Brian Auger’s Oblivion Express in der „Tante Ju“
15.10.2010
Die
frühe
Beat-Revolution
der
1960er
Jahre
mit
„She
Loves
You“
und
allem,
was
danach
kam,
wäre
relativ
schnell
am
Ende
gewesen,
hätte
sie
nicht
mit
Musikern
stattgefunden,
die
sich
als
Suchende
verstanden
und,
im
Gegensatz
zu
den
meisten
heutigen
Jungspunden,
ungemein
an
Experimenten
interessiert
waren.
Kein
Wunder,
kamen
sie
doch
alle
aus
ganz
unterschiedlichen
Dunstkreisen
mit
verschiedenen
Vorstellungen
daher,
um
die
Welt
mit
ihrer
Musik
zu
erobern.
John
Mayall
und
Alexis
Korner
mit
Blues,
Ginger
Baker
oder
Pete
York
liebten
Jazz
und
Frank
Zappa
außerdem
die
Collagen.
Keinem
war
irgendetwas
„heilig“,
um
die
Grenzen
vor
sich
her
zu
treiben
und
spätestens
mit
dem
Kleinod
„Yesterday“
von
den
BEATLES
war
auch
die
Klassik
einbezogen.
Nachgespielt
wurde
sowieso
schon
immer
quer
durch
die
Überlieferungen
aus
früheren
Zeiten.
Davon
könnten
sie
alle
erzählen,
von
Elvis
bis
Robert
Plant.
Besonders
gelungene
Varianten
hießen
irgendwann
Cover-Versionen
und
viele
von
ihnen
waren
oft
eindrucksvoller
als
das
schlichte
Original.
Das
legendäre
„Rock’n’Roll
Music“
kannte
ich
zuerst
von
den
Beatles
und
„Little
Red
Rooster“
eher
von
den
Rolling
Stones.
Nur
bei
„With
A
Little
Help
From
My
Friends“
kannte
ich
das
Original
mit
Ringo’s
Stimme
eher
als
die
grandiose
Neu-Interpretation
von
Joe
Cocker.
Einer,
dem
diese
Ehre,
von
anderen
als
Quelle
der
Inspiration
entdeckt
zu
werden,
Zeit
seines
Lebens
bis
heute
zuteil
wird,
ist
Bob
Dylan.
Als
Beispiele
mögen
Jimi
Hendrix
mit
„All
Along
The
Watch Tower“ und Manfred Mann’s Version vom „Mighty Quinn“ genügen.
Ein
anderer,
dem
auch
schon
Mitte
der
60er
klar
war,
dass
nur
Klassik,
Jazz
und
Blues
den
Rock’n’Roll
weiter
bringen
würden,
war
der
Engländer
BRIAN
AUGER,
denn
in
dieser
Musik
war
„all
das
Wissen
vorangegangener
Musikergenerationen“
vereint,
so
sein
Credo.
Der
gebürtige
Londoner
wuchs
in
den
1950ern
auf,
in
denen
er
sich
Inspiration
vom
Jazz
holte.
Er
machte
Bekanntschaft
mit
der
Musik
von
Herbie
Hancock
und
Miles
Davis,
er
wechselte
vom
Piano
zur
Hammond-Orgel
und
blieb
dennoch
mit
seiner
Band
STEAMPACKET,
mit
Rod
Stewart,
John
Baldry
sowie
der
extravaganten
Sängerin
JULIE
DRISCOLL,
ohne
Erfolg.
Als
Stewart
und
Baldry
die
Band
wieder
verließen,
gründete
er
zusammen
mit
Julie
Driscoll
1966
die
Band
TRINITY.
Die
hatte
mit
Bob
Dylan’s
Cover
von
„This
Wheels
On
Fire“
1968
einen
Welt-Hit,
den
ich
im
legendären
BEAT-CLUB
zum
ersten
Mal
hörte
und
die
Band
sah.
Mit
ihren
folgenden
Nummern
„Indian
Rope
Man“
und
„Saison
Of
The
Witch“
konnten
sie
diesen
Erfolg
sogar
wiederholen.
Im
Doppelalbum
„Streetnoise“
(Strassengeräusche)
von
1969
ist
diese
Zeit
eindrucksvoll
dokumentiert.
Als
dann
aber
die
Band
und
Folgeprojekte
zerfielen,
machte
Brian
Auger
wieder
das,
was
er
am
besten
kann:
Jazz’n’Blues’n’Rock.
So
weit
der
geschichtliche Ausflug.
Die
Gegenwart
heißt
OBLIVION
EXPRESS
und
der
macht
wieder
einmal
Station
in
Dresden
bei
TANTE
JU.
Im
Zentrum
der
Bühne
stehen
im
matten
Scheinwerferlicht
die
Hammond
mit
den
Fender-Tasten
darauf
sowie
das
Drum-Set
daneben
mit
einer
Bass-Box.
Während
ich
mit
anderen
noch
warte,
gehen
mir
viele
Namen
durch
den
Kopf,
mit
denen
der
Mann,
der
da
so
unscheinbar
Richtung
Bühne
läuft,
in
seinem
Musikerleben
musiziert
haben
mag.
Er
kennt
sie
wirklich alle und mit jedem zweiten hat er es getan. Eine Legende, nicht viel mehr, aber gleich gar nicht weniger.
BRIAN
AUGER
steht
hinter
den
Tasten
und
beinahe
kindlich-spielerisch
lockt
er
die
ersten
Töne
vom
1970er
Album
„Befour“
aus
dem
Instrument
und
augenblicklich
springt
der
Funke
von
der
Bühne
zum
Publikum
über.
Der
satte
knackige
Sound
der
Hammond,
die
er
seit
Zeiten
ohne
die
„obligatorische“
Leslie-Box
spielt,
erfüllt
den
Saal.
Bass
und
Schlagzeug
drängen
sich
zwischen
die
Akkorde
und
dann
habe
ich
den
Sound
im
Ohr,
der
mich
vom
Radio
und
meinen
Platten
hierher
gelockt
hat:
Jazz-Rock
vom
Allerfeinsten.
Eine
zierliche
Dame
betritt
die
Bühne
der
Tante
Ju
und
BRIAN
AUGER
bittet,
seine
Tochter
SAVANNAH
GRACE
zu
begrüßen.
Die
stellt
sich
mit
geschlossenen
Augen
vor
das
Mikrofon
und
zu
den
träge
dahin
stampfenden
Blues-Akkorden
der
Band
röhrt
sie
mit
einer
satten
weißen
Soul-Stimme
den
„Trouble
Man“
von
Marvin
Gaye
heraus
in
die
Welt,
das
einem
der
Atem
stockt.
Ich
stehe
schräg
davor
und
in
mir
werden Erinnerungen an JULIE DRISCOLL und aus alten Zeiten wach!
Was
Brian
Auger’s
Tochter
mit
ihrer
Stimme
scheinbar
mühelos
live
zaubert,
wird
beim
„Freedom
Jazz
Dance“
noch
viel
deutlicher.
Sie
moduliert,
swingt
und
gestaltet
beinahe
spielerisch
auf
allerhöchstem
Niveau.
Wenn
sie
vom
Mikro
zurück
tritt,
vereint
sich
ihr
Körper
mit
dem
Groove
der
Musik
zu
einem
lasziven
Tanz
auf
der
Bühne.
Hinter
ihr
spielt
ihr
Bruder,
KARMA
AUGER,
einen
ungemein
präzise
und
knackigen
Rhythmus
am
Schlagzeug
und
der
Mann
am
Bass,
NICK
SAMPLE,
tanzt
mit
seinen
schwarz
lackierten
Fingernägeln
den
Jazz’n’Funk
auf
den
dicken
Saiten.
Alles
scheint
wie
ein
leichtes
Spiel
und
obwohl
die
vier
manchmal
im
Spiel
versunken
scheinen,
kann
man
in
ihren
Gesichtern
die
Freude
am
Musizieren
ablesen.
Die
Kommunikation
funktioniert
und
der
„alte
Herr“
an
der
Orgel
hat
sichtlich
viel
Freude
mit
der
nächsten
Musikergeneration,
in
die
offensichtlich
seine
Gene
weiter
vererben
konnte.
Das
trifft
übrigens
auch
für
den
Bassisten NICK SAMPLE zu, den Sohn des Mitgründers & Keyboarders der legendären CRUSADERS.
BRIAN
AUGER
ist
nicht
nur
der
dezente
Leader
des
Quartetts,
sondern
auch
der
lustige
Moderator
des
Abends
und
Spezialist
für
„denglische“
Sprachfetzen.
Er
führt
uns
zurück
in
seine
frühen
Jahre,
„many
thousand
years
before“,
und
dann
folgen
„Season
Of
The
Witch“
sowie
„Indian
Rope
Man“,
die
durch
die
Interpretation
seiner
Tochter
einen
völlig
neuen
und
zeitgemäßen
Charme
gewinnen.
Am
Rande
stehend
genieße
ich
diese
Minuten,
die
ich
mir
schon
als
jungendlicher
Beat-Fan
gewünscht
hätte.
Mit
dem
folgenden
„Whenever
You’re
Ready“
zeigt
die
Band
zudem
ihre
jazzige
Seite.
AUGER
brilliert
mit
rasanten
Läufen
auf
der
Orgel
und
Tochter
Savannah
darf
ihre
stimmlichen
Möglichkeiten ausloten, dass einem warm ums Herz wird. Mein lieber Herr Gesangsverein!
Nach
der
Pause
„for
a
cup
of
tea“
startet
die
Band
neu,
wo
sie
Minuten
vorher
abgebrochen
hatte.
Von
Null
auf
hundert
mit
„(Tell
Me)
The
Truth“
und
wieder
ziehen
die
Musikanten
alle
Register,
haben
die
Möglichkeit,
sich
und
ihr
Können
zu
präsentieren.
Zwischendurch
stellt
der
Senior
ein
Mal
mehr
die
Junioren
vor
und
schiebt
sich
auf
diese
Weise
bescheiden
in
den
Hintergrund.
Mir
selbst
macht
der
Meister
völlig
unbewusst
eine
Freude
mit
„Light
My
Fire“,
einem
Universal-Stück
der
Rock-Historie
von
den
DOORS,
das
seine
Tochter
SAVANNAH
zu
einem
Höhepunkt
peitscht,
um
dann
mit
„Save
Me“
den
nächsten
Knaller
folgen
zu
lassen.
Die
Band
um
BRIAN
AUGER
spielt
eine
Auswahl
aktuellerer
Stücke
und
mischt
ihnen
die
alten
Songs
aus
TRINITY-Zeiten
bei.
Mit
der
verjüngten
Band
überträgt
er
sie
in
das
heutige
Zeitgefühl
und
mit
den
modernen
Grooves
klingen
sie
frisch,
knackig
und
lebendig,
also
ganz
und
gar
nicht
von
gestern.
So
unkonventionell
wie
sie
auf
die
Bühnen
traten,
gehen
sie
nach
dem
Set
wieder
hinter
den
Vorhang,
wohl
wissend,
dass
da
noch
ein
Stück
fehlt.
Also
klatschen
und
pfeifen
wir
und
bekommen
dann
zur
Belohnung
natürlich
„This
Wheels
On
Fire“.
Alle
Augen
richten
sich
auf
die
Band,
doch
spätestens,
als
AUGER
wieder
in
die
Tasten
greift,
muss
ich
meine
Aufmerksamkeit
teilen.
Es
ist
eine
fantastische
Neu-Interpretation
des
alten
Dylan-Covers,
in
das
sich
die
singende
Tochter
hinein
steigert,
und
dann
auch
meinen
Wunsch
nach
mehr
weckt.
Mit
dem
10-Minuten
Stück
„
Compared
To
What“
wird
dieser
Wunsch
erhört,
das
Quartett
spielt
sich
förmlich
in
Trance
und
nimmt
uns
alle
auf
eine
Zauberreise
in
Soul,
Blues,
Jazz
&
Funk-Gefilde
mit.
Vor
und
neben
mir
folgen
ein
paar
tanzende
Ladies
dem
Groove,
in
dem
ich
selbst
völlig
versunken
bin,
meinen
Träumen
und
Erinnerungen
freien
Lauf
lassen
kann,
bis
auch
dieser
Tanz
der
Gefühle
im
Gedränge der „Tante Ju“ ein Ende findet - leider.
BRIAN
AUGER
ist
jetzt
71
und
noch
immer
mit
seiner
Hammond
B3
und
der
ihm
eigenen
Kunst,
die
Finger
über
Tasten
tanzen
zu
lassen,
unterwegs.
An
seiner
Seite
Tochter
und
Sohn
sowie
ein
weiterer
Rock-Zögling,
die
allesamt
schon
lange
mit
eigener
Perfektion
und
Leidenschaft
auf
dem
Weg
in
die
Zukunft
sind.
Im
Spiel
von
BRIAN
AUGER
sind
die
Erfahrungen
der
vergangenen
50
Jahre
ineinander
geflossen
und
wer
die
Chance
hat,
dies
live
zuhörend
genießen
zu
dürfen,
sollte
nicht
lange
überlegen
und
eine
eventuelle
Chance
nutzen,
um
wenigstens
ein
Mal
im
Leben
die
lebendige
Meßlatte live zu erleben, von der sich die einen Inspiration holen und der andere ein Leben lang hinterher orgeln.
Es
war
mir
ein
Vergnügen,
in
der
ersten
Reihe
stehend
und
dem
Rhythmus
körperlich
folgend,
diese
musikalische
Revue
aufzusaugen.
Der
„Alte“
hat
mich
beim
Knipsen
gesehen
und
die
Junioren
haben
lächelnd
posiert,
um
den
grauen
anderen
„Alten“
in
ihr
Spiel
einzubinden.
Der
„Rest“
hinter
mir
war
mir
manchmal
Wurscht
und
wisst
Ihr
was,
ich
werde
immer
und
immer
wieder
solche
Momente,
wenn
sie
sich
ergeben,
genießen!
Auch,
weil
mir
NICK
SIMPLE
nach
einem
Gespräch
seine
Visitenkarte
gab
und
mich
um
ein
paar
Fotos
bat,
„anyway
how
bad
it
looks“.
Für
ORK
und
andere
steife
selbstgefällige
Selbst-Inszenierungen
fehlen
mir
also
schlicht
die
Zeit
und
die
Inspiration
sowieso.
Alle
anderen
alten
und neuen Haudegen müssen damit rechnen, dass ich ihnen vor einer Bühne meine Aufwartung mache.