Buckley’s Chance im Schlosstheater Ballenstedt
06.05.2018
In
Australien
erzählt
man
sich
die
Geschichte
von
einer
wahren
Begebenheit:
Im
August
1802
wurde
der
Kriegsheimkehrer
William
Buckley
in
England
wegen
Kleiderdiebstahls
zu
14
Jahren
Straflager
in
Australien
verurteilt.
Er
kam
nach
Port
Phillip
und
schaffte
es,
von
dort
zu
fliehen
und
32
Jahre
unter
den
Wathaurong,
die
in
ihm
eine
Reinkarnation
sahen,
zu
leben,
weil
er
die
Sprache,
Gewohnheiten
und
Bräuche
des
Aborigines-Stammes
annahm
und
sogar
seine
Muttersprache
vergaß.
Dies
war
seine,
Buckley’s
letzte
Chance,
zu
überleben
und
irgendwann
wieder
in
sein
früheres
Leben
zurückzukehren
sowie
letztendlich
auch
begnadigt
zu
werden.
Seither
steht
die
Wortkombination
„Buckley’s
Chance“
in
Australien
für
(eigentlich)
„absolut
keine
Chance“
mehr
zu
haben.
Das
„Verrückte“
daran
ist,
dass
ich
eine
Freundin
habe,
die
in
Tasmanien,
in
Australien
aufgewachsen
ist,
also
dort,
wo
das
alles
geschah
und
die
heute
in
Halle
lebt.
Aus
Halle
kommt
auch
die
Band
namens
BUCKLEY’s
CHANCE,
deren
Name
genau
diese
Story
aufgreift.
Ich
liebe
solche
Kuriositäten,
weil
sie
zeigen,
wie
klein
diese
Welt
ist
und
dass
wir
alle,
die
wir
in
ihr
leben,
auf
wundersame
Weise
miteinander
verbunden
und
eigentlich
eine
große
menschliche
Familie
sind.
Ob
Heimischer,
Einwanderer
oder
Flüchtling – wir alle sind Menschen!
Als
ich
vor
Jahresfrist
den
mir
völlig
unbekannten
Gitarristen
ALEX
WURLITZER
eher
zufällig
live
sah,
blieb
mir
staunend
die
Spucke
weg.
Da
spielte
einer
völlig
unaufgeregt
mit
dem
Instrument,
als
wäre
er
mit
ihm
verwachsen.
Er
zupft,
er
reißt,
er
streichelt
und
klopft
sein
Instrument
sowie
dessen
Saiten
spielerisch
und
mit
einer
Perfektion,
die
faszinierend
ist.
Damals
im
Indianermuseum
wusste
ich,
das
möchte
ich
wieder
erleben
und
machte
mich
schlau.
So
entdeckte
ich
eine
Band,
deren
Anspruch
dem
entspricht,
wie
ich
mir
gute
und
handgemachte
Musik
vorstelle.
BUCKLEY’S
CHANCE
aus
Halle
mixen
jene
Zutaten
in
einem
Konzertprogramm,
die
auch
mir
emotional
sehr
nah
sind:
Blues,
Folk,
Bluegrass
plus
Country
und
das
Ganze
mit
ausgewählten
Songperlen
jener
großartigen
Songschreiber,
die
auch
meinen
Musikgeschmack
prägten.
Schade
nur,
dass
dieses
Projekt,
und
andere,
in
den
vergangenen
Jahren
oft
von
mir
unbemerkt
blieben
oder
ich
einfach
nicht
nah
genug
dran
war.
Das
ist
der
Grund,
weswegen
Schloss
Ballenstedt
mein
Ziel ist.
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Wieder
stehe
ich
vor
dem
Schlosstheater
in
Ballenstedt.
Hier
verbirgt
sich
eine
der
ältesten
Bühnen
in
Deutschland.
Eröffnet
im
Juni
1788
als
Hoftheater,
bietet
es
heute
einer
Vielzahl
von
unterschiedlichen
Künstlern
Möglichkeiten,
sich
zu
präsentieren
und
einem
interessierten
Publikum
die
Chance,
vielleicht
einen
Abend
zu
erleben,
der
wegen
seines
einmalig
wirkenden
Ambientes
in
Erinnerung
bleiben
wird.
Steht
man
davor,
ahnt
man
noch
nicht,
was
für
ein
Kleinod
man
gleich
betreten
wird
und
wie
intensiv
die
Atmosphäre
einem
die
Sinne
verzaubern
kann.
Die
Nachmittagssonne
taucht
diesen
Ort
in
grelles
Licht
und
ich
folge
meiner
Neugier
nach
drinnen,
um
dort
meine
erste
Chance
wahrzunehmen.
Von
der
Bühne
prangt
ein
großes
Banner
mit
dem
Namen
der
Band,
davor
das
Instrumentarium.
Die
Theaterklingel
ertönt
zum
letzten
Mal,
das
Licht
erlischt
und
eine
Gitarre
beginnt
ihr
lockendes
Spiel,
während
die
Sängerin
ans
Mikrofon
tritt
und
singt.
Von
da
an
bin
ich
wie
elektrisiert
von
dem,
was
ich
zu
hören
bekomme.
Spätestens
als
die
alte
irische
Volksweise
von
„Arthur
McBride“
erklingt,
die
ich
in
der
Version
von
Bob
Dylan
kenne,
bin
ich
fasziniert
von
der
Art
und
Weise,
wie
die
Musiker
an
solche
Kompositionen
herangehen,
um
sie
zu
ihrem
eigenen
Ding
zu
machen.
Doch
ehe
ich
länger
grübeln
kann,
spielt
ALEX
WURLITZER
auf
seinem
5-String-Banjo
den
„Blackberry
Blossom“
und
erinnert
mich
mit
seinen
Fingerfertigkeiten
daran,
dass
er
mich
hierher
gelockt
hatte.
Noch
größer
wird
mein
Staunen,
als
die
Sängerin
REBECCA
DIDT,
eine
geborene
Engländerin,
eine
alte
Nummer
von
Mr.
Glenn
Miller
von
1941
angekündigt
und
dabei
ziemlich
süffisant
auf
jenen
deutschen
Interpreten
verweist,
der
„Catanoga
Choo
Choo“
rund
40
Jahre
später
zu
einem
Hit
machte.
Was
ich
hier
von
BUCKLEY’s
CHANCE
zu
hören
bekomme,
ist
allerdings
von
all
dem
weit
entfernt
und
bekommt
im
Schlosstheater
Ballenstedt
einen
fetzigen
Country
&
Swing–Stempel
aufgedrückt.
Da
weiß
ich,
dass
sich der Weg hierher gelohnt hat.
Wenig
später
trifft
sie
mich
mit
ihrer
Version
von
„If
I
Needed
You“
mitten
ins
Herz.
Diesen
Song
von
Towns
Van
Zandt
liebe
ich
von
Emmylou
Harris
gesungen.
Hier
auf
der
Bühne
macht
ihn
REBECCA
zu
ihrem
eigenen.
Man
spürt
deutlich,
dass
sie
in
Englisch
nicht
nur
singt,
sondern
auch
in
dieser
Sprache
fühlt
und
genau
das
macht
die
Ausstrahlung
des
ganzen
Abends
so
besonders.
Da
stimmt
jede
noch
so
kleine
Nuance
und
Phrasierung,
jedes
sprachliche
Detail
hat
seine
richtige
Betonung
und
die
dazu
passende
Mimik
oder
Bewegung.
Gemeinsam
mit
dem
wirklich
exzellenten
und
betont
ruhigen
Spiel
von
ALEX
auf
den
Gitarren
oder
dem
Banjo
entsteht
eine
ganz
besondere
Symbiose.
Bei
Liebesliedern
wie
„If
I
Needed
You“
sieht
man
im
Publikum
Augen
glänzen
und
plötzlich
gibt
es
einen
Ruck.
Von
der
Gitarre
kommen
ruppige
Akkorde
und
auf
einmal
ist
Bewegung
im
Saal.
Den
„Summertime
Blues“
gibt
es
in
ganz
unterschiedlichen
Varianten,
doch
BUCKLEY’s
CHANCE
orientieren
sich
am
Original,
so
wie
Eddie
Cochran
ihn
1958
eingespielt
hatte.
Die
Mischung
aus
Blues
und
Rock’n’Roll
verfehlt
auch
noch
sechs
Jahrzehnte
später
ihre
Wirkung
nicht und lässt den kleinen Theatersaal beben.
Diese
Band
hat
Freude
daran,
mit
einer
außergewöhnlichen
Songauswahl
und
Instrumentalstücken
so
ein
Konzertprogramm
zu
gestalten.
Mit
MAGDALENA
WURLITZER
steht
sogar
eine
klassische
Geigerin
auf
der
Bühne.
Sie
präsentiert
uns
mit
der
Nyckelharpa
ein
besonderes
Instrument
aus
Schweden
und
spielt
darauf
ein
Tanzstück
mit
dem
seltsam
klingenden
Namen
„Gaälsbö
Jonas
Polka“.
Die
Saiten
des
Bass
zupft
PETER
HÄSELER
und
bildet
mit
dem
Gitarristen
und
Bandgründer
MICHAEL
PROSCHEK,
der
auch
Mandoline
spielt,
so
etwas
wie
eine
dezente
Rhythmusgruppe.
Die
außergewöhnliche
Besetzung
erzeugt
ein
fein
gewebtes
Klangbild,
in
dem
sich
unterschiedlichste
Stile
wiederfinden.
Auch
wenn
fast
alles
auf
REBECCA
DIDT
(Gesang)
und
ALEX
WURLITZER
(Gitarren,
Banjo)
zugeschnitten
scheint,
diese
Band
besticht
durch
ihre
Homogenität.
Da
kann
man
es
sich
auch
leisten,
mit
„Schöner
fremder
Mann“
eine
steinalte
Schlagernummer
von
Connie
Francis
einzubauen,
ohne
dass
ein
Stilbruch
daraus
würde.
Jedenfalls erlebe ich in der Pause einige Damen, diese Melodie leise vor sich hin summend.
Wie
harmonisch
alte
und
neuere
Songs,
nacheinander
gespielt,
zusammenpassen
können,
erleben
wir
als
auf
den
Klassiker
„New
Railroad“
die
Fleetwood
Mac–Nummer
„Never
Going
Back
Again“
folgt
und
darauf
„Big
Rock
Candy
Mountain“,
ein
alter
Folk-Song
aus
den
1920er
Jahren,
mit
einhundert
Jahren
auf
dem
Buckel.
Wieder
überraschen
mich
diese
Musiker,
wie
sie
jeder
Komposition
jeweils
ihre
Ideen
überstülpen,
ohne
sie
dabei
zu
verbiegen.
Das
ist
jedes
Mal
eine
kleine
Überraschung
und
für
mich
ein
Genuss,
REBECCA
„If
I
Could
Be
There“
von
Emmylou
Harris
singen
zu
hören.
Ich
sitze
oben
im
Rang
und
könnte
bei
dieser
Stimme
dahin
schmelzen
und
als
wäre
das
nicht
schon
eine
Höhepunkt,
lassen
sie
eine
tolle
Version
von
Bob
Dylan’s
„Don’t
Think
Twice
(It’s
Allright)“
von
1963
folgen,
wobei
ALEX
wieder
mit
einem
wundervollen
Solo
auf
der
Gitarre
glänzt.
Die
Leute
im
Saal
sind
begeistert,
ich
bin
es
auch
und
lasse
mich
in
den
nachfolgende
Slow-Blues
„If
Love
Was
A
Train“
fallen.
Und
wieder
sind
es
das
Gitarrenspiel
und
diese
charismatische
Stimme,
die
dem
Song
zu
besonderem
Glanz
verhelfen.
Es
ist
einfach
faszinierend,
diesem
Mann
beim
Spiel auf die Finger zu sehen. Respekt und Kompliment!
Also,
ganz
ehrlich:
Selten
habe
ich
eine
derart
bunt
durcheinander
gewürfelte
Songauswahl
erlebt
und
noch
seltener
war
das
alles
in
sich
so
stimmig,
wie
bei
diesem
Nachmittag
mit
BUCKLEY’s
CHANCE.
Da
folgt
tatsächlich
Swing
auf
Bluegrass
auf
Blues
und
„Take
It
Easy“
klingt
ebenso
einfühlsam,
wie
kurz
darauf
„Johnny
Be
Goode“
rockig
von
der
Bühne,
wie
aus
einem
einzigen
Füllhorn,
rauscht.
Großartig
ist
zu
kurz
gegriffen,
aber
beeindruckend
ist
das
Konzert
allemal,
zumal
tatsächlich
alles
„real
hand
made“
und
authentisch
daher
kommt.
Die
beiden
Damen
und
drei
Herren
verbeugen
sich
und
spielen
noch
einen
Jig
als
Zugabe
sowie
eine
feine
Hommage
an
Leonard
Cohen
mit
dessen
„Hallelujah“. Auf diese Weise verabschieden sie sich, berühren mich tief innen und machen mich glücklich.
Der
Nachmittag
ist
ein
schönes
Erlebnis
geworden.
Das
Schlosstheater
Ballenstedt
empfing
mich
mit
Sonnenschein,
eine
Engländerin
hat
mir
die
wundersame
Geschichte
von
William
Buckley
erzählt
und
ich
durfte
einer
feinen
Songauswahl
aus
mehreren
Jahrzehnten
und
echt
von
Hand
gemacht
lauschen.
Wieder
draußen,
empfangen
mich
die
Abendsonne
und
der
Duft
einer
Region,
die
mich
langsam
aber
sicher
in
ihre
Arme
schließt.
Es
gibt
hier
noch
viel
zu
entdecken,
Natur
und
Musik
gleichermaßen
und
durch
beide,
so
kommt
es
mir
vor,
wird
mir
Zeit
und
Lebensqualität
geschenkt.
Inzwischen
habe
ich
auch
gelernt,
für
all
das
sehr
dankbar
zu
sein
und
wenn
möglich,
etwas
davon
weiterzugeben.