Bob Geldof in Dresden – zwei Stunden Vollgas
18.06.2013
Rock’n’Roll
war
ein
einst
großer
frecher
Zirkus
und
Rockmusik
ist
inzwischen
eine
Industrie,
die
sich
zum
großen
Teil
selbst
vermarktet
und
sogar
an
den
Börsen
agiert.
Rockmusik
als
Lebensstil
findet
man
bei
den
alten
Hasen
kaum
noch
und
die
Jungen
sehen
sich
selbst
gleich
nach
dem
ersten
Gig
oder
Pups
auf
der
Karriereleiter
steil
nach
oben.
Die
Gabe
oder
Einstellung,
ein
Revoluzzer
sein
zu
wollen,
sich
trotzig
mitzuteilen
und
schräg
gegen
den
Strom
zu
musizieren,
findet
kaum
noch
statt.
Nur
einige
der
jungen
Wilden,
wie
dieser
JOHN
HOUX
aus
den
USA
zum
Beispiel,
leben
noch
sich
selbst
und
einige
der
etablierten
Stars
können
es
zum
Glück
auch
nicht
lassen.
Die
versuchen,
sich
immer
mal
wieder
neu
zu
erfinden,
um
der
Routine
frische
Kreativität
entgegen
zu
setzen
und
sie
nutzen
außerdem
ihre
Popularität
„frech“
aus,
um
still
oder
manchmal
auch
laut,
Gutes
zu
tun.
Einer
von
diesen
widerborstigen
„Punkern“
ist
Sir
BOB
GELDOF.
Zumindest
sehe
ich
die
ehemalige
„Ratte“
aus
irgendeiner
Boom
-
Town
in
so
einem
Licht
und
seit
er
damals
mit
MIDGE
URE
von
ULTRAVOX
dieses
wunderbare
„Do
They
Know
It’s
Christmas“
schrieb
und
es
von
Weltstars
singen
ließ,
wurde
diese
Seite
auch
öffentlich
und
beim
legendären
LIVE
AID
auch
weltweit
sicht-
und
unüberhörbar.
Auch
LIVE-8
ging
in
diese
Richtung.
BOB
GELDOF
hat
Ideale,
die
er
lebt,
und
stemmt
sich
mit
ihnen
gegen
die
Armut
in
der
dritten
Welt
sowie
für
deren
Entschuldung.
Der
Mann
ist
ein
Star,
ein
Sir
auch
und
einige
nennen
ihn
„Loudmouth“
–
Großmaul
-,
weil
er
selbst
vor
den
politischen
Größen
dieser
Welt
seine
Klappe
auch
nicht
halten
kann
und
will.
Vor
allem
aber
ist
er
ein
umtriebiger
Unruhegeist,
der
noch
mehr
Beachtung
für
sein
soziales
Engagement
bekommen
sollte,
weil
es
so
wichtig
ist.
Und
dann
gibt
es
ja
noch
den
Musiker
GELDOF, den Rocker, den Weltstar ….
Während
der
Punk
–
Revolution
sind
mir,
neben
einigen
anderen
auch,
die
BOOMTOWN
RATS
mit
ihrem
Song
vom
„Montag,
den
sie
nicht
leiden
konnte“
im
Gedächtnis
haften
geblieben
und
später
saß
ich
vor
der
Glotze,
um
LIVER-AID,
initiiert
von
BOB
GELDOF,
im
Wembley
Stadion,
staunend
und
auch
ein
wenig
neidisch,
mitzuerleben.
Mein
Freund
David
schickte
mir
danach
den
offiziellen
Kalender
vom
Event
mit
einer
gedruckten
Unterschrift
vom
Initiator
GELDOF
darauf.
Was
war
ich
stolz,
so
ein
Teil
mein
Eigen
nennen
zu
dürfen!
Hätte
mir
damals
jemand
angekündigt,
ich
würde
genau
diesem
Mann
fast
drei
Dekaden
später
in
einem
Klubkonzert
erleben
und
mir
den
Kalender
original
signieren
lassen
können,
hätte
ich ihm wahrscheinlich nur den Vogel gezeigt. Aber es ist genau so gekommen.
Die
TANTE
JU
ist,
trotz
der
schwülwarmen
Luft
drinnen
und
draußen,
gut
gefüllt.
Eine
knappe
Stunde
lang
hatte
die
Band
TOTOROCK,
mit
einer
hektischen
Mischung
irgendwo
zwischen
Aerosmith
und
Toto,
sowie
einer
Frauenstimme
nah,
an
Ingo
Rumpf
und
manchmal
der
Power
einer
Tamara
Danz,
versucht,
den
Club
TANTE
JU
noch
mehr
aufzuheizen.
Vergebliche
Liebesmüh,
auch
wenn
mir
die
ersten
beiden
Songs
der
Band,
„Girl
Goodbye“
sowie
„Home
Of
The
Brave“,
ganz
gut
gefallen
haben.
Es
ist
sicher
eine
Ehre
und
Herausforderung
gleichermaßen,
vor
so
einem
Weltstar
seine
musikalische
Visitenkarte
abliefern
zu
dürfen,
aber
eigentlich
will
ich
nur
endlich
BOB
GELDOF
sehen,
der,
so
wie
man
am
Rande
erfahren konnte, gerade mit dem Flieger aus Russland eingeflogen ist.
Plötzlich
wird
es
eng
an
der
Kante,
Klatschen
und
Jubelrufe
von
hinten
und
dann
steigen
die
Musiker
keinen
Meter
von
mir
entfernt,
die
Treppe
nach
oben
zur
Bühne.
In
der
JU
müssen
sie
alle
erst
einmal
quer
durch
die
Massen,
die
den
Weltstar
BOB
GELDOF
schon
mal
vorab
feiern.
Der
schnappt
sich
oben
nur
seine
Gitarre
und
dann
beginnt
der
Linkshänder
ganz
gemächlich
und
leise
in
das
Jubeln
hinein
die
Saiten
zu
zupfen.
Eigentlich
hätte
ich
eher
gedacht,
der
würde
seinen
zynischen
Überhit
„The
Great
Song
Of
Indifference“
(Das
großartige
Lied
der
Gleichgültigkeit)
aus
seinem
Album
„The
Vegetarians
Of
Love“
(Vegetarier
der
Liebe)
von
1990,
hoffentlich
als
Zugabe
spielen,
aber
nein,
der
grauhaarige
Rocker
stellt
es
an
den
Beginn
und
fordert
durch
diese,
beinahe
zaghafte
Einleitung
die
volle
Aufmerksamkeit
aller
heraus.
Verdammt
clever
gemacht,
wie
er
leise
die
ersten
Worte
über
die
Köpfe
flüstert:
„I
don’t
mind
if
you
go
…“
(Es
macht
mir
nichts,
wenn
du
gehst)
...
na,
na,
na.
Schon
dieser
erste
Bruch,
von
ganz
laut
zu
ganz
leise,
hat
mir
Gänsehaut
beschert,
bis
zu
dem
Moment,
da
er
zynisch
singt,
„Es
macht
mir
nichts,
wenn
Kultur
bröckelt“
und
exakt
danach,
ein
kleines
Zeichen
mit
dem
Finger
und
von
jetzt
auf
gleich
bricht
die
rockende
Gewalt
von
der
Bühne
herunter.
Der
Mann
weiß
ganz
genau,
was er uns (und anderen) sagen will. Ich bin aus dem Stand hellauf begeistert.
Jetzt
geht
es
Schlag
auf
Schlag.
Er
lässt
„A
Sex
Thing“
aus
„The
Happy
Club“
(1992)
folgen
und
brettert
uns
anschließend
„Systematic
6-Pack“
sowie
Dazzled
By
You“
(Geblendet
von
dir),
vom
aktuellen
Album
„How
To
Compose
Popular
Songs
That
Will
Sell“
(Populäre
Lieder
zu
schreiben,
die
sich
verkaufen
lassen),
förmlich
um
die
Ohren.
Live
klingen
diese
Lieder
für
mich,
obwohl
durch
locker
zwanzig
Jahre
voneinander
getrennt,
wie
aus
einem
einzigen
Guss
und
einen
deutlichen
Zacken schärfer, als von den Platten, um nicht zu sagen „rattenscharf“.
Mir
rinnt
inzwischen
ein
Rinnsal
aus
dem
Nacken
den
Rücken
herunter
und
BOB
GELDOF,
der
nicht
einen
Moment
Ruhe
zu
kennen
scheint,
rinnt
der
Schweiß
ebenfalls
von
der
Stirn.
Er
singt
sich
durch
seine
alten
Hits
und
die
neuen
Lieder,
die
vielleicht
Hits
werden
könnten.
Zwischendurch
lässt
er
sich
hinreißen,
uns
die
Geschichten
zu
manchen
Song
zu
erzählen
und
entschuldigt
sich,
dies
alles
nur
in
englisch
machen
zu
können.
Nun
weiß
ich
endlich
mehr
über
die
Entstehung
von
„Banana
Republik“
und
welche
Zusammenhänge
sich
hinter
„Scream
In
Vain“
(Vergeblicher
Schrei)
vom
sarkastischen
Album „Sex, Age & Death“ (2001) verbergen. Das vom Urheber erklärt zu bekommen, ist mal eine völlig andere Erfahrung.
Inzwischen
scheint
die
alte
TANTE
JU
zu
kochen
und
wenn
man
den
Faden
weiter
spinnt,
dann
sind
die
Musiker
auf
der
Bühne,
deren
Namen
ich
mir
nicht
gemerkt
habe,
längst
gar.
Der
schwergewichtig
lächelnde
Geiger
vor
mir,
hat,
so
wie
GELDOF
auch,
schon
längst
sein
Jackett
beiseite
gelegt
und
der
Schlagzeuger
schüttet
sich
ein
Getränkt
nach
dem
anderen
in
den
Hals,
ohne
auch
nur
scheinbar
aus
dem
Rhythmus
zu
kommen.
Tief
im
Hintergrund
blickt
der
Keyboarder
beinahe
unbeteiligt
herunter,
während
der
Gitarrist
auf
der
anderen
Seite
der
Bühne
eine
Einlage
nach
der
anderen
fabriziert.
Man
merkt,
hier
agiert
eine
bestens
aufeinander
eingespielte
Profi-Kapelle
und
nichts,
aber
auch
wirklich
gar
nichts,
lässt
den
Verdacht
aufkommen,
dies
hier
wäre
eine
Show.
Alles
scheint
irgendwie
spontan
aus
dem
Bauch
oder
aus
den
Knochen
zu
kommen
–
Rock’n’Roll
oder
Punk,
keine
Ahnung,
aber
viel
Biss
und
einfach
nur
PARDON
–
naturgeil,
„born
in
a
crossfire
hurricane“, würden die Stones sagen.
Aus
den
Zeiten
mit
den
BOOMTOWN
RATS
spielen
sie
uns
„When
The
Night
Comes“,
„Banana
Republik“
und
dann
natürlich
auch
die
Tragödie
eines
kleinen
Mädchen,
die
Schultern
zuckend
auf
die
Frage
„Warum?“
nur
antwortet:
„I
Don’t
Like
Mondays“
(Ich
mag
die
Montage
nicht).
Überhaupt
stecken
die
Lieder
von
Sir
BOB
GELDOF
voller
Wahrheiten,
Anspielungen
und
sehr
persönlicher
sarkastischer
Kommentare
zum
Zeitgeschehen,
den
Finger
tief
in
den
Wunden
der
Gesellschaft.
Nichts
und
niemand
war
oder
ist
vor
seiner
spitzen
Zunge
sicher
und
GELDOF
wird,
ganz
im
Gegensatz
zu
mach anderem aus meinem Umfeld, von vielen gehört. Das ist einer der Unterschiede.
BOB
GELDOF
und
seine
Band
lassen
es
heftig
krachen,
frönen
dem
Rock’n’Roll
und
haben
sichtlich
Vergnügen
an
dem,
was
sie
machen.
Manchmal
lassen
sie
die
Songs
ineinander
fließen
oder
dehnen
sie
mit
ihrer
Spielfreude
und
geschickten
Improvisationen,
bei
denen
sie
gleich
mal
„Radar
Love“
von
Golden
Earring
zitieren,
sehr
zur
Freude
der
Fans
in
den
ersten
Reihen,
in
die
Länge.
Dann
tobt
der
stämmige
Geiger
mit
seiner
Violine
über
die
Bühne,
der
Gitarrist
lässt
seine
Saiten
krachen
und
jaulen
und
Sir
Bob
stellt
sich,
versunken
in
seine
Musik,
zu
uns
ganz
vorn
an
die
Kante.
Schön,
dass
ich
das
noch erleben darf. Für Rock’n’Roll ist man nie zu alt, weder auf der Bühne, noch davor.
Noch
einmal
kommen
mit
„How
I
Roll“
und
Mary
Says“
zwei
der
neuen
Songs
zu
ehren
und
wieder
stelle
ich
fest,
wie
harmonisch
sie
zu
den
älteren
passen.
Ein
Weltstar
präsentiert
uns
singend
seine
Weltsichten
und
macht
damit
vielen
„alten
Säcken“,
auch
den
kreischenden
Ladies
an
deren
Seite,
einen
Riesengefallen.
Da
stehen
wir
alle,
Männlein
wie
Weiblein,
schwitzend
und
nicht
übel
riechend
dicht
gedrängt
vor
der
Rampe
und
grinsen
uns
gegenseitig
unsere
Erinnerungen
in
die
Gesichter,
während
BOB
GELDOF
&
Band
von
oben
zum
finalen
Schlag
ausholen.
Sie
heizen
uns
mit
dem
„Rat
Trab“
(1978)
der
BOOMTOWN
RATS
noch
einmal
richtig
ein
und
sollte
jetzt
noch
jemand
irgendwo
einen
trockenen
Flecken
gehabt
haben
–
jetzt
ist
alles
klitschenass.
Die
Herren
vor
uns
erfreuen
sich
selbst
noch
einmal
mit
langen
Instrumentalpassagen,
lassen
Geige,
Gitarre
und
ihre
Füße
tanzen,
als
wäre
dies
die
allerletzte
Möglichkeit,
dies
tun
zu
dürfen.
Die
JU
tobt,
die
Band
spielt
an
der
Kante
und
von
unten
strecken
sich
ihnen
eine
Meute
von
Digi-Knipsern
entgegen.
Etikette
–
Fehlanzeige,
nur
die
blanke
Lust
am
Rock’n’Roll
und
die
Gier
nach
mehr
und
mehr.
Deshalb
schenken
sie
uns
noch
das
„Silly
Pretty
Thing“
als
Zugabe
und
damit
den
Hinweis
auf
das
aktuelle
Album,
das
ich
hiermit
jedem,
der
sich
noch
in
Musik
fallen
lassen möchte, wärmstens empfehlen kann.
Das
waren
reichliche
zwei
Stunden
praller
Rock’n’Roll,
von
Beginn
an
nur
Vollgas
und
voll
zynischer
Kommentare,
ohne
die
Rockmusik
ein
zahnloser
Säbelzahntiger
im
Schlafanzug
auf
dem
Balkon
einer
Nobelvilla,
deutschem
Schlager-Pop
&
Co.
nicht
unähnlich,
wäre.
Nein,
ich
will
es
direkt,
voll
auf
die
Zwölf
und
wenn
es
sein
muss,
auch
mal
in
die
Eier,
wie
mein
Kumpel
Ulli,
der
Status-Quo-Junkie,
gern
sagt.
Einen
solchen
Abend
habe
ich
gerade,
lustvoll
und
in
Schweiß
gebadet,
erlebt ….
….
und
damit
erst
gar
nicht
jemand
auf
die
Idee
kommt,
das
soziales
Engagement
des
Weltstars
wäre
nur
ein
Image
von
vielen
–
BOB
GELDOF
und
die
TANTE
JU
machten
aus
dem
Konzert
gemeinsam
eine
Benefiz-Veranstaltung
für
die
Opfer
der
Flut
in
Dresden.
GELDOF
verzichtet
auf
einen
Teil
seiner
Gage
und
die
JU
auf
einen
Teil
ihrer
Einnahmen,
um
sie
Betroffenen
in
Dresden
-
Pieschen
oder
auch
in
Laubegast
zukommen
zu
lassen.
Hier
schließt
sich
dann
für
viele
der
Kreis
und
Worte
werden
zu
Taten.
DANKE,
Sir
Bob,
und
DANKE
auch,
Tante
JU.
Ein
herrlicher
Abend
mit
vielen
schönen
Liedern,
die sich ganz sicher verkaufen lassen.