’ll
stay,
divided
we’ll
fall,
come
on,
come
on,
let’s
work
together.“
Und
genau
deshalb
steht
eine
Menschentraube
im
Rund
vor
der
Kulturbastion
in
Torgau.
Es hätte auch vom Himmel pissen können, es wäre nicht viel anders gewesen –Torgau statt Woodstock nur.
Die
australische
Band
VDELLI
hat
es
zunächst
schwer,
die
Sonnengeschwächten
und
Hitzemüden
von
den
Terrassen
weg
und
vor
die
Bühne
zu
locken.
Das
Trio
aus
Perth
rockt
das
Oval
mit
einer
kantigen
Mischung
aus
Blues,
Boogie
&
Grunge
und
lässt
sich
von
dem,
zunächst
noch
leeren
Flecken
vor
der
Rampe,
nicht
davon
abbringen,
ordentlich
Gas
zu
geben.
Der
charismatische
Gitarrist
und
Frontmann
MICHAEL
VDELLI
greift
nicht
gerade
zaghaft
in
die
Saiten
und
hat
mit
seinen
beiden
Partner
am
Bass
und
hinter
der
Schießbude
eine
robust
rockenden
Rhythmusmaschine
hinter
und
neben
sich.
Die
Band
stellt
Songs
aus
ihrem
letzten
Studioalbum
„Never
Going
Back“
(2013)
und
ihrer
Live-CD
„Live
&
On
Fire“
vor.
Mit
Nummer
wie
„’Nuff
Your
Stuff“,
„Boogie
A“
oder
„Boogie
Sea“
loten
sie
instrumental
die
Bandbreite
zwischen
wildem
Boogie
und
ruppigen
Blues
aus
und
stehen
damit
irgendwo
zwischen
den
alten
MOUNTAIN
und
den
Riffs
von
ZZ
TOP,
während
MICHARL
VDELLI
mit
seiner
vollen
Soulstimme
den
Bogen
in
die
Moderne
spannt.
Die
Band
rockt
das
Areal
und
schon
bald
ist
der
Platz
ganz
vorn
gut
gefüllt,
man
sieht
die
Körper
im
Takt
schwingen
und
einige
folgen
der
Aufforderung,
zu
tanzen.
Die
Party
ist
eröffnet,
die
Blues-
und
Boogie-Nacht
in
vollem
Gange.
Wer
meint,
Australien
hätte
nur
die
bekannten
Kracher
von
AC/DC
zu
bieten,
muss
sich
in
dieser
Stunde
von
VDELLI
eines
Besseren
und
Frischeren
belehren
lassen.
Die
Jungs
haben
Biss,
geben
dem
Bluesrock
kräftig
die
Kante
und
zeigen
so
ganz
nebenbei,
dass
man
auf
der
Bühne
auch
richtig
Spaß
haben
kann.
„Support“
ist
ganz
sicher
die
falsche
Bezeichnung,
aber eine gute Wahl sind die Australier allemal. Klasse gerockt und erst recht überzeugt!
Pünktlich
zwischen
der
neunten
und
zehnten
Stunde
wird
die
„Hitze
aus
Dosen“
geöffnet,
in
der
lauen
Sommernacht
von
Torgau
kann
das
„Boogie
Chillen“
beginnen,
denn
ein
allseits
schwirrendes
Zirpen,
wie
ein
Echo
aus
dem
Jahre
1967,
rieselt
leise
von
der
Bühne
herunter.
CANNED
HEAT
ist
noch
immer
„On
The
The
Road
Again”
und
die
klagende
Falsett-Stimme
des
Drummers
FITO
de
la
PARRA,
gibt
uns
den
ALAN
WILSON,
eine
Stimme
aus
dem
„Club
27“.
Während
die
Bluessänger
jener
Jahre
kraftvoll
mit
rauchiger
Stimme
röhrten,
klang
die
von
AL
WILSON
wie
aus
einer
anderen
Blues-Welt
und
genau
so
ist
sie
im
kollektiven
Bewusstsein
der
ergrauten
Blues-Liebhaber
eingebrannt.
Der
treibende
Song
ist
die
Hymne
der
Tramper
auf
staubigen
Straßen
und
der
Freaks
„in
ihren
Lumpen“
geworden
und
repräsentiert
ein
Zeit-
und
Lebensgefühl,
das
sich
Jüngere
nicht
mehr
vorzustellen
vermögen.
Schade
eigentlich,
denn
Gefühle kann man nicht wie eine App down-loaden, man muss sie ausleben wollen.
Es
folgen
frühe
Nummern
wie
„Time
Was“
und
von
„Hallelujah“
(1969),
eingeleitet
von
groovenden
Klagen
der
Blues-
Harp,
„And
Her
Man“,
das
in
Woodstock
von
BOB
HITE
gesungen
wurde
und
AL
WILSON
an
der
Harp
sah.
Der
Song
klingt
noch
immer
so
simple
und
frisch,
wie
einst.
Mit
„Rollin’
And
Tumblin’“
hören
wir
sogar
einen
Song
von
ihrer
allerersten
LP
aus
dem
Jahre
1967.
Der
Song
basiert
auf
einer
einfachen
Melodie,
die
ihre
Faszination
aus
dem
Gleichlauf
der
Gesangslinie
mit
der
Slide
-Gitarre
und
der
Hamonika
bezieht.
Da
steht
dieser
bärtige
LARRY
TAYLOR,
der
gerade
noch
den
Bass
zupfte,
jetzt
mit
einer
alten
roten
Gibson
und
lässt
den
Bottleneck
über
die
Saiten
schleifen,
während
DALE
SPALDING
dazu
abwechselnd
den
Blues
röhrt
oder
mit
der
Harp
in
seinen
Händen
stöhnt
und
ächzt.
What a feeling!
Das
alles
geht
ziemlich
unaufgeregt
und
scheinbar
spielerisch
leicht
über
die
Bühne.
Da
oben
stehen
drei
graue
Blues-
Spieler
sowie
hinter
dem
kleinen
Drums-Set
der
Chef
FITO
de
la
PARRA,
die
nur
noch
weise
ihrer
Inspiration
und
den
Vorgaben
aus
ihren
alten
Vinylplatten
folgen.
Keine
Spielereien,
keine
technischen
Mätzchen,
keine
Anmache
oder
plumpe
Sprüche
und
sogar
kaum
Licht
-
nothing
but
the
blues.
Ohne
Erklärungen
beginnt
eine
Zeitreise
zurück
zu
den
puren
Wurzeln
und
wenn
überhaupt
„Show“,
dann
die
des
Wechselns
von
Bass
und
Gitarre
zwischen
dem
Gitarristen
JOHN
PAULUS
und
dem
Bassisten,
so
wie
es
anno
Urschleim
in
den
Kneipen
wohl
normal
und
üblich
war.
Mir
bleibt
bei
dieser
Lehrstunde
des
Blues
nichts
weiter
als
blankes
Staunen
und
natürlich
der
Genuss,
als
dann
„Going
Up
the
Country“, ebenso unaufgeregt, gespielt wird.
Wer
die
ollen
Kamellen
kennt,
sie
schon
damals
vom
Dampfradio
in
Mutter’s
guter
Stube
abgelauscht
hat,
der
kann
die
vielen
spontan
improvisierten
Einlagen
fühlen
und
genießen,
sich
am
Spiel
der
vier
alten
Herren
erfreuen.
Erst
recht,
als
aus
den
frühen
1980er
Jahren
„Shicken
Shack“
(Hühnerstall)
angestimmt
wird,
eine
fröhlich
ruppige
Blues-Nummer
mit
vielen
instrumentalen
Finessen.
Da
kann
man
die
Mundi
schluchzen
hören,
den
Spaß
am
Spiel
mit
Händen
und
Augen
fassen.
JOHN
lässt
seine
Gitarre
kreischen
und
wimmern
und
gleitet
dann
sanft
in
einen
Swing
ab.
Mit
fast
versteinerter
Miene
zaubert
er
schnelle
Läufe
in
die
Bünde
und
freut
sich
erst,
als
alles
bestens
gelungen
ist
und
alle
vier
wieder
in
den treibenden Boogie einsteigen.
Natürlich
wissen
die
vier
Herren,
die
heute
CANNED
HEAT
repräsentieren,
dass
sie
einer
gewaltigen
Erwartungshaltung
aus
ihrem
eigenen
Erbe
mit
jedem
neunen
Publikum
vor
der
Bühne
gegenüber
stehen.
Der
Druck
muss
gewaltig
sein,
aber
die
Gelassenheit
und
die
Erfahrung
sind
es
eben
auch.
Wenn
überhaupt,
dann
müssen
die
vier
Musiker
wohl
nur
sich
selbst
beweisen,
dass
sie
noch
immer
Lust
und
Bock
auf
Blues,
Gitarre
und
Mundi
haben,
um
quer
durch
ihren
eigenen
Back-Katalog
zu
musizieren.
In
dem
Maße,
wie
sich
FITO
de
la
PARRA
hinter
dem
Schlagzeug
immer
lockerer
spielt,
folgen
ihm
die
anderen
drei,
indem
sie
gelöst
und
stimmungsvoll
und
in
wirklich
bestechender
Form
grooven
und
rocken.
Sehr
zur
Freude
der
Fans
vor
der
Bühne,
denen
man
den
Spaß
in
den
Gesichtern
ablesen
kann
und
die
dann
auch
euphorisch
am
Ende
einer
reichlichen
Stunde
„Let’s
Work
Together“
feiern.
Die
Herren
von
CANNED
HEAT
stehen
oben, freuen und verabschieden sich, um noch einmal fett nachzulegen.
Am
Ende
beginnt
eine
beinahe
halbstündige
Session
und
Improvisation
rund
um
den
„Refried
Boogie“,
dessen
Wurzeln
wahrscheinlich
bei
John
Lee
Hooker
zu
finden
wären.
CANNED
HEAT
hat
jetzt
die
Dose
vollständig
geöffnet
und
lässt
alles
an
Hitze
und
Glut
heraus,
was
bis
jetzt
noch
drinnen
ist.
Man
wirft
sich
die
Einsätze
und
Instrumentalparts
zu
und
der
Mann
mit
den
vielen
Blues-Harps,
Sänger
und
Gitarrist
DALE
SPALDING,
stellt
uns
noch
einmal
die
Veteranen
vor,
mit
denen
er
auch
seit
Woodstock
zu
verschiedenen
Zeiten
auf
der
Konzertbühne
steht.
Das
alles
ist
ein
wahres
kleines
Blues-Fest
in
einer
lauwarmen
Sommernacht,
zu
der
auch
der
Mond
vom
Himmel
glänzt.
Alles
im
Leben
ist
Blues,
möchte
man
zu
dieser
Stunde
meinen
und
wie
zur
Bestätigung
schieben
CANNED
noch
„She
Split“,
nach
einer
wahren
Geschichte
entstanden,
hinterher.
Hätte
man
nicht
wie
ich
vorn,
sondern
hinten
gestanden,
wäre
die
„Gluthitze
aus
der
Dose“
sicher
ebenso
spürbar
gewesen.
Nur
vom
Alter
der
vier
Herren
hat
man,
weder
vorn,
noch
hinten,
ganz
sicher
nichts
gespürt,
denn
die
lassen,
zumindest
bei
mir,
keine
Wünsche
offen,
es
sei
denn
den,
einer
ihrer
frühen
Absagen
folgend, den Boogie nie zu vergessen: „…. and don’t forget the boogie“.